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2025 | Buch

Digitale Zwillinge

Anwendungen für das Design und die Optimierung von Bioprozessen

herausgegeben von: Christoph Herwig, Ralf Pörtner, Johannes Möller

Verlag: Springer Nature Switzerland

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Über dieses Buch

Dies ist der zweite von zwei Bänden, die zusammen einen Überblick über die neuesten Fortschritte bei der Erzeugung und Anwendung digitaler Zwillinge in der Bioprozessentwicklung und -optimierung geben.

Bioprozesse haben sich in den letzten Jahrzehnten stark entwickelt, von datengetriebenen Ansätzen hin zur Digitalisierung der Bioprozessindustrie im 21. Jahrhundert. Darüber hinaus erfordert die hohe Nachfrage nach biotechnologischen Produkten effiziente Methoden, sowohl in der Forschung und Entwicklung als auch im Technologietransfer und in der Routineproduktion.

Ein vielversprechendes Werkzeug ist in diesem Zusammenhang der Einsatz von digitalen Zwillingen als virtuelle Darstellung des Bioprozesses. Sie spiegeln die Mechanik des biologischen Systems, die Wechselwirkungen zwischen Prozessparametern, Kennzahlen und Produktqualitätsmerkmalen in Form eines mathematischen Prozessmodells wider. Darüber hinaus ermöglichen digitale Zwillinge den Einsatz computergestützter Methoden, um ein besseres Prozessverständnis zu erlangen, neuartige Bioprozesse zu testen und zu planen sowie diese effizient zu überwachen.

Dieses Buch konzentriert sich auf die Anwendung digitaler Zwillinge in verschiedenen Kontexten, z.B. computergestützte Versuchsplanung, Seed-Train-Vorhersage und Lifeline-Analyse.

