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20.02.2018 | Dieselmotor | Fragen + Antworten | Online-Artikel

Fragen und Antworten zur Fahrverbots-Entscheidung

verfasst von: Christiane Köllner

5 Min. Lesedauer

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Das Bundesverwaltungsgericht prüft, ob Diesel-Fahrverbote zulässig sind, damit die Luft in deutschen Städten sauberer wird. Was Sie über den Gerichtsentscheid wissen müssen, haben wir für Sie zusammengefasst.

Millionen von Dieselfahrern werden am Donnerstag nach Leipzig schauen. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet am 22. Februar 2018, ob Fahrverbote auf Grundlage deutschen Rechtes möglich sind. Hintergrund sind die in rund 70 Städten nicht eingehaltenen Schadstoff-Grenzwerte. Diesel-Fahrzeuge gelten als Hauptverursacher der Stickoxide. Sie machen nach Angaben des Umweltbundesamtes in der Stadt über 60 Prozent der Stickstoffoxidemissionen des Verkehrs aus. Anlässlich der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts haben wir für Sie die wichtigsten Fragen und Antworten rund um das Thema Diesel-Fahrverbote zusammengestellt. 

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Um was geht es konkret am 22. Februar 2018 vor dem Bundesverwaltungsgericht?

Prüfgegenstand des Verfahrens sind die Luftreinhaltepläne von Düsseldorf und Stuttgart. Die zuständigen Verwaltungsgerichte hatten nach einer Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) die Behörden verpflichtet, ihre Pläne so zu verschärfen, dass Grenzwerte möglichst schnell eingehalten werden. Das Gericht wird darüber entscheiden, ob Fahrverbote auf Grundlage des geltenden Rechts überhaupt zulässig sind und ob diese Städte Fahrverbote in ihre Luftreinhaltepläne aufnehmen müssen, um so die Grenzwerte für Stickoxid einzuhalten. Das Bundesverwaltungsgericht wird aber nicht selbst Fahrverbote anordnen. 

Wenn das Bundesverwaltungsgericht entscheidet, dass Fahrverbote zulässig sind und als Maßnahme in die Luftreinhaltepläne der Städte Düsseldorf und Stuttgart aufgenommen werden müssen, wird das auch Auswirkungen auf jene Kommunen haben, deren bisher ergriffene Maßnahmen ebenfalls nicht geeignet sind, um die Grenzwerte für gesundheitsschädliches Stickoxid einzuhalten, und die sich Klagen und Rechtsverfahren der DUH ausgesetzt sehen.

#Update vom 22.02.2018: Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat die Entscheidung, ob Fahrverbote auf Grundlage deutschen Rechtes möglich sind, auf Dienstag, 27. Februar, vertagt. 

Stimmt das Gericht zu, wie geht es dann weiter?  

Wenn Fahrverbote für Dieselfahrzeuge nach geltendem Recht zulässig sind, müssen sie – soweit die Immissionsgrenzwerte nicht bereits mit anderen Maßnahmen eingehalten werden können – als eine Option bei der Luftreinhalteplanung berücksichtigt werden, erklärt der ACE Auto Club Europa. Das heißt, zunächst müssten die betroffenen Kommunen ihre Luftreinhaltepläne überarbeiten und das Fahrverbot als eine mögliche Maßnahme aufnehmen. Dies könne laut ACE bis zu einem Jahr dauern. Denn die Kommunen müssten eine Änderung beziehungsweise Fortschreibung des Luftreinhalteplans mit der nächsthöheren Verwaltungsebene abstimmen. Sei dies erfolgt, werde der überarbeitete Luftreinhalteplan im Amtsblatt veröffentlicht. Damit werde eine sechswöchige Einspruchsfrist gewährt und erst danach könnte die Umsetzung der Maßnahmen erfolgen. Aus Sicht des ACE wäre dabei eine Bürgerbeteiligung wünschenswert.

Grundsätzlich handelt es sich bei der Luftreinhaltemaßnahme "Fahrverbot" um eine Einzelfallentscheidung. Jede Kommune wird für sich im Rahmen der Verhältnismäßigkeit entscheiden, ob und in welchem Umfang (zeitlich, flächenmäßig) sie Fahrverbote verhängt.

Kommt die Blaue Plakette?

