Skip to main content

2019 | Buch

Die Schuldrechtsklausur II

Kernprobleme der gesetzlichen Schuldverhältnisse in der Fallbearbeitung

verfasst von: Prof. Dr. Jens Prütting, Dr. Bernd Scholl

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

Buchreihe : Tutorium Jura

insite
SUCHEN

Über dieses Buch

Die Fallsammlung richtet sich an Studierende, die sich mit den gesetzlichen Schuldverhältnissen beschäftigen - sowohl an Anfänger als auch an Fortgeschrittene und Examenskandidaten. Anhand von 30 Fällen, die typische Problemstellungen im Bereich des Deliktsrechts, Bereicherungsrechts und des Rechts der Geschäftsführung ohne Auftrag betreffen, wird den Studierenden die Umsetzung des in den Vorlesungen erworbenen abstrakten Wissens in der Anspruchsprüfung verdeutlicht. Anspruchsaufbau und Technik der Falllösung werden ausführlich erörtert. Alle Falllösungen sind im Gutachtenstil ausgearbeitet und mit Aufbauhinweisen versehen. Die Fallbearbeitungen werden ergänzt durch vertiefende Hinweise, die den Studierenden ein Nacharbeiten der einzelnen Problemschwerpunkte erleichtern.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Fall 1

Anton (A) und Carl (C) haben gerade ihr Studium an der Universität zu Köln aufgenommen. A studiert Jura, C Sonderpädagogik. Auf einer Erstsemesterparty kommt es ohne besonderen Anlass zu einer Auseinandersetzung zwischen den beiden, in deren Verlauf A dem C sagt, dieser sei geistig so minderbemittelt, dass man sich fragen müsse, wie er überhaupt das Abitur geschafft habe.

Jens Prütting, Bernd Scholl
Fall 2

Arthur (A) bewohnt ein großes Haus mit Garten. Der Zugang zum Eingang des Hauses erfolgt auf dem Grundstück des A über einen Weg aus Betonplatten. Mitten auf dem Weg ist eine der Platten – für Besucher insbesondere bei ungünstigen Lichtverhältnissen schwer erkennbar – um vier Zentimeter angehoben. Die Kante ist dadurch entstanden, dass die Wurzeln eines großen, auf dem Nachbargrundstück stehenden Baumes auf das Grundstück des A eingedrungen sind und die Platte angehoben haben. Dies war dem A seit längerer Zeit bekannt.

Jens Prütting, Bernd Scholl
Fall 3

Bei Kanalbauarbeiten beschädigt der Bauunternehmer B mit seinem Bagger aus Unachtsamkeit ein Stromkabel, das im Eigentum der Stadt Köln steht. Dadurch fällt der Strom in Köln-Niehl vollständig aus. Betroffen sind unter anderem der Landwirt Wilhelm Rogge (R) und der Verleger Leven DuPont (L).

Jens Prütting, Bernd Scholl
Fall 4

Die schwangere Martha (M) begibt sich wegen einer Entzündung des Darms in das von der Alexianer-Krankenhaus GmbH (A-GmbH) betriebene Alexianer-Krankenhaus. Dazu schließt sie mit der A-GmbH einen Krankenhausaufnahme- und Behandlungsvertrag ab. Bei der notwendigen Operation verabreicht der behandelnde Chirurg Dr. Caspers (C) nach ordnungsgemäßer Aufklärung und der „Kreuzprobe“ zur Prüfung der Verträglichkeit der Blutgruppen eine Blutkonserve, die – wie sich später herausstellt – mit dem Humanen Immundefizienz-Virus (HIV) kontaminiert ist. Bei dem transfundierten Blut handelt es sich um Blut, das vom Blutspendedienst desselben Krankenhauses zur Behandlung der Patienten gewonnen worden ist.

