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2025 | Buch

Die Arabische Halbinsel

Geographie und Politik

herausgegeben von: Thomas Demmelhuber, PD Dr. Nadine Scharfenort

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Über dieses Buch

Dieses Buch bietet eine umfassende interdisziplinäre Einführung in die geographischen und politischen Besonderheiten der Arabischen Halbinsel im Kontext aktueller Megatrends wie Klimakrise, Migration und geopolitische Verwerfungen. Die Arabische Halbinsel ist ein Knotenpunkt der Debatte und selbst ein wesentlicher Akteur.

Es beleuchtet die Rolle der Region im Übergang in ein Post-Öl-Zeitalter und analysiert infrastrukturelle Großprojekte, sportliche Großveranstaltungen sowie visionäre Entwicklungspläne. Dabei berücksichtigt es die historischen Entwicklungslinien, ordnet Umbrüche ein und beleuchtet Themen wie dynastische Herrschaftsstrukturen, Anpassungsstrategien in Zeiten der Energiewende, Klimapolitik, Digitalisierung, die Konstruktion von Identitäten, Migration, Arbeitsmarktfragen und die Diversifizierung der Wirtschaft. Dabei wird die Region nicht als homogene Einheit betrachtet, sondern in die zahlreichen ökonomischen, politischen und kulturellen Verflechtungen mit der weiteren MENA-Region sowie globalen Weltregionen eingebettet.

Das erste deutschsprachige Buch dieser Art vereint die vielstimmige und hochkompetente Forschung der deutschsprachigen Wissenschaft zur Arabischen Halbinsel. Es richtet sich an Forscher, Wissenschaftler und Fachleute aus den Bereichen Geographie, Politikwissenschaften und Nahoststudien sowie an allgemein an der Region interessierten Laien. Es bietet wertvolle Einblicke in die komplexen Verflechtungen der Region mit dem Nahen Osten, Nordafrika und darüber hinaus. Leser*innen werden durch dieses Werk ein tiefgehendes Verständnis für die dynamischen Entwicklungen auf der Arabischen Halbinsel gewinnen und ihre Expertise in transregionalen Studien erweitern.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Einleitung – Geographie und Politik der Arabischen Halbinsel
Zusammenfassung
Die Forschung zur Arabischen Halbinsel hat erst in den vergangenen zwei Jahrzehnten an Dynamik gewonnen. Auf den ersten Blick überrascht das: Zwar galt die Region bis Mitte des vergangenen Jahrhunderts als unterentwickelt und geopolitisch unbedeutend – mit Ausnahme der Küstenregionen des Roten Meers und Persischen Golfs sowie geostrategischen Knotenpunkten (z. B. Aden), die für den europäischen Imperialismus ab dem 19. Jahrhundert von Bedeutung waren. Und dennoch hat es gedauert, bis diese politische und gesellschaftliche Transformation auf der Arabischen Halbinsel, die in der Literatur als „historischer Unfall“ bezeichnet wurde, hinreichende Aufmerksamkeit in der wissenschaftlichen Debatte fand. Dieses Handbuch hat das Ziel, die Leserinnen und Leser in die politischen und geographischen Besonderheiten einer Region einzuführen, um mit historischen Hintergründen die Komplexitäten der Gegenwart erklären zu können.
Thomas Demmelhuber, Nadine Scharfenort

