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02.08.2017 | Dieselmotor | Schwerpunkt | Online-Artikel

Fünf Herausforderungen für den Dieselmotor

verfasst von: Christiane Köllner

6 Min. Lesedauer

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Mal Schmutzfink, mal CO2-Wunder: Der Dieselmotor polarisiert. Derzeit ist er aus vielen Gründen in der Defensive. Abschreiben sollte man ihn aber nicht. Denn im Selbstzünder steckt noch Potenzial.

Die Automobilbranche steht aktuell stark unter Druck: Heute lädt Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt zum ersten Treffen des "Nationalen Forums Diesel" ein. Mit dabei sind Bundesumweltministerin Barbara Hendricks und weitere fachbezogene Ministerien, Entscheidungsträger der Länder und Vertreter der Automobilindustrie. Die Teilnehmer werden über manipulierte Abgaswerte und Kartellvorwürfe diskutieren.

Der Diesel-Gipfel findet vor dem Hintergrund zunehmenden Drucks auf den Verbrennungsmotor statt: Norwegen will bis 2025 keine Autos mit Verbrennungsmotoren mehr zulassen. Ab 2035 sollen in den Niederlanden nur noch elektrische, lokal emissionsfreie Neuwagen verkauft werden. In Schweden verabschiedet sich der Autohersteller Volvo vom reinen Verbrennungsmotor und will bereits ab 2019 neue Modelle nur noch mit Elektromotor bringen.

Auch China macht Ernst mit Elektroautos: Die Chinesen wollen ab 2018 eine Elektroauto-Quote bei Neuwagen einführen. Die Regierung in London hat jüngst bekannt gegeben, ein Verkaufsverbot von Autos mit Diesel- oder Benzinmotoren ab 2040 zu planen. Paris hat zuvor Ähnliches beschlossen.

So verwundert es nicht, dass vor allem die Beliebtheit von Diesel-Pkw sinkt. Die Diesel-Verkaufszahlen in Deutschland sind rückläufig – nicht zuletzt wegen drohender Fahrverbote in Städten wie etwa in Stuttgart. Dabei steckt im Selbstzünder noch Potenzial für weitere technische Optimierung, die ihn effizienter und sauberer machen könnten. Wir skizzieren die fünf zentralen Herausforderungen, denen sich der Dieselmotor stellen muss: 

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Grundlagen des Dieselmotors

Der Dieselmotor ist ein Selbstzündungsmotor mit innerer Gemischbildung. Die für die Verbrennung benötigte Luft wird im Brennraum hoch verdichtet. Dabei entstehen hohe Temperaturen, bei denen sich der eingespritzte Dieselkraftstoff selbst ent …


1. Effizienz
Bis 2050 will Deutschland seinen CO2-Ausstoß im Vergleich zu 1990 um 80 bis 95 Prozent verringern. Den Kraftstoffverbrauch zu senken – und damit auch das Klimagas CO2 – gelingt dem Diesel besser als dem Benziner. In Summe aus Wirkungsgrad, Energie- und Kohlenstoffgehalt im Kraftstoff ergibt sich ein CO2-Vorteil für Dieselmotoren von circa 20 Prozent. Um die künftig strengeren Auflagen zu erreichen, muss noch weiter an der Effizienz des Diesels gearbeitet werden. 

Mit dem Renault Scénic oder dem Grand Scénic Hybrid Assist setzt ein OEM nun erstmals bei einem Diesel ein Mildhybridsystem auf 48-V-Basis serienmäßig ein. Mit dem von Continental zugelieferten Riemenstartergenerator sollen sich deutliche Effizienzvorteile erzielen lassen. "Im C-Segment, also bei einem Fahrzeug der Kompaktklasse, erreichen wir im NEFZ etwa 13 Prozent Kraftstoffeinsparung – je nach Fahrzeug etwas weniger oder sogar etwas mehr", erklärt Dr. Oliver Maiwald, Senior Vice President Technology & Innovation bei Continental, im Interview "Mit 48 V lassen sich in Zukunft sogar Kosten sparen" aus der MTZ 2-2017.  Im WLTP liege der Vorteil etwa um den Faktor zwei niedriger, also bei circa 6 bis 7 Prozent bei einem modernen Fahrzeug. Wenn jedoch RDE und Realverbräuche ins Spiel kämen, lasse sich nachweisen, dass mit einem solchen System noch viel mehr Kraftstoff eingespart werden kann. Mit unterschiedlichen Fahrern habe man bis zu 21 Prozent nachweisen können. "Bei den Möglichkeiten mit 48 V sind wir definitiv noch nicht am Ende", so Maiwald. 

2. Realemissionen
Ab Herbst 2017 wird die Einhaltung der Emissionsgrenzwerte im realen Fahrbetrieb (RDE-Tests) auf der Straße überprüft. Mit RDE wird für den Diesel die Abgasnachbehandlung komplizierter und eine Kombination aus Speicherkat und SCR-System wahrscheinlich obligatorisch, um unter allen Randbedingungen die Stickoxid (NOx)-Grenzwerte einzuhalten. 