Falls das Gericht Fahrverbote für zulässig erklärt, wird es wahrscheinlich eine politische Debatte über die Einführung einer Blauen Plakette geben. "Ich sehe dann keine Alternative zur 'Blauen Plakette'", erklärte auch Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, der Deutschen Presse-Agentur. Umweltverbände, aber auch Länder fordern diese seit Längerem. Damit wären Unterscheidungen möglich und es käme nicht zu pauschalen Fahrverboten. Die Plakette würden moderne Wagen mit der Abgasnorm Euro 6 bekommen, sie wären von Fahrverboten ausgenommen. Die Bundesregierung lehnt eine blaue Plakette bisher ab. Allerdings auch viele Autobesitzer – insgesamt 32 Prozent der Deutschen. Vor allem bei Landbewohnern ist die Plakette unbeliebt. "Industriepolitisch wäre es klug, das zu machen, weil dann getrennt werden könnte zwischen neuer Technik und alten Diesel-Autos. Und nur wenn man unterscheiden kann, kann man auch vernünftig mit einem möglichen Fahrverbot umgehen", so Dedy. Bisher gehe das nicht.

Welche Fahrzeuge würden die Fahrverbote konkret treffen?

Von den Fahrverboten für Dieselfahrzeuge würden, je nach Umsetzung in den einzelnen Kommunen, laut ACE deutschlandweit neben den Pkw der Euro-Norm 6:

  • knapp sechs Millionen Diesel-Pkw Euro-Norm 5,
  • 3,5 Millionen Diesel-Pkw Euro-Norm 4,
  • etwa 2,3 Millionen Diesel-Pkw Euro-Norm 3 und älter betroffen sein.

Wie sinnvoll ist eine Umrüstung?

Als Halter eines Pkw mit einer bestätigten "Manipulationssoftware" ist man zunächst selbst verantwortlich dafür, dass eine Software-Nachrüstung erfolgt. Ob darüber hinaus eine Hardware-Nachrüstung für ältere Diesel in der Bestandsflotte kommt, wird sich aller Voraussicht nach in den kommenden Wochen entscheiden. Unter anderem ist dies erneut auf politischer Ebene in der Diskussion.

Technisch wäre eine Hardware-Nachrüstung ab Euro-Norm 4, teilweise sogar bei noch niedrigeren Emissionsklassen, möglich, heißt es beim ACE. Allerdings mit welchem Aufwand und zu welchen Kosten? Dieser Frage geht Patrick Schäfer in seinem Fokus-Artikel Streitpunkt SCR-Kat-Nachrüstung beim Dieselfahrzeug nach. Branchenexperten zeigen sich skeptisch, was einen Eingriff in die Hardware betrifft, betont auch Angelina Hofacker im Report Die Zukunft des Verbrennungsmotors – Jetzt mal zur Sache aus der MTZ 9/2017. Die Applikation eines Motors sei eine sensible Aufgabe, die Systeme präzise aufeinander abgestimmt. Nicht geklärt ist weiterhin, wer für eine Hardware-Nachrüstung die Kosten tragen muss. Zuletzt empfahl eine Expertenkommission des Verkehrsministeriums, dafür auch Steuermittel aufzuwenden.

Was tut die Politik, um "saubere" Mobilität zu fördern?

Die Politik will Fahrverbote unbedingt vermeiden. Der Koalitionsvertrag von Union und SPD sieht unter anderem ein Milliardenprogramm "Saubere Luft" für Kommunen vor. Dabei geht es etwa um eine bessere Taktung des ÖPNV oder die Umrüstung von Bussen und Taxen. Jüngste Idee der Bundesregierung ist das Testen eines kostenlosen Nahverkehrs in Städten. Die Idee: Sind Bus- und Bahnfahrten kostenlos, lassen mehr Menschen ihr Auto stehen. Damit soll sich die Luft in den Innenstädten verbessern. Bei diesem Vorschlag handelt es sich um eine von mehreren Optionen, mit denen die Regierung Vorwürfe der EU-Kommission entkräften will, Deutschland tue zu wenig für die Luftreinhaltung in übermäßig von Schadstoffen belasteten Städten. Damit will Deutschland eine Klage der EU-Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof verhindern. Kritiker bemängeln die schwierige Umsetzung und die hohen Kosten.

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