Der Fachbeitrag untersucht die Digitalisierung des Personalwesens als Transformationsbeschleuniger, insbesondere am Beispiel der Volkswagen AG. Die Digitalisierung im Personalbereich ermöglicht effizientere Arbeitsprozesse und fördert die kontinuierliche Weiterbildung der Mitarbeitenden. Besonders datenbasierte Systeme und algorithmische Anwendungen spielen eine zentrale Rolle. Die Volkswagen AG hat eine umfassende Digitalisierungsstrategie umgesetzt, die die Einführung eines globalen HR-Systems und die Harmonisierung von HR-Prozessen umfasst. Herausforderungen wie die lokale Implementierung globaler Systeme und die Einhaltung von Datenschutz- und Compliance-Anforderungen werden detailliert beleuchtet. Der Beitrag hebt die Vorteile der HR-Digitalisierung hervor und zeigt, wie sie die Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitgeberattraktivität steigert.
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Zusammenfassung
Dieser Artikel der Zeitschrift „Gruppe. Interaktion. Organisation.“ untersucht die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Automobilindustrie, mit besonderem Fokus auf den Bereich Personal, Organisation und Bildung. Er beleuchtet und analysiert die HR-Digitalisierungsstrategie in der Volkswagen AG sowie die globale Umsetzung als Teil einer nicht mehr wegzudenkenden Dimension der Prozess- und Organisationsgestaltung. Die Einblicke in die digitalen Interventionen, die mit einer Effizienzsteigerung und Standardisierung von HR-Prozessen einhergehen, zeigen auch die kulturellen und regulatorischen Herausforderungen bei der Implementierung globaler Systeme im Personal- und Organisationsbereich. Die sich daraus abgeleiteten Schlüsselerkenntnisse setzen wichtige Impulse für zukünftige Digitalisierungsstrategien. Zudem eröffnen sie einen neuen Forschungshorizont im Bereich des Personal- und Organisationsmanagements.
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1 Digitalisierung als Megatrend im Personalbereich
Die Automobil- und Zuliefererindustrie erlebt seit Jahren einen tiefgreifenden Wandel, der neue technologische Herausforderungen sowie veränderte Formen der Zusammenarbeit und Lernmethoden mit sich bringt. Der Umstieg auf Elektromobilität, steigende Anforderungen an Energieeffizienz und Dekarbonisierung sowie die Verknappung von Rohstoffen zwingen Unternehmen, sich unter erhöhtem Effizienzdruck weiterzuentwickeln (Demary et al. 2021). In Deutschland verstärken rezessive Tendenzen, bürokratische Hürden und der demografische Wandel diese Entwicklung (Dullien et al. 2022). Unternehmen müssen sich dem Fachkräftemangel stellen und gleichzeitig eine alternde Belegschaft weiterqualifizieren, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten (Destatis 2024).
In diesem Transformationsprozess spielen die Personalbereiche eine zentrale Rolle. Sie agieren als strategische Brücke zwischen den unternehmerischen Zielen und den individuellen Bedürfnissen der Mitarbeitenden. Sie tragen maßgeblich zur Zukunftssicherung des Unternehmens bei, indem sie Megatrends frühzeitig antizipieren (Weber und Kauffeld 2022) und diese als integralen Bestandteil in die Personalstrategie einbinden (siehe Abb. 1). Historisch umfasste das Personalmanagement vor allem die Systemgestaltung auf Makroebene und die Führung auf Mikroebene, mit Aufgaben wie Rekrutierung und Administration (Stock-Homburg und Groß 2019). Dieses Verständnis hat sich weiterentwickelt: Heute fungiert das Personalmanagement als strategischer Partner, Change Agent, Prozessspezialist und Employee Champion, um Unternehmensstrategien zu unterstützen, Veränderungen zu steuern und die Mitarbeitermotivation zu fördern (Ulrich 1997; Kauffeld 2019).
Abb. 1
Einfluss von Megatrends auf den Personalbereich
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Die Digitalisierung des Personalbereichs nimmt eine zentrale Rolle ein, da sie entscheidend zur Entwicklung der Mitarbeitenden und zur Gestaltung effizienter Arbeitsprozesse beiträgt. Sie ermöglicht nicht nur die Optimierung bestehender Prozesse, sondern eröffnet auch neue Wege in Bildung, Qualifizierung und Personalentwicklung. Besonders datenbasierte Systeme und algorithmische Anwendungen spielen hierbei eine essenzielle Rolle. Diese Technologien treiben Prozessverbesserungen voran und bilden die Grundlage für die Entwicklung neuer HR-Produkte (Büchel et al. 2021).
Ein innovativer Ansatz ist die Betrachtung von Mitarbeitenden als Kunden von HR – ein Konzept, das in der Literatur seit Langem etabliert ist (Meyer-Ferreira und Lombriser 2003). Unternehmen wie die Volkswagen AG richten ihre Personal- und Organisationsprozesse zunehmend auf neue Kundenkontaktpunkte aus. Digitalisierung sorgt dabei nicht nur für ein verbessertes Kundenerlebnis, sondern auch für effizientere interne Arbeitsweisen (Larkin 2017). Ein Beispiel ist die Transparenz von Prozessen, etwa durch die Möglichkeit, den Status einer Bewerbung in Echtzeit zu verfolgen.
