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Erschienen in: Wirtschaftsinformatik & Management 1/2021

Open Access 15.12.2020 | Spektrum

Digital und/oder analog? Zusammenarbeit am Arbeitsplatz aus der Perspektive österreichischer Unternehmen

verfasst von: Ass.-Prof. Dr. Romana Rauter, Anita Lerch, BSc MSc, Mag. Thomas Lederer-Hutsteiner, Dr. Sabine Klinger, MA, Mag. Dr. Andrea Mayr, Mag. Dr. Robert Gutounig, Assoc.-Prof. Dr. Viktoria Pammer-Schindler

Erschienen in: Wirtschaftsinformatik & Management | Ausgabe 1/2021

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Digitalisierung ist nahezu omnipräsent und der Einsatz unterschiedlicher digitaler Medien und Social Collaboration Tools unterstützt die Zusammenarbeit am Arbeitsplatz. Der vorliegende Artikel gibt Einblick in eine Fragebogenstudie mit 92 Führungskräften aus dem For-Profit-Bereich österreichischer Unternehmen. Es zeigt sich, dass Digitalisierung in mehr als der Hälfte der Betriebe auf der strategischen Ebene angekommen ist. Auf individueller Ebene geht die Digitalisierung noch weiter, sodass davon ausgegangen wird, dass ein Großteil der Arbeitnehmer_innen mit digitalen Technologien arbeitet und arbeiten kann. Fehlende Kompetenzen werden also nicht als signifikantes Hemmnis zur Digitalisierung gesehen. Interessant ist auch, dass eine Steigerung der Innovationskraft zumeist nicht als Grund für die Digitalisierung genannt wird. Eine mögliche Interpretation ist, dass Digitalisierung bereits die Ebene der Notwendigkeit erreicht hat und daher eben nicht mehr zur Herstellung von Alleinstellungsmerkmalen geeignet ist. Es gibt die allgemeine Erwartungshaltung, dass Digitalisierung noch weiter voranschreiten wird, wobei fehlende Datensicherheit als Risiko eingestuft wird. Besonders hervorzuheben ist im Rahmen dieser Studie, dass dies eben auch für nicht unmittelbar wissensintensive Unternehmen der Fall ist.
Kernthesen
  • Kernthese 1: Die Bedeutung von Digitalisierung bildet sich zunehmend auch in der Unternehmensstrategie ab.
  • Kernthese 2: Die Zusammenarbeit am Arbeitsplatz erfolgt überwiegend digital.
  • Kernthese 3: Führungskräfte haben sowohl Risiken als auch Potenziale im Blick.
Die Bedeutung von Digitalisierung für unsere Gesellschaft steht außer Frage, allerdings lohnt sich eine vertiefte Betrachtung, da Einsatz- und Anwendungsbereiche variieren und es „die Digitalisierung“ ohnehin nicht gibt. Industrie 4.0 ist ein konkreter Anwendungsbereich im Wirtschaftskontext. Ein weiterer Anwendungsbereich ist der Arbeitsplatz, der zunehmend auch zu einem „digitalen Arbeitsplatz“ (Arbeit 4.0) wird, an dem vermehrt digitale Lösungen zum Einsatz kommen, welche Arbeitsabläufe erleichtern und effizienter gestalten oder auch zu überhaupt neuen Formen der betrieblichen Zusammenarbeit führen können und sollen [13]. Obgleich auch dieser Anwendungsbereich omnipräsent zu sein scheint, fasst er doch ein breites Themenspektrum und bietet Raum für empirische Forschungsbeiträge, insbesondere für solche, welche nicht aus unmittelbar wissensintensiven Branchen stammen. Die Interaktionen am Arbeitsplatz, welche zunehmend durch digitale Technologien unterstützt werden, verstehen wir als betriebliche Zusammenarbeit. Abhängig vom Intensitätsgrad der sozialen Interaktion können drei zentrale Prozesse unterschieden werden: 1) Kommunikation, beispielsweise unterstützt durch E‑Mail und Chats, 2) Koordination, beispielsweise unterstützt durch Gruppenterminkalender oder Social Networking, 3) Kollaboration, beispielsweise unterstützt durch Gruppeneditoren oder Wikis [4, 5]. Digitale Technologien umfassen in unserer Studie demnach digitale Tools, digitale Medien und auch Social Collaboration Tools.
Um die Digitalisierung der Zusammenarbeit in Unternehmen erfolgreich und nachhaltig implementieren zu können, ist eine entsprechend strategische Positionierung erforderlich. Gemäß dem Digital Maturity & Transformation Report 2017 [6] ist das Thema Digitalisierung allerdings in nur rund einem Fünftel der untersuchten Unternehmen (n = 622) fest und umfassend in der Unternehmensstrategie verankert; und nur rund 11 % der Befragten geben an, digitale Technologien zur Unterstützung der Zusammenarbeit im Unternehmen in einem umfassenden Maße zu nutzen. Dies mag überraschend klingen, obgleich es doch in diesem Bereich Entwicklungen, wie zunehmende Konvergenz von Kommunikationsmedien, Internet-of-Things oder Cloud Computing, gibt, welche auch Einfluss auf den digitalen Arbeitsplatz bzw. die Digitalisierung der Zusammenarbeit nehmen [7]. Die raschen Entwicklungen in all diesen Bereichen innerhalb der letzten ein bis zwei Jahrzehnte setzen Unternehmen teilweise auch unter Druck, und nicht selten lässt sich so ein Konflikt zwischen der langfristigen Geschäftsstrategie und der Notwendigkeit, auf kurzfristigen Wandel zu reagieren, beobachten [1].