Jens Prütting, Bernd Scholl
Fall 5

Martha (M) begibt sich wegen einer Entzündung des Darms in das von der Alexianer-Krankenhaus GmbH (A-GmbH) betriebene Alexianer-Krankenhaus. Dazu schließt sie mit der A-GmbH einen Krankenhausaufnahme- und Behandlungsvertrag ab. Bei der notwendigen Operation durchtrennt der behandelnde Chirurg Dr. Caspers (C), der sorgfältig ausgewählt und überwacht worden ist, aufgrund eines Versehens sorgfaltswidrig ein großes Blutgefäß. Es gelingt ihm nicht, die Blutung zu stillen, so dass M noch auf dem Operationstisch verstirbt. Ein ähnlicher Fehler ist ihm bislang noch nicht passiert; bisher ist er stets als sehr zuverlässiger Arzt in Erscheinung getreten.

Jens Prütting, Bernd Scholl
Fall 6

Hein Blöd (H) will endlich seinen Lebenstraum verwirklichen und sich ein eigenes Auto zulegen. Aus Kostengründen wendet er sich an den Gebrauchtwagenhändler Käpt’n Blaubär (B), der sein Geschäft gleich um die Ecke hat. B und H einigen sich am 03.05.2017 über den Kauf eines VW Golf III zum Preise von 3000 €. Es wird individualvertraglich vereinbart, dass die kaufrechtliche Gewährleistung für etwaige Mängel des Fahrzeuges auf ein Jahr nach Übergabe beschränkt ist.

Jens Prütting, Bernd Scholl
Fall 7

Die Klatsch & Tratsch Verlag GmbH (V) will zum Beginn des Jahres 2017 eine neue Zeitschrift mit dem Titel „Goldene Post zum Sonntag“ einführen. Es handelt sich um ein Wochenmagazin mit informativen und unterhaltenden Elementen, vielen Reportagen aus dem Leben von Prominenten und einem Serviceteil. Die Erstausgabe soll am 01.01.2017 erscheinen. Um die Zeitschrift vor der Markteinführung zu bewerben, erstellt V im Vorfeld ein Testexemplar der Titelseite der Zeitschrift, auf dem Gestaltung und Layout der neuen Zeitschrift deutlich werden. Auf der Test-Titelseite ist unter anderem der sehr bekannte ehemalige deutsche Tennisspieler Florian Fleischer (F) abgebildet. Das Foto zeigt ihn auf einem „Promi-Event“ und stellt ihn nicht ungünstig dar. Neben dem Foto befinden sich die Schlagzeile „Der strauchelnde Liebling“ und der Untertitel „Florian Fleischers mühsame Versuche, nicht aus der Erfolgsspur geworfen zu werden Seite 17“. Werbeanzeigen mit der Test-Titelseite erscheinen ab dem 01.11.2016 auf verschiedenen Werbeträgern, und zwar auch nach Erscheinen der Erstausgabe bis zum 30.04.2017. Der auf der Test-Titelseite angekündigte Beitrag über F hat nie existiert und erscheint nie. F hat in die Verwendung seines Fotos nicht eingewilligt.

Jens Prütting, Bernd Scholl
Fall 8

Verkäufer Vogel (V) ist Eigentümer eines schönen Baugrundstücks am Rande von Köln. Interessent Konrad (K) wird auf die Lage aufmerksam und möchte das Grundstück zu einem angemessenen Preis erwerben. Da V dies aufgrund seiner Pläne gut passt, beide aber keine rechte Vorstellung von der Werthaltigkeit des Grund und Bodens haben, beauftragt V auf seine Kosten den Gutachter Gram (G), ohne diesem mitzuteilen, für welchen Zweck die Begutachtung erfolgen soll. G erstellt ein Wertgutachten, welches das Grundstück samt daraufstehendem Gebäude im Wesentlichen wegen der Lage und des im Bebauungsplan der Stadt Köln ausgewiesenen partiellen Baulandes mit einem Wert von 800.000 € beziffert. Entgegen den Angaben im Gutachten hat G aber das Grundstück selbst nie inspiziert. Hätte G dies getan, wären ihm keinesfalls die erhebliche Baufälligkeit des Gebäudes und zahlreiche Ansätze für bestehende Altlasten entgangen. Beides war V, der sich schon länger um dieses eine seiner vielen Grundstücke nicht mehr gekümmert hatte, nicht aufgefallen. Der wahre Wert des Grundstücks samt Gebäude ist auf 500.000 € zu schätzen.