Die Digitalisierung erfordert, dass Personal- und Organisationsabteilungen ihre Arbeitsweisen grundlegend überdenken. Manuelle Prozesse und organisatorische Regelungen müssen standardisiert und effizient in digitale Systeme überführt werden (Parry und Strohmeier 2014). Zunehmende Anforderungen, etwa durch ESG-Berichtspflichten (Environmental, Social and Corporate Governance), erweitern diesen Wandel zusätzlich. Gleichzeitig verdeutlicht der Fachkräftemangel im Bereich HR-IT, wie wichtig es ist, Kompetenzen im Personalwesen an digitale Anforderungen anzupassen.
2 Vorteile der HR-Digitalisierung
Dass sich die Digitalisierung des Personalwesens lohnt, wird durch die vielfältigen Hebel der organisationalen Transformation deutlich:
1.
Effizienzsteigerung: Die Digitalisierung von Prozessen wie Lohnabrechnung, Zeiterfassung und Mitarbeitermanagement spart Zeit und Kosten und reduziert Fehler. Anwendungen wie Self-Service-Portale und Software-Bots ermöglichen eine effizientere Abwicklung, verbessern das Wissensmanagement und automatisieren Aufgaben. Dies erhöht die Kapazität der HR-Mitarbeitenden für strategische Aufgaben und setzt Ressourcen für weitere Effizienzsteigerungen frei (Neligan 2021).
2.
Flexibilität und Anpassungsfähigkeit: Die Digitalisierung im Personalwesen ermöglicht in der Automobilindustrie eine schnelle Informationsverbreitung in Echtzeit und beschleunigt Entscheidungsprozesse durch Datenanalysen. Sie unterstützt eine flexible und agile Personalplanung und -verwaltung, wie etwa durch Echtzeitanalysen von Mitarbeiterkompetenzen, die schnelle Anpassungen bei Engpässen erlauben (Klein 2017).
3.
Mitarbeiterentwicklung: Digitale HR-Systeme fördern die kontinuierliche Weiterbildung, indem sie Fähigkeiten der Mitarbeitenden erfassen und passende Trainingsprogramme vorschlagen (Kauffeld und Albrecht 2021). Ein effektives Lernökosystem bietet eine Plattform für selbstständiges Lernen und Kompetenzentwicklung durch interne und externe Anbieter (Farr et al. 2022).
4.
Talentgewinnung und -bindung: Moderne HR-Technologien verbessern die Identifikation, Anwerbung und Bindung qualifizierter Mitarbeitenden. Sie machen Prozesse wie Bewerbung, Onboarding und Mitarbeiterengagement effizienter und attraktiver. Besonders für mittelgroße und große Unternehmen ist auch der interne Arbeitsmarkt ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Durch Unterstützung des HR-IT-Software-Stacks können interne Talente gefördert und durch eine erfolgreiche Nachfolgeplanung Perspektiven innerhalb des Unternehmens geboten werden (Deloitte 2020).
5.
Datenbasierte Entscheidungsfindung: Die digitale Erfassung von Personaldaten ermöglicht tiefere Einblicke in Belegschaftsstrukturen und Entwicklungen. Unternehmen können diese Daten nutzen, um Trends zu analysieren und fundierte Entscheidungen in Bereichen wie Rekrutierung, Personalentwicklung und Ressourcenallokation zu treffen (Allal-Chérif et al. 2021). Zudem helfen Datenanalysen bei der Planung von Mitarbeiterkompetenzen und der Bewertung von Standortkosten durch die Analyse von Entgeltstrukturen und Arbeitsmarktbedingungen.
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Trotz dieser Vorteile verfügen nur 20 % der Unternehmen über eine klar definierte Digitalisierungsstrategie im HR-Bereich (Petry und Biemann 2022). Eine erfolgreiche Strategie beginnt bei der systematischen Erfassung und Verwaltung relevanter Daten und erfordert die Integration dieser Daten in Prozesse und Anwendungen. Gleichzeitig müssen Datenschutz, Benutzerfreundlichkeit und Anwendbarkeit gewährleistet sein.
Die Automatisierung und digitale Transformation stellen den Personalbereich vor die Aufgabe, sich stärker auf datenbasierte und technologiegestützte Ansätze auszurichten (Dahm et al. 2023). Dies verlangt gezielte Reskilling- und Upskilling-Maßnahmen, um Mitarbeitende auf neue Anforderungen vorzubereiten. Prognosen zufolge könnten bis zu 85 Mio. Arbeitsplätze durch Automatisierung ersetzt werden, während neue Berufsbilder wie HR Data Analyst oder People Analytics Specialist entstehen (Future of Jobs Report, World Economic Forum 2020).
Eine strategisch durchdachte HR-IT-Architektur bildet das Rückgrat moderner Personalmanagementsysteme. Ein zentraler Bestandteil ist der sogenannte Software-Stack, der aufeinander abgestimmte Softwarekomponenten und Infrastrukturen umfasst. Dieser reicht von datenhaltenden Systemen wie Datenbanken über prozessverarbeitende Anwendungen bis hin zu Frontend-Anwendungen wie Self-Service-Portalen. Die Middleware ermöglicht die Kommunikation zwischen den Ebenen und sorgt für eine flexible Anpassung an neue Anforderungen.
