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2023 | Buch

Deutsch-Chinesische Perspektiven interkultureller Kommunikation und Kompetenz

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Über dieses Buch

Wie gestaltet sich Interkulturelle Kommunikation als wissenschaftliche Disziplin in China und Deutschland im Vergleich? Inwieweit gibt es Unterschiede und Ähnlichkeiten im Kulturverständnis? Inwieweit wird die Entwicklung interkultureller Kompetenz als disziplinübergreifende Herausforderung in Studium und Beruf verfolgt und wo gibt es Übereinstimmungen oder Besonderheiten im Verständnis, dem Design und den Formen der Vermittlung? Die Beitragenden zu diesem Sammelband sind seit Jahren in Lehre und Forschung mit Fragen interkultureller Kommunikation beschäftigt, als Vertreterinnen und Vertreter der Disziplin oder als perspektivisch Betroffene in anderen Wissenschaftsbereichen, in denen Interkulturalität zur zentralen Lebens- und Arbeitsperspektive/Praxis gehört.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Einleitung
Zusammenfassung
Wie gestaltet sich Interkulturelle Kommunikation als wissenschaftliche Disziplin in China und Deutschland im Vergleich? Inwieweit gibt es Unterschiede und Ähnlichkeiten im dominanten Kulturverständnis? Ist die Entwicklung interkultureller Kompetenz ein Thema der Internationalisierung im chinesischen Hochschulwesen?
Jürgen Henze, Steve J. Kulich, Zhiqiang Wang

Disziplinäre Entwicklungen und Modi des Verstehens

Frontmatter
Interkulturelle Kommunikation als Disziplin. Anmerkungen zur Entwicklungsgeschichte in Deutschland
Zusammenfassung
Als wissenschaftliche Disziplin hat sich Interkulturelle Kommunikation in Deutschland in den 1990er Jahren entwickelt. Der Anstoß für diese Entwicklung kam von den ökonomischen und gesellschaftlichen Herausforderungen, die sich mit Globalisierung und Multikulturalisierung ergeben hatten. Dabei wurde anfangs, in Anlehnung an die US-amerikanische Interkulturelle Kommunikation, insbesondere auch auf Ansätze der klassischen Kulturanthropologie zurückgegriffen. Die Kritik an diesen Ansätzen sowie die Veränderungen der gesellschaftlichen und diskursiven Rahmenbedingungen seit den 1990er Jahren führten zu vielfältigen Weiterentwicklungen des interdisziplinären Fachs Interkulturelle Kommunikation. Vor diesem Hintergrund werden Entwicklungslinien skizziert und zentrale Ansätze und Neuorientierungen des Fachs Interkulturelle Kommunikation diskutiert.
Alois Moosmüller
The Development of Intercultural Communication Theories in China
Abstract
Intercultural communication was introduced to China by foreign language teaching researchers in the early 1980s. At the beginning, Chinese scholars focused on language-culture relations, and how cultural differences affected interlanguage understanding. In the 1990s, they continued to emphasize language-culture relations and ventured into new domains when the intercultural communication discipline became established in China. From 2001 on, Chinese scholars started to investigate areas more comprehensively. They explored problems such as intercultural communication competence, intercultural adaptation, cultural identity, the impact of globalization among others. In the past three decades, they critiqued American and European theories and developed their own. The most fruitful part of this theoretical research lies in intercultural pragmatic and intercultural communication competence studies. The most striking problem still lies in the limits of indigenous theorizing. Chinese scholars should recognize the gap between existing western conceptual frameworks and Chinese communication practices. They need to construct more original theories in order to have meaningful dialogues with their western counterparts.
Xiaodong Dai
„Kultur“ aus chinesischer Sicht
Zusammenfassung
Kultur ist sowohl zeitgenössisch als auch national, und das gilt auch für ihre Interpretationen: Jedes kulturelle Konzept ist ein Spiegelbild seiner eigenen Zeit und Nationalität. Was die Bedeutung von wen (文) und hua (化) betrifft, so betont das traditionelle chinesische Konzept der Kultur die Nachahmung der Natur und die Anwendung der Naturgesetze auf die Menschen, damit diese sie befolgen und erziehen können. Nach der Erfahrung der Kollision chinesischer und westlicher Kulturen sind die kulturellen Konzepte des chinesischen Volkes objektiver geworden, und es haben sich zwei relativ vollständige kulturelle Konzepte herausgebildet: Das eine neigt dazu, Kultur als eine Lebensweise zu verstehen und versucht, die Vielfalt menschlicher Kulturen zu beobachten und den Raum für chinesisches kulturelles Denken zu erweitern, während das andere dazu neigt, Kultur aus einer spirituellen Perspektive zu verstehen. Der zeitgenössische chinesische Kulturbegriff ist reichhaltiger und umfasst sowohl das Überleben und die Entwicklung der Menschheit, die vielfältige Entwicklung der Kultur und die Vielfalt des kulturellen Austauschs als auch die Reflexion über die Kultur auf der Grundlage des eigenen kulturellen Wandels und der Innovation, was den Chinesen hilft, aus der Verschlossenheit und Leere der Kultur auszubrechen.
Shan Bo
Interkulturelles Verstehen als kulturrelationaler epistemischer Prozess
Zusammenfassung
Wie die Interkulturalitätstheorie darstellt, ist interkulturelles Verstehen wohl von der Kulturrelationalität vom Eigenen und Anderen konstruiert und begründet. Damit gemeint ist das wechselseitige Verhältnis von Menschen einer Kultur mit Menschen anderer Kultur. Die so fundierte Dialektik des Eigenen und des Anderen stellt ihrerseits den epistemischen Ausgang interkulturellen Verstehens dar. Davon ausgehend versucht der folgende Beitrag darzustellen, wie sich die Kulturrelationalität interkulturellen Verstehens konstruiert, welche epistemischen Besonderheiten das interkulturelle Verstehen hat und welche Faktoren dabei mitwirken. Auf dieser Grundlage werden einige Überlegungen zum kulturgerechten interkulturellen Verstehen formuliert.
Zhiqiang Wang
Begriffstransfer und Terminologiebildung im interkulturellen Austausch
dargestellt am Beispiel der chinesischen Terminologie des Zivilrechts
Zusammenfassung
Im vorliegenden Beitrag wird am Beispiel der chinesischen Terminologie des Zivilrechts die Frage diskutiert, inwiefern einerseits die Entlehnung europäischer bzw. deutscher Rechtsterminologie zur Modernisierung des chinesischen Rechtssystems beigetragen hat, und wie andererseits die eingeführten Begrifflichkeiten im chinesischen Kontext eine eigene, mitunter kulturspezifische Entwicklung erfahren können. Es wird gezeigt, dass die Rezeption fremden Rechts keinesfalls als Implantation bestimmter Rechtsideen und -begriffe zu verstehen ist, sondern immer auch ein interkultureller Austausch, der in einem Spannungsfeld zwischen Eigenem und Fremdem sowie zwischen Altem und Neuem stattfindet. Um die interkulturelle Bedeutung des Begriffstransfers erfassen zu können, ist es notwendig, diesen sowohl im Hinblick auf seine historischen Bedingungen als auch auf seine gegenwartsgesellschaftlichen Zusammenhänge hin zu reflektieren.
Yong Liang

