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2025 | Buch

Die Krise der Repräsentation in Gewerkschaften

Eine Fallstudie zur Einschätzung der rechten alternativen Gewerkschaft Zentrum (Automobil)

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Über dieses Buch

Im Kontext einer Zunahme klassenspezifischer Disparitäten sowie einer Erosion traditioneller politischer und gewerkschaftlicher Organisationen untersucht Sophie Schlingmann, inwiefern rechtspopulistische Bewegungen diese Entwicklungen strategisch nutzen, um Teile der Arbeitenehmer*innen zu mobilisieren. Die zunehmende Polarisierung des politischen Spektrums lässt die Wahrnehmung einer gesellschaftlichen und politischen Krise in Deutschland weiter anwachsen. Ein signifikanter Teil der Bevölkerung empfindet eine mangelnde Repräsentation seiner Lebensrealitäten durch etablierte politische Akteure und wendet sich verstärkt alternativen politischen Angeboten zu.

Auch Gewerkschaften sehen sich mit rechtspopulistischen Strömungen und organisierten rechten Akteuren konfrontiert, wie beispielsweise die 2010 gegründete alternative Gewerkschaft Zentrum (Automobil). Die Begründung ihrer Existenz erfolgt mit der Behauptung einer Vernachlässigung der Interessen der Arbeiterschaft durch etablierte Gewerkschaften. In diesem Buch wird untersucht, ob der Erfolg solcher Positionen und die zunehmende Präsenz rechter Akteure in Betrieben als Indikator für eine Krise gewerkschaftlicher Repräsentation gewertet werden kann.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Kapitel 1. Einleitung
Zusammenfassung
In den zurückliegenden Jahrzehnten konnten kaum arbeitsreformerische Erfolge verzeichnet werden. Zugleich ist ein Anstieg der Zahl an prekärer Beschäftigungsverhältnisse, wie etwa Leiharbeit, zu beobachten (vgl. Hans-Böckler-Stiftung 2018; ver.di 2011: 79). Diese Entwicklung trägt zur Erschwerung der Organisation von Arbeiter:innen bei und führt zu einer Schwächung des Vertrauens in Gewerkschaften. Gleichzeitig suchen Beschäftige nach alternativen Wegen, ihre Unzufriedenheit auszudrücken, einschließlich der Unterstützung rechter Parteien. In Deutschland ist eine signifikante Zunahme dieser Dynamiken zu verzeichnen: Klassenspezifische Ungleichheiten nehmen zu, während politische und gewerkschaftliche Organisationen, die auf den Konflikt zwischen Kapital und Arbeit basieren, so schwach sind wie nie zuvor seit 1949. Diese Schwäche nutzen radikal populistische und rechte Strömungen um Teile der Arbeiter:innenschaft für sich zu gewinnen (vgl, Dörre 2018a: 41)
Sophie Schlingmann
Kapitel 2. Theoretische Einordnung
Zusammenfassung
Zur folgenden theoretischen Einordnung werden die Annahmen des Politikwissenschaftlers Phillip Manows genauer ausgeführt. „Auch wenn Defizite des Repräsentativsystems schon vielfach Gegenstand sozialwissenschaftlicher Untersuchungen waren (vgl. Merkel 2015, Schäfer 2015), so rückt Manow dieses Thema in einen originellen und sehr instruktiven Zusammenhang“ (Mirbach 2020). Er postuliert, dass der gegenwärtige Aufstieg des Populismus auf das Zusammenwirken zweier miteinander verknüpfter Entwicklungen zurückzuführen ist. Einerseits führt die sogenannte ‚Demokratisierung‘ der Demokratie zu einer Krise der repräsentativen Verfahren, da politische Partizipationsmöglichkeiten ausgeweitet werden (vgl. Manow 2020: 13). Andererseits treibt die ‚Entdemokratisierung‘ der Demokratie zu einer Verschiebung der Machtzuständigkeiten.
Sophie Schlingmann
Kapitel 3. Das Problem der Mitte
Zusammenfassung
Wie Manow in einem ideengeschichtlichen Abriss die Entstehung und Entwicklung des Repräsentationsmechanismus und die Konstituierung der repräsentativen Demokratie aufzeigt, bleibt die Frage nach der Konsequenz der Rückkehr der ‚Verdrängten‘ – die Einbeziehung der breiten Masse in die Demokratie – zu beantworten. Führt man diesen Gedanken weiter, so entwickelt sich die repräsentative Demokratie hin zu einer Art Massendemokratie, in der alle partizipieren wollen. Durch den technischen Fortschritt der letzten Jahre hat sich die politische Arena in den direkten Alltag verlagert.