Jens Prütting, Bernd Scholl
Fall 9

Die Wagner-GmbH (W-GmbH) stellt an mehreren deutschen Standorten Eisenwaren verschiedener Sorten her. Alleingeschäftsführer und Alleingesellschafter ist Theodor Wagner (T). Die Waren werden kundengerecht aufbereitet und ausgeliefert oder zur Abholung bereitgestellt. Die Produktion erfolgt in geschlossenen Hallen, so dass kein allgemeiner Publikumsverkehr herrscht. Für die Betreuung der Leverkusener Produktionsstätte hat die W-GmbH den leitenden Angestellten Lurz (L) mit allen Aufgaben betraut. L überwacht in eigener Regie die Arbeitnehmer, entscheidet über den Produktionsprozess und berät die Geschäftsführung hinsichtlich strategischer Entscheidungen. Über Anstellung und Entlassung der Arbeitnehmer entscheidet L für seinen Standort ebenfalls autonom. Diesen Job übt L seit Jahren sorgfältig und zuverlässig aus. Seine Referenzen sind makellos, so dass die W-GmbH auch bei seiner Einstellung keine Bedenken für den produzierenden Bereich haben musste. Zudem liefert L in regelmäßigen Abständen Verlaufs- und Qualitätsberichte. Im Produktionsbereich arbeiten zwanzig Arbeitnehmer, die ausschließlich von L instruiert und überwacht werden.

Jens Prütting, Bernd Scholl
Fall 10

Der fünfjährige Max und der achtjährige Moritz sind Nachbarskinder und wohnen in einem Dorf im Westerwald. An einem Tag in den Sommerferien begleiten Max’ Mutter Anna (A) und Moritz’ Mutter Olga (O) die beiden auf den Spielplatz. A und O sind beide alleinerziehend und haben das alleinige Sorgerecht für ihre Söhne. Nachdem alle vier eine Viertelstunde gemeinsam auf dem Spielplatz verbracht haben, verabschieden sich beide Mütter, um gemeinsam einkaufen zu gehen. A und O sagen ihren Kindern, diese sollten ruhig weiter auf dem Spielplatz spielen, bis sie (die Mütter) wiederkämen.

Jens Prütting, Bernd Scholl
Fall 11

Autofahrer Alt (A) macht einen Ausflug in die Eifel. Als er mit seinem VW Golf an einer Kreuzung auf eine vorfahrtsberechtigte Landstraße nach rechts abbiegen will, übersieht er das auf dieser Landstraße fahrende, von links kommende Fahrzeug des Schnell (S), so dass es zu einem Zusammenstoß kommt. Bei der Untersuchung des Unfalles stellt sich heraus, dass S mit mindestens 85 km/h statt der an dieser Stelle erlaubten 70 km/h unterwegs war.

Jens Prütting, Bernd Scholl
Fall 12

Bräutigam Klaus Köhler (K) bestellt das Hochzeitsessen für sich, seine Braut Berta (B) und 30 Gäste in einer kleinen Gastwirtschaft, die von Volker Vogt (V) betrieben wird. Es handelt sich um einen Familienbetrieb, den V leitet und in dem die Ehefrau Elfriede (E) des V als Köchin beschäftigt ist. Als Entgelt für das Hochzeitsessen wird ein Betrag von 2000 € vereinbart.