Räume und Ressourcen

Frontmatter
2. Arabische Halbinsel als historischer Handelsraum
Zusammenfassung
Die Geschichte des überregionalen Handels auf der Arabischen Halbinsel lässt sich in See- und Landhandel unterteilen, wobei letzterer vor allem mit der Einführung des domestizierten einhöckrigen Kamels konkurrenzfähig wurde. Dabei diente die Arabische Halbinsel auch als Brücke, die Warenaustausch zwischen den Räumen des Indischen Ozeans und des Mittelmeers ermöglichte. Im Verlauf der Jahrhunderte wandelten sich die Handelsrouten in Abhängigkeiten von den geopolitischen wie religiösen Verhältnissen. Beispielsweise wurde die Pilgerfahrt nach Mekka zu einem wichtigen Motor des internationalen Austauschs. Auch die Handelsgüter wandelten sich im Laufe der Zeit. So verloren Weihrauch und Gewürze an relativer Bedeutung, während neue Nahrungsmittel wie Reis und Tee oder Konsumgüter wie Perlen, Porzellan und Baumwolltuche an Bedeutung gewannen. Bis ins frühe 20. Jahrhundert spielte auch der Sklavenhandel eine erhebliche Rolle. Technische Entwicklungen wie die motorisierte Schifffahrt und motorisierter Land- sowie Flugtransport revolutionierten den Handel im 19. und 20. Jahrhundert.
Ulrike Freitag
3. Arabische Halbinsel im fossilen Zeitalter: Herausbildung von Petrostaatlichkeit
Zusammenfassung
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Arabische Halbinsel in rasantem Tempo zu einer Region von strategischer Bedeutung für die politische Ökonomie des globalen Kapitalismus aufgebaut. Um ihre avisierte Rolle als neue Hegemonialmacht ausfüllen zu können, benötigten die USA nachhaltigen Einfluss auf das wichtigste internationale Handelsgut, das als Treibstoff jedweder moderner Industrieproduktion und zur Ausübung militärischer Macht unverzichtbar geworden war: Erdöl. Da die Region über sehr hohe Vorkommen an fossilen Energieträgern mit außerordentlich niedrigen Förderkosten verfügt, war sie bereits deutlich vor der Kapitulation Deutschlands und Japans ins Visier US-amerikanischer Planungen der Nachkriegsära geraten. Allerdings wartete die Integration der Arabischen Halbinsel in die globale Ökonomie mit gravierenden Herausforderungen auf, denn die USA waren weder fähig noch willens, die Region qua eines klassischen imperialen Kolonialprojekts in das Weltwirtschaftssystem einzubinden. Vielmehr arrangierten sich die USA beim Aufbau eines internationalen Regimes zur Wahrung energiepolitischer Interessen mit den großen multinationalen Erdölkonzernen, den Erdölkonzernen im eigenen Land und dem Vereinigten Königreich als der seit Mitte des 19. Jahrhunderts dominanten imperialen Macht in der Region. Wie nirgendwo sonst sollte geballte staatliche und privatwirtschaftliche Macht des Globalen Nordens auf eine seit den 1920er-Jahren abgehängte, verarmte Region treffen, deren politische Ökonomien infolgedessen völlig umgekrempelt wurden. Der vorliegende Beitrag setzt es sich zur Aufgabe, rententheoretisch fundiert zentrale Entwicklungslinien der politischen Ökonomien der Arabischen Halbinsel ab der Entdeckung von Rohstoffressourcen bis in die Gegenwart zu diskutieren.
Martin Beck
4. Rentierstaatlichkeit und Rohstoffförderung: Anpassungsstrategien in Zeiten der Energiewende
Zusammenfassung
Die Staaten der Arabischen Halbinsel zählen zu den größten Öl- und Gasexporteuren der Welt – und zugleich zu den verletzlichsten Ländern im Angesicht der Klimakrise. Der Beitrag beleuchtet, wie Bahrain, Katar, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien und die VAE auf den Druck sinkender Öleinnahmen und steigender ökologischer Risiken reagieren. Zwischen Steuerreformen, Subventionsabbau und Schuldenaufnahme zeigen sich unterschiedliche Wege der Anpassung – mit teils widersprüchlichen Resultaten. Trotz ehrgeiziger Pläne bleibt die Abhängigkeit vom fossilen Exportmodell hoch, während echte Diversifizierung kaum greift. Die Mehrheit der Staatsbürgerinnen und Staatsbürger ist weiter im gut alimentierten öffentlichen Sektor beschäftigt, während ausländische Arbeitskräfte unter prekären Bedingungen arbeiten. Investitionen erfolgen fast ausschließlich durch staatlich kontrollierte Akteure, oft unter der Ägide mächtiger Herrscherfamilien. Dieser Beitrag zeigt: Die Energiewende trifft die Golfstaaten ins Mark – doch der Wandel vollzieht sich zögerlich, selektiv und politisch aufgeladen. Die Kluft zwischen struktureller Reform und autoritärer Machtstabilisierung könnte in Zukunft noch größer werden.
Thomas Richter
5. Klimapolitik und „Greenwashing“
Zusammenfassung
Die Golfstaaten inszenieren sich als Vorreiter des Klimaschutzes, doch ihre Klimapolitik ist voller Widersprüche. Nachhaltigkeitsprojekte sollen Investitionen anziehen, die Wirtschaft diversifizieren und internationale Anerkennung sichern. Gleichzeitig verschärfen sich die Folgen des Klimawandels, darunter extreme Hitze und Wasserknappheit, während Emissionen und Umweltprobleme weiter bestehen. Die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen bleibt ungebrochen. Eine pauschale Abwertung als Greenwashing greift jedoch zu kurz, denn Nachhaltigkeit wird gezielt als Mittel der Machtsicherung und Selbstvermarktung genutzt. Die entscheidende Frage lautet: Wie bewahren die Golfstaaten ihre über Jahrzehnte aufgebaute politische und wirtschaftliche Relevanz in einer klimagestressten Welt? Dieser Beitrag liefert darauf einige Antworten.
Tobias Zumbrägel

