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2014 | Buch

Die Arzthaftung

Ein Leitfaden für Ärzte und Juristen

verfasst von: Karl Otto Bergmann, Carolin Wever

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Über dieses Buch

Mit der Einführung des Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten ist im Jahre 2013 der ärztliche Behandlungsvertrag in das Bürgerliche Gesetzbuch aufgenommen worden. Diese Rechtsgrundlage ist Anlass der vierten Auflage des Leitfadens für Mediziner und Juristen. Für die Juristen bietet das Werk nach wie vor eine fallbezogene Einführung in das Arzthaftungsrecht unter Einbeziehung der neuen Regelungen des BGB. Daneben wird es auch für Ärzte und die Verantwortlichen im Krankenhausbereich immer wichtiger, sich mit den rechtlichen Grundlagen ihrer Arbeit auseinander setzen. Nicht nur die nunmehr im Bürgerlichen Gesetzbuch aufgeführten Pflichten und Beweislastregeln, sondern beispielsweise auch die neuen Verantwortlichkeiten nach dem 2011 reformierten Infektionsschutzgesetz steigern die Bereitschaft von Juristen und Medizinern, rechtliche Grundlagen der ärztlichen Tätigkeit zu beleuchten und die Qualität der Krankenbehandlungen im deutschen Gesundheitswesen zu steigern.

