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2025 | Buch

Die Geschäftsleiterverantwortung in der Unternehmenskrise am Rande der Insolvenz

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Über dieses Buch

Während das deutsche Gesellschafts- und Insolvenzrecht lange Zeit nahezu unverbunden nebeneinanderstanden, lässt sich jüngst eine zunehmende Interferenz erkennen. Eine Ausprägung davon illustriert die Richtlinie (EU) 2019/1023, die mit ihrem Art. 19 Vorgaben bezüglich der Geschäftsleiterverantwortung bei einer wahrscheinlichen Insolvenz formuliert. Neu ist damit, dass fortan nicht nur das Verhältnis dieser Rechtsdisziplinen, sondern vor allem auch der Nexus zwischen Geschäftsleiter, Gläubiger und Gesellschafter „am Rande der Insolvenz“ vor einem europäischen Hintergrund beleuchtet werden muss. Der deutsche Gesetzentwurf beinhaltete hierfür mit §§ 2, 3 StaRUG zwei in der Fachliteratur viel beachtete Normen, welche schließlich ersatzlos gestrichen wurden. Daran anknüpfend geht die vorliegende Bearbeitung jedoch insofern weiter, als sie sich einer umfassenden Analyse des gegenwärtigen Pflichten- und Haftungsregimes der Geschäftsleiter von Kapitalgesellschaften im Krisenverlauf vor, mit und nach dem Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit widmet. Sodann wird ermittelt und bewertet, ob das verbliebene Regelungsmodell des Gesetzgebers dem Bedürfnis nach Gläubigerschutz in europarechtskonformer Weise Rechnung trägt oder Defizite bzw. Schutzlücken aufweist. Zum Schluss wird auf Basis dieser Erkenntnisse ein eigener Regelungsvorschlag ausgearbeitet.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Kapitel 1. Einführung
Zusammenfassung
Im Lichte des globalen Wirtschaftslebens zu Beginn der 2020er Jahre erscheint der Aphorismus des römischen Philosophen Lucius Annaeus Seneca zutreffender als jemals zuvor. Verwöhnt von einer florierenden Weltwirtschaft und zunehmender Digitalisierung wurde die Menschheit am 11.03.2020 mit dem Beginn der weltweit ausgebrochenen Infektionskrankheit COVID-19 schlagartig auf den Boden der Tatsachen gebracht. Nach kurzer Zeit waren in Deutschland Begriffe wie Lockdown, Inzidenz und Homeoffice jedermann geläufig.
Klaus Burtscher

Grundlagen

Frontmatter
Kapitel 2. Terminologie/Eingrenzung des formalen Untersuchungsgegenstands
Zusammenfassung
Für ein besseres Verständnis der im weiteren Verlauf mehrfach verwendeten Begriffe soll zunächst ein auf diese Arbeit zugeschnittenes, einheitliches Verständnis der Termini Gesellschaft (A.), Geschäftsleiter (B.), Gesellschafter (C.) und Gläubiger (D.) geschaffen werden.
Klaus Burtscher
Kapitel 3. Die Unternehmenskrise am Rande der Insolvenz
Zusammenfassung
Um die Untersuchungen des zweiten Teils passgenau aufbauen zu können, ist bereits an dieser Stelle grundlegend erforderlich, die zeitlichen Grenzen des Untersuchungsgegenstandes zu präzisieren. Ziel ist es nämlich, den Verantwortungsbereich der Geschäftsleiter in der Unternehmenskrise, insbesondere am Rande der Insolvenz, zu beleuchten. Dies erfordert zunächst die Klärung der Frage, was überhaupt unter einer Unternehmenskrise zu verstehen ist, wie sie verläuft und wann das für diese Arbeit relevante Stadium am Rande der Insolvenz erreicht ist.
Klaus Burtscher
Kapitel 4. Die Interessen innerhalb einer Gesellschaft
Zusammenfassung
Die Frage nach der sozialen Verantwortlichkeit einer Gesellschaft ist eines der populärsten gesellschaftsrechtlichen Themen der letzten Jahrzehnte. In deren Mittelpunkt steht die Problematik, welche Interessengruppen die Geschäftsleiter in welchem Maße bei ihren Entscheidungen primär zu berücksichtigen haben. Im Vorfeld dazu ist es jedoch zunächst notwendig, sich ein Bild von der bislang wenig behandelten Frage zu verschaffen, welche Gruppeninteressen überhaupt innerhalb einer Gesellschaft bestehen.
Klaus Burtscher
Kapitel 5. Die Brisanz infolge kürzlich ergangener Regelungen
Zusammenfassung
Wie die vorstehenden Ausführungen zeigen, besteht gerade in einer fortgeschrittenen Unternehmenskrise ein erhebliches Konfliktpotenzial zwischen den Gesellschaftern, den Geschäftsleitern und den Gläubigern einer Gesellschaft. Im Tenor geht es dabei um das Verhältnis von Gesellschafts- und Insolvenzrecht in Deutschland. Standen das Gesellschaftsrecht und das Insolvenzrecht lange Zeit eher unverbunden nebeneinander, so lässt sich seit einiger Zeit eine zunehmende Interferenz der beiden Rechtsdisziplinen erkennen. Die jüngste Ausprägung dieser Tendenz illustriert die RRL.
Klaus Burtscher