Ansätze, Verfahren und Wirkungen interkultureller Kompetenzentwicklung

Frontmatter
Interkulturelle Kompetenz(en): Modellbildung – Erfassung – Entwicklung
Zusammenfassung
Der Beitrag expliziert Interkulturelle Kompetenz gemäß der beruflichen Weiterbildungsforschung als Handlungsvermögen, auf das Personen zur Bewältigung beruflicher Anforderungen zurückgreifen können. Die Unterscheidung von handlungsfeldübergreifenden und handlungsfeldspezifischen Anforderungen verdeutlicht, dass Interkulturelle Kompetenz sich nicht auf bestimmte personale Eigenschaften und Fähigkeiten und auch nicht auf handlungsfeldübergreifende psycho-soziale Kompetenzen reduzieren lässt, sondern je nach beruflichem Handlungsbereich eine spezifische interkulturelle Fachlichkeit erfordert, die ganz wesentlich den Erfolg und die Nachhaltigkeit interkulturell kompetenten Handelns zum Beispiel als Ärztin in einem Flüchtlingslager, als Polizist in einem Migrantenviertel oder als Managerin im Auslandseinsatz bestimmen. Die Autoren entwickeln hierzu ein Rahmenkonzept zur Erfassung interkultureller Kompetenzen, das fünf Kompetenzbereiche mit interkultureller Relevanz unterscheidet. Aus diesen Kompetenzbereichen sind je nach Berufsfeld und spezifischen Anforderungssituationen unterschiedlich gewichtete Elemente und Kombinationen von Eigenschaften und Fähigkeiten gefordert. Das Modell bildet die Grundlage für ein subjekttheoretisch bzw. soziokonstruktivistisch begründetes Konzept interkultureller Kompetenzentwicklung. Dieses wird anhand von Kriterien und Gestaltungshinweisen für die Bereiche der interkulturellen Weiterbildung bzw. Organisationsentwicklung weiter konkretisiert.
Wolf Rainer Leenen, Andreas Groß
Aspekte zur Förderung interkultureller Kompetenz chinesischer Fremdsprachenstudierender
Zusammenfassung
Interkulturelle Kompetenz ist kulturspezifisch und jede Persönlichkeit baut diese auf der eigenen kulturspezifischen Grundlage auf. Die vorliegende Arbeit setzt sich kritisch mit den Problemen – insbesondere mit der starken westlichen Dominanz – in der interkulturellen Bildung chinesischer Fremdsprachenstudierender auseinander und arbeitet aufgrund einer empirischen Untersuchung ein Modell zur Beschreibung der interkulturellen Kompetenz aus, das die Prozesshaftigkeit, die Dynamik und die Mehrdimensionalität in der Entwicklung der interkulturellen Kompetenz hervorhebt. Auf dieser Grundlage werden Ansätze zur Förderung interkultureller Kompetenz chinesischer Fremdsprachenstudierender erörtert, bei der das chinesische kulturelle Umfeld und ihre Kulturtradition mitberücksichtigt und mitgetragen werden.
Yaling Pan
Zum Zusammenhang von Offenheit und Erfolg bei internationalen beruflichen Entsendungen
Zusammenfassung
Das Kapitel beschreibt die Ausgangslage und Methodik der iGOES Studie (international generalizability of expatriates success). Berichtet werden ausgewählte Ergebnisse in Bezug auf den Zusammenhang zwischen der Persönlichkeitsdimension Offenheit und ihren Facetten sowie der Anpassung, Arbeits- und Lebenszufriedenheit von Expatriates. Darüber hinaus werden Mittelwertsunterschiede in Offenheit zwischen den über 2000 interviewten Expatriates und der deutschsprachigen Normpopulation beschrieben. Entwicklungen und weiterhin offene Forschungsfragen im Bereich des Expatriate Management werden dargelegt.
Jürgen Deller, Anne-Grit Albrecht, Stephan Dilchert, Deniz S. Ones, Frieder M. Paulus
Handlungswirksame interkulturelle Trainingskonzepte für Manager aus deutscher und chinesischer Sicht
Zusammenfassung