Aus welchen Motiven heraus wird in Unternehmen Digitalisierung vorangetrieben?

Der Deloitte-Bericht Digitalisierung im Mittelstand [8] sieht als zentrale Treiber der Digitalisierung den Wunsch nach einer Verbesserung der Arbeitsprozesse, Kostenoptimierung, Anforderungen von Kund_innen sowie Reaktionen auf Marktveränderungen und Anforderungen der Politik. Weitere Vorteile, die man sich aufseiten der Unternehmen (organisationale Ebene) erwartet, sind Zeitersparnis [9], die Verbesserung von Produkten bzw. Services, Geschäftsprozessen und Kund_innenbeziehungen [10]. Ebenso werden Chancen insbesondere in den Bereichen der Informationsverbreitung, der Zusammenarbeit, der Innovation, der Weiterbildung, des Wissensmanagements sowie ganz allgemein bei Management- und Problemlösungsprozessen erwartet. Gemäß der Deutschen Social Collaboration Studie 2018 [11] verfolgt ein Großteil der dabei befragten 1418 Führungskräfte mit der Einführung von digitalen Technologien das Ziel, die Innovationskraft des Unternehmens zu steigern. Weitere relevante Gründe sind die Verbesserung der Unternehmenskultur, das Erzielen von Kosteneinsparungen sowie die Erhöhung der Mitarbeiter_innenbindung.
Als Risiken bzw. Herausforderungen werden hingegen Sicherheits- bzw. Datenschutzaspekte [8], Widerstände vonseiten der Mitarbeiter_innen betreffend die Nutzung sowie missbräuchliche Verwendung der digitalen Technologien gesehen [12]. Auch auf der individuellen Ebene der Mitarbeiter_innen zeigen sich Auswirkungen: Es wird hier von Entgrenzung, laufender Erreichbarkeit sowie gestiegenem Leistungsdruck und höherer Arbeitsintensität gesprochen [9]. Es bestünde wohl auch eine verstärkte Notwendigkeit zur Weiterentwicklung der Mitarbeiter_innen sowie eine erhöhte Anforderung Multitaskingfähigkeiten betreffend [13].
Diese Themen waren im Fokus einer Studie, welche im folgenden Abschnitt kurz erklärt wird. In den darauffolgenden Abschnitten werden die Ergebnisse präsentiert und abschließend kurz diskutiert.

Design: Mit welchen Methoden wurden die Daten erhoben?