Sophie Schlingmann
Kapitel 4. Populismus und die repräsentative Demokratie
Zusammenfassung
„Die Demokratie, wie wir sie bislang kannten, funktioniert nicht mehr richtig – andernfalls gäbe es keine populistische Gegenbewegung“ (Runciman 2020: 72). Die heutige Zeit ist von einem populistischen Aufschwung geprägt. In Deutschland ist dies insbesondere in Form des Rechtspopulismus zu beobachten. Zwischen dessen Erstarken und gesellschaftlichen Umbrüchen kann ein Zusammenhang hergestellt werden (vgl. Manow 2018: 13–15).
Sophie Schlingmann
Kapitel 5. Arbeiter:innenbewegung von rechts?
Zusammenfassung
„Ich selber habe vor Kurzem auf einer Betriebsrätekonferenz in Erfurt gesprochen mit Hunderten von Betriebsräten, wo man sehr deutlich gesehen hat, dass in den Passagen, wo ich die AfD hart kritisiert habe und ihre antigewerkschaftliche Politik, dass 20 Prozent der Anwesenden demonstrativ nicht geklatscht haben“ (Dörre 2019 zit. nach Rohde 2019). Eine überdurchschnittlichen Zuspruch zu rechtspopulistischen und sogar rechtsextremen Einstellungen zeigt sich nicht nur unter den Arbeiter:innen, sondern lässt sich auf in die Reihen der Gewerkschafter:innen beobachten.
Sophie Schlingmann
Kapitel 6. Methodischer Hintergrund
Zusammenfassung
Im Folgenden wird zunächst in die Grounded-Theorie-Methodologie (GTM) eingeführt, indem ihre Entstehung und Ausdifferenzierung sowie die zentralen Elemente erläutert werden. Anschließend an diese Einführung werden die Gründe dargelegt, die für die Wahl dieser Forschungsstrategie sprechen. Dabei wird insbesondere auf die Schlüsselelemente und spezifischen Vorteile der GTM eingegangen, die sie für die anvisierte Forschungsfrage als besonders geeignet erscheinen lassen.
Sophie Schlingmann
Kapitel 7. Zur Repräsentationskrise der Gewerkschaften
Zusammenfassung
Für die Studie wurden die Daten von fünf Akteur:innen ausgewertet. Alle Daten behandeln die Situation der Gewerkschaften, in welcher drei der Befragten hauptberuflich aktiv sind. Neben den Hauptamtlichen sollen auch zwei Perspektiven von außen auf die Gewerkschaft gerichtet werden. Die Bewertung und Wahrnehmung einer Repräsentationskrise fällt recht different aus.
Sophie Schlingmann
Kapitel 8. Diskussion
Zusammenfassung
Nachdem in der Auswertung der Studie die wichtigsten Faktoren der gewerkschaftlichen Repräsentation genannt und bewertet wurden, gilt es nun in Bezug auf die Forschungsfrage zu untersuchen, inwiefern eine Krise der Repräsentation die Gewerkschaften erreicht hat. Die zuvor ausgeführte theoretische Annahme fußt auf den Ausführungen Phillip Manows. In seinem Werk formuliert er die These, dass es sich nicht primär um eine Krise der Demokratie, sondern eindeutig um eine Krise der Repräsentation handelt. Populistische Strömungen erstarken aufgrund dieser Krisendiagnose (vgl. Manow 2020: 13).
Sophie Schlingmann
Kapitel 9. Fazit
Zusammenfassung
Das Ziel dieser Arbeit war es, einen Überblick über verschiedene gewerkschaftliche Akteur:innen zu geben und ihr Verständnis und ihre Einstellungen in Bezug auf die Vertretung der Arbeitnehmer:innen durch die Gewerkschaften zu untersuchen, um herauszufinden, ob es ein gewerkschaftliches Repräsentationsproblem gibt und inwiefern dies die zunehmenden rechtspopulistischen Einstellungen unter Arbeiter:innen und die Unterstützung der rechten Gewerkschaft Zentrum erklären kann. Die theoretische Einordnung fußt auf den Ausführungen von Phillip Manow, welcher am Beispiel des wachsenden Rechtspopulismus eine Krise der Repräsentation erläutert.
Sophie Schlingmann
Backmatter
Metadaten
Titel
Die Krise der Repräsentation in Gewerkschaften
verfasst von
Sophie Schlingmann
Copyright-Jahr
2025
Electronic ISBN
978-3-658-47211-5
Print ISBN
978-3-658-47210-8
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-47211-5

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