Jens Prütting, Bernd Scholl
Fall 13

Patrick Pauscher (P) verletzt sich bei einem häuslichen Unfall am 28.02.2014 schwer am rechten Bein. Er muss in das Bertha-Krankenhaus, betrieben von der Bertha GmbH (B-GmbH), vertreten durch ihren Geschäftsführer Gerd Zank (Z), in Freiburg gebracht werden. Bei der Aufnahme wird von dem Assistenzarzt Albert Amelung (A), wohnhaft in Karlsruhe, zunächst eine ordnungsgemäße Anamnese erhoben. A wurde im Jahr 2012 von der B-GmbH aufgrund exzellenter Zeugnisse eingestellt und hat seitdem nie einen Grund zur Beanstandung gegeben.

Jens Prütting, Bernd Scholl
Vor Fall 14: Einführung in das Bereicherungsrecht

Das Bereicherungsrecht in den §§ 812–822 BGB dient vorrangig der Rückführung fehlallozierter Vermögensgüter. Dabei ist die Betrachtung streng auf den Bereicherten zu richten, da es nicht um Haftung nach Schadensersatzgrundsätzen geht und dies auch nicht „durch die Hintertür“ Gegenstand des Bereicherungsrechts sein darf. Dementsprechend bedingen Delikts- und Bereicherungsrecht einander nicht. Die Bereicherung des einen kann mit einem Schaden des anderen einhergehen, muss es aber nicht.

Jens Prütting, Bernd Scholl
Fall 14

V und der 17-jährige K schließen einen Kaufvertrag über ein Mofa. Das Mofa wird sofort übergeben und übereignet. Da K nicht ausreichend Geld dabei hat, um den Kaufpreis in Höhe von 900 € zu bezahlen, wird vereinbart, dass K das Geld in den nächsten Tagen vorbeibringt. Bei der Fahrt nach Hause baut K einen Unfall, bei dem das Mofa stark beschädigt wird. Die an den Unfallort herbeigeholten Eltern stellen sofort klar, dass sie mit dem Kauf nicht einverstanden sind.

Jens Prütting, Bernd Scholl
Fall 15

Karsten (K) wohnt seit vielen Jahren in Köln und ist mittlerweile 17 Jahre alt. Laufend hört er von der Brühler Attraktion „Phantasialand“. Da K zwar Spaß haben, jedoch für solche Aktivitäten kein Geld ausgeben möchte, geht er nicht durch den Eingang unter Bezahlung des Preises von mittlerweile 45 €, sondern klettert lieber an einer schlecht bewachten Stelle über den Zaun. Nun vergnügt sich K den Tag über mit Achterbahn und Wildwasserfahrt, bis er plötzlich von zwei Aufpassern nach seiner Eintrittskarte gefragt wird. Als K diese nicht vorweisen kann, verlangen sie ein Nachlösen der Karte. Da K sich weigert, verweist man ihn des Grundstücks, und in der Folge verlangt die Phantasialand Schmidt-Löffelhardt GmbH & Co. KG (P-KG) von K oder wahlweise von dessen Eltern die Zahlung des Eintrittspreises.

Jens Prütting, Bernd Scholl
Fall 16

K möchte einen gebrauchten Mercedes kaufen und wendet sich dazu an den Gebrauchtwagenhändler V. Als K einen Wagen gefunden hat, der ihm gefällt, fragt er V, ob der Wagen unfallfrei sei. V bestätigt das, obwohl ihn der Voreigentümer darauf hingewiesen hat, dass der Wagen einmal einen schweren Unfall erlitten hatte, der aber fachgerecht repariert worden war. V und K einigen sich und vereinbaren einen Kaufpreis von 5000 €, der für ein unfallfreies Exemplar dieses Typs angemessen wäre. Als Unfallwagen hat der Wagen aber nur einen Wert von 3500 €. K bezahlt die 5000 € bar und nimmt den Wagen gleich mit.