Politische Ordnungsparameter

Frontmatter
6. Dynastische Herrschaft im Spiegel der Geschichte
Zusammenfassung
In der Bezeichnung „Königreich Saudi-Arabien“ wird der Name des Gründers der Al Saud-Dynastie tradiert. Warum bezieht sich in allen arabischen Golfstaaten die staatstragende Macht jeweils auf den Namen einer Familie – deren zentrale Stellung im Falle von Kuwait, Bahrain und Katar sogar in der Verfassung festgeschrieben ist? Auch in den Teilstaaten der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) werden prominente Mitglieder der sieben Dynastien – seien es die Al Nahyan in Abu Dhabi oder die al-Qawasim in Ras al-Khaimah – als die nicht unumstrittenen, aber von der Bevölkerung getragenen, autokratischen Staatslenker wahrgenommen. Der folgende Beitrag soll verdeutlichen, warum diese Dynastien, deren Status als oberste Entscheidungsträger auf die patriarchalischen Familienstrukturen nomadisierender Stämme zurückreicht, das Übergreifen europäischer Interessen und kapitalistischer Wirtschaftsbedingungen nicht nur überdauert, sondern das Wohlergehen der gesamten Gesellschaft befördert und die Dauerhaftigkeit der politischen Ordnungen geprägt haben.
Frauke Heard-Bey
7. Monarchien: Nation, Legitimation und Herrschaftssicherung
Zusammenfassung
Sechs der sieben Staaten der Arabischen Halbinsel werden noch heute monarchisch regiert: Saudi-Arabien, Kuwait, Bahrain, Katar, Oman und die monarchische Föderation der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). In keiner anderen Weltregion ist die Dichte von Monarchien vergleichbar hoch, in wenigen anderen Ländern weltweit ist der monarchische Machtanspruch ähnlich umfassend. Die hohe Anzahl von Königen, Emiren und Sultanen erstreckte sich bis Mitte des letzten Jahrhunderts auch über die erweiterte Region des Mittleren Ostens und Nordafrikas (MENA). Neben den überlebenden Monarchien, dem Königreich Marokko und dem haschemitischen Königreich Jordanien, dominierte die Monarchie als Staatsform auch in Ägypten (bis 1952), im Irak (bis 1958), im Jemen (bis 1962), in Libyen (bis 1969) und im Iran (bis 1979). Trotz deren Niedergang bleibt die hohe regionale Konzentration monarchischer Herrscher ein wichtiger Faktor bei der Betrachtung und Analyse des politischen Geschehens der Region.
In den Monarchien der MENA-Region liegt die Staatsmacht ausschließlich in den Händen männlicher Monarchen. Entsprechend wird im Haupttext nur die maskuline Form verwendet.
Katharina Nicolai
8. Konstruktion von „Wir-Identitäten“
Zusammenfassung
Die Frage nach Identität ist von wesentlicher Bedeutung, um zu verstehen, wie sich Individuen in Beziehung zueinander sehen und Kollektive bilden, die einer sozialen und damit auch politischen Ordnung Stabilität verleihen. Die Ausbreitung des Islam sowie die Bildung von Nationalstaaten gehören zu den großen identitätspolitischen Treibern auf der arabischen Halbinsel. Jedoch geschieht das nicht, wie bisher angenommen, in unangefochtener Eigenzuschreibung. Mittels postkolonialer und kultursensibler Ansätze liefert dieser Beitrag neue Verständnisse zu Identitätskonstruktionen über große geschichtliche Etappen hinweg und widmet sich dabei ihrer politischen Relevanz.
Antonia Thies
9. Digitalisierung von Mensch und Umwelt
Zusammenfassung
Digitalisierung ist in den letzten Jahrzehnten weltweit zu einem der Schlagworte schlechthin geworden. Digitalisierung oder, korrekter, digitale Transformation beschreiben soziotechnologische Prozesse, in der digitale Technologien auf Mensch und Umwelt einwirken und in einem reziproken Verhältnis zueinanderstehen. Dies zeigt sich auch in den Golfstaaten: Die Führungen in der Region sehen in der digitalen Transformation ihrer Volkswirtschaften große Chancen und Möglichkeiten, sich auf ein post-fossiles Zeitalter vorzubereiten und sich international als innovative Tech-Hubs zu etablieren. Der rapide Ausbau und Fortschritt in der digitalen Transformation auf der Arabischen Halbinsel führt auch zunehmend zu (cyber-)sicherheitspolitischen Diskursen und Praktiken rund um digital ermöglichte Bedrohungen. Zentral hierbei sind vor allem wirtschaftliche Treiber zur Sicherung einer digitalisierten Wirtschaft, die oftmals mit geopolitischen Kontroversen verwoben werden.
Laura Schuhn