Mit diesem Beitrag legt der Autor eine umfassende Darstellung seiner langjährig verfolgten interkulturellen Trainingsforschung und -praxis vor, die für die Mehrheit der auf Leben und Arbeiten in China ausgerichteten interkulturellen Trainings in Deutschland bis in die jüngste Zeit von herausragender Bedeutung war. Im Zentrum der Betrachtung steht das Konstrukt der „interkulturellen Handlungskompetenz“, deren mögliche Entwicklung – zirkulär oder in Stufen – in den Perspektiven interkulturellen Lernens analysiert und auf international/interkulturelle mobile Fach- und Führungskräfte abgebildet wird. Mit seinen lerntheoretischen Überlegungen und methodisch-didaktischen Skizzen zu unterschiedlichen Trainingsformaten und deren variierender Akzeptanz in Wissenschaft und Praxis verdeutlicht der Autor die Spannbreite seiner Arbeit, die trotz eines eher „traditionellen“ Ansatzes nach wie vor von Bedeutung ist.
Alexander Thomas
Working Adjustment of Returning Scholars at Chinese Universities: “Fitting Back In” and “Standing Out”
Abstract
Regarding transnational academic mobility, much attention has been paid to international students, while the working experience of international academics and scholars deserves more careful exploration. Using a self-compiled survey, this study probes into Chinese returnee scholars’ working adjustment by an analysis of the research and teaching situation of 172 returnee faculty members at the Chinese University S. Considering the daily working task of returnee scholars is composed of both research and teaching, the exploration of working adjustments of returnee scholars is analyzed along these above two aspects. Findings show that in adjustments to the research situation, returnee scholars are relatively conservative in judging their research progress at the university after returning. In terms of their adjustments to teaching, over three-quarters of the respondents were satisfied with their teaching performance after returning, indicating that the experience of studying abroad has exerted much influence on their current teaching in terms of contents of the classes, didactics, and organization of the structure of their teaching. Findings further indicate that the overseas learning experience has a relatively positive impact on returnee scholars’ current work, especially helping in the establishment of their international academic network and mastery of foreign language skills, which becomes a key part of returnee scholars’ international academic capital to stand out in academia in their homeland.
Jiani Zhu, Jürgen Henze
„Und dann bin ich nach China zurück“ – Remigrationserfahrungen chinesischer Absolventinnen und Absolventen deutscher Hochschulen
Zusammenfassung
Die internationale Mobilität chinesischer Akademiker ist seit Jahren Gegenstand der Forschung zu Perspektiven der Internationalisierung und Globalisierung im Hochschulbereich. Im Zuge der gesteigerten Rückkehrbereitschaft hat sich dabei ein besonderes Interesse an Analysen zur sozialen und ökonomischen Bedeutung dieser Personengruppe, zu ihrem Beitrag im chinesischen Wissenschaftssystem und zu ihrer Stellung im Netzwerk internationaler Kooperation entwickelt. Dabei geht es im Kern um die Wirkung dieser Personengruppe in die Gesellschaft hinein. Die hier vorgestellte Studie lässt dagegen die Heimkehrer im Blick auf sich selbst zu Wort kommen. Gefragt wird nach ihren Erfahrungen in Deutschland sowie nach ihrem Lebensweg seit der Rückkehr nach China. Im Sinne einer auf interkulturelle Fragestellungen ausgerichteten Forschung interessieren dabei insbesondere die Herausforderungen und Umgangsstrategien mit kultureller Differenz, etwaige Schilderungen kultureller Anpassung und der Verlauf der Reintegration im Heimatland. Vierzehn halbstandardisierte Interviews, deren Ergebnisse dargestellt werden, geben über typische Erfahrungsmuster Auskunft.
Doris Weidemann