Die beiden Bände behandeln sowohl die Grundlagen als auch die Anwendungen und bieten damit eine ideale Einführung in das Thema für Forscher und Entwickler in Wissenschaft und Industrie.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Potenzial der Integration von modellbasierten Design-of-Experiments-Ansätzen und prozessanalytischen Technologien für den Bioprozess-Scale-Down
Zusammenfassung
Typischerweise sind Bioprozesse im industriellen Maßstab dynamische Systeme mit einem gewissen Grad an Variabilität, Systeminhomogenitäten und sogar Populationsheterogenitäten. Daher ist die Skalierung solcher Prozesse vom Labor- zum Industriemaßstab und umgekehrt keine triviale Aufgabe. Traditionelle Scale-down-Methoden berücksichtigen mehrere technische Parameter, sodass Systeme im Labormaßstab tendenziell großtechnische Effekte qualitativ widerspiegeln, jedoch nicht die dynamische Situation in einem industriellen Bioreaktor über den gesamten Prozess aus der Perspektive einer Zelle. Unterstützt durch den enormen Anstieg der Rechenleistung liegt der neueste wissenschaftliche Fokus auf der Anwendung dynamischer Modelle in Kombination mit numerischer Strömungsmechanik, um das Zellverhalten quantitativ zu beschreiben. Diese Modelle ermöglichen die Beschreibung möglicher zellulärer Lebenslinien, die wiederum zur Ableitung einer Regimeanalyse für Scale-down-Experimente verwendet werden können. Die bisher beschriebenen Ansätze, die nur für sehr wenige Prozessbeispiele gelten, sind jedoch sehr arbeits- und zeitintensiv und können nicht leicht validiert werden. Parallel dazu wurden Alternativen entwickelt, die auf der Beschreibung des industriellen Prozesses mit hybriden Prozessmodellen basieren, die einen Prozess so weit wie möglich mechanistisch beschreiben, um die wesentlichen Prozessparameter mit ihren jeweiligen Varianzen zu bestimmen. Online-Analytikmethoden ermöglichen die Charakterisierung der Populationsheterogenität direkt im Prozess. Diese detaillierten Informationen aus dem industriellen Prozess können in Laborscreeningsystemen verwendet werden, um relevante Bedingungen auszuwählen, bei denen die zell- und prozessbezogenen Parameter die Situation im industriellen Maßstab widerspiegeln. Unserer Meinung nach sind diese Technologien, die in der Forschung zur Modellierung biologischer Systeme verfügbar sind, in Kombination mit prozessanalytischen Techniken so weit entwickelt, dass sie in industriellen Routinen zur schnelleren Entwicklung neuer Prozesse und zur Optimierung bestehender Prozesse implementiert werden können.
Graphical Abstract
Peter Neubauer, Emmanuel Anane, Stefan Junne, Mariano Nicolas Cruz Bournazou
Digitale Zwillinge und ihre Rolle im modellgestützten Design von Experimenten
Zusammenfassung
Steigende Nachfrage nach Biopharmazeutika und die Notwendigkeit, die Herstellungskosten zu senken, erhöhen den Druck, produktive und effiziente Bioprozesse zu entwickeln. Unter anderem ist ein großes Hindernis bei der Prozessentwicklung und Optimierungsstudien der enorme experimentelle Aufwand bei herkömmlichen Methoden des Design of Experiments (DoE). Da DoE ein explorativer Ansatz ist, erfordert es umfangreiches Expertenwissen über die untersuchten Faktoren und deren Grenzwerte und führt oft zu mehreren Runden zeitaufwändiger und kostspieliger Experimente. Die Kombination von DoE mit einer virtuellen Darstellung des Bioprozesses, genannt digitaler Zwilling, in modellgestütztem DoE (mDoE) kann als Alternative verwendet werden, um die Anzahl der Experimente erheblich zu reduzieren. mDoE ermöglicht eine wissensbasierte Bioprozessentwicklung, einschließlich der Definition eines mathematischen Prozessmodells in den frühen Entwicklungsstadien. In diesem Kapitel werden digitale Zwillinge und ihre Rolle in mDoE diskutiert. Zuerst werden statistische DoE-Methoden als Grundlage von mDoE eingeführt. Zweitens wird die Kombination eines mathematischen Prozessmodells und DoE zu mDoE untersucht. Dies umfasst mathematische Modellstrukturen und ein Auswahlverfahren für die Wahl der DoE-Designs. Schließlich wird die Anwendung von mDoE in einer Fallstudie zur Medienoptimierung in einem antikörperproduzierenden Zellkulturprozess von chinesischen Hamster-Ovarien diskutiert.
Grafische Zusammenfassung
Kim B. Kuchemüller, Ralf Pörtner, Johannes Möller
Digitale Zwillinge für die Entwicklung und Realisierung von Strategien zur Steuerung von Bioprozessen
Zusammenfassung
