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03.05.2017 | Dieselmotor | Schwerpunkt | Online-Artikel

Haben Diesel-Pkw keine Zukunft?

verfasst von: Christiane Köllner

4:30 Min. Lesedauer

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Der Anteil von Dieselfahrzeugen soll weltweit bis zum Jahr 2025 fast überall sinken. Für die Autohersteller ist das keine gute Aussicht. Doch sie können dem Trend gegensteuern. 

Hat der Dieselmotor im Pkw noch eine Zukunft? Diese Frage wird angesichts des Diesel-Skandals und der Diskussionen über eine Blaue Plakette, eine höhere Steuer auf Diesel-Kraftstoff oder regionale Fahrverbote für bestimmte Diesel-Pkw zuletzt immer öfter gestellt. Für die Autohersteller ist die Antwort auf diese Frage von zentraler Bedeutung. Denn zum einen haben sie viel Geld für die Entwicklung der Motoren ausgegeben, was sich als Fehlinvestition erweisen könnte, wenn Dieselfahrzeuge seltener gekauft werden. Zum anderen haben sie den vergleichsweise sparsamen Diesel als Mittel eingeplant, um die gesetzlich festgelegten Verbrauchsgrenzwerte ihrer Flotte einzuhalten. 

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Diesel-Anteil wird weltweit weiter sinken

Der Abgesang in der Öffentlichkeit auf den Diesel-Pkw wird indes immer lauter. Das Image des Diesels als Schmutzfink hat sich durch den Diesel-Skandal und die hohen NOx-Emissionen im praktischen Fahrbetrieb verschlechtert. Dies erzeugt Unsicherheit beim Autokäufer – und zeigt bereits heute Wirkung. 

"Während der Diesel-Anteil an den gesamten Pkw-Neuzulassungen in Deutschland 2016, also im ersten Jahr nach Bekanntwerden des Diesel-Skandals, 'nur' um knapp Zwei-Prozent-Punkte auf 45,8 Prozent abnahm, setzte sich der Rückgang zu Jahresbeginn 2017 beschleunigt fort", erklärt Eric Heymann, Branchenanalyst bei Deutsche Bank Research, in einem Kommentar zur Zukunft des Diesels. Im ersten Quartal des laufenden Jahres habe der Diesel-Anteil lediglich bei 42,7 gegenüber 47,3 Prozent im ersten Quartal 2016 gelegen. Der Diesel-Anteil sei zuletzt auch in den meisten anderen EU-Staaten gesunken. "Der Bedeutungsverlust ist also kein rein deutsches Phänomen. Festzuhalten ist aber auch, dass die Diesel-Marktanteile schon vor dem Diesel-Skandal leicht zu sinken begannen", so Heymann.

Blickt man weiter in die Zukunft, sieht es für den Diesel nicht besser aus. Die Unternehmensberatung Roland Berger hat eine aktuelle Prognose für den weltweiten Dieselmarkt erstellt. Die Analysten kommen zu dem Schluss, dass der Dieselanteil bis 2025 überall weiter zurückgehen wird. Auch für einstige Dieselhochburgen wie Frankreich (schon von 2012 bis 2016 ein Rückgang von 73 auf 53 Prozent) oder Spanien (von 69 auf 57 Prozent) gelte dies. Ganz zu schweigen von Märkten wie den USA (heute 3 Prozent Dieselanteil) oder dem weltgrößten Automarkt, China (< 1 Prozent), wo der Dieselmotor praktisch nur noch in Lkw zum Einsatz komme.

Gelingt ein Gegensteuern?

Ob und wie schnell der Diesel-Pkw künftig weitere Marktanteile verlieren wird, hängt insbesondere davon ab, ob die Automobilindustrie die Schadstoffproblematik auch im realen Fahrbetrieb glaubhaft zu vertretbaren Kosten in den Griff bekommt. Vor allem die derzeit noch hohen lokalen Stickoxidemissionen sind eine Herausforderung für den Dieselmotor. Bei den CO2-Emissionen hat der Diesel-Pkw dank effizienterer Verbrennung Vorteile gegenüber den Fahrzeugen mit Benzinmotor. 

Hinsichtlich des Kraftstoffverbrauchs ist der moderne Dieselmotor dem Ottomotor überlegen", erklären die Springer-Autoren Peter Steinberg und Dirk Goßlau im Kapitel Kraftstoffverbrauch aus dem Handbuch Verbrennungsmotor

Und das ist der springende Punkt laut DB Research-Analyst Heymann: "Gerade wegen dieser günstigen CO2-Bilanz haben die europäischen Autohersteller in den letzten Jahren stark auf den Diesel gesetzt".

Im Prinzip sollten die Autobauer aber in der Lage sein, technische Lösungen für die Schadstoffproblematik zu entwickeln. Die Springer-Autoren Steinberg und Goßlau schätzen das Verbrauchspotenzial des Dieselmotors auf etwa 15 bis 20 Prozent. Hier seien zielführende Maßnahmen der Einsatz eines Kurbelwellenstartergenerator, Reibleistungsminimierung, die Verbesserung der Gemischbildung und die Optimierung der Aufladung mit weiter steigenden Ladeluftdrücken. Die bis 2050 geforderte CO2-Reduktion – im Vergleich zu 1990 um 80 bis 95 Prozent – lässt sich auch mittels synthetischer Kraftstoffe unterstützen.

Und wie sieht es bei den Stickoxid (NOx)-Emissionen aus? Mit der Einführung der RDE-Tests ab Herbst 2017 wird für den Diesel die Abgasnachbehandlung komplizierter und eine Kombination aus Speicherkat und SCR-System wahrscheinlich obligatorisch, um unter allen Randbedingungen die NOx-Grenzwerte einzuhalten. "E-Kat und SCR sind die Zukunft", ist sich Emissionsexperte Wolfgang Maus im Interview "Fahrzeuge sollten die Luft reinigen können" aus der MTZ 1-2016 sicher.

Abgesang auf die Diesel kommt zu früh

Doch neue Entwicklungen kosten Geld. Analyst Heymann mahnt: "Klar ist aber auch, dass diese Technologien zu höheren Kosten und damit auch zu höheren Anschaffungspreisen für Diesel-Pkw führen werden. Diese zusätzlichen Kosten dürften sich nur für Vielfahrer (schnell genug) amortisieren", so der Analyst. Aus heutiger Sicht spreche daher viel dafür, dass der Diesel-Anteil bei Klein- und Kompaktwagen in jedem Fall weiter sinken werde. Der Grund: Die durchschnittlichen jährlichen Fahrleistungen fielen hier geringer aus als bei Fahrzeugen der automobilen Mittel- und Oberklasse, die häufig gewerblich genutzt oder als Dienstwagen gefahren werden.

Heymanns Fazit: Will die Autoindustrie weiter auf den Diesel setzen, müsse sie die Schadstoffproblematik auch im realen Fahrbetrieb glaubhaft in den Griff bekommen. "Gelingt dies nicht, dürfte der Gesetzgeber die regulatorischen Rahmenbedingungen für Diesel-Autos Schritt für Schritt verschlechtern“, prognostiziert er. Schaffe es die Branche jedoch, saubere Diesel-Pkw zu wirtschaftlich vertretbaren Preisen auf den Markt zu bringen, würden diese Autos für einen großen Teil der Autofahrer solange lukrativ sein, bis alternative Antriebstechnologien aus Sicht des Kunden wettbewerbsfähig seien. "Der aktuelle Abgesang auf die Diesel-Technologie käme dann zu früh", resümiert Heymann.

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