Jens Prütting, Bernd Scholl
Fall 17

Boris (B), Eigentümer eines BMW, bringt seinen Wagen zur Inspektion in die Werkstatt des Helmut Handlos (H). Es stellt sich heraus, dass einige Reparaturen erforderlich sind. Als H dem B sagt, die Arbeiten würden etwa 3000 € kosten, verschlägt es B die Sprache, denn soviel Geld hat er nicht. Daher bietet H an, dass er die Arbeiten auch „schwarz“ für nur 2000 € erledigen könne. Das bedeutet, dass H entgegen seinen umsatzsteuerrechtlichen Pflichten keine Rechnung stellt, keine Umsatzsteuer abführt und die erhaltene Vergütung auch nicht in seiner Einkommensteuererklärung angibt. Da das Angebot des H günstig ist, ist B grundsätzlich einverstanden, jedoch kann er derzeit auch keine 2000 € zahlen. Daher einigen sich H und B darauf, dass H die Reparaturen vornimmt und B zunächst 500 € anzahlt. So geschieht es auch. Die restlichen 1500 € soll B in spätestens sechs Wochen nachzahlen.

Jens Prütting, Bernd Scholl
Fall 18

Im Herbst tragen im Garten des Anton (A) die Apfelbäume viele Früchte. Als A kurz nicht zu Hause ist, klettert der gerade 18 Jahre alt gewordene Schüler Max (M) über den Zaun auf das Grundstück und pflückt 20 Kilogramm Äpfel. Ein Kilogramm dieser Äpfel ist einen € wert. M verkauft die Äpfel für 20 € an die gutgläubige Nachbarsfrau Claudia (C), der er glaubhaft erzählt, es handele sich um selbstgepflückte Äpfel aus dem eigenen Garten. Durch einen Zufall erfährt danach A von den Vorgängen und ist entsetzt. Er verlangt von C Herausgabe der Äpfel. Darauf stellt sich aber heraus, dass nur noch fünf Kilogramm Äpfel bei C lagern. Fünf Kilogramm hat sie aufgegessen.

Jens Prütting, Bernd Scholl
Fall 19

Anna (A) leiht ihrer guten Freundin Laura (L), die sich ein eigenes Kleid nicht leisten kann, für einen Ball ihr Abendkleid. Das Kleid ist 200 € wert. Auf dem Ball wird L wegen des Kleides von allen bestaunt. Marie (M), die L für die Eigentümerin des Kleides hält, ist so begeistert von dem Kleid, dass sie der L anbietet, es ihr für 300 € abzukaufen. So übergibt L der M am Tag nach dem Ball das Kleid und erhält dafür 300 €. A, die von allem nichts wusste, will wissen, ob sie von M das Kleid zurückbekommen kann oder von L die 300 €.

Jens Prütting, Bernd Scholl
Fall 20

Der pfiffige Student (S) ist in die schöne Stadt Hamburg gezogen, um dort sein Jurastudium aufzunehmen. Zum 01.10.2013 schließt er mit dem Vermieter (V) einen wirksamen Mietvertrag über eine 50 qm große 2-Zimmer-Wohnung zu einem Mietzins in Höhe von 700 € (warm). Dem V ist es aufgrund der häuslichen Gegebenheiten und der gewachsenen Hausgemeinschaft wichtig, dass es nicht zu häufigen Mieterwechseln kommt. Dies hat er dem S noch vor Vertragsschluss mitgeteilt. Da S das Grundstudium bereits nach dem dritten Semester beenden kann, möchte er „seinen Horizont“ erweitern. Daher beschließt er, ab dem 01.04.2015 ein Auslandsjahr im italienischen Bologna an einer der ältesten Universitäten der Welt zu verbringen.