Indigene Interpretationen von Psyche und Text

Frontmatter
Indigene Psychologie im Kontext Interkultureller Kommunikation (kua wenhua jiaoji 跨文化交际)
Zusammenfassung
Die Indigene Psychologie als Teildisziplin der Psychologie hat in den letzten zwei Dekaden zunehmend an Bedeutung gewonnen, nicht zuletzt als Folge der veränderten geopolitischen Stellung Chinas, ihrer andauernden Integration in das weltweite Wissenschaftssystem und die sich daraus ergebenden Impulse zur Reflexion und Anverwandlung westlicher Theorien und Modelle. Der Text zeichnet hierzu elementare Entwicklungsabschnitte auf und verdeutlicht insbesondere die Querbeziehungen Indigener Psychologie zum Feld der interkulturellen Kommunikation und Kompetenzentwicklung, etwa in Fragen nach der individuellen und kollektiven Identitätsfindung im Spiegel gesellschaftlich-sozialer historischer Formationen. Die skizzierten acht Modi der Kommunikation in China nach Fengyan Wang und Hong Zheng verdeutlichen exemplarisch das Verständnis von Kommunikation als bedeutendem Element kultureller Verfasstheit.
Gerlinde Gild
Considering Intercultural Literature: A Mature Field of Study
Abstract
This chapter explores a mutual cross-fertilization between literary studies with a comparative orientation and recent research on intercultural communication. These perspectives can be integrated into a distinctive research field called intercultural literature, where the study object of intercultural studies is on literature. This has a range of implications for comparative studies. A distinct cultural position of literature has emerged in Germany, which can be of interest and possibly instructive for scholars in other countries or regions that are likewise not burdened with an imperial past and are facing new ethnic and cross-cultural openings as a potential factor in their social development. To bridge these possibilities across cultural groups, we suggest possible points of comparison and contrast with Chinese migrant writing. A literary aesthetic and sociocultural practices are mutually dependent, forming a fruitful and inherent sense of interculturality in this emerging field.
Michael Steppat, Steve J. Kulich
Differences and Analogies: Chinese Diasporic Literature
Abstract
Since most Chinese immigrants who have come from China and spread around the world, moving from the center to the periphery, they are often called diaspora and their writings have formed “diasporic literature.” This paper seeks to map a considerable scope and a field for a research continuum building on the methods and paradigms for Chinese diasporic literature. The literary landscape and diasporic history will be also analyzed in the paper, which suggests a substantial field of diasporic literature clearly seems to have been developing, with related themes and examples of intercultural communication.
Weiwei Shen
Backmatter
Metadaten
Titel
Deutsch-Chinesische Perspektiven interkultureller Kommunikation und Kompetenz
herausgegeben von
Jürgen Henze
Steve J. Kulich
Zhiqiang Wang
Copyright-Jahr
2023
Electronic ISBN
978-3-658-40764-3
Print ISBN
978-3-658-40763-6
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-40764-3