E-Kat und SCR sind die Zukunft", ist sich Emissionsexperte Wolfgang Maus im Interview "Fahrzeuge sollten die Luft reinigen können" aus der MTZ 1-2016 sicher.

Im Artikel Funktionsentwicklung für RDE bei Dieselmotoren aus der MTZ 3-2017 untersucht Ford indes die Herausforderungen sowie Lösungsansätze aus dem Bereich der Funktionsentwicklung. Dabei haben die Ford-Ingenieure zunächst die Luftpfad- und Drehmomentenregelung betrachtet, da diese Funktionsgruppe eine wichtige Rolle bei der Koordination der bekannten Zielkonflikte zwischen Rohemissionsabsenkung und optimaler Abgasnachbehandlungsfunktion spielt.

3. Kosten
Stickoxide sind derzeit die größte Herausforderung des Dieselmotors. Saubere Dieselmotoren sind zwar technisch möglich – auch unter RDE-Bedingungen – aber die Entwicklungskosten für eine verbesserte Abgasreinigung machen ihn immer teurer. Professor Dr. Helmut Tschöke von der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg gab sich auf dem Internationalen Forum Abgas- und Partikelemissionen 2016 aber zuversichtlich: "Die Kosten sind jetzt sicherlich kritisch, aber das muss nicht nachhaltig sein. Wir müssen die Herausforderung annehmen."

Abgasnachbehandlungssysteme treiben aber nicht nur die Systemkosten in die Höhe, sondern verringern auch den dieselmotortypischen Wirkungsgrad. Um die Attraktivität des Dieselmotors zu erhalten, setzen Wissenschaftler der TU Dresden auf innermotorische Maßnahmen zur Schadstoffreduktion. Neben den aktuell in Serien eingesetzten Technologien – wie der Abgasrückführung – ist für sie die Wassereinspritzung eine mögliche Alternative. Sie haben den Einfluss einer direkten Wassereinspritzung mit einem separaten Wasserinjektor auf die Verbrennung und die Emissionsbildung untersucht. Das Ergebnis: Die direkte Wassereinspritzung sei eine wirkungsvolle Methode zur Stickoxidreduktion.

4. Neue Kraftstoffe
Die bis 2050 geforderte CO2-Reduktion lässt sich auch mittels synthetischer Kraftstoffe unterstützen – zum Beispiel auf der Basis von Wasserstoff, gewonnen über Elektrolyse aus überschüssiger elektrischer Energie von Photovoltaik-oder Windkraftanlagen, erklärt Helmut Tschöke im Online-Artikel 120 Jahre Diesel: Von der Einspritzung bis zur Krise. So lässt sich Diesel auch aus Wasser, CO2 und Ökostrom herstellen. Audi hat das mit seiner Forschungsanlage in Dresden, die den sogenannten synthetischen Audi e-Diesel produziert, gezeigt. Oxymethylenether als potenziell CO2-neutraler Kraftstoff für saubere Dieselmotoren haben indes Eberhard Jacob und Wolfgang Maus untersucht. Ihr Artikel aus der MTZ 3-2017 beschreibt die Kriterien, die OME3-6 dabei erfüllen muss, um als potenziell nachhaltiger Dieselkraftstoff der Zukunft zu dienen. Allerdings stehen synthetische Kraftstoffe derzeit weder in ausreichenden Mengen noch wirtschaftlich zur Verfügung.

Linda Witzke untersucht hingegen in ihrer Dissertation regenerative Kraftstoffe und geht der Frage nach, inwiefern kohlenhydratbasierte Biomasse als Rohstoff zur Herstellung alternativer Dieselkraftstoffe genutzt werden kann. Die Analyse zeigt, dass diese alternativen Dieselkraftstoffe vorteilhafte Zündeigenschaften aufweisen. Allerdings erreichen sie wie synthetischen Kraftstoffe derzeit keine ökonomische Konkurrenzfähigkeit im Vergleich zu fossilen Dieselkraftstoffen.

5. Image und Kundenakzeptanz
Die VW-Abgasaffäre, drohende Fahrverbote und die wiederkehrende Diskussion über die Abschaffung des Dieselsteuerprivilegs machen die Marktdurchdringung von Fahrzeugen mit sauberen Dieselmotoren schwerer. 

Absatz- und Neuzulassungsstatistik reagieren derzeit schon deutlich", sagt Erik Gawel vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)/Universität Leipzig im kurzen Kommentar Politik in der Zwickmühle aus der Zeitschrift Wirtschaftsdienst 3-2017

Dazu kommt häufig der Ärger im Alltag mit Adblue. Das Harnstoff-Wasser-Gemisch reinigt die Abgase von Diesel-Fahrzeugen. Das Nachtanken ist aber oft schwierig. An Adblue-Zapfsäulen dürfen Pkw oftmals nicht betankt werden, da fast alle den Lkw vorbehalten sind. Aber auch in Kanistern und Flaschen verkaufen nicht alle Tankstellen Adblue. So bleibt häufig nur die Möglichkeit, AdBlue in der Werkstatt nachfüllen zu lassen. Und das ist teuer.

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