Mensch und Gesellschaft

Frontmatter
10. Gesellschaft und Stammeszugehörigkeit: Tradition, Wandel und Erbe
Zusammenfassung
In weiten Teilen der Arabischen Halbinsel und insbesondere für die mehrheitlich beduinische Bevölkerung bedeutete Stammeszugehörigkeit bis in die Mitte des 20. Jahrhundert Zugang zu Ressourcen, Gemeinschaft sowie politischer und kultureller Teilhabe. Eine ideologische Grundlage der auf unterschiedliche Weise in Stammesgruppen gegliederten Gesellschaft bildete Abstammung, die allerdings genealogisch und retrospektiv definiert war, so dass sie die Realität der Gruppenbildung mit ihren sozialen und politischen Dynamiken abbilden konnte. Tradition gewährleistete komplexe Ordnungen, orientiert – im Wesentlichen – an etablierten, formalisierten und sozial kontrollierten Praktiken, und aufrechterhalten unter anderem durch Konfliktbewältigung in Form von Vermittlung und im Brauchtum verankerter Waffengewalt. Das über Jahrhunderte hinweg vorherrschende Geflecht der in wechselnden Konstellationen realisierten Kooperation von Fernweidewirtschaft, mit ihren mobilen, eigenständig und in stetem Wettbewerb um knappe Ressourcen und Umverteilung agierenden Gruppen, und Landwirtschaft, Handwerk und Handel in den Oasen hatte zur Zeit der Konsolidierung des Zentralstaates aus verschiedenen Gründen bereits an Bedeutung gegenüber Städten und Fernhandel eingebüßt. Nach dem Ende der beduinischen Dominanz entwickelte sich das Interesse an Abstammung neu, nun nicht mehr als ein fluides Register und Teil eines flexiblen gesellschaftlichen Ordnungssinns, sondern mit dem Anspruch auf schriftlich fixiertes, wahres, überprüfbares Wissen, das öffentlich verhandelt wurde. Dabei wurden – und werden – alte wie neue Kriterien sozialer Hierarchie geltend gemacht und Vergangenheitspolitiken abseits staatlicher Lenkung debattiert.
Stefan Leder
11. Identität und Religion
Zusammenfassung
Wenn wir von Religion auf der Arabischen Halbinsel sprechen, liegt die Assoziation mit dem Islam nahe. Warum sollte es auch anders sein? Mekka als spirituelles Zentrum des Islams liegt westlich der Mitte der Arabischen Halbinsel, Medina als Zufluchtsort des Propheten Muhammad und Ort seiner letzten Ruhe befindet sich nur etwas weiter im Norden. Die alljährliche Wallfahrt (Hajj) und ihre Riten verbinden die muslimischen Gläubigen auf der ganzen Welt (als Umma bezeichnet) durch persönliche Pilgerschaft oder – wo immer sie leben – durch jährliche Teilhabe am Opferfest stets mit diesen arabischen Stätten im Hijaz-Gebirge zurück. Zudem sind gemäß der politischen Weltkarte sowohl der größte Flächenstaat Saudi-Arabien wie auch der Jemen und der Oman sowie die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) am Persischen Golf weltweit wohl in erster Linie als von Musliminnen und Muslimen bewohnte und vom Islam geprägte Staaten bekannt.
Thomas Würtz
12. Bevölkerung, Migration & Arbeitsmarkt
Zusammenfassung
Dieses Kapitel analysiert historische und zeitgenössische Entwicklungen in der golfarabischen Migrations- und Arbeitsmarktpolitik. Vor dem Hintergrund der steigenden Erdöleinnahmen und der fortschreitenden wirtschaftlichen Modernisierung durchliefen die Bevölkerungen auf der Arabischen Halbinsel einen demographischen Wandel, der insbesondere von zwei Merkmalen charakterisiert wurde: Zum einen rekrutierten die Golfmonarchien in den vergangenen Jahrzehnten eine signifikante Anzahl an Arbeitsmigrantinnen und Arbeitsmigranten aus den arabischen Nachbarregionen, um mit deren Expertise nationale Verwaltungsstrukturen und Bildungssysteme zu entwickeln, ehe im Zuge der steigenden Erdöl- und Erdgaseinnahmen verstärkt Arbeitskräfte des Niedriglohnbereichs aus Süd- und Südostasien und Afrika angeworben wurden, um die golfarabische Infra- und Dienstleistungsstruktur aufzubauen. Zum anderen geraten die Wirtschaftssysteme der Golfmonarchien durch die steigende Anzahl von Arbeitsmigrantinnen und Arbeitsmigranten und ein signifikantes Bevölkerungswachstum zunehmend unter Druck und streben nach einer „Nationalisierung“ ihrer Arbeitsmärkte: Hohe Jugendarbeitslosigkeit in einigen Golfmonarchien bei sinkenden Möglichkeiten, Arbeitsplätze im öffentlichen Sektor zu schaffen, fordern die traditionellen Rentierstaats- und Alimentierungssysteme der Golfstaaten heraus.
Sebastian Sons
13. Empowerment
Zusammenfassung
In diesem Kapitel geht es um das soziale Gefüge auf der Arabischen Halbinsel, um das, was die Gesellschaften zusammenbringt, verbindet und bewegt, um Selbstwirksamkeit, Kreativität und Gestaltung, um Solidarität, Fürsorge und soziale Reform von unten – kurzum: Es geht um Empowerment. Der aus dem Englischen entlehnte Begriff steht auf der individuellen Ebene für Ermächtigung, Selbstbefähigung und die Stärkung von Eigenmacht und Selbstbestimmung. Im gesellschaftlichen Kontext geht es um Autonomie und Mitgestaltungsmöglichkeiten. Auch wenn Empowerment auf der gesellschaftlichen Ebene – im Sinne von Mobilisierung, Partizipation und Öffentlichkeit – bis zu einem gewissen Grad mit der Idee von Zivilgesellschaft einhergeht, so nimmt das hier besprochene Engagement oft Formen an, die nicht unbedingt liberalen Werten und Normen und damit der dominanten „westlichen“ Idee von Zivilgesellschaft entsprechen. Bürgerschaftliches Engagement in Saudi-Arabien setzt sich zum Beispiel nicht unbedingt für mehr Demokratie oder für Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern ein, weshalb es lange Zeit von der Forschung entweder übersehen oder lediglich als schwache Ausprägungen von Zivilgesellschaft eingestuft wurde. Dementgegen macht neuere Forschung, die sich für eine Reformulierung der Zivilgesellschaftstheorie einsetzt, vielfältige Ausprägungen von Zivilgesellschaft in den arabischen Golfmonarchien sichtbar, etwa in dem Bereich der Fürsorge für Arme und gesellschaftliche Randgruppen, in Sport und Kultur und in Form von vielfältigen Jugendgruppen und Jugendinitiativen.
Nora Derbal