Neue innovative Digitale Zwillinge können komplexe Bioprozesse darstellen, einschließlich der biologischen, physikochemischen und chemischen Reaktionskinetik sowie der mechanischen und physikalischen Eigenschaften der Reaktoren und der beteiligten Peripheriegeräte. Digitale Zwillinge sind ein ideales Werkzeug für die schnelle und kostengünstige Entwicklung, Realisierung und Optimierung von Steuerungs- und Automatisierungsstrategien. Sie können für die Entwicklung und Implementierung konventioneller Regler (z. B. Temperatur, gelöster Sauerstoff, etc.) sowie für fortschrittliche Steuerungsstrategien (z. B. Steuerung von Substrat- oder Metabolitenkonzentrationen, Mehrgrößenregelungen) und die Entwicklung einer vollständigen Bioprozesssteuerung genutzt werden. Dieses Kapitel beschreibt die Anforderungen, die Digitale Zwillinge erfüllen müssen, um für die Entwicklung und Implementierung von Strategien zur Steuerung von Bioprozessen verwendet zu werden, und gibt einen Überblick über Forschungsprojekte, bei denen Digitale Zwillinge oder „frühe“ Digitale Zwillinge in diesem Zusammenhang eingesetzt wurden. Darüber hinaus werden Anwendungen von Digitalen Zwillingen für die akademische Ausbildung zukünftiger Steuerungs- und Bioprozessingenieure sowie für die Schulung zukünftiger Bioreaktorbetreiber beschrieben. Schließlich wird eine Fallstudie vorgestellt, in der ein „früher“ Digitaler Zwilling für die Entwicklung von Steuerungsstrategien der Fed-Batch-Kultivierung von Saccharomyces cerevisiae angewendet wurde.
Graphical Abstract
Entwicklung, Realisierung und Optimierung von Steuerungsstrategien unter Nutzung von Digitalen Zwillingen
Christian Appl, André Moser, Frank Baganz, Volker C. Hass
Der Kalman-Filter zur Überwachung von Kultivierungsprozessen
Zusammenfassung
Im Zeitalter der Technologie und Digitalisierung durchlaufen die Prozessindustrien eine digitale Transformation. Die verfügbaren Prozessmodelle, fortschrittliche Sensortechnologien, erhöhte Rechenleistung und eine breite Palette von Datenanalysetechniken ermöglichen solide Grundlagen für die digitale Transformation in der biopharmazeutischen Industrie.
Unter den verschiedenen Datenanalysetechniken sind der Kalman-Filter und seine nichtlinearen Erweiterungen leistungsstarke Werkzeuge zur Vorhersage zuverlässiger Prozessinformationen. Die Kombination des Kalman-Filters mit einer virtuellen Darstellung des Bioprozesses, dem sogenannten digitalen Zwilling, kann in Echtzeit verfügbare Prozessinformationen liefern. Die Einbeziehung solcher Variablen in den Prozessbetrieb kann eine verbesserte Leistungsfähigkeit der Steuerung und Regelung sowie eine erhöhte Produktivität bieten.
In diesem Kapitel werden der lineare diskrete Kalman-Filter, der erweiterte Kalman-Filter und der „unscented Kalman-Filter“ beschrieben und ein kurzer Überblick über Anwendungen des Kalman-Filters und seiner nichtlinearen Erweiterungen auf Bioreaktoren gegeben. Darüber hinaus wird in einer Fallstudie ein Beispiel des digitalen Zwillings des Bäckerhefe-Batch-Kultivierungsprozesses vorgestellt.
Grafische Zusammenfassung
Ein digitaler Zwilling eines Bioreaktors spiegelt die Prozesse des realen Bioreaktors wider. Er enthält die physischen Teile, das Prozessmodell und den Vorhersagealgorithmus, um die Bioprozessvariablen vorherzusagen. Diese Werte könnten zur Optimierung und Steuerung des Prozesses verwendet werden.
Abdolrahim Yousefi-Darani, Olivier Paquet-Durand, Bernd Hitzmann
Die Herausforderung der Implementierung von digitalen Zwillingen in operativen Wertschöpfungsketten
Zusammenfassung
Das Konzept der digitalen Zwillinge ist in den letzten Jahren immer beliebter geworden. Um ihr volles Potenzial auszuschöpfen, ist die Integration von Systemen und Daten über gesamte Wertschöpfungsketten hinweg erforderlich. Die Implementierung digitaler Zwillinge in neu gebaute Anlagen oder Produktionslinien ist herausfordernd und noch komplizierter für derzeit laufende Produktionsprozesse oder Fabriken. Dieses Kapitel überprüft und diskutiert Strategien und Werkzeuge, um digitale Zwillinge erfolgreich in laufende Wertschöpfungsketten in der Bioprozess- und verwandten Industrien zu implementieren. Darüber hinaus wird die Implementierung anhand von drei aktuellen Fallstudien veranschaulicht.
Grafische Zusammenfassung
Roman Werner, Ronny Takacs, Dominik Geier, Thomas Becker, Norbert Weißenberg, Hendrik Haße, Rudolf Sollacher, Michael Thalhofer, Bernhard Schumm, Ines Steinke
Digitale Zwillinge: Ein allgemeiner Überblick über die Biopharmaindustrie
Zusammenfassung
