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Zeitschrift für Außen- und Sicherheitspolitik
Erschienen in: Zeitschrift für Außen- und Sicherheitspolitik 3/2010

01.07.2010 | Analysen

Deutsche Afghanistanpolitik nach der Londoner Konferenz

verfasst von: Tom Koenigs

Erschienen in: Zeitschrift für Außen- und Sicherheitspolitik | Ausgabe 3/2010

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Zusammenfassung

In der öffentlichen Diskussion ist aus dem Stabilisierungseinsatz in Afghanistan ein Krieg geworden. Der sprachliche Wandel erfordere auch einen strategischen, darin waren sich Regierung und Opposition einig. Die Bundesregierung hatte angekündigt, auf der Afghanistankonferenz im Januar 2010 in London einen neuen Ansatz zu präsentieren. Anstatt einer eigenständigen Strategie begnügte sie sich aber mit einem mangelhaften Nachvollzug einiger wichtiger Änderungen, die die US-Streitkräfte bereits vor Monaten umgesetzt hatten. Zudem konnte die Bundesregierung bislang kein schlüssiges Konzept vorlegen, wie diese Ansätze umgesetzt werden können.
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Fußnoten
1
Dieser neue Ansatz der Aufstandsbekämpfung resultiert zu großen Teilen aus den Lehren des Irak-Kriegs. Er ist Gegenstand vieler Monographien, stellvertretend sei hier Kilcullen (2009) genannt. Eine gute Übersicht bietet auch Jalali (2009).
 
2
Entsprechend wurden die beiden US-Piloten, die auf Befehl von Oberst Klein am 4. September 2009 die Bomben auf zwei Tanklaster in der Nähe von Kundus abwarfen, wobei mehr als 140 Menschen getötet wurden, wegen Verletzung der Einsatzregeln aus dem Einsatz abberufen. McChrystal hatte Presseberichten zufolge auch ein derartiges Vorgehen gegen Oberst Klein gefordert, konnte sich aber nicht gegen das deutsche Verteidigungsministerium durchsetzen (Kornelius 2010).
 
3
Stellvertretend für zahlreiche Berichte, Artikel und Bücher sei hier Rashid (2008) genannt. Dort wird das nahezu systematische Missmanagement der Intervention in Afghanistan detailliert beschrieben.
 
4
Zuvor gab es auch schon einige Verhandlungen mit Taliban, die aber nicht-öffentlich und nicht im Konsens der internationalen und afghanischen Akteure geführt wurden. Zudem gab es auf Arbeitsebene Zusammenarbeit mit Talibanvertretern und -institutionen wie z. B. seit 2008 in der Polio-Bekämpfung unter Vermittlung des Internationalen Roten Kreuzes (Trofimov 2010).
 
5
Laut der Internetseite der Londoner Konferenz sind während der Konferenz 155,4 Mio. US-Dollar bzw. 113 Mio. Euro zugesagt worden, von Australien 23 Mio. US-Dollar, Deutschland 68 Mio. US-Dollar, Griechenland 0,7 Mio. US-Dollar, Japan 50 Mio. US-Dollar, Spanien 13,7 Mio. US-Dollar (Stand 02.02.2010, gemäß Wechselkurse vom 10.03.2010). Zudem haben Südkorea und Mazedonien Beiträge zugesagt.
 
6
Die Operation Musharak war eine Großoffensive der NATO im Februar 2010 im Süden Afghanistans. Die Stadt Mardscha ist eine Taliban-Hochburg und die Region Helmand gilt als eines der größten Anbaugebiete für Schlafmohn.
 
7
Siehe zu den strategischen Defiziten auch Hippler (2009).
 
8
Nicht alle US-Soldaten sind dem ISAF-Kontingent zugeordnet.
 
9
Vgl. grundlegend für das Verständnis von Staatlichkeit Bourdieu (1994, S. 93–136, 2004) oder Foucault (2004).
 
Literatur
Bourdieu, P. (1994). Praktische Vernunft. Zur Theorie des Handelns. Frankfurt a.M.: Suhrkamp.
Bourdieu, P. (2004). From the king’s house to the reason of state: A model of the genesis of the bureaucratic field. Constellations, 11(1), 16–36.CrossRef
Bundesregierung. (2010a). Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke „Deutsche Polizei-Ausbildungshilfe in Afghanistan“. 29.01.2010, BT 17/586.
Bundesregierung. (2010b). Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen „Konkrete Umsetzung des Afghanistan-Konzepts der Bundesregierung in den Bereichen Aussöhnungs- und Integrationsprozess“. 3.03.2010, BT 17/930.
Bundesregierung. (2010c). Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen „Wiederaufbau und Entwicklung im deutschen Afghanistan-Konzept der Bundesregierung nach der Londoner Konferenz“. 5.03.2010, BT 17/969.
Bundesregierung. (2010d). Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen „Bundeswehreinsatz und Ausbildung im Afghanistan-Konzept der Bundesregierung“. 23.03.2010, BT 17/1195.
Bundesregierung. (2010e). Auf dem Weg zur Übergabe in Verantwortung. Berlin.
Daxner, M. (2010). Das Konzept von Interventionskultur als Bestandteil einer gesellschaftsorientierten theoretischen Praxis. In T. Bonacker, M. Daxner, J. Free, & C. Zürcher (Hrsg.), Interventionskultur. Zur Soziologie von Interventionsgesellschaften (S. 75–100). Wiesbaden: VS Verlag.
dpa. (2010, 5. Apr.). Guttenberg: ‚Umgangssprachlich Krieg‘.
Foucault, M. (2004). Geschichte der Gouvernementalität. 1. Sicherheit, Territorium, Bevölkerung. Frankfurt a.M.: Suhrkamp.
Hippler, J. (2009). Afghanistan: Kurskorrektur oder Rückzug. Duisburg: INEF.
Jalali, A. (2009). Winning in Afghanistan. Parameters, 39(1), 5–21.
Kilcullen, D. (2009). The accidental guerrilla: Fighting small wars in the midst of a big one. New York: Oxford University Press.
Kornelius, S. (2010, 15. Jan.). US-Piloten für Angriff auf Kundus bestraft. Süddeutsche Zeitung.
Oppel, R. (2010, 2. Apr.). Violence helps Taliban undo Afghan gains. The New York Times.
Petraeus, D., Amos, J., & Nagl, J. (2007). The U.S. Army Marine Corps Counterinsurgency Field Manual: U.S. Army Field Manual No. 3–24: Marine Corps Warfighting Publication No. 3–33.5. Chicago: University of Chicago Press.
Rashid, A. (2008). Descent into chaos. How the war against Islamic extremism is being lost in Pakistan, Afghanistan and Central Asia. London: Allen Lane.
Trofimov, Y. (2010, 15. Jan.). Risky ally in war on polio: The Taliban. Wall Street Journal.
Verteidigungsausschuss. (2010). Verteidigungsausschuss Ausschussdrucksache Nr. 17(12)140.
Metadaten
Titel
Deutsche Afghanistanpolitik nach der Londoner Konferenz
verfasst von
Tom Koenigs
Publikationsdatum
01.07.2010
Verlag
VS-Verlag
Erschienen in
Zeitschrift für Außen- und Sicherheitspolitik / Ausgabe 3/2010
Print ISSN: 1866-2188
Elektronische ISSN: 1866-2196
DOI
https://doi.org/10.1007/s12399-010-0136-9

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