Arabische Halbinsel im Wandel

Frontmatter
14. Ölabhängigkeiten und die Diversifizierung der Wirtschaft
Zusammenfassung
Erdöl hat der Arabischen Halbinsel immensen Reichtum beschert, wird aber zunehmend auch als Problem wahrgenommen. Die Abhängigkeit von volatilen Einnahmen der Rohstoffexporte bereitet Schwierigkeiten, wenn die Preise fallen, und ist langfristig fragwürdig. Bahrain, das Emirat Dubai und der Oman haben das Hoch ihrer Erdöl- und Erdgasproduktion schon hinter sich, und Mitte der 2030er-Jahre könnte die globale Ölnachfrage im Zuge von Energietransitionen beginnen abzunehmen. Das vorliegende Kapitel skizziert die Unterschiede und Ähnlichkeiten von Diversifizierungsanstrengungen im historischen Verlauf und diskutiert mögliche Zukunftsszenarien. Nach einer Übersicht der Diversifizierung nach Ländern werden die Diversifizierungspfade der Petrochemie und des Dubaimodells erörtert. Nach einer Schilderung jüngster Wirtschaftskrisen in Bahrain und Dubai, die eine fortwirkende indirekte Erdölabhängigkeit offenbarten, werden dann die ambitionierten Entwicklungsstrategien Saudi-Arabiens diskutiert, die diese in seiner Vision 2030 formuliert hat.
Eckart Woertz
15. Moderne und zeitgenössische Kunst
Zusammenfassung
Jedes Jahr im März besucht der Scheich von Dubai die Kunstmesse Art Dubai. Während er durch die Ausstellung schlendert, eilen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Art Dubai dem Konvoi voraus und kümmern sich um die letzten Details. Niemand weiß, wann genau diese Besuche stattfinden werden. Am ersten Tag der Messe im Jahr 2015 war eine allgemeine Aufregung zu spüren. Scheich Hamdan bin Muhammad bin Rashid Al Maktoum erschien anstelle seines Vaters, des Emirs von Dubai, Scheich Muhammad bin Rashid Al Maktoum. Hamdan ist nicht nur der zukünftige Herrscher von Dubai, sondern auch bei der jüngeren Generation sehr beliebt. Er gilt als besonders offen für die Kunst, die auf der Messe ausgestellt wurde. Während meines Praktikums bei der Art Dubai im März 2015 half ich am Tag des Besuchs an einem Informationsstand aus, als eine Kollegin Kaffee holen ging. In den wenigen Minuten, die sie brauchte, um zurückzukommen, eilten der Scheich, sein ganzer Konvoi und die dazugehörige Presse am Stand vorbei in Richtung der Ausstellungshallen. „Du wirst nicht glauben, wer gerade vorbeigekommen ist“, sagte ich, als sie zurückkam. Ihre Augen weiteten sich. „Sag mir nicht, dass ich ihn verpasst habe!“ Wir lachten beide und stellten fest, dass sie gerade das Ereignis verpasst hatte, auf das sie den ganzen Tag gewartet hatte. Meine Kollegin war eine der vielen Verehrerinnen von Scheich Hamdan.
Melanie Sindelar
16. Chancen und Herausforderungen der Tourismusentwicklung
Zusammenfassung
Aufgrund ihrer Erdöl- und Erdgasvorkommen sowie Dubais bedeutender und einflussreicher Position als Wirtschaftszentrum mit globaler Reichweite gelten die Staaten des Golfkooperationsrats (GKR) als wichtige wirtschaftliche und politische Partner mit Ausstrahlungskräften in alle Weltregionen. Seit den 1990er-Jahren haben sich einige Standorte zu internationalen Drehkreuzen und Kondensationspunkten der Logistik und des globalen Tourismus entwickelt und damit ihre Attraktivität für Geschäfts- und Freizeitreisende gesteigert. Es entstanden infolge weitere Tourismusformen für unterschiedliche Zielgruppen und Herkunftsmärkte, wie der in Dubai seit den 1980er-Jahren gezielt aufgebaute Golf- und Shoppingtourismus, der Kreuzfahrttourismus mit Hafendestinationen in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), Katar und im Oman, oder die zunehmende Tendenz, tourismusrelevante Megaevents wie die Weltausstellung (Expo), Fußballweltmeisterschaft oder Rennen der Formel 1 in die Region zu holen.
Hans Hopfinger, Nadine Scharfenort
17. Großereignisse: „Place Branding“
Zusammenfassung
In zunehmendem Ausmaß investieren die rohstoffexportierenden Golfstaaten hohe Summen in die Ausrichtung von Großereignissen. Fast alle Mitglieder des Golfkooperationsrats (GKR; Gulf Cooperation Council, GCC) versuchen, die Transformation ihrer Gesellschaften, ihrer Ökonomien und ihrer Images durch Megaevents wie Weltausstellungen und Weltmeisterschaften voranzutreiben. Bei der Vergabe derartiger Veranstaltungen durch internationale Organisationen wie dem Bureau International des Expositions (BIE), der Fédération Internationale de Football Association (FIFA) und der Fédération Internationale de l’Automobile (FIA) spielen die finanziellen Ressourcen, die politische Macht und die vorhandenen Rahmenbedingungen der sich bewerbenden Nationalstaaten eine ausschlaggebende Rolle. Die Vergabe der FIFA-Fußballweltmeisterschaft der Männer, die im Jahr 2022 erstmals in der arabischen Welt stattfand, beurteilt der Philosoph Peter Sloterdijk daher wie folgt: „The tournament is going where everything goes, it is following the money and following in the footsteps of the Formula 1 circus, cycling, tennis and golf“.
Anton Escher, Marie Johanna Karner