Ein durchdachter Software-Stack bietet Unternehmen die Möglichkeit, neue Anwendungsfälle wie ad hoc benötigte Self Services oder Freigabeszenarien effizient umzusetzen. Während der Corona-Pandemie zeigte sich, wie wichtig eine agile Systemlandschaft ist, um schnell auf sich ändernde Vorgaben reagieren zu können.
Die zunehmenden Investitionen in HR-Software – von zwei Milliarden US-Dollar im Jahr 2015 auf 38 Mrd. US-Dollar bis 2027 (Grand View Research 2020) – unterstreichen die Bedeutung der Digitalisierung. Unternehmen sind gefordert, ihre Systeme nicht nur zufällig zu erweitern, sondern diese gezielt in eine durchdachte Bebauungsstrategie zu integrieren, um die Zukunftsfähigkeit des Personalmanagements nachhaltig zu sichern.
Dieser Artikel zeigt, am Beispiel der Volkswagen AG, wie die HR-IT-Transformation umgesetzt werden kann, welche Herausforderungen dabei zu bewältigen waren und wie eine solche Initiative erfolgreich gestaltet werden kann.
3 HR-Digitalisierung als strategischer Prozess
Im Jahr 2018 begann die Volkswagen AG, die Herausforderungen der Digitalisierung im Bereich Personal und Organisation systematisch anzugehen. Ziel war es, die Interaktionen zwischen Mitarbeitenden, Führungskräften und dem Personalbereich grundlegend zu modernisieren und die Fundamente der Personalabteilung neu zu definieren. Als Ausgangspunkt diente die Einführung eines Software-as-a-Service-Systems (SaaS), das die Standardisierung von über 100 Personalprozessen ermöglichte. Diese Maßnahmen umfassten nicht nur die Datenharmonisierung und den Aufbau einer global einheitlichen, cloudbasierten Infrastruktur, sondern auch die Neuausrichtung der globalen Zusammenarbeit.
Ein entscheidender Erfolgsfaktor war die frühzeitige Einbindung des Top-Managements, der Geschäftsführung und des Betriebsrats. Um alle relevanten Stakeholder zu berücksichtigen, wurden bereichsübergreifende Arbeitsgruppen sowie ein markenübergreifender Ansatz etabliert. Ein Sonderausschuss des Konzernbetriebsrats, unterstützt durch eine gemeinsame Arbeitsgruppe, koordinierte die Abstimmung zwischen den Beteiligten. Dieser Ansatz ermöglichte es, die Nutzer:innen, HR-Mitarbeitenden, IT-Abteilungen sowie Marken- und Tochtergesellschaften eng in den Transformationsprozess einzubinden.
Der erste Schritt der HR-Digitalisierung bestand in der Entwicklung eines klaren Zielbildes und eines globalen Templates, das zentrale Elemente wie Datenstrukturen, Prozesse, Rollen, Berechtigungen und Projektstrukturen standardisierte. Inspiriert von der Unternehmensstrategie und deren Implikationen für das Personalmanagement (Stock-Homburg 2019), markierte diese strategische Ausrichtung einen Bruch mit der bisherigen evolutionären Vorgehensweise. Das ambitionierte Ziel, eine einheitliche HR-IT-Architektur für den gesamten Konzern zu etablieren, stellt eine komplexe und selten vergleichbare Herausforderung dar.
Mit der schrittweisen Implementierung setzte Volkswagen auf eine iterative Herangehensweise. Im zweiten Schritt wurde das Projekt „Hello Success“ gestartet, das auf die Einführung von SuccessFactors von SAP als zentrales HR-System abzielte. Dieses Transformationsvorhaben erstreckt sich über fünf Regionen, 48 Länder und mehr als 300 Gesellschaften und betraf etwa 500.000 Mitarbeitende der Volkswagen AG. Die Einführung ersetzt rund 100 Altsysteme, darunter das Group Learn Qualifizierungssystem, das EFA+ System für die Ausbildungssteuerung und das MAG System für Mitarbeitergespräche. Diese Umstellung reduziert die Komplexität und Kostenstrukturen erheblich und schafft die Grundlage für harmonisierte HR-Prozesse und eine einheitliche IT-Landschaft.
Ein zentraler Bestandteil ist weiterhin die klare Kategorisierung von Systemen innerhalb eines Software-Stacks. Dieser umfasst mitarbeiterbezogene Anwendungen wie Kollaborationsplattformen und Personalportale, HR-Kernprozessanwendungen wie Lernplattformen und Recruiting-Systeme sowie Datenhaltungssysteme und bereichsübergreifende Anwendungen. Diese Struktur unterstützt kontinuierlich die präzise Verortung der Anwendungen und trägt wesentlich zur Harmonisierung der globalen HR-Systemlandschaft bei.
Der Erfolg der Maßnahmen wird durch ein fortlaufendes Feedback- und Testverfahren sichergestellt. Rückmeldungen aus sogenannten Kundenkliniken – strukturierten Workshops mit Nutzern und Prozessverantwortlichen – sowie umfassende Vorabtests werden aktiv genutzt, um die Systeme kontinuierlich zu verbessern. Arbeitsgemeinschaften arbeiten daran, Prozesse und Systeme weiter zu optimieren. Auch Indikatoren wie das Nutzungsverhalten und die erhöhte Geschwindigkeit der Prozesse werden regelmäßig analysiert, um Verbesserungspotenziale zu identifizieren.