Im Rahmen eines in Österreich durchgeführten Forschungsprojektes wurde eine Fragebogenerhebung in steirischen Betrieben durchgeführt, welcher ein Branchenmix zugrunde liegt. Mittels standardisiertem Telefoninterview wurden im Frühjahr 2019 in Summe n = 179 Führungskräfte zum Stellenwert der Digitalisierung und entsprechender Prozesse im Rahmen der Zusammenarbeit am Arbeitsplatz befragt. Dabei wurde beispielsweise erhoben, welche digitalen Technologien zum Einsatz kommen, aus welchen Überlegungen diese zum Einsatz kommen und welcher Nutzen sich für Unternehmen dadurch ergibt, welche Aspekte die Implementierung hemmen, wie die Kompetenz und Akzeptanz dieser Technologien unter Mitarbeiter_innen eingeschätzt wird sowie welche betrieblichen Veränderungen durch deren Einsatz zu beobachten sind.
In dem vorliegenden Beitrag werden ausgewählte Ergebnisse in Bezug auf die Teilstichprobe der Unternehmen aus dem Bereich „Industrie und Wirtschaft“ (n = 92) dargestellt. Die Mehrheit der teilnehmenden Unternehmen kann der Branche „Herstellung von Waren“ (66,3 %) zugeordnet werden. Freiberufliche, wissenschaftliche und/oder technische Dienstleistungen erbringen 14,1 % der Unternehmen. Die verbleibenden rund 20 % teilen sich auf die Branchen Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen (7,6 %), Information und Kommunikation (6,5 %), Wasserversorgung, Abwasser- und Abfallentsorgung und Beseitigung von Umweltverschmutzungen (3,3 %) sowie Energieversorgung (2,2 %) auf. Mit Blick auf die Unternehmensgröße nach Mitarbeiter_innenzahl sind 37 % der teilnehmenden Betriebe Kleinunternehmen und je 31,5 % mittelgroße oder große Unternehmen.
Bei den teilnehmenden Führungspersonen liegt der Anteil der Geschäftsführungsmitglieder und der IT-Leiter_innen bei je 27,2 %. Weitere 34,8 % der Befragten haben eine Leitungsfunktion außerhalb des IT-Bereichs oder der Geschäftsführung, z. B. im Marketing oder im technischen Bereich. Die übrigen 10,9 % der Teilnehmenden ordnen sich weder der Geschäftsführung zu noch geben sie an, eine Leitungsfunktion innezuhaben.

Ergebnisse

Im Folgenden werden die Ergebnisse anhand von formulierten Leitfragen beschrieben.

Inwiefern ist Digitalisierung Teil der Unternehmensstrategie?

Rund 62 % der befragten Betriebe (siehe Abb. 1) bezeichnen das Thema Digitalisierung generell als expliziten Bestandteil der Unternehmensstrategie. Weitere rund 17 % sehen Digitalisierung teilweise in ihrer Unternehmensstrategie verankert. In jenen Unternehmen, in denen Digitalisierung nur teilweise strategisch verankert ist, bezieht sich Digitalisierung hauptsächlich auf die Bereiche Produktion, Marketing/Werbung/PR sowie auf Bürotätigkeiten. Rund 21 % sehen das Thema Digitalisierung nicht als Bestandteil der Unternehmensstrategie.

Welche Bedeutung haben digitale Technologien für die Zusammenarbeit heute und in naher Zukunft?

Die befragten Betriebe (siehe Abb. 2) messen digitalen Technologien überwiegend eine wichtige Bedeutung für die Zusammenarbeit bei. Etwa 90 % der befragten Betriebe attestieren digitalen Technologien in diesem Zusammenhang eine wichtige Bedeutung (40,2 % sogar eine sehr wichtige) und nur rund 9 % sehen darin eine geringe Bedeutung. Es ist nicht auszuschließen, dass sozial erwünschtes Antwortverhalten aufgrund der Aktualität des Themas und des damit verbundenen Erwartungsdrucks das Zustandekommen dieses sehr hohen Werts beeinflusst hat.
Die Studienteilnehmer_innen wurden auch gefragt, welche Bedeutung digitale Technologien künftig für die Zusammenarbeit haben werden: Rund 63 % der befragten Betriebe bescheinigen diesen Technologien in den nächsten drei Jahren eine wichtigere Bedeutung als derzeit. Etwa ein Drittel gehen davon aus, dass deren Bedeutung in ihrem Betrieb konstant bleiben wird.

