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1996 | Buch

Die Reform des ungarischen Steuersystems

Ausgestaltung der Besteuerung bei Einführung der Marktwirtschaft

verfasst von: Roland Felkai

Verlag: Deutscher Universitätsverlag

Buchreihe : Gabler Edition Wissenschaft

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Über dieses Buch

Probleme der Transformation von der Zentralverwaltungswirtschaft zur Marktwirt­ schaft in den Ländern Mittel- und Osteuropas gehören heute zu den interessantesten Herausforderungen für Wirtschaftstheoretiker und -politiker. Dabei wird der Erfolg oder Mißerfolg des Transformationsprozesses auch das Schicksal unseres Kontinents mitbestimmen. In den Jahren seit der politischen Wende in Mittel- und Osteuropa entstand eine umfangreiche Literatur über diverse Aspekte der Transformation. Die steuerpolitischen Veränderungen gehören zu den weniger erforschten und beschriebenen Dimensionen des Systemwandels. Steuersysteme erfüllen in einer Zentralverwaltungswirtschaft und einer Marktwirt­ schaft unterschiedliche Funktionen. Die Systemtransformation muß daher von einer grundlegenden Umgestaltung der Besteuerung begleitet werden. Inhalte und Problem­ felder dieses Prozesses werden in der Arbeit von Herrn Felkai am Beispiel Ungarns untersucht, das als erstes osteuropäisches Land mit der Steuerreform begonnen hat. Besondere Aufmerksamkeit widmet Herr Felkai dem häufig als "Steuerfalle" der Systemtransformation bezeichneten Phänomen, daß der Umbau des Steuersystems im Rahmen des Transformationsprozesses von der Plan- zur Marktwirtschaft zu erhebli­ chen Einnahmeausfällen führt. Die Ursachen hierfür werden zum einen in der Ausge­ staltung des Steuersystems aufgezeigt, und zum anderen mit dem Einfluß weiterer Elemente der Systemtransformation auf die Höhe und Struktur der Steuereinnahmen verdeutlicht. In seiner Arbeit liefert Herr Felkai eine Fülle bisher wenig zugänglicher Daten und eine gute Analyse der wichtigsten Probleme in einem Bereich, der zu den bedeu­ tendsten Bausteinen der neuen Wirtschaftsordnung in Mittel- und Osteuropa gehört.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Problemstellung und Konzeption der Arbeit
Zusammenfassung
Die osteuropäischen Staaten haben Ende der 80er Jahre die Abkehr vom Sozialismus und den Übergang zur kapitalistischen Marktwirtschaft eingeleitet. Dies erforderte die Reform einer Reihe von Elementen der betroffenen Wirtschaftssysteme, und die hierbei aufgetretenen Schwierigkeiten sind in bezug auf viele Teilbereiche mittlerweile von der Literatur dargestellt worden. Weitgehend außer Betracht blieben dabei aber Fragen der Ausgestaltung des Steuersystems.1 Eine Erklärung hierfür kann darin gesehen werden, daß auch in früheren Zeiten nur wenige Untersuchungen über die Steuersysteme sozialistischer Länder erstellt wurden2 und daher auch keine Erkenntnisse über deren Veränderungsbedarf vorlagen.
Roland Felkai
2. Die Einführung der Marktwirtschaft als Hintergrund der Steuerreform
Zusammenfassung