Die Maßnahmen der HR-Digitalisierung setzen auf verschiedenen Ebenen an, um eine umfassende Transformation zu ermöglichen. Auf individueller Ebene fördert Volkswagen ein „Digital Mindset“, das die Fähigkeit der Mitarbeitenden stärkt, digitale Technologien zu verstehen und in bestehende Prozesse zu integrieren (Neeley und Leonardi 2022). Auf Gruppenebene unterstützen Arbeitsgemeinschaften und bereichsübergreifende Teams die Optimierung von Prozessen und die praxisnahe Implementierung der Systeme. Auf organisationaler Ebene gewährleistet die Einführung eines Target Operating Models die strategische Ausrichtung und globale Harmonisierung der HR-IT-Landschaft.
Der Systemrollout erleichtert die Zusammenarbeit zwischen Marken, Gesellschaften und Regionen erheblich. Er schafft nicht nur eine einheitliche IT-Architektur, sondern treibt auch die kontinuierliche Weiterentwicklung der Systemlandschaft durch globale Formate voran. Innovationen wie die „Digital-Adoption-Plattform“ (DAP) – eine Softwarelösung, die intuitives Lernen unterstützt – werden bereichsübergreifend eingesetzt, etwa in Finanz- oder Logistiksystemen. Diese Entwicklungen beschleunigen die Umsetzung neuer Prozesse und Technologien und stärken die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens. Diese basiert auf drei wesentlichen Aspekten: Erstens der Kostenreduktion durch den Wegfall papierbasierter Prozesse, schnelleres Recruiting und geringeren Dokumentationsaufwand. Zweitens der Steigerung der Arbeitgeberattraktivität durch professionelle Abläufe und eine stärkere Unterstützung des Employee Life Cycle. Drittens der gezielten Förderung von Mitarbeiterkompetenzen durch Nachfolgeplanung, Performance-Management und digitales Training, was langfristig die Innovationsfähigkeit des Unternehmens stärkt.
Die HR-Digitalisierung bei Volkswagen AG ist somit nicht nur ein technologisches Transformationsvorhaben, sondern ein umfassender organisatorischer Wandel, der die Grundlage für eine moderne, zukunftsorientierte Personalstrategie und eine global harmonisierte HR-IT-Architektur schafft.
4 Drei Herausforderungen bei der Digitalisierung des Personalwesens
Die Digitalisierung des Personalwesens bringt spezifische Herausforderungen mit sich, wie sie auch im Rahmen der HR-Digitalisierung bei Volkswagen deutlich wurden. Dazu zählen insbesondere die lokale Implementierung globaler Systeme, die Einhaltung von Datenschutz- und Compliance-Anforderungen sowie die Basisdigitalisierung für (gewerbliche) Mitarbeitende. Diese praktischen Erfahrungen wurden mit wissenschaftlichen Erkenntnissen angereichert, die zeigen, dass solche Transformationsprojekte oft an der Schnittstelle zwischen technologischen Anpassungen, organisatorischen Veränderungen und individuellen Akzeptanzprozessen scheitern können, wenn diese Aspekte nicht gezielt adressiert werden.
4.1 Lokale Einführung globaler Systemlandschaften
Die Implementierung einer globalen Systemlandschaft auf lokaler Ebene erweist sich als komplex, da sie eine Anpassung an rechtliche, kulturelle, sprachliche und infrastrukturelle Unterschiede erfordert (Rolland und Monteiro 2002). Erfahrungen zeigen, dass globale Templates zwar eine Grundlage bieten, jedoch lokal angepasst werden müssen, um eine Balance zwischen lokaler Vielfalt und globalen Prozessen zu schaffen. Dieser Anpassungsprozess führt häufig zu Spannungen, da lokale Anforderungen mit standardisierten globalen Vorgaben in Einklang gebracht werden müssen. Ein intensiver Lokalisierungsprozess hat sich als wirkungsvoll erwiesen, um Nutzungshürden und Akzeptanzprobleme zu minimieren. Dabei wird die Verantwortung an lokale Einheiten übertragen, die Länder arbeiten gemeinsam an einem einheitlichen Prozessverständnis, und eine zentrale Stelle im Unternehmen bietet Unterstützung und Beratung. Sprachbarrieren und infrastrukturelle Unterschiede bleiben jedoch zusätzliche Herausforderungen, die präzise Übersetzungen und die Einhaltung länderspezifischer Vorschriften erfordern.
Ein Vergleich zwischen Deutschland und China verdeutlicht weitere Herausforderungen und Potenziale (Tab. 1). In China ist die digitale Affinität höher, und es besteht eine größere Bereitschaft, neue Systeme zu implementieren und anzupassen. Diese Offenheit erleichtert die schnelle Einführung digitaler Lösungen. Gleichzeitig sind viele Systeme in China speziell auf den lokalen Markt zugeschnitten, was den sogenannten „Decoupling“-Ansatz widerspiegelt (Auswärtiges Amt 2023). Globale Lösungen wie SuccessFactors erfordern daher in China häufig separate Instanzen oder spezifische Anpassungen, die auf Risikoanalysen basieren. Für Großprojekte in China müssen daher andere Rahmenbedingungen berücksichtigt werden als in Deutschland oder der EU. Diese Unterschiede verdeutlichen die Notwendigkeit eines flexiblen Ansatzes, der sowohl lokale Gegebenheiten als auch globale Anforderungen einbezieht, um eine erfolgreiche Systemintegration sicherzustellen.