In welchem Ausmaß werden für die Zusammenarbeit digitale Technologien eingesetzt?

Der Digitalisierungsgrad (siehe Abb. 3) ist in Hinblick auf die Informationsbeschaffung, -suche und -weitergabe oftmals weit fortgeschritten (rund 70 % arbeiten hier ausschließlich oder überwiegend in digitaler Form). Bei mehr als 50 % der befragten Unternehmen erfolgen auch die Koordination (z. B. die Terminfindung und Aufgabenverwaltung) und die Kollaboration (z. B. das gemeinsame Arbeiten an Projekten oder Dokumenten) ausschließlich oder überwiegend mithilfe digitaler Technologien. Ein differenziertes Bild zeigt sich bei der Kommunikation: Digitale Technologien kommen häufiger zur Kommunikation mit Kund_innen und Kooperationspartner_innen als bei der Kommunikation zwischen Mitarbeiter_innen zum Einsatz (in etwa 25 % der Fälle erfolgt die innerbetriebliche Kommunikation vorwiegend analog bzw. kaum über digitale Technologien).

Welche Gründe gibt es für den Einsatz digitaler Technologien?

Die Interviewpartner_innen wurden zu den Gründen für den Einsatz von digitalen Technologien gefragt, wobei für fast 40 % der Befragten die Zeitersparnis durch digitale Technologien eine zentrale Rolle spielt. Auch die Vereinfachung bzw. Verbesserung von Kommunikation (30,4 %) sowie insgesamt eine Vereinfachung der betrieblichen Arbeit (28,3 %) werden mit dem Einsatz digitaler Technologien in Verbindung gebracht. Während immerhin fast ein Viertel (23,9 %) Effizienzsteigerungen als Grund nennen, ist interessant zu vermerken, dass eine Steigerung der Produktivität mit rund 2,2 % der Nennungen kaum als Grund genannt wurde. Zu berücksichtigten ist hier, dass Mehrfachnennungen möglich waren.
Im Zuge des Interviews konnte auch nachgefragt werden, was genau unter den Nennungen zu verstehen sei. So bezieht sich für die Respondent_innen Zeitersparnis im Wesentlichen auf die Möglichkeit einer rascheren Kommunikation mit digitalen Technologien sowie auf schnelleres Arbeiten, schnelleren Zugriff auf Daten sowie eine raschere Vernetzung mit Kund_innen. Für viele Befragte ist demnach der Geschwindigkeitsvorteil, der sich mit digitalen Technologien im Vergleich zu herkömmlichen Methoden erreichen lässt, in vielen Bereichen von Relevanz. Es geht um „Automatisierung verschiedener Abläufe, Arbeitserleichterung – daraus ergibt sich Zeitreduktion“ und „Raschere Bearbeitung von Projekten“ 1.
Eine Vereinfachung der Arbeit bzw. Arbeitserleichterungen bedeutet, dass damit alles schneller und auch einfacher bzw. weniger aufwendig funktioniert. Die Befragten formulierten dies folgendermaßen: „Vereinfachung der Arbeit, Informationsfluss schneller, Erleichterung, Verbesserung im Ablauf“.

Welche Hemmnisse und Risiken gibt es in Bezug auf den Einsatz digitaler Technologien?

