Skip to main content

2021 | OriginalPaper | Buchkapitel

5. Deutungen der Rentenversicherung-Altersgrenzenanhebung im Wandel der Zeit

verfasst von : Marcus Zachäus

Erschienen in: Der lange Weg der Rente mit 67

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

Aktivieren Sie unsere intelligente Suche, um passende Fachinhalte oder Patente zu finden.

search-config
loading …

Zusammenfassung

Die Arbeiten an dieser Dissertation begannen fast schon naiv mit der vermeintlich kleinen Frage danach, warum es in der deutschen Bevölkerung im Vergleich zu anderen umfassenderen Rentenreformen so großen Widerstand gegen die Idee Rente mit 67 und das dazugehörige Rentenversicherung-Altersgrenzenanpassungsgesetz (RV-AGAG) gab und zum Teil bis heute gibt. Quasi nebenbei sollte dabei mit einer gewissen Euphorie die Relevanz externer politischer Kommunikation gezeigt und ein besseres Verständnis derer erarbeitet werden. Die Arbeit schließt nun mit einer ernüchternden Gesamtbewertung der Ereignisse um die Rente mit 67 als auch der Möglichkeiten (akuter) externer politischer Kommunikation im Rahmen des RV-AGAG.

Sie haben noch keine Lizenz? Dann Informieren Sie sich jetzt über unsere Produkte:

Springer Professional "Wirtschaft+Technik"

Online-Abonnement

Mit Springer Professional "Wirtschaft+Technik" erhalten Sie Zugriff auf:

  • über 102.000 Bücher
  • über 537 Zeitschriften

aus folgenden Fachgebieten:

  • Automobil + Motoren
  • Bauwesen + Immobilien
  • Business IT + Informatik
  • Elektrotechnik + Elektronik
  • Energie + Nachhaltigkeit
  • Finance + Banking
  • Management + Führung
  • Marketing + Vertrieb
  • Maschinenbau + Werkstoffe
  • Versicherung + Risiko

Jetzt Wissensvorsprung sichern!

Springer Professional "Wirtschaft"

Online-Abonnement

Mit Springer Professional "Wirtschaft" erhalten Sie Zugriff auf:

  • über 67.000 Bücher
  • über 340 Zeitschriften

aus folgenden Fachgebieten:

  • Bauwesen + Immobilien
  • Business IT + Informatik
  • Finance + Banking
  • Management + Führung
  • Marketing + Vertrieb
  • Versicherung + Risiko




Jetzt Wissensvorsprung sichern!

Anhänge
Nur mit Berechtigung zugänglich
Fußnoten
1
Diesen Schluss lässt zumindest das geringe Zugangsalter in die GRV der 1980er und 1990er Jahre sowie die bis vor kurzem noch hohe Arbeitslosigkeit und geringe Erwerbsquote Älterer zu (DRV 2018: 137; BAS 2017: 1, 2019b).
 
2
Der erste Gegengrund ist rechnerisch gesehen in der Regel falsch, denn man behält in den zwei Jahren seinen viel höheren Lohn, wodurch man in den meisten, nicht in allen Fällen am Ende doch mit mehr Geld nach der Reform rechnen kann. Zudem besteht die Möglichkeit – falls man nicht (viel) länger arbeiten möchte, aber auch keine kleinere Rente durch Abschläge haben möchte –, seine persönlichen „rentenneutrale“ Erwerbszeit auszurechnen, also das Alter „bei der die Rentenhöhe im Vergleich zum alten Recht gerade konstant bleibt“ (siehe zu den Missverständnissen um das RV-AGAG und der Berechnung der rentenneutralen Erwerbszeit auch noch einmal die Ausführungen bei Gasche/Bucher-Koenen et al. 2010).
 
3
Sie wurde z. B. auch während der PERK des RV-AGAG nur ein einziges Mal erwähnt und dabei für nicht sinnvoll erachtet (vgl. Schaaf 2006: 6910).
 
