Der Dieselmotor bedient heute nahezu alle Marksegmente – vom kleinsten Stationärmotor mit einem Zylinder über Bau- und Landmaschinen, Pkw und Nfz, Lokomotiven und Boote bis hin zu Schiffen. Im Bild zu sehen ist ein Lkw-Motor.
Eisenhans / Fotolia
Die Dieseltechnik wurde in ihren Anfängen nur für große, ortsfeste oder Schiffs-Dieselmotoren mit kleinen Stückzahlen eingesetzt. Denn ein zusätzlicher Kompressor musste den Kraftstoff aufwendig in den Brennraum blasen. Nach Erfindung des Vorkammer-Verbrennungsverfahrens im frühen 20. Jahrhundert konnten auch kleinere Dieselmotoren gebaut werden, sodass eine weitere Verbreitung des Antriebs vorauszusehen war.
Bosch widmete sich daher seit 1921 der Einspritztechnik. Sechs Jahre später startete das Stuttgarter Unternehmen die Serienproduktion. Nun gab es kein Halten mehr. Neben der Dampfmaschine wurde auch der Ottomotor aus den gewerblich genutzten Fahrzeugen durch den Dieselmotor verdrängt. Die Aufladung mit mechanischen oder mit Abgasturboladern wurde in den dreißiger Jahren zunehmend angewandt. Ab den Fünfzigern ging die Entwicklung der Dieselmotoren kontinuierlich weiter, die Leistung wurde erhöht, die Direkteinspritzung zum Standard bei den größeren Motoren ab Nutzfahrzeuge. Bei den Pkw-Motoren waren die Kammerverfahren bis Mitte der neunziger Jahre üblich. Die elektronische Dieselregelung begann ab 1986 die mechanische Regelung im Pkw und im Nfz abzulösen (BMW, Daimler). Bereits 1987 stellte Fiat für den italienischen Markt den ersten Serien-Dieselmotor mit Direkteinspritzung im Pkw vor. Audi war dann zwei Jahre später der erste mit der Kombination vollelektronisch geregelter mit Abgasturbolader aufgeladener Dieselmotor mit Direkteinspritzung, dem dann in den nächsten Jahren alle Pkw-Dieselmotorenhersteller folgten.
Von der Einspritzung bis zur variablen Ventilsteuerung
Die neunziger Jahre waren das Jahrzehnt der Einspritzsysteme: Drucksteigerungen bis 2000 bar, Mehrfacheinspritzungen und präzise Regelung des Einspritzzeitpunktes waren die Herausforderungen. Pumpe-Düse, Pumpe-Leitung-Düse, Hochdruckverteilerpumpe VP 44, Hubschieberpumpe für Nfz und Common-Rail-Systeme gingen in Serie, nur das Speicher-System überlebte letztlich. Auch die variable Turbinengeometrie und die Abgasrückführung starteten ihren Siegeszug in den neunziger Jahren.
Der Katalysator zur Oxidation der Kohlenmonoxid- und Kohlenwasserstoff-Emissionen wurde 1990 für den Diesel-Pkw eingeführt, zehn Jahre später der Diesel-Partikelfilter in PSA-Fahrzeugen. Es dauerte dann noch drei bis vier Jahre bis alle neuen Pkw-Dieselfahrzeuge mit einem verbesserten Filtersystem ausgestattet wurden. Danach folgte die Fokussierung auf die Nachbehandlung der Stickstoffoxide, sie war von den Benzinmotoren mit Ladungsschichtung (Magerbetrieb) teilweise schon bekannt (NOx-Speicherkatalysator, NSC). Die ersten SCR-Systeme mit AdBlue als "Ammoniakträger" zur chemischen Reduzierung der Stickstoffoxide zu Stickstoff und Wasser wurden beginnend ab etwa 2005 in Nutzfahrzeugen und später auch in größeren Pkw eingesetzt. Das SCR gilt heute, auch in Kombination mit dem NSC, als die effizienteste Methode, den Ausstoß von NOx signifikant zu reduzieren.
Die vom Ottomotor her seit langem bekannte variable Ventilsteuerung hat inzwischen auch beim Dieselmotor für Pkw und Nfz Einzug gehalten – zur Optimierung des Thermomanagements für die Abgasnachbehandlung. Zweistufige Aufladung, mit bis zu vier Abgasturboladern, sowie Hoch- und Niederdruck-Abgasrückführung führen zu hohen spezifischen Leistungen bis 100kW/l (Pkw) und verringern die Schadstoffemissionen.
Der Diesel in der Kritik
Der Dieselmotor bedient heute nahezu alle Marksegmente – vom kleinsten Stationärmotor mit einem Zylinder über Bau- und Landmaschinen, Pkw und Nfz, Lokomotiven, Boote und Schiffe bis hin zu 20 Zylindern als Viertaktmotor und 14 Zylinder als langsamlaufende Zweitaktmotoren für Containerschiffe und Tanker. Der Leistungsbereich reicht von etwa 1 kW bis 100 MW.
Trotz dieser hochentwickelten Technik steht der Dieselmotor, insbesondere als Pkw-Antrieb in der Kritik wie nie zuvor. Während er vor mehr als 100 Jahren als Lösung für die damals noch viel schlechtere Luftqualität gesehen wurde, wird ihm heute genau das Gegenteil vorgeworfen. Dabei gilt festzuhalten, dass die Partikelproblematik durch den Partikelfilter gelöst ist und die Feinstaubbelastungen eher ein Thema der Verkehrsdichte und nicht des Antriebs sind. Die Stickstoffoxidemissionen können auf unkritische Werte, selbst im realen Fahrbetrieb, reduziert werden, wenn die vorhandenen Reinigungssysteme konsequent angewandt werden. Dafür gibt es gute Beispiele am Markt. Die Marktdurchdringung von Fahrzeugen mit sauberen Dieselmotoren verläuft allerdings langsam und wird durch die aktuelle Diskussion über massive Fahreinschränkungen für Dieselfahrzeuge auch nicht beschleunigt. Die bis 2050 geforderte etwa 80- bis 90-prozentige CO2-Reduktion kann mittels synthetischer Kraftstoffe unterstützt werden – zum Beispiel auf der Basis von Wasserstoff, gewonnen über Elektrolyse aus überschüssiger elektrischer Energie von Photovoltaik-oder Windkraftanlagen. Allerdings stehen diese Kraftstoffe derzeit weder in ausreichenden Mengen noch wirtschaftlich zur Verfügung. Aufgrund des breiten Anwendungsbereiches des Dieselmotors wird dieser uns weltweit noch Jahrzehnte hilfreiche Dienste leisten.
Der erste Teil des historischen Überblicks "120 Jahre Diesel" reicht von den Anfängen des Antriebs bis zur Erfindung des Vorkammer-Verbrennungsverfahrens.