2004 | OriginalPaper | Buchkapitel
Die Nation in Frankreich zwischen Traditionsbildung und Traditionsbruch
verfasst von : Daniel Schulz
Erschienen in: Verfassung und Nation
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Enthalten in: Professional Book Archive
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Nachdem festgestellt wurde, dass die Verfassungen in Frankreich nicht selber als institutionelle Ordnung gewirkt haben, sondern wiederum nur einen mit der Revolution begründeten und im Verlauf des neunzehnten Jahrhunderts weiter verstetigten Traditionszusammenhang nachgeordnet sind, soll in diesem Kapitel die Nation als institutioneller, d.h. insbesondere als dauerhafter Träger von Leitideen untersucht werden. Dabei soll vor allem gezeigt werden, wie sich in Frankreich die Durchsetzung der revolutionär-republikanischen Leitideen über die Nation als deren symbolische Repräsentation vollzieht. Darüber hinaus wird aber auch deutlich, dass das republikanische Lager keinen exklusiven Zugriff auf die Deutung der Nation besitzt. Nahezu alle Konstruktionen politischer und gesellschaftlicher Identität seit der Revolution beziehen sich auf die Nation, um ihren Ordnungsvorstellungen die angemessene Geltung zu verleihen. Dieses Phänomen der Diskursivierung der Nation scheint dem Erfolg geschuldet, der mit der Nation als neuer Form der politischen Imagination von Einheit erzielt wurde. Genau diese Einheit ist paradoxerweise durch den Kampf miteinander konfligierender Deutungen aufgebaut, welche in der Nation ihre eigenen politischen Ordnungsvorstellungen repräsentiert sehen wollen. Die Auseinandersetzung um die inhaltliche Besetzung dieser Schlüsselkategorie „Nation“ kann daher als ein Konflikt um die Interpretationshegemonie des Nationsbegriffs verstanden werden — eine Hegemonie, die darauf zielt, über die symbolische Identifikation mit der Nation ganz bestimmte Ordnungsmodelle auf Dauer verbindlich zu machen und so zu institutionalisieren.