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2015 | Buch

Die Territorialisierung sozialer Sicherung

Raum, Identität und Sozialpolitik in der Habsburgermonarchie

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Über dieses Buch

Monika Senghaas verfolgt die Bindung von „Sozialem“ und „Nationalem“ in den Anfängen staatlicher Sozialpolitik. Am Beispiel der Habsburgermonarchie rekonstruiert die Autorin Prozesse der Verräumlichung in der Konstitutionsphase staatlicher Sicherungssysteme. Die räumliche Organisation des Sozialen, so die Schlussfolgerung, bestimmte die Wechselwirkungen zwischen dem Aufbau des Sozialstaats und den Prozessen der Staats- und Nationenbildung. Mit dieser „Territorialisierung sozialer Sicherung“ gewann der Raum als organisierendes Prinzip gesellschaftlicher Beziehungen an Bedeutung.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Einleitung
Zusammenfassung
Der Sozialstaat ist nichts Neues. Seine Anfänge reichen zurück zu den ersten staatlichen Interventionen im Bereich des Sozialen im Verlauf des 19. Jahrhunderts. Spätestens in der wirtschaftlichen Wachstumsphase der 1950er- und 1960er-Jahre wurde Sozialpolitik zu einer Kernaufgabe staatlicher Tätigkeit. Wenngleich sich die Rahmenbedingungen von Sozialstaatlichkeit in Zeiten einer „dauerhaften Austerität“ (Pierson 2001) verändert haben, hat auch die nunmehr seit über drei Jahrzehnten anhaltende Debatte über seinen Ab- und Umbau den Sozialstaat nicht ernsthaft in Frage gestellt.
Monika Senghass
2. Die Entstehung des Sozialstaats im Kontext von Staats- und Nationenbildung
Zusammenfassung
Der Begriff Sozialpolitik bezeichnet die Interventionen des Staates in die „sozialen Verhältnisse“, das heißt in die „Lebensverhältnisse natürlicher Personen in der Perspektive ihrer Teilhabe an den unter bestimmten historischen Bedingungen gegebenen gesellschaftlichen Möglichkeiten“ (Kaufmann 2009: 78). Wenngleich seit Anfang der 1990er-Jahre eine weite Auslegung des Begriffs an Bedeutung gewonnen hat, die auch andere Instanzen der Wohlfahrtsproduktion wie Markt, Familie und Verbände einbezieht (vgl. Köppe/Starke/Leibfried 2011), bleibt der Begriff weiterhin überwiegend auf staatliche Interventionen bezogen. Als Sozialpolitik eines Staates bezeichnet man daher die Gesamtheit sozialpolitischer Gesetze, Programme und Institutionen, die in systematischen Darstellungen vom Arbeitnehmerschutz bis zur Wohnungs- und Vermögenspolitik reichen (vgl. Lampert/Althammer 2007).
Monika Senghass
3. Analytischer Rahmen
Zusammenfassung
Die Umsetzung der im letzten Kapitel zusammengefassten Überlegungen erfordert zunächst einen geeigneten analytischen Rahmen, der es erlaubt, sowohl die zentralen Faktoren der Entstehung des Wohlfahrtsstaats als auch die räumliche Dimension dieser Entwicklung zu erfassen.
Monika Senghass
4. Soziale Sicherung in Cisleithanien 1880 – 1918
Zusammenfassung
Die Habsburgermonarchie war neben dem Britischen Empire, dem Russischen Zarenreich und dem Osmanischen Reich eines der Großreiche, die Europa auch im „Jahrhundert der Nationalstaaten“ prägten (vgl. dazu Leonhard/ v. Hirschhausen 2009; Osterhammel 2006). Zu Beginn des 20. Jahrhunderts umfasste das Habsburgerreich ein Gebiet, auf dem sich heute Österreich, Tschechien, die Slowakei, Ungarn, Kroatien, Slowenien und Bosnien-Herzegowina befinden; dazu Teile der heutigen Staaten Rumänien, Montenegro, Italien, Polen, Ukraine und Serbien.
Monika Senghass
5. Die Territorialisierung sozialer Sicherung
Zusammenfassung
Die Rekonstruktion der sozialstaatlichen Entwicklung der westlichen Reichshälfte der Habsburgermonarchie vermittelt einen Eindruck von der in allen Industriestaaten seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert zu beobachtenden Entwicklung, der „sozialen Frage“ durch den Aufbau staatlicher Systeme der sozialen Sicherung zu begegnen. In Abhängigkeit von den jeweiligen Machtverhältnissen gelang es dabei Akteursgruppen in unterschiedlichem Ausmaß, ihre Interessen in die Ausgestaltung der Systeme der sozialen Sicherung zu übersetzen. Die cisleithanischen Sozialversicherungen trugen den Charakter einer konservativen Sozialpolitik, die sich gegen die Arbeiterbewegung richtete. Die lohnarbeitszentrierte Struktur zielte auf einen Personenkreis, der als politisch gefährlich angesehen wurde.
Monika Senghass
6. Sozialpolitik, Raum und Identitäten
Zusammenfassung
Die bisherige Analyse hat gezeigt, dass mit der Verschiebung der Verantwortung für die Wohlfahrtsproduktion von der privaten in die öffentliche Sphäre eine Verräumlichung sozialer Sicherung einherging. Staatlich regulierte Sicherungssysteme bezogen sich auf ein von Grenzen eingefasstes Territorium. Sie festigten damit die Außengrenzen des Staates und implementierten Prinzipien der Risikenteilung im staatlichen Territorium. Über den Sozialstaat wurden daher auch soziale Beziehungen auf den Raum bezogen. Die territorial gerahmte Mitgliedschaftskonstitution der Sozialversicherungen hatte zur Folge, dass der Raum als soziales Organisationsprinzip an Bedeutung gewann. Über den Raum wurde eine sozialpolitische Solidargemeinschaft konstituiert.
Monika Senghass
7. Zusammenfassung und Fazit
Zusammenfassung
Im Zentrum dieser Untersuchung stand die Frage nach den Wechselwirkungen zwischen dem Aufbau staatlicher Sozialpolitik und den Prozessen der Staats- und Nationenbildung. Ausgehend von der These, dass diese Entwicklungen über ihre Raumbezogenheit miteinander verbunden sind, wurde der Versuch unternommen, die bislang in der Wohlfahrtsstaatsforschung kaum thematisierte räumliche Dimension der Entstehung des Sozialstaats zu erfassen. Dies geschah anhand einer Rekonstruktion der Konstitution sozialer Sicherungssysteme in der Habsburgermonarchie im Zeitraum 1880 bis 1918.
Monika Senghass
Backmatter
Metadaten
Titel
Die Territorialisierung sozialer Sicherung
verfasst von
Monika Senghaas
Copyright-Jahr
2015
Electronic ISBN
978-3-658-08413-4
Print ISBN
978-3-658-08412-7
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-08413-4