Tab. 1
Gegenüberstellung der HR-IT-Infrastruktur in Deutschland und China
Faktoren
Deutschland
China
Quellen
Unternehmenslandschaft
Deutschland verfügt über eine starke industrielle Basis; jedoch schreitet die Digitalisierung in traditionellen Industriezweigen langsamer und weniger einheitlich voran
In China dominieren führende Technologieunternehmen wie Alibaba, Tencent und Baidu den Markt mit digitalen Plattformen, die tief in den Alltag der Menschen integriert sind
In Deutschland verläuft der Ausbau der digitalen Infrastruktur schleppend. Besonders in ländlichen Regionen sind oft unzureichende Internetverbindungen vorhanden
China hat massiv in den Ausbau von Breitband- und 5G-Netzen investiert. Dies ermöglicht eine schnelle und flächendeckende Internetverbindung im ganzen Land
In Deutschland herrscht eine größere Zurückhaltung gegenüber neuen Technologien. Dies ist durch Datenschutzbedenken, kulturelle Vorbehalte und regulatorische Hürden bedingt
In China gibt es eine Kultur des digitalen Wandels, und die Bevölkerung ist offen für neue Technologien. Online-Einkäufe, digitale Bezahlsysteme und mobile Apps sind tief in den Alltag integriert
Datenschutzregelungen in Deutschland sind im Einklang mit der Europäischen Datenschutz-grundverordnung (DSGVO). Diese Gesetze schützen personenbezogene Daten und stärken die Rechte der Individuen
In China zielen die Datenschutzgesetze – das Cybersecurity Law, das Data Security Law und das Personal Information Protection Law – darauf ab, die Datenverarbeitung zu regulieren, wobei ein stärkerer Fokus auf nationale Sicherheit und soziale Stabilität gelegt wird
Deutschland hat mit einem Fachkräftemangel im IT-Bereich zu kämpfen, was die Entwicklung und Implementierung neuer Technologien erschwert. Um diesem Mangel entgegenzuwirken, werden Initiativen zur Förderung von MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) verstärkt und zudem Fachkräfte aus dem Ausland gezielt angeworben
China investiert intensiv in Ausbildung und Fachkräfteentwicklung, um ein breiteres Fundament qualifizierter Arbeitskräfte zu schaffen. Große Initiativen, wie „Made in China 2025“ fördern die Ausbildung in Schlüsseltechnologien wie künstliche Intelligenz, Big Data und Cloud Computing
Erfahrungen mit dem Roll-out eines globalen IT-Systems zeigen, dass die Einbindung und Schulung der Mitarbeitenden entscheidend ist. Durch gezielte Maßnahmen können technische Kenntnisse vermittelt und die Systemintegration nachhaltig unterstützt werden. Besonders erfolgreich erweist sich der Ansatz, das Projekt als gemeinschaftliche Anstrengung auf zentraler und lokaler Ebene zu gestalten. Sorgfältige Planung, klare Kommunikation und eine hohe Anpassungsfähigkeit gelten dabei als essenzielle Erfolgsfaktoren (Umble et al. 2003).
Während der Lokalisierungsphase sollten Strukturen geschaffen werden, die auch nach dem Roll-out Bestand haben und den Übergang erleichtern. Die Einbindung von HR-Expert:innen und beteiligten Mitarbeitenden in Testphasen und Schulungen trägt maßgeblich dazu bei, die Akzeptanz und die Effizienz der neuen Systeme zu steigern. Der Einsatz moderner Software-as-a-Service-Systeme bietet dabei besondere Vorteile, da diese isolierte Testumgebungen ermöglichen. In diesen sicheren Umgebungen können Teams das System erproben, was das Vertrauen, das Verständnis und die Motivation im Umgang mit der neuen Technologie fördert.
4.2 Datenschutz und Compliance Anforderungen für digitale HR-Systeme
Datenschutz und Compliance spielen eine zentrale Rolle bei der Einführung globaler IT-Systeme und wurden auch im Rahmen der HR-Digitalisierung bei Volkswagen als wesentliche Aspekte identifiziert. Die Einhaltung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in digitalen HR-Systemen erfordert sowohl lokale als auch globale vertragliche und organisatorische Supportstrukturen (Tikkinen-Piri et al. 2018). Der Schutz personenbezogener Daten ist eine gesetzliche Pflicht, deren Missachtung erhebliche rechtliche Folgen haben kann (Europäische Union 2016).
Compliance-Richtlinien sichern die Einhaltung regulatorischer Anforderungen wie der DSGVO und minimieren Risiken wie Datenverlust, Missbrauch oder unbefugten Zugriff, was das Vertrauen und die Akzeptanz neuer Technologien stärkt. Unternehmen müssen lokale und internationale Vorschriften beachten und technische Lösungen für die sichere Datenverarbeitung implementieren. Dies erfordert sorgfältige Infrastrukturplanung und kontinuierliche Überwachung (Sirur et al. 2018). Die Balance zwischen Datensicherheit und Benutzerfreundlichkeit bleibt eine Herausforderung für HR, da strenge Schutzmaßnahmen die Effizienz beeinträchtigen und zu Frustration führen können, wenn Nutzer:innen ständig Bestätigungen geben müssen.