Arabische Halbinsel in der Welt

Frontmatter
18. Religiöse Knotenpunkte und ihre politische Relevanz
Zusammenfassung
Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit der Rolle der arabischen Welt und insbesondere der Arabischen Halbinsel als Knotenpunkt für religiöse, insbesondere muslimische Netzwerke. Hierbei wird die transnationale und transregionale Relevanz von Pilgerorten, islamischen Organisationen und Bewegungen sowie von religiösen Bildungsinstitutionen herausgestrichen. Neben ihrer religiösen Funktion werden dabei auch ihre politischen Implikationen berücksichtigt. In der Tat standen und stehen Pilgerorte oder religiöse Bildungseinrichtungen oft im Fokus staatlicher Innen- und Außenpolitik, während sie gleichfalls auch als Ausgangs- und Knotenpunkte für subversive lokale oder transnationale Aktivitäten und Netzwerke, etwa im Bereich islamistischer und dschihadistischer Gruppen, fungieren können.
Philipp Bruckmayr
19. Regionale Kooperation auf der Arabischen Halbinsel
Zusammenfassung
Regionale beziehungsweise subregionale Kooperation entwickelte sich auf der Arabischen Halbinsel durch die Gründung des Golfkooperationsrats (GKR). Diese zwischenstaatliche Organisation wurde 1981 von den sechs arabischen Golfmonarchien Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), Kuwait, Katar, Bahrain und dem Oman ausgerufen. Der Zusammenschluss der Staaten zeigt, dass die Golfmonarchien innerhalb der MENA-Region eine weitere geographische und politische Abgrenzung vorantreiben wollten, auch wenn dies mit Blick auf die regionale Legitimität des GKR vorsichtig gehandhabt wurde: Ziel des Kapitels ist es, theoretische Perspektiven auf den GKR einzuführen und den institutionellen Aufbau des GKR sowie seine historische Entwicklung darzustellen. Obwohl der GKR lange als wohl erfolgreichste (sub-)regionale Organisation in der MENA-Region galt, legen jüngste Entwicklungen eine kritischere Begutachtung der regionalen Kooperation nahe.
Leonie Holthaus
20. Geopolitische Konflikte I: Innerhalb der Halbinsel
Zusammenfassung
Spätestens seit dem Ende des Osmanischen Reichs und der kolonialen Durchdringung vor allem durch Großbritannien bis in die 1970er-Jahre ist die Arabische Halbinsel auf der Suche nach Stabilität. Die enormen sozioökonomischen, politischen und geostrategischen Umbrüche des 20. Jahrhunderts bestimmen bis heute die regionale Ordnung im arabischen Raum. 2011 mündeten diese in den Protesten des sogenannten Arabischen Frühlings, die den arabischen Raum durch den Zerfall staatlicher Strukturen erneut destabilisierten und zur Verschiebung der regionalen Machtordnung führten. Besonders ärmere Länder wie der Jemen waren stark von den Protesten betroffen, in denen gegen schlechte Lebensverhältnisse, hohe Korruption und für Meinungsfreiheit demonstriert wurde. Die reichen Monarchien wie Saudi-Arabien und die kleineren Golfstaaten hingegen hatten demgegenüber kaum Probleme, da sie lokale Protestbewegungen mittels Subventionen und Repression – auch in Nachbarstaaten wie Bahrain – unterbanden. Seither versuchen diverse Regionalmächte, eine neue Ordnung nach ihren Interessen zu installieren. Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und Katar stießen in das durch die Proteste entstandene Machtvakuum in der MENA-Region und entwickelten sich zu Regionalakteuren, die ihre außen- und sicherheitspolitischen Interessen erstmals proaktiv (auch mit militärischen Mitteln) durchsetzen. Die Rivalität um geopolitischen Einfluss blieb jedoch nicht ohne Folgen und wirkte sich auf zahlreiche innerstaatliche Konflikte aus, auch weil mit der Türkei im Norden und dem Iran im Osten zwei mächtige Anrainer der Halbinsel ebenfalls versuchten, das Momentum zu nutzen, um sich als Führungsmächte zu etablieren.
Marius Bales
21. Geopolitische Konflikte II: Iran und das Narrativ des „Sunni-Schia-Konflikts“
Zusammenfassung
Die Islamische Republik Iran stellt in vielerlei Hinsicht einen Gegenpol zum Großteil der Staaten der Arabischen Halbinsel dar. Mit beinahe 90 Mio. Einwohnerinnen und Einwohnern hat der Iran eine größere Bevölkerung als alle Staaten der Halbinsel zusammen und ist in Bezug auf Sprache beziehungsweise Ethnie persisch, nicht arabisch, geprägt. Der Iran ist eines der an Erdöl reichsten Länder der Erde, hat allerdings aufgrund internationaler Sanktionen Probleme, dieses zu exportieren. Anders als die anderen Golfstaaten ist der Iran keine Monarchie, sondern – zumindest nominell – eine Republik mit demokratischen Elementen, wird allerdings von einem religiösen Gelehrten, dem Obersten Führer, geleitet. Der Staat verschreibt sich einer religiös begründeten, antiwestlichen, antiimperialistischen Außenpolitik, was ihn beinahe zwangsläufig in Konfrontation, wenn nicht gar in Konflikt mit den tendenziell am Erhalt des regionalen Status quo interessierten arabischen Golfstaaten bringt. Diese Konfrontation wird durch das Faktum, dass der Iran einem schiitisch-klerikalen Regime unterliegt und die außenpolitisch bedeutendsten arabischen Staaten am Golf sunnitisch geprägt sind, zusätzlich begünstigt, wenn zeitweise nicht gar gefördert.
Alexander Weissenburger
22. Geopolitische Konflikte III: Afrika
Zusammenfassung
Im März 2019 verkündete der britische „Economist“ den Beginn eines „neuen Wettlaufs um Afrika“. Waren es im 19. Jahrhundert die europäischen Großmächte und im Kalten Krieg die beiden Supermächte USA und Sowjetunion, die den afrikanischen Kontinent in Kolonien beziehungsweise Einflusssphären aufzuteilen suchten, beeilten sich heute, so das Blatt, „Regierungen und Unternehmen aus aller Welt, ihre diplomatischen, strategischen und kommerziellen Beziehungen [mit afrikanischen Staaten] zu stärken.“ Dabei sei das derzeitige „Ausmaß externen Engagements beispiellos“. Auch die Staaten der Arabischen Halbinsel – allen voran Katar, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) – können zu den Akteuren gezählt werden, die zuletzt verstärkt versuchten, ihre Interessen in Afrika geltend zu machen. Wenngleich sich deren Afrikapolitiken hinsichtlich ihres Umfangs und ihrer Intensität zuletzt grundlegend gewandelt haben, sind sie keineswegs neue Akteure auf dem afrikanischen Kontinent. Dieser Beitrag zeigt, wie in unmittelbarer geographischer Nachbarschaft gelegen, die Staaten und Gesellschaften auf beiden Seiten des Roten Meers vielmehr eine lange gemeinsame Geschichte teilen, die reich an kultureller und wirtschaftlicher, aber auch politischer und militärischer Interaktion ist.
Jens Heibach

