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2023 | Buch

Die Rolle des Bundesrates bei der Wahl der Bundesverfassungsrichter

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Über dieses Buch

In einem Bundesstaat wie der Bundesrepublik Deutschland wirken die Länder bei den wesentlichen staatlichen Aufgaben mit. Aus diesem Grund werden die Richter des Bundesverfassungsgerichts von beiden Gesetzgebungskörperschaften gewählt. Die Richterwahlen erlangen so, aber auch wegen der besonderen Rolle des Gerichts, eine besondere Bedeutung und politische Dimension.

In der Vergangenheit stand regelmäßig die demokratische Legitimation durch den Bundestag im Mittelpunkt der Diskussion. Sofern das Verfahren im Bundesrat in den Blick geriet, dann meist verbunden mit der These, dass die durch ihn vermittelte, stärker auf das bundesstaatliche Prinzip gestützte Legitimation geringerwertig sei.

Ausgehend von der Rolle des Bundesrates und seiner gewaltenteilenden Funktion, u.a. als systematisches Gegengewicht zu dem Bundestag als der zweiten Gesetzgebungskörperschaft, werden in dieser Untersuchung die grundgesetzlichen Anforderungen an die Legitimation und die durch den Bundesrat als Vertretung der Länder im Wahlverfahren vermittelte Legitimation näher beleuchtet.

Ein abschließend unterbreiteter Vorschlag zur Reform des Wahlverfahrens stellt im Kern auf eine stärkere Verfahrenstransparenz durch eine öffentliche Ausschreibung ab. Dies bedeutet einen Paradigmenwechsel in der von Vorschlagsrechten geprägten deutschen Tradition bei der Besetzung höchster Staatsämter.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Kapitel 1. Einleitung
Zusammenfassung
Verfassungsrichterwahlen sind aufgrund der besonderen Stellung der Verfassungsgerichtsbarkeit im System des Grundgesetzes von besonderer Brisanz. Bereits seit der ersten Verfassungsrichterwahl in der Bundesrepublik Deutschland ist das Verfahren sowohl in der wissenschaftlichen Literatur als auch in der Öffentlichkeit Gegenstand der Diskussion. Im Laufe der Zeit sind die Bedenken gegen das verfassungsrechtlich vorgesehene Verfahren und vor allem gegen seine Ausgestaltung in der Praxis zwar leiser geäußert worden, aber nie ganz verstummt. Auch wenn weitgehend Konsens zu bestehen scheint, dass sich das derzeitige System dem Grunde nach bewährt habe, ist die jedes Mal bei anstehenden Neubesetzungen wiederauflebende Debatte um ein den rechtsstaatlichen und demokratischen Anforderungen genügendes Verfahren Indiz dafür, dass weiterhin Klärungsbedarf besteht.
Annette Schorr
Kapitel 2. Verfassungsrechtliche Probleme der Richterwahl
Zusammenfassung
Die Besetzung der Richterstellen am Bundesverfassungsgericht ist nunmehr seit über fünfzig Jahren in der Diskussion. Das indiziert, dass das Verfahren in der derzeitigen Form zumindest als unbefriedigend empfunden wird. Obwohl die Kritik vor allem an der inzwischen geübten Praxis nicht verstummt, bzw. regelmäßig wieder auflebt, finden sich auch einige wenige Stimmen, die das Verfahren als bewährt einordnen oder keinen unmittelbaren Änderungsbedarf sehen. Entgegen des Eindrucks, der durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Juni 2012 entstanden sein könnte, hat auch nicht zwischenzeitlich durch die langandauernde Übung ein verfassungsrechtlich bedenklicher Zustand Billigung erfahren.
Annette Schorr
Kapitel 3. Rolle und Stellung der Gesetzgebungskörperschaften im Richterwahlverfahren
Zusammenfassung
Die verfassungsrechtlichen Spielräume für die Gestaltung der Besetzungsverfahren im Richterbereich sind weit; eine Möglichkeit ist die Bestellung im Wege der Wahl. Wahlen sind neben Volksabstimmungen in einem demokratischen Staat die wichtigste Form der Willensäußerung des Volkes und sind entsprechend institutionell abzusichern. Im Wege der Wahlen werden  grundlegende Sach- als auch Personalentscheidungen getroffen. Von wesentlicher Bedeutung sind deshalb die Stellung und die Kompetenzen der Wahlorgane.
Annette Schorr
Kapitel 4. Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Ausgestaltung des Wahlverfahrens
Zusammenfassung
Die fehlende Regelung des Besetzungsverfahrens für das Bundesverfassungsgericht im Grundgesetz eröffnet Handlungsspielräume, auch um auf eigentlich nicht vorgesehene Art und Weise einseitig Einfluss zu nehmen. Den daraus erwachsenden Risiken und Bedrohungen kann durch ein den komplexen rechtlichen Anforderungen genügendes und wirksam in die Praxis umsetzbares Verfahren begegnet werden. Dies muss die ordnungsgemäße Besetzung des Gerichts gewährleisten und dabei stärker als bisher die tatsächlichen Gegebenheiten innerhalb eines Staates berücksichtigen.
Annette Schorr
Kapitel 5. Reformvorschläge und deren Umsetzbarkeit
Zusammenfassung
Die vorangegangenen Kapitel haben gezeigt, dass das geltende Verfahren an sich durchaus geeignet ist, indem es eine breite Legitimationsgrundlage für das Gericht schafft, weil die Bundesverfassungsrichter nicht nur demokratisch, sondern auch aus dem bundesstaatlichen Prinzip heraus legitimiert werden. Es gewährt Bund und Ländern gleichermaßen Einfluss und sorgt dadurch für eine Balance zwischen der Länder- und Bundesinteressen. Alle beteiligten Organe befinden sich nach der verfassungsrechtlichen Ausgestaltung des Verfahrens in einem guten Gleichgewicht. In dem folgenden Kapitel werden einzelne Reformvorschläge analysiert.
Annette Schorr
Kapitel 6. Ergebnisse der Untersuchung
Zusammenfassung
Seit Inkrafttreten des Grundgesetzes ist es bei den Verfassungsrichterwahlen zu Entwicklungen gekommen, die so weder beabsichtigt noch vorhergesehen worden waren. Seit längerer Zeit gibt es Versuche, durch immer neue Einzelmaßnahmen das geschilderte Problem einer intransparenten und so nicht vorgesehenen Einflussnahme in den Griff zu bekommen. Dies beeinträchtigt die Verfassungsrechtsprechung, weil eine wesentliche Voraussetzung für die Wirksamkeit ihrer Entscheidungen, das Vertrauen der ihren Entscheidungen Unterworfenen, entfiele. Um das Vertrauen in das Gericht zu stärken, ist ein Schutz vor ungerechtfertigter Einflussnahme erforderlich. Dieses Ziel ist nicht allein mit rechtlichen Regelungen möglich, sondern erforderlich ist, dass nicht alle Handlungsspielräume nahezu im Übermaß ausgenutzt würden. Wenn jeder nur seine Rolle ausfüllte und die Grenzen nicht überschritte, wären keine Schutzmaßnahmen nötig, die letztendlich im Grunde ausschließlich dazu dienen, das Vertrauen in die Gerichtsbarkeit zu erhalten. Vertrauen reduziert Komplexität.
Annette Schorr
Backmatter
Metadaten
Titel
Die Rolle des Bundesrates bei der Wahl der Bundesverfassungsrichter
verfasst von
Annette Schorr
Copyright-Jahr
2023
Electronic ISBN
978-3-658-41648-5
Print ISBN
978-3-658-41647-8
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-41648-5

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