Im Fall der Volkswagen AG wurde Datenschutz nicht als das größte Hindernis wahrgenommen, obwohl die DSGVO hohe Anforderungen stellt. Für nahezu alle Probleme gibt es umsetzbare Lösungen, die jedoch Aufwand, Abstimmung und Komplexität erfordern. Wichtig ist die gründliche Klassifizierung aller relevanten Daten zu Beginn des Projekts, was einen erheblichen anfänglichen Aufwand erfordert, und deren kontinuierliche Pflege. Zum Beispiel setzen große Unternehmen Datenklassifizierungsprogramme ein, um die Art der Daten, deren Nutzung und die Zugriffsrechte zu dokumentieren.
Zusätzlich wurden Datenschutzrahmenverträge, Auftragsdatenverarbeitungsverträge und klare Einwilligungsmechanismen etabliert, um ein robustes Datenschutzsystem aufzubauen. Eine ergänzende IT-Sicherheitsarchitektur sichert die Authentifizierung der Nutzer und das Hosting der Systeme, das in der Regel innerhalb der EU erfolgt. Mit ausreichender Vorbereitung ist die Umsetzung der DSGVO gut machbar, erfordert jedoch kontinuierliche Anpassungen und eine sorgfältige Dokumentation, um den Anforderungen gerecht zu werden und die Datensicherheit zu gewährleisten.
4.3 Basisdigitaliserung für (gewerbliche) Mitarbeitende
Die Einführung digitaler Lösungen bei Unternehmen wie der Volkswagen AG erfordert sorgfältige Planung, um alle Mitarbeitergruppen erfolgreich einzubeziehen. Ein Schlüsselaspekt hierbei ist die ganzheitliche Digitalisierung, die neben Software auch die Bereitstellung von Hardware einbezieht, um einen klaren Mehrwert für alle Mitarbeitenden zu schaffen. Das Beispiel der „E-Mail für Alle“-Initiative der Volkswagen AG zeigt, wie durch die Einführung von Corporate Shared Devices und der Option „Bring your own Device“ (d. h. Mitarbeitende nutzen ihre eigenen privaten Geräte wie Smartphones oder Laptops für berufliche Zwecke) eine breite Basis für digitale Kommunikation und Zugang zu Unternehmensdiensten geschaffen wurde. Eine einheitliche Systemlandschaft ermöglicht allen Mitarbeitenden Zugriff auf Dokumente, Daten und Prozesse an einem zentralen, digitalen Ort, wodurch fragmentierte Informationsverteilung vermieden wird (im Gegensatz zu früheren Praktiken, bei denen der Zugang zum System häufig auf den PC des Vorgesetzten beschränkt war und die Kommunikation hauptsächlich postalisch erfolgte).
Die Digitalisierung ist besonders herausfordernd bei gewerblichen Mitarbeitenden, deren Arbeitsumfeld weniger digital ist als Büroumgebungen (Roblek et al. 2016). Die vielfältigen Aufgaben in Produktionsbereichen erfordern maßgeschneiderte Lösungen, was einheitliche Standards erschwert (Härtwig et al. 2023). Dennoch ist die Akzeptanz digitaler Tools oft höher als erwartet, da viele Mitarbeitende bereits mit privaten digitalen Geräten vertraut sind. Unterstützung durch Rollout-Manager und praxisnahe Anleitungen fördert die erfolgreiche Integration der Technologien.
Die Schulung der Belegschaft, insbesondere von Schichtarbeitenden, erforderte eine strategische Planung, um die Einführung neuer Anwendungen ohne Störung der Arbeitsabläufe sicherzustellen. Um die spezifischen Bedürfnisse dieser Zielgruppe zu identifizieren, wurden Testgruppen aus verschiedenen Produktionsbereichen und Standorten gebildet, die aktiv in die Entwicklung der Trainingskonzepte einbezogen wurden. Unter Mitwirkung des Betriebsrats entstanden praxisnahe Ansätze, wie die Sensibilisierung über Teamrunden und die Integration von Lernbausteinen in Meisterbesprechungen. Zusätzlich wurden vor Ort Service Points eingerichtet, die konkrete Unterstützung bei der Einrichtung von Funktionen und Zugängen boten.
Ein zentraler Erfolgsfaktor war die Bereitstellung einfacher Hilfsmittel, wie Klickanleitungen, sowie der Zugang zu „Remote“-Support-Teams für schnelle Problemlösungen. Die Trainingskonzepte wurden bewusst in den Arbeitsalltag integriert und die Nutzung bestehender Geräte, die Mitarbeitende ohnehin bei sich führten, erleichterte die Implementierung erheblich. Ein wichtiges Learning aus der Umsetzung war, dass das System einen klaren Mehrwert bieten muss, um die Akzeptanz zu fördern. Funktionen wie die Unterstützung bei administrativen Aufgaben, die Buchung von Fachtrainings, die Eingabe von Mitarbeitergesprächen oder der interne Stellenmarkt motivierten die Belegschaft, das System aktiv zu nutzen. Ohne ein solches Angebot erweist sich die Schulung dieser Zielgruppe langfristig als wenig effektiv.