Alte und neue Allianzen

Frontmatter
23. Rolle der USA im MENA-Raum
Zusammenfassung
Zum Selbstverständnis der USA gehört bis heute, dass US-amerikanische Präsidenten, gleichgültig ob Republikaner oder Demokrat, sich zugleich als „Führer der freien Welt“ inszenieren. Erst unter der ersten Präsidentschaft Trump schien diese Grundprämisse erstmals insofern infrage gestellt, als für viele Beobachtende diese „freie Welt“ ohne US-amerikanische Führung aufgehört hatte zu existieren. Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass sich die USA auch unter Trump unverändert in der Rolle des Garanten internationaler Stabilität und als unentbehrliche Ordnungsmacht sahen. Damit unterschied sich seine Agenda trotz unbestrittener Abkehr von den Grundprinzipien des liberalen Internationalismus zumindest in einem Punkt gar nicht so erheblich von der seines Amtsvorgängers. Seit der zweiten Amtszeit Obamas ist der Trend einer größeren Zurückhaltung in Bezug auf Amerikas globales Engagement unverkennbar; davon sind nicht zuletzt der Nahe Osten und Nordafrika (MENA) unmittelbar betroffen. Auch unter der Administration von Joe Biden setzt sich „America First“ unter dem Label „Buy American“ fort und spiegelt den Willen wider, künftig amerikanische und nicht globale Interessen in den Mittelpunkt zu stellen. Das heißt aber nicht, dass Washington den Führungs- und Gestaltungsanspruch der USA in einer multipolaren Welt aufgegeben hätte.
Stefan Fröhlich
24. Indien als aufsteigender Akteur in der Golfregion
Zusammenfassung
Delhi, 24. Januar 2017. Indien feiert unter seinem nunmehr seit fast drei Jahren regierenden Premierminister Narendra Modi seinen 68. Republic Day. Zum alljährlichen Nationalfeiertag darf der indische Staatspräsident einen Ehrengast auf der Staatstribüne willkommen heißen, was jedes für Jahr für besondere Aufmerksamkeit sorgt, da es ein Zeichen für die zukünftige Ausrichtung Indiens ist. Doch in diesem Jahr sitzt, wie sonst üblich,kein Staatsoberhaupt auf der Bühne neben Modi, sondern Muhammad bin Zayed Al Nahyan – zum damaligen Zeitpunkt Kronprinz und de facto Herrscher der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). Es ist in doppelter Hinsicht ein geschicktes Zeichen Modis an die Welt, denn es zeigt, dass Indiens Regierung realpolitisch denkt und nicht nur in bloßen Formalitäten – und es zeigt zudem auf, dass Indiens Blick nicht mehr nur gen Osten und Norden ausgerichtet ist.
Stefan Lukas, Leo Wigger
25. China-Golf Beziehungen: Eine Partnerschaft auf Augenhöhe?
Zusammenfassung
Als relativ neue, aber dennoch stetig wachsende extraregionale Macht im Nahen Osten und Nordafrika (MENA) ist die Volksrepublik China auch für die arabischen Golfmonarchien zu einem wichtigen Partner geworden. Nicht zuletzt seit dem Beginn der Implementierung der chinesischen Belt and Road Initiative (BRI) im Jahr 2013 haben sich die transregionalen Verbindungen in den Bereichen Wirtschaft, Politik, kultureller Austausch und zuletzt auch Sicherheit zwischen China und den arabischen Golfmonarchien intensiviert. In den vergangenen Jahren standen die Länder des Golfkooperationsrats (GKR) an vorderster Front der außenpolitischen Prioritäten Pekings, da China plant, seine Energiesicherheit zu stärken, sein Wirtschaftswachstum zu beschleunigen und die wirtschaftlichen Beziehungen zu den Golfstaaten durch den Bau von Infrastruktur und die Entwicklung der Telekommunikation zu vertiefen – beides entscheidende Bereiche für Chinas BRI. Interessant ist dabei, dass im Gegensatz zu bilateralen Beziehungen zwischen China und Ländern Afrikas oder Lateinamerikas China-Golf-Beziehungen auf Augenhöhe stattfinden. Kurz: China braucht die Golfmonarchien ebenso wie diese China.
Julia Gurol-Haller
26. „Abraham Accords“: Israel und die Arabische Halbinsel
Zusammenfassung
Die Abraham Accords markierten einen historischen Durchbruch in den Beziehungen zwischen Israel und den arabischen Staaten und eine Neuausrichtung der jeweiligen bilateralen Beziehungen. Die Abkommen, welche 2020 zunächst zwischen Israel einerseits und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) und Bahrain und später Marokko und dem Sudan andererseits geschlossen wurden, waren von den USA vermittelt worden. Sie sind kein einzelnes Vertragswerk, sondern vielmehr eine Reihe von tri- und bilateralen Erklärungen, Verträgen und Abkommen. Zum Verständnis ist zunächst eine Auseinandersetzung mit der wechselvollen Geschichte der Beziehungen zwischen Israel und zentralen arabischen Staaten unerlässlich. Dieser Blick auf die israelisch-arabischen Beziehungen erklärt, warum die Abraham Accords insbesondere aufgrund einer veränderten machtpolitischen Konstellation im MENA-Raum zustande kamen. Ihr ging ein Paradigmenwechsel in der außenpolitischen Orientierung arabischer Staaten voraus.
Jan Busse, Anna Reuß
Backmatter
Metadaten
Titel
Die Arabische Halbinsel
herausgegeben von
Thomas Demmelhuber
PD Dr. Nadine Scharfenort
Copyright-Jahr
2025
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-70217-8
Print ISBN
978-3-662-70216-1
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-70217-8