Die Transformation des ungarischen Wirtschaftssystems in eine Marktwirtschaft hat das Vermögen des Staates zur steuerlichen Einnahmenerzielung maßgeblich beeinflußt. Um diesbezügliche Erklärungsansätze herauszuarbeiten ist es zunächst erforderlich, den Begriff der Systemtransformation abzugrenzen. Als Ausgangspunkt sei ein System definiert als eine Verbindung von Elementen zu einem gemeinsamen Zweck, der in bezug auf Wirtschaftssysteme in der Beseitigung der Güterknappheit gesehen werden kann.7 Eine genauere Kennzeichnung der hiervon umfaßten Elemente kann in unterschiedlicher Weise vorgenommen werden.8 Nach Leipold ist es die Gesamtheit der für den Wirtschaftsprozeß verbindlichen rechtlichen und institutionellen Regelungen, der Bestand an natürlichen, sachlichen und menschlichen Ressourcen sowie die Beziehungen zwischen den Wirtschaftseinheiten und die dazugehörigen Koordinationsmechanismen.9
Roland Felkai
3. Entwicklung des ungarischen Steuersystems bis 1988
Zusammenfassung
Mit dem Jahr 1945 begann die Entstehung des sozialistischen Steuersystems in Ungarn. Das bis dahin geltende kapitalistische Steuersystem war im wesentlichen durch aufkommensstarke Verbrauchsteuern (erhoben im wesentlichen auf Tabak, Alkohol, Zucker, Salz, Margarine, Fleisch) und eine recht umfassende Einkommensteuer gekennzeichnet. Der einsetzende Umbau des Steuersystems hatte zunächst distributionspolitische Ziele, die durch Senkung der Verbrauchsteuerlasten und der Reform der Einkommensbesteuerung durch Einführung einer Schedulen-Einkommensteuer mit hohen Grenzsteuersätzen und der Entlastung der Landwirtschaft realisiert werden sollten. Im Verlauf der Verstaatlichung der Unternehmen nach 1949 bildete sich als zweiter steuerpolitischer Akzent die Verlagerung der steuerlichen Ansatzpunkte von den Haushalten zu den Unternehmen heraus. Die Gewinnsteuer und Produzentenumsatzsteuer staatlicher Unternehmen wurden 1949 eingeführt und durch eine Belastung der Lohnsumme 1959 und des Unternehmenskapitals 1964 ergänzt.45
Roland Felkai
4. Notwendigkeit der Steuerreform
Zusammenfassung
Im folgenden soll auf die Gründe eingegangen werden, weshalb die Änderung der in den obigen Abschnitten dargestellten Ausgestaltung des ungarischen Steuersystems notwendig war. Die Zielrationalität des alten Steuersystems und der Steuerreform soll im Hinblick auf die fiskalische Funktion der Besteuerung sowie auf die Erreichung wirtschaftspolitischer Ziele und der Einhaltung der geforderten Grundsätze der Besteuerung untersucht werden.
Roland Felkai
5. Einkommensteuer
Zusammenfassung
Die zum 1. Januar 1988 eingeführte persönliche Einkommensteuer umfaßte drei verschiedene Bemessungsgrundlagen, die nicht gegeneinander angerechnet wurden, also tatsächlich selbständige Steuern und nicht nur bestimmte Erhebungsformen der Einkommensteuer darstellten. Ihre Ausgestaltung in einem Steuergesetz hat aber dazu geführt, daß sie unter dem Begriff der “Einkommensteuer” bekannt geworden sind, und dieser Namensgebung wird auch im folgenden gefolgt.
Roland Felkai
6. Unternehmensgewinn- und Körperschaftsteuer
Zusammenfassung
Das Jahr 1988 diente der Vorbereitung der Unternehmenssteuerreform. Im Januar 1988 wurde die Gewinnsteuerbelastung der staatlichen Unternehmen auf 45 % gesenkt und die Besteuerung der privaten Wirtschaft durch die Einführung der Unternehmersteuer (siehe Abschn. 3.3.2.2) modifiziert. Zu diesem Zeitpunkt bestanden noch keine Pläne zu weitergehenden Gewinnsteuerreformen, sondern es wurde von einer mehrjährigen Erhebung der Unternehmersteuer ausgegangen. Erst als sich die Wirtschaftsreformanstrengungen 1988 beschleunigten und die Liberalisierung der Privatwirtschaft bereits für 1989 mit dem Gesetz über Wirtschaftsgesellschaften vollzogen werden sollte, wurde auch der Bedarf nach einer grundlegenden Neugestaltung der Unternehmensbesteuerung sichtbar.249 Diese wurde zum Januar 1989 als vereinheitlichte Besteuerung der privaten und staatlichen Wirtschaft eingeführt, so daß für ihre Ausarbeitung nur ein Jahr zur Verfügung stand, im Gegensatz zur Einkommen- und Umsatzsteuer, deren Einführung eine dreijährige Planungsphase vorausging. Die Unternehmensgewinnsteuer erhielt 1992 die Bezeichnung Körperschaftsteuer.