Jens Prütting, Bernd Scholl
Fall 21

Bauunternehmer V und Privatmann K haben einen formgerechten Vertrag über den Erwerb eines Grundstücks nebst darauf von V zu erstellendem Wohnhaus abgeschlossen. Der Kaufpreis in Höhe von 300.000 € soll in Abhängigkeit vom Baufortschritt in Raten fällig werden. Am 1. März fordert V den K zur Zahlung einer Rate in Höhe von 20.000 € auf. K füllt einen Überweisungsauftrag seiner Bank B über diesen Betrag aus und gibt ihn aufgrund der Höhe des Betrages persönlich bei B ab. Der Schaltermitarbeiter sagt zu, sich persönlich um die Überweisung zu kümmern, vergisst dann aber, auf dem Überweisungsauftrag zu vermerken, dass er bereits ausgeführt worden ist. Daher wird der Auftrag von einem anderen Bankmitarbeiter erneut ausgeführt, so dass dem bei der Sparkasse S geführten Konto des V zweimal 20.000 €, also insgesamt 40.000 €, gutgeschrieben werden und das Konto des K entsprechend belastet wird.

Jens Prütting, Bernd Scholl
Fall 22

Charlie S ist ein berühmter Schauspieler und stolzer Eigentümer einer Villa direkt am Meer. Eines Nachts bricht ein Feuer in seinem Haus aus, infolge dessen dieses vollkommen zerstört wird. Glücklicherweise hat S schon länger eine Gebäudeversicherung bei dem Versicherer V, die ausweislich des Versicherungsvertrages auch Versicherungsschutz bei Schäden durch Feuer und Brand bietet. Nach eingehender Prüfung der Sachlage sagt V dem S die Deckung des Schadens zu.

Jens Prütting, Bernd Scholl
Fall 23

Monvando (M) ist ein erfolgreicher Farmer. Um seinen Erfolg auch in Zukunft aufrechterhalten zu können, versucht er mit der Zeit zu gehen und probiert dabei immer wieder neue Anbaumethoden aus, ohne auch vor dem Einsatz stark umstrittener Produkte zurückzuschrecken.

Jens Prütting, Bernd Scholl
Fall 24

Frau S, Ehefrau des früheren Vorstandsvorsitzenden eines großen Aachener Versicherers und Juraprofessors, hat in Dresden eine Eigentumswohnung erworben („Abschreibungsobjekt“). Wie es der Zufall will, hat im gleichen Haus Frau B, die Ehefrau des ehemaligen sächsischen Ministerpräsidenten, der ebenfalls Juraprofessor ist, eine weitere Eigentumswohnung (ebenfalls ein Abschreibungsobjekt). Die Wohnung von Frau S steht leer, die Wohnung von Frau B ist vermietet. Trotzdem erhält Frau S eine Stromrechnung von der Drewag – Stadtwerke Dresden GmbH (D), die sie überweist. Danach stellt sie Nachforschungen an und findet heraus, dass die Handwerker die Stromanschlüsse der beiden Wohnungen vertauscht haben. Nun fordert Frau S von Frau B den Ersatz der aufgewendeten Stromkosten von 200 €. Als Antwort schreibt ihr Herr Prof. B in Vertretung seiner Frau, Frau S habe ihren Anspruch in dem Verhältnis geltend zu machen, in dem sie geleistet habe. Eine direkte Zahlung von Frau B an Frau S komme auch deshalb nicht in Frage, weil Frau B noch ein Guthaben gegen D aus Gaslieferungen habe und damit aufrechnen wolle.

Jens Prütting, Bernd Scholl
Fall 25

Im schönen Spätsommer des Jahres 2010 lernen sich die treue Tamara (T) und der in den vergangenen Jahren sehr sprunghafte Schwerenöter Stefan (S) kennen. Nur kurze Zeit später verlieben sich beide ineinander und leben fortan in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Eine Eheschließung kommt für beide nicht in Betracht, da die Ehe „altmodisches Zeug“ sei und sie selbst sowieso vielmehr in die sog. „Generation beziehungsunfähig“ einzuordnen seien.

Jens Prütting, Bernd Scholl
Fall 26

Michael Meier (M) ist Eigentümer zweier sog. Stand-Up-Paddle-Boards (SUP), die er auf dem Hamburger Dom im Rahmen einer Verlosung gewonnen hat. Da er nicht weiß, wozu man solche SUP-Boards gebrauchen kann, möchte er sie möglichst schnell veräußern.

