Kap. 6 behandelt den Reflex dieser Entwicklungen in Lehrbüchern und im naturwissenschaftlichen Unterricht. Anhand von Tabellen und Beispielen wird im ersten Abschnitt gezeigt, wie acht für die Geschichte der Einführung von Lichtquanten bedeutungsvolle historische Episoden in etwas über 100 untersuchten naturwissenschaftlichen Lehrbüchern sowie fast 40 Praktikumsanleitungen bis heute nicht oder nicht adäquat wiedergegeben wurden bzw. werden. Dadurch werden heranwachsende Naturwissenschaftler im Unterricht wiederholt mit historisch falschen Mythen konfrontiert, die den Weg zu einem tieferen Verständnis von historischen Prozessen, aber auch zu einem adäquaten Verständnis der in Rede stehenden Konzepte wie dem des Lichtquantums alias Photon versperren. Es wird wird die Forderung unterstützt, dass gute naturwissenschaftliche Ausbildung von ebenso professioneller Unterrichtung zur Geschichte der Naturwissenschaften und Technik begleitet sein sollte. Im zweiten Abschnitt werden speziell ausgewählte Passagen der Feynman Lectures on Physics behandelt, eines der bis heute einflußreichsten Physik-Lehrbücher
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Siehe ferner Holton
(2000) sowie Stuewer
(1998) und
(2014) S. 143: „Millikan’s philosophy of history: if the facts don’t fit your theory, change the facts.“
Diesen Punkt nehmen Niaz, Klassen & Metz
(2010) S. 922 als ihr sechstes und letztes Bewertungskriterium noch mit auf: „Criterion C6: The historical record presented and its interpretation within a history and philosophy of science perspective“.
Zum folgenden siehe Klassen
(2008), wortidentisch mit Klassen
(2011) sowie Niaz, Klassen & Metz
(2010) über Physik-Lehrbücher, Klassen et al.
(2012) über physikalische Praktikumsanleitungen, und darüber hinaus allgemeiner: Kragh
(1992) sowie Passon & Grebe-Ellis
(2016).
Ich fürchte nein, zumindest ergab eine allgemeiner orientierte kritische Sichtung populärer Artikel zum Einstein-Jahr 2005 im Rahmen einer von mir betreuten Bachelorarbeit von Jonas Keck
(2016) keinen Anlass zur Hoffnung.
Zwei dieser drei Texte stammten von demselben Autor, Eugene Hecht, aus den Jahren 1998 und 2003, der andere war das vielgelesene elementare Physiklehrbuch von D. Halliday & R. Resnick aus dem Jahr 1981.
Ibid. S. 915; in diesem Fall etwa den folgenden Einzeiler in Weidner & Browne
(1997) S. 867 zum obigen Mythos (1): „how the photoelectric effect was discovered was an irony of history.“
Niaz, Klassen & Metz
(2010) S. 924, ihrerseits Fabio Bevilaqua zitierend. Mit ganz ähnlichem Tenor ferner Holton
(1973), Brush
(1974), Whitaker
(1979), Simonsohn
(1979, 1981) und Kragh
(1992) gegen ‚quasi-history‘ oder Weinmann
(1980), Niedderer
(1982), Tarsitani
(1983), Rahhou et al.
(2015) über die konstruktive Rolle von Wissenschaftsgeschichte bei der Wissensvermittlung.
Zur Geschichte der in ihren Anfängen bis auf die späten 1920er Jahre zurückgehenden QED siehe z. B. Schwinger
(1983), Feynman
(1965), die Anthologien wichtiger Primärquellen von Schwinger (Hg.) 1958 und Miller (Hg.) 1994 sowie Schweber
(1994) und hier Abschn. 3.12.
Siehe Kaiser
(2004) über die „Dispersion of Feynman Diagrams in Postwar Physics“; vgl. ferner Wüthrich
(2010), Wüthrich in Esfeld (Hg.) 2012 sowie Gross
(2012) zur Geschichte ihrer Einführung.
Zur Feynman-Biographie und über den schon zu seinen Lebzeiten entstehenden Feynman-Mythos siehe Gleick
(1993), Mehra
(1994), Brown
(2005) und Forstner
(2007, 2020).
Über die frühe Prägung Feynmans durch Wheeler, die dann auch Ausdruck in zwei gemeinsam verfassten Aufsätzen zur sogenannten Absorbertheorie fand, siehe Wright
(2014) Kap. 3–4, Blum
(2017) und Furlan
(2021).
Richard Feynman am 22. Febr. 1941 in einem unpubliziert gebliebenen Vortrag über „The reaction of the absorber as the mechanism of radioactive dampening“, Feynman-Papers, Box 6, folder 1, CALTECH, zit. nach Wright
(2014) S. 117.
Derartige zeitsymmetrisierte Beschreibungen elektrodynamischer Wechselwirkung hatte zuvor schon G.N. Lewis
(1926b) erwogen – vgl. dazu ferner Stuewer
(1975b).
Zur weiteren Entwicklung, die Feynman dann auch zu den sog. Feynmanschen Pfadintegralen führte, siehe neben den in obigen Anm. zitierten Texten: Feynman
(1965), Cramer
(1988), Thorne
(2019): 9.
Siehe beispielsweise Feynman
(1949, 1965); vgl. ferner Kaiser
(2000, 2004), Gross
(2012), auch im Kontrast zu Dysons damaliger streng-instrumentalistischer Interpretation jener Diagramme als bloßer Rechenhilfsmittel – mehr dazu dann hier in Abschn. 9.3.
Feynman
(1985) S. 5 und 9; vgl. auch Feynman
(1967c) S. 160 „niemand versteht die Quantenmechanik“, sowie https://www.azquotes.com/author/4774-Richard_P_Feynman/tag/quantum-mechanics für weitere Aphorismen zur Absurdität der Quantenmechanik, „which describes nature as absurd from the point of view of common sense. And yet it fully agrees with experiment. So I hope you can accept nature as She is – absurd.“
Feynman
(1964/66), Bd. 1, Vorl. 1, Abschn. 8 sowie Feynman
(1985) S. 8 über die extrem präzisen experimentellen Bestätigungen der QED, die diese insofern sogar zum „jewel of physics – our proudest possession“ mache.
Für Hinweise darauf, dass diese Fixiertheit auf Teilchen schon in Feynmans Dissertation 1942 vorlag, siehe Brown
(2005) S. ix, xv, 5; vgl. ferner das oben bereits wiedergegebene Zitat aus dem frühen Vortrag des graduate students von 1941.