Die Ergebnisse in Abb. 4 zeigen, dass unter den vorgegebenen Hemmfaktoren die Entscheidung, bewusst analog zu bleiben, am stärksten ausgeprägt ist (MW = 2,6; Zustimmung von 50 % der Befragten; Antwortskala: 1 = stimme völlig zu, 5 = stimme überhaupt nicht zu). Alle anderen Aspekte werden jeweils nur von einer deutlichen Minderheit der Befragten als Hemmfaktor für eine Forcierung der Digitalisierung der Zusammenarbeit erwähnt. Neben der bereits genannten klar dominanten Entscheidung, im Rahmen von Zusammenarbeit bewusst analog zu bleiben, haben fehlende Ressourcen (Zustimmung von 26 % der Befragten), erforderliche Anfangsinvestitionen (17 %), technische Kompetenzen (16 %), nicht absehbare Risiken (13 %) sowie fehlende Relevanz und fehlendes Know-how zur Initiierung entsprechender Maßnahmen (je 12 %) in diesem Zusammenhang deutlich weniger Bedeutung.
Gefragt nach den Risiken und Herausforderungen, die sich für ihr jeweiliges Unternehmen durch den Einsatz digitaler Technologien für die Zusammenarbeit ergeben können, formulierten die Befragten insbesondere Bedenken bezüglich des Datenschutzes. Beinahe jede/r zweite Befragte (44,6 %) äußert sich diesbezüglich. Danach folgen, jeweils bereits von weniger als einem Viertel der Befragten angegeben, die Themen Hackerangriffe (23,9 %) sowie Datensicherheit (22,8 %). In Zusammenschau verdeutlichen diese drei Kategorien die zentralen wahrgenommenen Risiken in Bezug auf den Umgang mit und die Sicherheit der Daten des Unternehmens (bspw. Daten von Mitarbeiter_innen, Kund_innen, Auftragsdaten, Produktdaten). Immerhin 13 % der Personen gaben an, dass sie derzeit keine besonderen Risiken oder Herausforderungen für ihr Unternehmen ausmachen können. Interessant ist des Weiteren, dass Themen, welche typischerweise die Mitarbeiter_innen betreffen (z. B. erhöhter Stress/Druck, Schulungsaufwand, Erschöpfung), selten als Risiko bzw. Herausforderung wahrgenommen werden.
Auch in diesem Zusammenhang hatten die Interviewpartner_innen die Möglichkeit zu erläutern, was genau die Herausforderungen für sie bedeuten: Knapp die Hälfte der Befragten betrachtet das Thema Datenschutz als relevantes Risiko im Unternehmen. Im Internet sei man angreifbar, sensible Daten könnten von unbefugten Personen ent- bzw. verwendet werden und eine Weitergabe von vertraulichen Daten auch durch eigene Mitarbeiter_innen sei nicht gänzlich auszuschließen. Konsequenterweise sehen es die Befragten im Zusammenhang mit Datenschutz als Herausforderung an, beständig für dessen Einhaltung zu sorgen (bspw. durch sichere Software bzw. Systeme, durch Datenschutzbestimmungen und -richtlinien oder auch durch Einschränkung des Zugriffs auf sensible Daten im Unternehmen). Die Befragten schätzen dies wie folgt ein:
  • Datenschutz sehr anspruchsvoll in der Abwicklung intern
  • Negative Promotion kann entstehen, dass Mitarbeiter mit den Daten nicht so umgehen wie sie sollten – Datenschutz
  • Datenschutz – was darf geschickt werden zum Beispiel per Mail oder WhatsApp?
Der Begriff Datensicherheit hängt eng mit dem Begriff des Datenschutzes zusammen und so verwundert es nicht, dass viele Befragte beide Begriffe auf die Frage nach den Risiken und Herausforderungen nannten. Während mit Datenschutz allerdings typischerweise der Schutz von sensiblen (z. B. personenbezogenen) Daten vor missbräuchlicher Verwendung gemeint ist, bezieht sich Datensicherheit auf den technischen Aspekt der Sicherung der Daten bspw. vor Verlust (z. B. Löschung) oder Manipulation/Veränderung. Es geht aus den Angaben der Befragten allerdings nicht hervor, ob die Begriffe Datenschutz und Datensicherheit gemäß diesem Verständnis gebraucht wurden oder ob sie mehr oder weniger synonym verwendet wurden. Folgende Themen werden genannt:
  • Datensicherheit – Cyberkriminalität sowie interne Sicherheit bei Mitarbeitern und die Speicherauslagerungen
  • Probleme mit Datenverlust
  • Großer Aufwand für Speicherung und Sicherung aller Daten

Welche Veränderungen ergeben sich durch den Einsatz digitaler Technologien für die Zusammenarbeit?