4
Natürlich wäre auch denkbar, dass die Rechtfertigungen für die früheren Rentenreformen emotionaler waren, damit mehr auf die Ängste der Menschen eingingen und dadurch die Valenz dieser Ideen höher war. Doch dies war in der Regel nicht der Fall. Wie eine exemplarische Zusatzanalyse der Redebeiträge der jeweils zuständigen Ressortminister*innen anlässlich der zweiten und dritten Beratung des RRG 1992, 1999, 2001 und 2004 von Norbert Blüm (zum RRG 1992, BT-Sitzung 11/174; zum RRG 1999, BT-Sitzung 13/198), Walter Riester (zum RRG 2001, BT-Sitzung 14/168) und Ulla Schmidt (zum RRG 2004, BT-Sitzung 15/97) zeigt, waren diese Redebeiträge überwiegend sogar noch technischer gestaltet, weil sie versuchten, die komplizierten Berechnungen verständlich zu kommunizieren. Eine Ausnahme bildete die Rede von Blüm anlässlich des RRG 1992, welche Emotionalität und Logik versuchte in Einklang zu bringen. Im starken Kontrast dazu z. B. die Rede von der damaligen Bundesministerin für Arbeit und Soziales Andrea Nahles anlässlich der zweiten und dritten Beratung des RV-Leistungsverbesserungsgesetz im Mai 2014, welches die Mütterrente und die Rente mit 63 einführte (BT-Sitzung 18/37). Dieses Gesetz weitete Leistungen aus und schränkte sie nicht ein. Daher gab es auch nichts, was in einem großen Umfang logisch zu rechtfertigen gewesen wäre. Nahles ging noch nicht einmal genau auf die Inhalte des Gesetzes ein. Stattdessen verwendete sie eine Abwandlung des in dieser Arbeit beschriebenen Sozialverträglichkeits-Topos und rechtfertigte die Ausweitung der Leistungen kurz mit dem Generationen-Topos unter einem starken Fokus auf die Frames Solidarität und Wertschätzung für langjährige Beitragszahlungen. Alles in allem eine sehr emotionale und abstrakt gehaltene Rede.
 
5
Wie in dieser Arbeit mehrfach gezeigt wurde, zeigten sich die Gewerkschaften bzw. Teile von diesen durchaus offen für eine Rente mit 67. Bereits 1997 waren sie beteiligt an dem damaligen Rentenkonzept der SPD, welches ebenfalls eine Erhöhung der Regelaltersgrenzen (langfristig) vorsah. Sie waren auch an der Rürup-Kommission beteiligt und hätten unter bestimmten Voraussetzungen (nach 44 Beitragsjahren unabhängig vom Alter abschlagfrei in Rente sowie ab 62 Jahren mit Abschlägen in Rente) auch 2003 einem entsprechenden Gesetz zugestimmt (vgl. Kapitel 3.​1.​4).
 
6
Genauere Aussagen bezüglich der Erwerbslosenquote der kritischen Gruppe älterer Bundesbürger*innen über 60 Jahre können hier leider nicht gemacht werden, da entsprechenden Arbeitslosenstatistiken ältere Arbeitslose entweder in einer Gruppe von 50–65 oder 55–65 Jahren zusammenfassen (vgl. BAS 2019b).
 
7
Siegrist/Dragano (2007) präsentieren hierzu einen sehr ausführlichen Überblick der „langjährigen beruflichen Belastungen auf Gesundheit und Arbeitsfähigkeit älterer Beschäftigter an Hand neuer Ergebnisse der internationalen Forschung“ (ebd. 5). Ein Aspekt hiervon ist auch der gezielte Einsatz von Betrieblichem Gesundheitsmanagement. Was schon kleinste Veränderungen für die Arbeits- und Lebensqualität der Angestellten leisten können zeigt das Beispiel bei Sigel (2013).
 
8
Diese Überlegungen werden in abgeschwächter Form auch von Schmähl (2006: 27) geteilt, der die Steuerfinanzierung der GRV als langfristige Konsequenz des immer weiteren Absinkens des Rentenniveaus ansieht, sich in seinem Beitrag aber vor allem für eine „aufgabenadäquate Finanzierung der Sozialversicherung“ ausspricht. Und auch die am 2. Juli 2020 verabschiedete Grundrente wird (zunächst) aus dem Bundeshaushalt finanziert werden (vgl. Deutscher Bundestag 2020)
 
9
Eine Erklärung hierfür könnte sein, dass das für das RV-AGAG zuständige Bundesministerium von der SPD geleitet wurde. Hierdurch stand auch die CDU/CSU insgesamt etwas weniger im Mittelpunkt der damaligen öffentlichen Aufmerksamkeit, auch wenn die Idee und die Initiative für die Aufnahme in den Koalitionsvertrag wahrscheinlich von ihr kam und sie damit eigentlich die hauptverantwortliche Partei der Rentenreform ist (vgl. Kapitel 5.1 und 5.2 als auch die Zeitungsberichte in Kapitel 6.3 (siehe Online-Anhang)).
 
Metadaten
Titel
Deutungen der Rentenversicherung-Altersgrenzenanhebung im Wandel der Zeit
verfasst von
Marcus Zachäus
Copyright-Jahr
2021
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-32840-5_5