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26.01.2021 | Digital Leadership | Interview | Online-Artikel

"Im Video-Meeting sollte die Kamera angestellt sein"

verfasst von: Andrea Amerland

3:30 Min. Lesedauer

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Interviewt wurde:
Andrea Heitmann

ist Trainerin und Coach für Kommunikation und digitale Rhetorik sowie Expertin für Körpersprache und Auftrittskompetenz.

Homeoffice, virtuelle Teams und digitale Tools stellen Organisationen vor Probleme. Insbesondere für Führungskräfte ist die Arbeitssituation in der Pandemie eine Herausforderung. Wie digitale Rhetorik beim Führen auf Distanz hilft, erklärt Andrea Heitmann.

Springer Professional: Viele Führungskräfte denken, Führung im Homeoffice sei eine Frage der Tools. Doch welche Schwierigkeiten entstehen bei virtueller Führung?  

Andrea Heitmann: Führung über Video-Tools stößt im menschlichen Miteinander an ihre Grenzen. Wer digitale Rhetorik versteht, kann zwar auch Online ein Miteinander fördern und den Team-Spirit aufrechterhalten. Das direkte menschliche Miteinander ist aber schwer zu ersetzen. Dabei geht es um die sozialen Details: Die gemeinsame Fünf-Minuten-Kaffeepause oder den Small-Talk in der Kantine. Gefühle, Mimik, Gestik und Haltung unseres Gegenübers im Video-Call zu erspüren, fällt schwer. Führungskräfte wissen nicht gleich, wie der Mitarbeitende die neue Aufgabe aufgenommen hat oder ob unbewusst etwas im Arbeitnehmer ausgelöst wurde, was auch nach dem Online-Meeting nachklingt. Im Büro können Führungskräfte das Mitarbeiterbefinden eher erspüren.

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Wie sollten Personalverantwortliche Führung auf Distanz vor diesem Hintergrund gestalten?

Führungskräfte klagen oft, dass ihr Team im Homeoffice nicht mehr so gut arbeitet, wie im Büro. Die Beschäftigten hingegen monieren, dass sie im Homeoffice mehr arbeiten und ihnen Ausgleich fehlt. Aus unserer Erfahrung sind Mitarbeitende produktiver, wenn sie das Vertrauen ihres Arbeitgebers spüren. Das belegen auch zahlreiche Studien. Es ist Führungsaufgabe, dies über die Distanz zu vermitteln und die Zusammenarbeit zu stärken. Das wirkt sich nicht nur auf die Einzel-, sondern die gesamte Teamperformance aus. Die einfachste Möglichkeit, um das Wir-Gefühl über Distanz mit dem Team herzustellen, sind Video-Meetings. Nur dann wird jeder gesehen und gehört. Allerdings brauchen Online-Meetings für diesen Zweck eine gründlichere Vorbereitung.

Trotz zahlreicher Calls bemängeln Arbeitnehmer im Homeoffice häufig die schlechte Kommunikation. Worauf müssen Führungskräfte achten?

Wer sich mit den Eigenschaften digitaler Rhetorik beschäftigt und die Regeln digitaler Interaktion versteht, ist bei der Führung virtueller Teams auf einem guten Weg. Nach der technischen Vorbereitung für alle Beteiligten, geht es um deren proaktive Einbindung. Diese kann über die gemeinsame Gestaltung und Priorisierung der Meeting-Agenda erfolgen. Sinnvoll ist auch, sich mehr Zeit für soziale Gespräche zu nehmen, um als Führungskraft Interesse an den Menschen zu zeigen. Zudem sollte es klare Meeting-Regeln geben: Die Kamera muss angestellt sein, wer etwas sagen möchte, hebt die Hand und Fragen werden in den Chat geschrieben.

Um das Befinden des Einzelnen zu erspüren, können Führungskräfte diese einmal die Woche in einem "Weekly One to One" ansprechen. Auch kurze Daily Team-Stand-ups sind hilfreich, bei denen jeder knapp erklärt, wo er steht und was er an Input benötigt. Diese Meetings kosten Zeit, sind aber eine Investition in die Team- und Arbeitsleistung.

Wie kann die soziale Interaktion in Teams trotz Homeoffice gefördert werden?

Hilfreich in Online-Meetings ist es, Rollen zu verteilen, die regelmäßig wechseln: Moderator, Protokollant, Zeit-Wächter, Spaßwart – hier sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Andererseits sollten Erfolgserlebnisse gefeiert werden. Auch eine digitale Mittagspause mit dem Team bringt sozialen Austausch. Die Regel: Jeder erzählt nur von positiven Ereignissen. Oder Freitagnachmittags ein 45-minütiges Celebrations-Meeting, in dem alle ihre Erfolge der Woche miteinander teilen. So gehen alle mit einem positiven Gefühl ins Wochenende.

Low Performer werden im Homeoffice quasi unsichtbar. Wie kann der Teamleiter da gegensteuern?

Da heißt es, schnell zu handeln. Denn vielleicht kommt der Mitarbeitende nur mit den Gegebenheiten im Homeoffice schlecht zurecht. Ein klärendes Gespräch darüber, was die Person benötigt, damit sich die Performance steigert, wirkt meist Wunder. Für gewisse Zeit können ein- bis zweimal täglich kurze fünf-minütige Calls geführt werden. Unterstützend und motivierend, weniger kontrollierend. Hilfreich ist auch, Aufgaben und Rollen im Team zu wechseln, so dass jeder mal etwas anderes macht – falls möglich. Ändert sich die schwache Performance nicht, wie im Büro: Mitarbeitergespräch mit Gesprächsprotokoll, klaren Erwartungen und klaren Konsequenzen.

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