Roland Felkai
7. Umsatzsteuer
Zusammenfassung
Die allgemeine Umsatzsteuer war als eine Mehrphasenumsatzsteuer mit Vorsteuerabzug konzipiert, die sich in den ersten Jahren nach ihrer Einführung 1988 vom Bruttosozialtyp zum Konsumtyp wandelte.
Roland Felkai
8. Verbrauchsteuern, Aufwandsteuern und Zölle
Zusammenfassung
Die 1985 eingeführten Verbrauchsteuerverordnungen galten bis Ende 1989. Sie wurden in ihren Tarifen häufig geändert und eine Tendenz war nur im Hinblick auf den Abbau der Anzahl der Gegenstände und der zunehmenden Ausrichtung der Erhebungsstufe an der Hersteller- statt der Handelsebene erkennbar. 1990 wurden die Verordnungen ohne größere inhaltliche Änderungen in Gesetzesform gebracht. Dieses Gesetz Nr. LI/1989 bot weiterhin die Möglichkeit ständiger diskretionärer Eingriffe der Regierung in die Verbrauchsbesteuerung, da es nur einen Katalog möglicher Steuergegenstände mit Bandbreiten möglicher Tarife enthielt, aus denen die Regierung nach wechselnden allokations- und konjunkturpolitischen Zielvorstellungen die jeweils gültigen Regelungen bestimmen konnte.370
Roland Felkai
9. Vermögenszugangssteuern, Realsteuern und örtliche Steuern
Zusammenfassung
Der Zugang an Vermögensgegenständen durch Erbschaft, Schenkung und Kauf wurde in Ungarn traditionell mit einer sog. Vermögenszugangsgebühr (vagyonszerzési illeték) belastet, die im Steuerrecht und in der Literatur als Gebühr bezeichnet und im Zusammenhang mit Verwaltungs- und Gerichtsgebühren behandelt wurde (siehe Abschn. 3.3.3). Diese Betrachtungsweise ist auch in anderen sozialistischen Ländern zu finden gewesen403 und hat offenbar auch die wirtschaftliche und politische Systemtransformation in Ungarn überdauert, wie die Einführung des Gesetzes Nr. XCIII/1990 über Gebühren im Januar 1991 gezeigt hat. Die Ertrags- und Verwaltungskompetenz der Gebühren lag bei den Gemeinden.
Roland Felkai
10. Zentrale Steuerverwaltung
Zusammenfassung
Die im Zuge der Systemtransformation notwendig gewordene Verlagerung der steuerlichen Anknüpfungspunkte von Staats- zu Privatunternehmen um Einnahmeausfällen entgegenzuwirken, war mit Auswirkungen auf die Bedingungen der Eintreibung der Steuerschuld verbunden.
Roland Felkai
11. Zusammenfassende Beurteilung der Bestimmungsfaktoren des Steueraufkommens vor dem Hintergrund der Systemtransformation
Zusammenfassung
In den vorigen Abschnitten sind die Reformen der einzelnen Steuerarten und die dabei aufgetretenen fiskalischen Probleme diskutiert worden. Nunmehr sollen die Ergebnisse dahingehend systematisiert werden, daß Schlußfolgerungenüber die einnahmenbezogenen Gesamtwirkungen der wesentlichen Teilbereiche der Systemtransformation gezogen werden können.
Roland Felkai
Backmatter
Metadaten
Titel
Die Reform des ungarischen Steuersystems
verfasst von
Roland Felkai
Copyright-Jahr
1996
Verlag
Deutscher Universitätsverlag
Electronic ISBN
978-3-663-08410-5
Print ISBN
978-3-8244-6430-2
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-663-08410-5