Die Geschäftsleiterverantwortung in der Unternehmenskrise

Kapitel 6. Pflichten und Haftung der Geschäftsleiter
Zusammenfassung
Begonnen wird die Untersuchung mit der Analyse des nach gegenwärtiger Rechtslage bestehenden Verantwortungsregimes der Geschäftsleiter im Krisenverlauf. Im Hinblick auf eine einheitliche Systematisierung der kodifizierten und nicht kodifizierten Pflichten soll in diesem Kapitel unter Zugrundelegung folgender Gruppierung das krisenbezogene Pflichtenregime sowie einschlägige Haftungsgrundsätze der Geschäftsleiter herausgearbeitet und kritisch gewürdigt werden:
Klaus Burtscher
Kapitel 7. Neuralgische Punkte des gegenwärtigen Restrukturierungsrechts
Zusammenfassung
Basierend auf der Analyse des vorstehenden Kapitels wird im nun folgenden zweiten Teil des Hauptteils bewertet, ob das gegenwärtige Restrukturierungsrecht in dem für den Untersuchungsgegenstand maßgeblichen Zeitpunkt ein in sich ausgewogenes und europarechtskonformes Regelungswerk bietet oder Defizite beziehungsweise Schutzlücken aufweist. Den Ausgangspunkt und zugleich den Leitfaden bilden die unterschiedlichen Standpunkte der Bundesregierung und des Rechtsausschusses. So begründete die Bundesregierung die, in Umsetzung des Art. 19 RRL, mit §§ 2, 3 StaRUG-E intendierte Gläubigerorientierung unter anderem damit, dass die Regelungen das Korrektiv für die den Geschäftsleitern in Ansehung der Restrukturierungsmöglichkeiten im Zustand der drohenden Zahlungsunfähigkeit zukommende Macht bilden, Entscheidungen zu treffen, die sich zulasten der Gläubiger als Residualberechtigte am Unternehmensvermögen auswirken.
Klaus Burtscher

Regelungsperspektiven

Frontmatter
Kapitel 8. Pflichten der Geschäftsleiter
Zusammenfassung
Wie bereits mehrfach erwähnt, zielt die Richtlinie nach Erwägungsgrund 71 nicht darauf ab, eine Rangfolge in Bezug auf die nach Art. 19 lit. a) RRL zu berücksichtigenden Interessen im Stadium der wahrscheinlichen Insolvenz festzuschreiben. Damit steht den Mitgliedsstaaten die inhaltliche Konturierung einer Interessenberücksichtigungspflicht insoweit frei, wenngleich sie durch die Richtlinie ausdrücklich in die Lage versetzt werden sollen, eine solche festlegen zu können. In diesem Zusammenhang ist bezüglich der Gruppe der Gläubiger zu berücksichtigen, dass es sich hierbei regelmäßig nicht um einen homogenen Interessenkreis innerhalb einer Gesellschaft handelt, sondern um eine heterogen zusammengesetzte Gruppierung mit unterschiedlich gelagerten Einzelinteressen. Um Geschäftsleitungsentscheidungen im Gläubigerinteresse nicht unnötig zu verkomplizieren, empfiehlt es sich nicht zuletzt deshalb, die einzelnen Partikularinteressen auf ein maßgebendes Interesse der Gesamtheit der Gläubiger zu abstrahieren.
Klaus Burtscher
Kapitel 9. Haftung der Geschäftsleiter
Zusammenfassung
Damit dem in dieser Arbeit entwickelten Modell zur Neuausrichtung der Geschäftsleiterpflichten auch eine verhaltenssteuernde Wirkung attestiert werden kann, bedarf es entsprechender, haftungsrechtlicher Vorgaben. Denn eine Statuierung neuer Pflichten wäre wertlos, wenn im Fall einer Missachtung keine haftungsrechtlichen Konsequenzen drohen würden. Diesem Erfordernis war sich auch die Bundesregierung bewusst, indem sie mit § 3 StaRUG-E die Folgen von Verletzungen der in § 2 Abs. 1 bis 3 StaRUG-E reglementierten Pflichten einer zivilrechtlichen Haftung zuführen wollte.
Klaus Burtscher

Schlussbetrachtung

Frontmatter
Kapitel 10. Reformbedarf
Zusammenfassung
Für die vorinsolvenzliche Geschäftsleiterverantwortung ist dies jedenfalls zu bejahen. Mit dem StaRUG-E hat die Bundesregierung zum großen Wurf ausgeholt, indem sie die Geschäftsleiter mit Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit zur vorrangigen Wahrung der Interessen der Gläubigergesamtheit verpflichtet hätte. Dass die hierfür verantwortlichen §§ 2, 3 StaRUG-E in der Form des Regierungsentwurfs nicht Gesetz geworden sind, ist letzten Endes aber zu begrüßen.
Klaus Burtscher
Kapitel 11. Thesenartige Zusammenfassung
Zusammenfassung
Eine allgemeingültige Definition des Terminus Unternehmenskrise gibt es nicht. Sie ist in der Regel ein über einen längeren Zeitraum fortdauernder Prozess, der zumeist schleichend beginnt und sich im weiteren Verlauf durch einen exponentiell ansteigenden Handlungsdruck sowie exponentiell abnehmende Handlungsalternativen auszeichnet.
Klaus Burtscher
Backmatter
Metadaten
Titel
Die Geschäftsleiterverantwortung in der Unternehmenskrise am Rande der Insolvenz
verfasst von
Klaus Burtscher
Copyright-Jahr
2025
Electronic ISBN
978-3-658-48579-5
Print ISBN
978-3-658-48578-8
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-48579-5