Die Ergebnisse zeigen unter den negativen Veränderungen die stärkste Zustimmung für die Aussagen, dass durch den Einsatz digitaler Technologien für Zusammenarbeit immer mehr Aufgaben gleichzeitig zu bearbeiten sind (MW = 2,00), der Termindruck zugenommen hat (MW = 2,2), es häufiger als früher zu Unterbrechungen im Arbeitsablauf kommt (MW = 2,5), die zu bearbeitende Informationsmenge belastend ist (MW = 2,5) und die Ansprüche an Erreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeit gestiegen sind (MW = 2,6) (Antwortskala: 1 = trifft völlig zu, 5 = trifft überhaupt nicht zu). Der Aussage, dass berufliche Angelegenheiten dadurch häufiger im Privatleben der Mitarbeiter_innen stattfinden, wird insgesamt betrachtet zwar deutlich seltener zugestimmt (MW = 3,4), jedoch teilen auch diese Einschätzung rund ein Viertel der Befragten. Ähnlich verhält es sich mit den Einschätzungen zu einer Häufung von Missverständnissen (MW = 3,2; Zustimmung durch 30 %) sowie Mehrarbeit bzw. Überstunden (MW = 3,1; Zustimmung durch 28 %).
Unter den positiven Veränderungen fällt die stärkste Zustimmung auf die Aussage, dass sich durch den Einsatz digitaler Technologien bei der Zusammenarbeit der Austausch zwischen Kolleg_innen verbessert hat (MW = 3,24; Zustimmung durch 42 %, Antwortskala: 1 = trifft völlig zu, 5 = trifft überhaupt nicht zu).

Diskussion: Was zeigen uns die Ergebnisse?