Die Haftungsfragen der arbeitsteiligen Medizin, der Organisation und Patientenaufklärung wie auch der Dokumentation stehen im Mittelpunkt der Aufarbeitung. Beispielsfälle und Schaubilder verdeutlichen die Denkweise der Gerichte und schaffen einen Überblick sowohl für Juristen als auch für Ärzte und Medizinstudenten.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Grundlagen der zivilrechtlichen Haftung des Arztes und des Krankenhausträgers
Zusammenfassung
Das Arzthaftungsrecht ist von der medizinischen Ausbildung her ein „Stiefkind der Rechtsmedizin“. Rechtsmedizin wird zum Medizinrecht. Als Teil des Medizinrechts, zu dem beispielsweise auch das Vertragsarztrecht, das öffentliche Gesundheitsrecht, das Arztstrafrecht und Disziplinarrecht zählen, gehört es im engeren juristischen Sinne zum Vertragsrecht und zum Haftpflichtrecht. So wie jeder von uns für die Folgen eines schuldhaft herbeigeführten Verkehrsunfalles haften muss, so wie beispielsweise der Rechtsanwalt für eine Pflichtverletzung im Rahmen des Mandatsverhältnisses und einen dadurch verursachten Vermögensschaden des Mandanten zu haften hat, so haben auch der Arzt oder der Träger des Krankenhauses für eine fehlerhafte Behandlung des Patienten einzustehen. Dass daneben auch noch eine strafrechtliche Verantwortung oder berufsrechtliche Maßnahmen infrage kommen, soll an dieser Stelle nur erwähnt sein.
Karl Otto Bergmann, Carolin Wever
2. Arzt-Patient-Krankenhaus: Ärztlicher Standard und Beweislastverteilung
Schwerpunkt: Gynäkologie, Geburtshilfe und Pädiatrie
Zusammenfassung
Die Eltern machen nach einer Zwillingsgeburt Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche gegenüber drei Beklagten, zum einen dem Träger des Belegkrankenhauses, zum zweiten dem Belegarzt und zum dritten der Beleghebamme gegenüber geltend. Sie begehren wegen des Todes eines der beiden Zwillinge Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 10.000 € mit der Begründung, Organisations- und Überwachungsfehler hätten zum Tode ihres Kindes geführt.
Karl Otto Bergmann, Carolin Wever
3. Der Arzt im Team: Organisationsfehler bei vertikaler und horizontaler Arbeitsteilung
Schwerpunkt: Gynäkologie, Geburtshilfe und Pädiatrie
Zusammenfassung
In der modernen Medizin ist ein erfolgreiches Wirken ohne Arbeitsteilung heute nicht mehr denkbar. Der ständige Fortschritt und die Technisierung haben zu einer wachsenden Spezialisierung nicht nur bei den Ärzten geführt. Viele Aufgaben werden an nichtärztliche Mitarbeiter wie z. B. Krankenschwestern, Pfleger oder medizinisch technische Assistenten delegiert. Eine Delegation – sogar auf nichtärztliches Personal – kommt auch bei Eingriffen in Betracht, die zum Verantwortungsbereich des Arztes gehören, und zwar, wenn es sich nicht um eine Tätigkeit handelt, die aufgrund ihrer Schwierigkeit, Gefährlichkeit oder Unvorhersehbarkeit zwingend von einem Arzt erbracht werden muss.
Karl Otto Bergmann, Carolin Wever
4. Selbstbestimmungsaufklärung und Patienteneinwilligung
Schwerpunkt: Chirurgie/Orthopädie
Zusammenfassung
Zu den Grundvoraussetzungen ärztlichen Handelns gehört neben der Indiziertheit des Eingriffs und der Heilbehandlung lege artis die Einwilligung des Patienten nach ordnungsgemäßer ärztlicher Aufklärung, § 630d BGB. Umfang und Grenzen der ärztlichen Aufklärungspflicht sind wiederum bereits vor der Kodifikation des Behandlungsvertrags von der Rechtsprechung entwickelt worden. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist jeder medizinische Eingriff eine tatbestandliche Körperverletzung iSd §§ 823 BGB, §§ 223 ff. StGB. Er bedarf zu seiner Rechtfertigung einer Einwilligung des Patienten, die nur wirksam ist, wenn eine ausreichende Aufklärung vorangegangen ist. Die Voraussetzung einer solchen ärztlichen Aufklärung ist heute auch in § 630e BGB festgeschrieben. Das Fehlen einer Einwilligung des Patienten bzw. deren Unwirksamkeit aufgrund eines Aufklärungsfehlers stellt daher eine Verletzung des Behandlungsvertrages dar und begründet eine Haftung des Arztes sowohl aus §§ 630d, 280 Abs. 1 als auch aus § 823 BGB.
Karl Otto Bergmann, Carolin Wever
5. Selbstbestimmungsaufklärung und Informationspflichten
Schwerpunkt: Aufklärungsfragen bei Medikamentengabe und bei ambulanten Operationen
Zusammenfassung
Während die Selbstbestimmungsaufklärung die Willensfreiheit des Patienten und die Wirksamkeit der Einwilligung in den ärztlichen Heileingriff gewährleisten soll, gibt der Arzt im Rahmen der therapeutischen Information dem Patienten Verhaltensmaßregeln an die Hand, um den Therapieerfolg zu sichern. Im Streitfall hat der Patient die fehlende ärztliche Unterrichtung über die Verhaltensmaßregeln zu beweisen. Trotz der für den Arzt günstigen Beweislastregel erweist sich die Notwendigkeit der therapeutischen Information oft als „Fallstrick“, wenn der Arzt die Notwendigkeit von begleitenden Hinweisen und Maßnahmen nicht in sein Therapiekonzept einschließt. Der Arzt muss den Patienten soweit aufklären, als dies erforderlich ist, um durch begleitende Maßnahmen den Erfolg der Heilbehandlung sicherzustellen.
Karl Otto Bergmann, Carolin Wever
6. Information über wirtschaftliche Fragen – Gesetzliche und private Krankenversicherung
Zusammenfassung