Jens Prütting, Bernd Scholl
Vor Fall 27: Einführung in die Geschäftsführung ohne Auftrag

Bei der Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) tätigt jemand (= der Geschäftsführer) das Geschäft eines anderen (= des Geschäftsherrn), „ohne von ihm beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein“ (§ 677 BGB). Dabei lassen sich vier Typen unterscheiden:

Jens Prütting, Bernd Scholl
Fall 27

Die tierliebe Clara (C) findet an einer Landstraße einen verletzten und blutenden Schäferhund. Sie hält mit ihrem Auto an und beschließt, den Hund mitzunehmen und zu einem Tierarzt zu bringen. Bei dem Tierarzt Dr. Tiemann (T) weist C ausdrücklich darauf hin, dass es nicht ihr Hund sei und sie auch nicht bereit sei, die Behandlung zu bezahlen. Sie weist aber auf einen Chip hin, anhand dessen man den Hund identifizieren könne. T ist sofort dazu bereit, sich um den Hund zu kümmern. Er operiert den Hund erfolgreich. Später wird anhand des Chips Hugo (H) als Eigentümer ermittelt. T stellt H Materialkosten und tierärztliche Tätigkeit nach der Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) in Rechnung. Außerdem wendet sich auch C an H und verlangt Ersatz der Kosten für die Reinigung der durch das Blut des Hundes befleckten Autopolster. Zu Recht?

Jens Prütting, Bernd Scholl
Fall 28

Der achtjährige Willi (W) liebt es, mit seiner PlayStation 4 (PS4) „Snoopys Große Abenteuer“ zu spielen. Aufgrund seines täglichen Spielens hat die Konsole jedoch leider ihren Geist aufgegeben. Daher bittet W seine Mutter, die ihn nach einem tragischen Unfalltod seines Vaters allein erzieht, mit ihm schnellstmöglich in die Stadt zu fahren, um die PS4 dort reparieren zu lassen.

Jens Prütting, Bernd Scholl
Fall 29

Annette Arnold (A) will an einem Adventssamstag ihre Weihnachtseinkäufe erledigen. Da die Stadt sehr voll ist, findet sie keinen regulären Parkplatz. Daher ist sie froh, als sie vor der Garagenausfahrt des Herrn Buschfeld (B) eine „Parklücke“ entdeckt, in die sie ihren Wagen fährt. Der Wagen der A steht zwar auf öffentlichem Grund, allerdings versperrt er die Garagenausfahrt des B vollständig. Als B, dessen Wagen noch in der Garage stand und der ebenfalls eine Fahrt unternehmen wollte, dies eine Stunde später feststellt, ruft er einen Abschleppunternehmer und beauftragt ihn damit, den Wagen der A abzuschleppen. Die anfallenden Kosten von 166 € zahlt zunächst B. Nachdem er Namen und Anschrift der A ermittelt hat, verlangt er diesen Betrag von ihr ersetzt. A meint, B habe kein Recht gehabt, ihren Wagen einfach abschleppen zu lassen. Jedenfalls sei die Abschleppmaßnahme völlig unverhältnismäßig, weil sie schon kurze Zeit später von ihrem Einkauf zurückgekommen sei.

Jens Prütting, Bernd Scholl
Fall 30

Der unbedachte Ulli (U) erhält von seinen Eltern als Geschenk zu seinem neunten Geburtstag das nigelnagelneue rote Fahrrad, welches bei dem örtlichen Fahrradverkäufer im Schaufenster stand und an dem U nie vorbeigehen konnte, ohne es zumindest für einen kurzen Augenblick zu bewundern.

Jens Prütting, Bernd Scholl
Backmatter
Metadaten
Titel
Die Schuldrechtsklausur II
verfasst von
Prof. Dr. Jens Prütting
Dr. Bernd Scholl
Copyright-Jahr
2019
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-57602-1
Print ISBN
978-3-662-57601-4
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-57602-1