Eine praxisnahe und verständliche Implementierung, ergänzt durch klare Kommunikation der Vorteile, erwies sich als entscheidend, um Akzeptanz und intrinsische Motivation zu fördern (Hampel und Sassenberg 2021; Manyika 2017).
5 Schlüsselerkenntnisse für zukünftige Digitalisierungsstrategien
Die Erfahrungen der Volkswagen AG zeigen, dass erfolgreiche Digitalisierung im HR-Bereich eine klare Strategie erfordert, basierend auf fundiertem Wissen über interne Prozesse und Mitarbeiterbedürfnisse. Die Einbindung aller Stakeholder, von der IT bis zum Betriebsrat, ist entscheidend für die Entwicklung technisch umsetzbarer und kulturell verankerter Lösungen. Klare Zielbilder und flexible Rollen- und Berechtigungskonzepte sind für Systemsicherheit und -compliance unerlässlich. Zukünftige Strategien sollten die digitale Kompetenz der Mitarbeiter stärken und benutzerfreundliche Tools bieten. Regelmäßige Feedbackschleifen und Evaluierungen sind wichtig, um digitale Lösungen kontinuierlich zu verbessern und an veränderte Bedingungen anzupassen. Diese Erkenntnisse sind in Tab. 2 dargestellt und zeigen die Integration von menschenbezogenen Prozessen, operativen Abläufen und organisatorischen Richtlinien vor dem Hintergrund globaler Herausforderungen.
Tab. 2
Schlüsselerkenntnisse für eine erfolgreiche HR-Digitalisierungsstrategie: Erfahrungen der Volkswagen AG und Ergebnisse der empirischen Analyse
Ebenen entlang des IGLO-Modells
Schlüsselerkenntnisse für eine erfolgreiche HR-Digitalisierungsstrategie
Erklärung
Individuum
Reskilling- und Upskilling-Programme
Die kontinuierliche Schulung der Belegschaft im Umgang mit digitalen Anwendungen ist essenziell, um die erforderlichen Kompetenzen für die digitale HR-Transformation zu entwickeln
Positive Unternehmenskultur
Die Förderung eines „Digital Mindsets“ ist entscheidend, um die Belegschaft für digitale Technologien zu sensibilisieren und eine zukunftsorientierte Unternehmenskultur zu etablieren
Gruppe
Stakeholder-Integration
Die Einbindung aller relevanten Akteure, einschließlich Geschäftsführung, Betriebsrat und Mitarbeitenden, ist entscheidend für die Akzeptanz und den Erfolg digitaler HR-Systeme
Lokalisierung globaler Systeme
Trotz der globalen Standardisierung sollten lokale Besonderheiten berücksichtigt und in die digitale Strategie integriert werden, um die Akzeptanz zu fördern
Führung
Datenbasierte Entscheidungsfindung
Die digitale Erfassung und Analyse von Personaldaten ermöglicht tiefere Einblicke in die Belegschaft und bildet die Grundlage für fundierte, strategische Personalentscheidungen
Organisation
Ganzheitliche Planung und Strategie
Eine erfolgreiche HR-Digitalisierungsstrategie erfordert ein klares Zielbild, das alle Ebenen und Abteilungen einbezieht, um eine umfassende und kohärente digitale Transformation sicherzustellen
Flexibilität und Anpassungsfähigkeit
Digitale HR-Strategien müssen flexibel gestaltet sein, um sich schnell an lokale und internationale regulatorische Anforderungen sowie kulturelle Unterschiede anzupassen
Standardisierung von Prozessen
Die Einführung einheitlicher digitaler HR-Standards und Prozesse fördert die Effizienz und schafft Synergien zwischen Abteilungen und Unternehmensstandorten
Datenschutz und Compliance
Die Einhaltung nationaler und internationaler Datenschutzrichtlinien muss bei der Planung digitaler Strategien im Vordergrund stehen, um rechtliche Konsequenzen zu vermeiden
Technologische Infrastruktur
Eine stabile digitale Infrastruktur ist notwendig, um die erfolgreiche Implementierung und Nutzung digitaler Systeme zu gewährleisten und den Anforderungen moderner Technologien gerecht zu werden
Anmerkung. IGLO-Modell (Individuum, Gruppe, Führung, Organisation; Day und Nielsen 2017)
6 Fazit und Ausblick
Der Megatrend der Digitalisierung hat den Personalbereich vollständig erfasst und wird durch das Streben nach mehr Effizienz und moderner Personaladministration beschleunigt. Das Personalwesen, früher ein Support-Bereich, spielt nun eine zentrale Rolle, wie das Beispiel der Volkswagen AG zeigt. Die Digitalisierung fördert innovative Prozesse und ermöglicht nachhaltige Veränderungen. Papierbasierte Prozesse werden abgeschafft, und die Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit steigen. Neue Betriebsmodelle wie regionale Servicecenter und zentrale Kompetenzzentren entstehen, was zu einer räumlichen Entgrenzung führt, da HR-Mitarbeiter flexibel arbeiten können, wo ihre Expertise am meisten gebraucht wird.