Neben der Aufklärungspflicht des Arztes über Verlauf und Risiken der Behandlung stellt sich in jüngster Zeit immer häufiger die Frage, ob und in welchem Umfang der Arzt den Patienten auch über die wirtschaftlichen Folgen seiner Behandlung, insbesondere über deren Kosten und Erstattungsfähigkeit aufzuklären hat. Denn die Heilbehandlung weist schon wegen ihrer hohen Kosten nicht nur medizinische, sondern auch wirtschaftliche Probleme auf. Da medizinische Leistungen nicht unbegrenzt von der Versichertengemeinschaft bezahlt werden können, interessieren den Patienten nicht nur die voraussichtlichen Kosten der Heilbehandlung, sondern vor allem, inwieweit die ärztlichen Leistungen möglicherweise nicht erstattungsfähig sind.
Karl Otto Bergmann, Carolin Wever
7. Ärztliche Dokumentationspflicht– Wirkung, Umfang und Grenzen
Schwerpunkt: Chirurg Chirurg ie
Zusammenfassung
Der Arzt ist der Herr des Behandlungsgeschehens. Er allein kann die Behandlung für nachbehandelnde Kollegen und den Patienten im Haftungsprozess durch hinreichende Dokumentation nachvollziehbar machen. Die Dokumentation ist eine Nebenverpflichtung aus dem Behandlungsvertrag, mittlerweile in § 630 f BGB kodifiziert. Für entsprechendes Fehlverhalten hat der Krankenhausträger einzustehen. Die Pflicht zur Dokumentation des Behandlungsgeschehens ist nicht nur Vertragspflicht, sondern auch berufsrechtlich und deliktisch begründete Pflicht des Arztes als notwendige Grundlage für die Sicherheit des Patienten in der Behandlung. § 10 Abs. 1 MBO-Ä lautet: „Der Arzt hat über die in Ausübung des Berufes gemachten Feststellungen und getroffenen Maßnahmen die erforderlichen Aufzeichnungen zu machen. Ärztliche Aufzeichnungen sind nicht nur Gedächtnisstützen, sie dienen auch dem Interesse der Patientinnen und Patienten an einer ordnungsgemäßen Dokumentation.“
Karl Otto Bergmann, Carolin Wever
8. Strafrechtliche und zivilrechtliche Haftung – Berufsrechtliche Folgen
Schwerpunkt: Anästhesie und Radiologie
Zusammenfassung
Der Schadensfall ist eingetreten: Nach schwieriger Operation und unglücklichem postoperativen Verlauf ist der Patient verstorben. Die Angehörigen des Patienten werfen den Ärzten schon im ersten Gespräch nach Todeseintritt schwere Versäumnisse vor und drohen mit allen rechtlichen Schritten, die ihnen zur Verfügung stehen. Welches Schreckensszenario drohender Verfahren steht den Ärzten vor Augen?
Karl Otto Bergmann, Carolin Wever
9. Risk-Management und Qualitätssicherung
Zusammenfassung
Die dem Leser dieses Studienbuches in allen bisherigen Kapiteln deutlich gewordene Vielfalt der Haftungsgefahren und die exponierte Stellung nicht nur des jeweils behandelnden Arztes, sondern auch des Krankenhausträgers, ist ein viel beklagtes Problem, dem man nicht genügend Aufmerksamkeit schenken kann. Die „Haftungsexplosion“ im Heilwesenbereich hat in der Ärzteschaft tiefe Sorge und Beunruhigung ausgelöst und die Versicherbarkeit ärztlicher Tätigkeit in Frage gestellt. Trotz aller Ansätze, die Qualität in den Kliniken zu stabilisieren und zu steigern, werden immer mehr Ärzte und Krankenhäuser wegen Behandlungsfehlern in Anspruch genommen, die sich bei genauer Betrachtung als vermeidbar herausstellen. Auch wenn keineswegs jede Anspruchsanmeldung tatsächlich einen Behandlungsfehler (im weiteren Sinne) bestätigt, zeichnet die Betrachtung der Entwicklung der Anspruchsanmeldungen ein für die Leistungserbringer alarmierendes Bild. So hat sich die Zahl von Anfragen bei den ärztlichen Schlichtungsstellen und Gutachterkommissionen in Deutschland in 20 Jahren von 2.258 im Jahr 1981 auf 10.887 im Jahr 2002 erhöht. Das Aktionsbündnis Patientensicherheit versucht, sich statistisch dem Thema der Häufigkeit von unerwünschten Ereignissen und vermeidbaren unerwünschten Ereignissen, also Schäden, zu nähern. Hierbei werden verschiedene Studien in der Form einer Makrountersuchung analysiert. In der Agenda Patientensicherheit 2006 wurde als Ergebnis festgehalten, dass 5–10 % der Krankenhauspatienten ein sogenanntes unerwünschtes Ereignis erleiden würden, 2–4 % ein vermeidbares unerwünschtes Ereignis und 1 % durch einen Behandlungsfehler geschädigt würden. Bei jährlich etwa 17 Mio. Krankenhauspatienten bedeute dies eine behandlungsfehlerhafte Schädigung von 170.000 Patienten.
Karl Otto Bergmann, Carolin Wever
10. Die Arzthaftpflichtversicherung: Schadensstatistiken, Prämien und Markt, Probleme im Versicherungsverhältnis, Empfehlungen im Schadensfall
Zusammenfassung
§ 21 der Musterberufsordnung (MBO-Ärzte) und die entsprechenden Vorschriften in den auf Länderebene umgesetzten Kammer-Berufsordnungen, so z. B. § 21 BO Ärztekammer Westfalen-Lippe, verpflichten Ärztinnen und Ärzte, sich hinreichend gegen Arzthaftpflichtansprüche im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit zu versichern. Der Abschluss einer solchen Versicherung ist damit lediglich standesrechtlich verpflichtend, jedoch weder Voraussetzung für die Approbation noch für die Zulassung als Vertragsarzt. Im Rahmen des Patientenrechtegesetzes ist allerdings § 6 BÄO dahin erweitert worden, dass das Ruhen der Approbation angeordnet werden kann, wenn der Arzt nicht über eine hinreichende Haftpflichtversicherung verfügt.
Karl Otto Bergmann, Carolin Wever
Backmatter
Metadaten
Titel
Die Arzthaftung
verfasst von
Karl Otto Bergmann
Carolin Wever
Copyright-Jahr
2014
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-642-36327-6
Print ISBN
978-3-642-36326-9
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-642-36327-6