Abschließend werden die Ergebnisse im Lichte bereits bestehender Studien und Beiträge nochmals zusammengefasst und diskutiert.
Eine Frage, die in dieser Studie gestellt wird, ist, inwiefern Digitalisierung Teil der Unternehmensstrategie ist. Als Antwort zeichnet sich ab, dass die zunehmende Bedeutung von Digitalisierung auch formalisiert verankert in der Unternehmensstrategie über alle Branchen und Unternehmensgrößen hinweg zu finden ist (rund 62 % der Befragten geben an, dass Digitalisierung expliziter Bestandteil der Unternehmensstrategie ist). Dies deckt sich mit Befunden aus vergangenen Studien [6, 14]. Im Detail zeigen bestehende Studien, dass es natürlich Unterschiede sowohl zwischen den Branchen [14] als auch beispielsweise zwischen Klein- und Großunternehmen [1] gibt. Ebenso sind sich die Befragten in der vorliegenden Studie weitestgehend einig, dass die Bedeutung digitaler Technologien für die Zusammenarbeit am Arbeitsplatz auf Dreijahressicht weiter zunehmen wird (ca. ein Drittel geht davon aus, dass die Bedeutung konstant bleibt, wobei zwei Drittel eine zunehmende Bedeutung sehen). Dies kann möglicherweise als Bestätigung für die Dynamik und Geschwindigkeit des digitalen Wandels interpretiert werden [15]. Inhaltlich korrespondierend mit dieser Einschätzung ist auch zu sehen, dass das Ausmaß des Einsatzes digitaler Technologien darauf hinweist, dass bereits überwiegend digital gearbeitet wird und zwar sowohl in den Tätigkeitsbereichen Informationssuche und -weitergabe wie auch Koordination und Kollaboration. Standard sind dabei nach wie vor E‑Mail-Programme, gefolgt von WhatsApp, Intranet, Facebook oder Skype. Auch dieser Befund deckt sich mit themenverwandten Studien. Die Frage nach den Gründen für den Einsatz digitaler Technologien wurde offen gestellt und hier waren die drei wichtigsten genannten Gründe Zeitersparnis, Verbesserung der Kommunikation und Arbeitsabläufe und Effizienzsteigerungen, wobei Ersteres und Letzteres ebenso bestehende Untersuchungen bestätigt [10, 11]. Im Unterschied zu vorangegangenen Studien [11] kommen in der vorliegenden Studie Themen wie Innovationskraft oder Unternehmenskultur nicht zur Sprache, obgleich die Studienteilnehmer_innen Führungskräfte und Personen mit Leitungsfunktion waren. Eine mögliche Interpretation ist, dass Digitalisierung bereits die Ebene der Notwendigkeit erreicht hat und daher eben nicht mehr zur Herstellung von Alleinstellungsmerkmalen geeignet ist. Ein weiterer interessanter Aspekt ist die Tatsache, dass sich Datensicherheit – sowohl in Bezug auf die De-facto-Sicherheit der Daten als auch auf den Umgang mit den Daten– als Risiko herauskristallisiert hat. Dies wurde in älteren Studien [8, 12] angeführt, in jüngeren Untersuchungen im deutschsprachigen Bereich bisher aber noch nicht in der Form erarbeitet. Mögliche Gründe hierfür sind uns nicht bekannt. Die wahrgenommenen Veränderungen durch Digitalisierung in der Zusammenarbeit beziehen sich darauf, dass immer mehr Aufgaben gleichzeitig zu erledigen sind und der Termindruck zugenommen hat [9, 12]. Es kommt zu häufigeren Unterbrechungen und auch die Anforderungen an die Erreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeit haben sich geändert. Positiv hingegen wird angeführt, dass sich der Austausch untereinander verbessert hat.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Digitalisierung in Unternehmen und digitale Technologien zur Unterstützung der Zusammenarbeit im Speziellen (Arbeit 4.0) jedenfalls weitverbreitet sind und sich nicht nur als „informelle Lösungen“ durchgesetzt haben, sondern durchaus schon formalisiert in Unternehmensstrukturen und -strategien sichtbar sind. Mit dem dieser Studie zugrunde gelegten Branchenmix konnte zudem aufgezeigt werden, dass digitale Technologien in der Zusammenarbeit nicht nur in wissensintensiven Branchen eingesetzt werden. In Abwesenheit einer solchen Studie in Österreich wurden hiermit empirische Einsichten gewonnen, die in zukünftigen Studien repliziert und somit verfestigt werden sollten.
Handlungsempfehlungen
  • Bewusstsein für den (erhofften) Nutzen und die (wahrgenommenen) Risiken von Digitalisierung schaffen
  • Strategische Maßnahmen festlegen, wie der Erfolg von Digitalisierung in der Zusammenarbeit gemessen werden soll und welcher Erfolg welche Priorität erhält (Beispiel gesteigerte Effizienz vs. gestiegene Arbeitsintensität)
  • Begleiteffekte, wie z. B. erhöhter Druck durch Multitasking oder erhöhter Termindruck, mit gezielten Maßnahmen aus dem Bereich der betrieblichen Gesundheitsförderung bzw. dem Schulungsbereich begegnen
Zusammenfassung
  • Die Digitalisierung ist in mehr als der Hälfte der befragten Unternehmen auf der strategischen Ebene angekommen.
  • Die Interaktion am Arbeitsplatz, wie beispielsweise Kommunikation oder Kollaboration, wird in immer größerem Ausmaße durch digitale Technologien unterstützt.
  • Es wird allgemein erwartet, dass die Digitalisierung noch weiter voranschreiten wird, wobei fehlende Datensicherheit als Risiko eingestuft wird.
  • Während sich der Austausch untereinander verbessert hat, kommt es häufiger zu Unterbrechungen und die Anforderungen an die Erreichbarkeit sind gestiegen.
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Fußnoten
1
Dies sind Originalzitate der Respondent_innen und werden auch im Folgenden „in derselben Form“ gekennzeichnet.
 
Literatur
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Metadaten
Titel
Digital und/oder analog? Zusammenarbeit am Arbeitsplatz aus der Perspektive österreichischer Unternehmen
verfasst von
Ass.-Prof. Dr. Romana Rauter
Anita Lerch, BSc MSc
Mag. Thomas Lederer-Hutsteiner
Dr. Sabine Klinger, MA
Mag. Dr. Andrea Mayr
Mag. Dr. Robert Gutounig
Assoc.-Prof. Dr. Viktoria Pammer-Schindler
Publikationsdatum
15.12.2020
Verlag
Springer Fachmedien Wiesbaden
Erschienen in
Wirtschaftsinformatik & Management / Ausgabe 1/2021
Print ISSN: 1867-5905
Elektronische ISSN: 1867-5913
DOI
https://doi.org/10.1365/s35764-020-00307-6

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