Der Beitrag untersucht die Positionen von fünf politischen Parteien in Deutschland im Politikfeld Migration von 1990 bis 2017 im Hinblick auf Dynamiken von Parteipositionierungen. Das spezielle Erkenntnisinteresse liegt dabei in der Reaktion der Parteien auf die sog. Flüchtlingskrise von 2015/2016. Haben Positionsverschiebungen der AfD erst den Raum im Politikfeld geschaffen? Zwei unterschiedliche theoretische Konzepte bilden die Grundlage. Einerseits wird davon ausgegangen, dass die Positionen von Parteien mit policy-Orientierung eher stabil sind (Pfadabhängigkeit), während Parteien mit einer politics-Orientierung eher instabile Positionen aufweisen (Responsivität). Anhand von Daten aus dem Party Manifesto Projekt wird gezeigt, dass starke Kontinuität der Parteipositionen zur Migration vorherrschte. Es gibt keine Hinweise darauf, dass die etablierten Parteien durch Positionswechsel zur Mitte hin der migrationsfeindlichen AfD Raum gegeben haben, auch nicht die CDU/CSU.
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Nach Ansicht von Alonso und Fonseca bringt insbesondere der Indikator für Recht und Ordnung einige Nachteile mit sich: „Das Problem mit dieser Themenkategorie ist, dass einige der Themen, die sie abdeckt, wenig oder gar nichts mit der Einwanderung zu tun haben, wie zum Beispiel die Organisation und Finanzierung der Polizeikräfte. Die Einbeziehung von ‚Recht und Ordnung‘ in unsere Themendimension kann daher die Bedeutung der Einwanderung in den Wahlprogrammen aufblähen. Die Ausklammerung dieses Themas könnte jedoch den gegenteiligen Effekt haben, dass die Einwanderung in einer ihrer grundlegenden Rahmungen durch die Parteien, nämlich Recht und Ordnung, nicht erfasst wird. Wir gehen eher das Risiko ein, den Stellenwert der Einwanderung für einige Parteien aufzublähen, als ihre Haltung zu diesem Thema nicht vollständig zu erfassen“ (Alonso & Fonseca, 2011, S. 871).
Während der Silvesterfeierlichkeiten in Köln 2015/2016 kam es zu einer Reihe von sexuellen Übergriffen, hauptsächlich von männlichen Flüchtlingen verübt. Angesichts der Vielzahl der Vorfälle waren die Strafverfolgungsbehörden stundenlang nicht in der Lage, die Situation zu kontrollieren. In der Folge wurden 1222 Straftaten zur Anzeige gebracht, davon 513 wegen sexueller Gewalt (Werthschulte, 2017). Der damalige Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) bezeichnete die Ereignisse als Wendepunkt in der Migrations- und Flüchtlingsdebatte, nach dem ein anderes Vorgehen notwendig sei. Siehe online: www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/thomas-de-maiziere-nennt-koelner-silvesternacht-wendepunkt-a-1118162.html.
Um Ungleichgewichte zwischen den beiden Werten zu verringern, wird der Wert für die Anzahl der Asylbewerber in Tausend angegeben. So wird zum Beispiel die ursprüngliche Zahl von 743.000 im Jahr 2016 in 743 geändert.