Mit der Einführung von SAP SuccessFactors und einem einheitlichen HR-IT-Software-Stack hat Volkswagen nicht nur alte Systeme ersetzt und HR-Prozesse standardisiert, sondern auch eine Grundlage für eine effektive Systemnutzung geschaffen. Der Erfolg wurde anhand klarer KPIs wie der Nutzung einzelner Anwendungen und Prozesse evaluiert. Ein Beispiel hierfür ist die digitale Abwicklung tariflicher Zusatzvergütungen, bei der nahezu 90 % der Mitarbeitenden das digitale System nutzten und lediglich 10 % auf die Service Center oder Hotlines zurückgriffen.
Digitale Personaldaten ermöglichen präzisere Entscheidungen in Rekrutierung, Personalentwicklung und Ressourcenplanung. Herausforderungen bestanden in Akzeptanzproblemen und Wissenslücken, insbesondere bei erfahrenen Mitarbeitenden, die Schwierigkeiten mit neuen Systemen hatten. Für eine breite Akzeptanz globaler IT-Systeme sind Nützlichkeit, Benutzerfreundlichkeit und gezielte Unterstützung durch Rollout-Manager, Lernpfade und Anleitungen von zentraler Bedeutung. Rollout-Manager sollten idealerweise aus dem Unternehmen selbst stammen, um kulturelle Verankerung und Akzeptanz zu gewährleisten. Ihre Kompetenz sollte drei zentrale Bereiche abdecken: technische Expertise, fundiertes Verständnis der relevanten Fachprozesse sowie ausgeprägte Kunden- und Mitarbeiterorientierung.
Die Vorbereitung dieser Manager erfolgt idealerweise durch enge Mitarbeit im Projekt, einschließlich der Übernahme fachlicher Inhalte, Spezifizierung von Anforderungen, Systemtests und der Ableitung zielgruppenspezifischer Transferkonzepte. Rollout-Manager, die lediglich als Vermittler agieren, sind für diese Aufgabe unzureichend. Der hohe Grad an Expertise und die intensive Einbindung in Projektinhalte tragen wesentlich zur Akzeptanz bei. Einführung globaler IT-Systeme erfordert zudem die Berücksichtigung lokaler Arbeitskulturen, Vorschriften und Sprachbarrieren, mit einem Fokus auf Datenschutz und Datensparsamkeit.
Digitalisierungsinitiativen erfordern die Entwicklung neuer Kompetenzen, um die kontinuierliche Aktualisierung, Wartung und Weiterentwicklung der Systeme sicherzustellen. Dies führt dazu, dass HR-Fachkräfte zunehmend zu HR-Systemexperten mit spezifischem Fachwissen in verschiedenen Bereichen werden. Gleichzeitig stellt sich die Frage, welche traditionellen HR-Rollen (z. B. Personalreferenten, Weiterbildungsangestellte) weiterhin benötigt werden und welche Aufgaben durch digitale Systeme effizienter gestaltet oder vollständig automatisiert werden können. Diese Überprüfung verweist auf die Notwendigkeit einer flexiblen Anpassung von Strategien, um Transformationsprozesse operativ erfolgreich umzusetzen. Dabei bleibt es entscheidend, Mechanismen zur Vermeidung von Bias in Digitalisierungsprozessen zu etablieren, um Verzerrungen und Diskriminierung zu minimieren. Insbesondere im Recruiting sollte die finale Entscheidung, beispielsweise über eine Einladung zum Interview oder eine Einstellung, weiterhin von einem Menschen getroffen werden, um eine ausgewogene und fundierte Entscheidungsfindung sicherzustellen.
Die Erfahrungen der Volkswagen AG zeigen, dass die angewandte HR-Digitalisierungsstrategie sich als unverzichtbare Dimension der Prozess- und Organisationsgestaltung etabliert hat und globale Prozessdesigns mit lokaler Arbeit verbindet, die stetig weiterentwickelt wird. Wettbewerbsvorteile resultieren nicht nur aus erhöhter Geschwindigkeit und Effizienz sowie verbesserter Transparenz und datenbasierter Analytik, sondern auch aus den gestiegenen Erwartungen moderner Arbeitnehmer:innen an den Einsatz fortschrittlicher Technologien durch ihre Arbeitgeber:innen.
Interessenkonflikt
J. Dahm, M. Hofmann und S. Kauffeld geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Hinweis des Verlags
Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
Verfasst von :
Johanna Dahm
ist seit 2021 Doktorandin bei Frau Prof. Dr. Simone Kauffeld am Lehrstuhl für Arbeits-, Organisations- und Sozialpsychologie der Technischen Universität Braunschweig. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören das Kompetenzmanagement in Unternehmen sowie die Transformation der Automobil- und Zuliefererindustrie.
Dr. Martin Hofmann
ist seit 2006 bei der Volkswagen AG in verschiedenen Positionen tätig, zuletzt als Executive Vice President HR, Organization & IT, Volkswagen Group China.
Prof. Dr. Simone Kauffeld
ist Inhaberin des Lehrstuhls für Arbeits-, Organisations- und Sozialpsychologie der Technischen Universität Braunschweig. In ihrer Forschungstätigkeit setzt sie sich in zahlreichen Projekten mit den Themen Kompetenzentwicklung und -management (Training und Transfer), Team und Führung, Karriere/Coaching sowie Veränderungen in Organisation und Arbeit auseinander. Um aktiven Wissenstransfer von der Forschung in die Praxis zu leisten, hat sie 2008 die 4A-SIDE GmbH gegründet, die psychologische Expertise mit IT-Kompetenz verbindet.