Dieses Kapitel gibt eine Branchenperspektive darauf, wie digitale Zwillinge greifbar übersetzt, implementiert und in einer biopharmazeutischen Umgebung genutzt werden. Technische Voraussetzungen und Komponenten, einschließlich Datenmodellierung, Lebenszyklus und verschiedene Fähigkeiten, die von Menschen benötigt werden, um effizient mit digitalen Zwillingen zusammenzuarbeiten, werden anhand praktischer Beispiele diskutiert, die in Laboren und in der Fertigung implementiert wurden.
Michelangelo Canzoneri, Alessandro De Luca, Jakob Harttung
Numerische Methoden für das Design und die Beschreibung von In-vitro-Expansionsprozessen humaner mesenchymaler Stammzellen
Zusammenfassung
Humane mesenchymale Stammzellen (hMSCs) sind eine wertvolle Zellquelle für klinische Anwendungen (z. B. Behandlung von akutem Myokardinfarkt oder entzündlichen Erkrankungen), insbesondere im Bereich der regenerativen Medizin. Für autologe (patientenspezifische) und allogene (nicht-patientenspezifische) hMSC-basierte Therapien ist jedoch eine in vitro-Expansion vor der klinischen Anwendung notwendig, um die erforderliche Zellzahl zu erreichen. Eine sichere, reproduzierbare und wirtschaftliche in vitro-Expansion von hMSCs für autologe und allogene Therapien kann problematisch sein, da das Zellmaterial begrenzt ist und die Zellen empfindlich auf Veränderungen in den Kultivierungsbedingungen reagieren. Es ist vorteilhaft, detaillierte Informationen über die hydrodynamischen Bedingungen und das Zellwachstumsverhalten in einem Bioreaktorsystem zu sammeln, um einen sogenannten „Digitalen Zwilling“ des Kultivierungssystems und des Expansionsprozesses zu entwickeln. Numerische Methoden, wie Computational Fluid Dynamics (CFD), die in der Biotech-Industrie weit verbreitet sind, um lokale Strömungsbedingungen innerhalb von Bioreaktoren oder kinetische Wachstumsmodellierungen zu untersuchen, bieten mögliche Lösungen für solche Aufgaben.
In diesem Review werden wir den aktuellen Stand der Technik für die in vitro-Expansion von hMSCs vorstellen. Verschiedene numerische Werkzeuge, einschließlich numerischer Strömungssimulationen und Zellwachstumsmodellierungsansätze für hMSCs, werden präsentiert. Darüber hinaus wird eine Fallstudie gezeigt, die die Anwendbarkeit von CFD und kinetischer Wachstumsmodellierung für die Entwicklung eines mikroträgerbasierten hMSC-Prozesses demonstriert.
Grafische Zusammenfassung
Valentin Jossen, Dieter Eibl, Regine Eibl
Euler-Lagrange-Simulationen: Ein geeignetes Werkzeug zur Vorhersage der Zellleistung in industriellen Bioreaktoren
Zusammenfassung
Der Euler-Lagrange-Ansatz zur Untersuchung zellulärer Reaktionen in einem Bioreaktor ist in den letzten Jahren in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Er wurde vor etwa zwei Jahrzehnten in biotechnologische Prozesse eingeführt, hat sich aber in den letzten Jahren als leistungsfähiges Werkzeug zur Behandlung von Scale-up- und Scale-down-Themen in Bioprozessen erwiesen. Er kann die Geschichte einer Zelle erfassen und wertvolle Informationen nicht nur für die Bioprozesskontrolle und -gestaltung, sondern auch für das Strain-Engineering liefern. Auf diese Weise wird es möglich sein, Licht auf die tatsächliche Umgebung zu werfen, die die Zelle während ihrer Lebensdauer erfährt. Lebenslinien eines Mikroorganismus in einem Bioreaktor können als das fehlende Bindeglied dienen, das die biologischen und die physikalischen Zeitskalen umfasst. Zu diesem Zweck bietet uns die Digitalisierung von Bioreaktoren neue Einblicke, die in industriellen Reaktoren nur schwer oder gar nicht zu erreichen sind, nämlich Substrat- und Produktgradienten; Hochscherregionen gehören zu den interessantesten Faktoren, die mit Hilfe eines digitalen Zwillings adäquat reproduziert werden können. In diesem Kapitel werden die grundlegenden Prinzipien dieser Methode vorgestellt, und später werden einige praktische Aspekte der Partikelverfolgungstechnik veranschaulicht. Im letzten Abschnitt werden einige der mit dieser Methode verbundenen Vorteile und Herausforderungen diskutiert.
Graphical Abstract
Christopher Sarkizi Shams Hajian, Julia Zieringer, Ralf Takors
Metadaten
Titel
Digitale Zwillinge
herausgegeben von
Christoph Herwig
Ralf Pörtner
Johannes Möller
Copyright-Jahr
2025
Electronic ISBN
978-3-031-75700-6
Print ISBN
978-3-031-75699-3
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-031-75700-6

    Marktübersichten

    Die im Laufe eines Jahres in der „adhäsion“ veröffentlichten Marktübersichten helfen Anwendern verschiedenster Branchen, sich einen gezielten Überblick über Lieferantenangebote zu verschaffen.