Eine Geschäftsleitung hat grundsätzlich weites Ermessen darin, welche Ziele sie mit welchen Mitteln
verfolgt. Bei energieintensiven Unternehmen kann sich dieses Ermessen jedoch zu einer Pflicht verdichten, eine
effiziente, sichere und nachhaltige Energieversorgung für das Unternehmen sicherzustellen. Damit kann eine Pflicht
bestehen, eine angemessene Energiestrategie zu definieren. Welchen Rang eine solche Energiestrategie im „Wettbewerb“
mit anderen unternehmerischen Herausforderungen hat und welche Anforderungen an sie zu stellen sind, ergibt sich
naturgemäß aus der Bedeutung der Energieversorgung für das jeweilige Unternehmen. Die Bedeutung der Energiestrategie
ist damit im Rahmen der Business Judgement Rule mit anderen Zielen und Strategien abzuwägen.
Die Frage nach einer adäquaten Energiestrategie berührt die Geschäftsleitungspflichten auf verschiedenen
Ebenen. Die Geschäftsleitung muss zum einen sicherstellen, dass sie nicht nur einmalig, sondern fortlaufend über die
Bedeutung der Energieversorgung für das Unternehmen sowie die jeweils geltenden Rahmenbedingungen und deren Änderungen
mit den jeweiligen Folgerungen für das Unternehmen informiert ist. Ein entsprechendes Informationssystem ist durch
organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen. Auf der Grundlage dieser Informationen hat die Geschäftsleitung dann zu
entscheiden, ob sie eine besondere Energiestrategie entwickelt. Soweit sie sich vor dem Hintergrund der Bedeutung der
Energieversorgung für das Unternehmen entscheidet, eine Energiestrategie zu entwickeln, muss sie deren Durchsetzung
und Einhaltung sowie die in Umsetzung der Strategie getroffenen Maßnahmen überwachen.
Abhängig von der Bedeutung einer Energiestrategie für ein Unternehmen kann deren Entwicklung und Umsetzung im
Rahmen von Vergütungsregelungen Berücksichtigung finden.
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Wie weit dieses Ermessen bei der Ausgestaltung
reicht, ist umstritten, vgl. LG München, Urt. v. 10.12.2013 (Siemens), ZIP 2014, 570 ff., mit Anm. Bachmann; vgl. auch Fleischer (2006, § 8 Rn. 45).
Hüffer/Koch (2016, AktG § 76 Rn. 14); für Compliance allerdings in eine andere Richtung weisend LG München, Urt. v. 10.12.2013 (Siemens), ZIP 2014, 570/574.