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Open Access 2024 | Open Access | Buch

Digitalisierung der Arbeitswelten

Zur Erfassbarkeit einer systemischen Transformation

herausgegeben von: Sabine Pfeiffer, Manuel Nicklich, Michael Henke, Martina Heßler, Martin Krzywdzinski, Ingo Schulz-Schaeffer

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Über dieses Buch

Diese Open Access Publikation bündelt Ergebnisse aus der ersten Förderphase des interdisziplinären DFG-Schwerpunktprogramms 2267 „Digitalisierung der Arbeitswelten“. Digitalisierung verändert Arbeit mit vielfältigen Konsequenzen für Arbeit(smarkt) und Qualifizierung. Wie dramatisch und grundsätzlich diese Veränderungen sind, wird seit Jahren kontrovers diskutiert und anwendungsbezogen erforscht. Das Schwerpunktprogramm nimmt die Veränderung der Arbeitsgesellschaft als Ganzes in den Blick – Geschichts-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften analysieren die vielschichtigen und widersprüchlichen Dynamiken als eine systemische Transformation. Leitend ist dabei die These von drei Bewegungsdynamiken: die Durchdringung (z.B. von digitalen Arbeitsprozessen), die Verfügbarmachung (z.B. von Daten über einzelne Arbeitshandlungen) und die Verselbständigung (z.B. von datengetriebenen Wertschöpfungsketten). Methodische Reflexionen zu Erfassbarkeit der Transformation runden den Band ab.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Einführungsbeitrag

Frontmatter

Open Access

Digitalisierung der Arbeitswelten. Eine systemische Transformation?
Zusammenfassung
Der Artikel untersucht die Digitalisierung der Arbeitswelten als eine systemische Transformation, die alle Institutionensysteme der Arbeitsgesellschaft tiefgreifend und nachhaltig verändert. Der Text legt die Grundlage für die Forschungsarbeiten im gleichnamigen DFG-Schwerpunktprogramm 2267 und betrachtet die digitale Transformation als ein Zusammenwirken von drei Prozessdimensionen: soziale Vorbereitung, technische Ermöglichung und diskursive Aushandlung. Der interdisziplinäre Ansatz beleuchtet die vielfältigen Dynamiken und neuen Formen der Wertschöpfung, die durch die Digitalisierung entstehen. Ziel ist es, ein umfassendes Verständnis der digitalen Transformation als systemischen Wandel zu entwickeln und die theoretischen sowie methodischen Grundlagen für zukünftige Forschungen zu schaffen.
Sabine Pfeiffer, Manuel Nicklich, Henke Michael, Heßler Martina, Krzywdzinski Martin, Schulz-Schaeffer Ingo

Durchdringung

Frontmatter

Open Access

Datenarbeit. Der Anbruch des digitalen Zeitalters und die Entwicklung von Computerdienstleistungen in der Bundesrepublik
Zusammenfassung
Der Beitrag untersucht die Ausbildung und Entwicklung von IT-Dienstleistungen in der Bundesrepublik Deutschland in den 1950er bis 1990er Jahren. Er rekonstruiert dazu in historischer Perspektive die Voraussetzungen und Dynamiken der Entstehung dieser neuen Branche und erkundet die Rolle der Computerindustrie, ihrer Infrastrukturen, Expert*innen und eines neuen digitalen Knowhows in der anbrechenden „Dienstleistungsgesellschaft“. Anhand des Computereinsatzes in Industrie, Handel und Verwaltung werden so dynamische und verzögernde Perioden der deutschen Digitalgeschichte erkennbar.
Michael Homberg

Open Access

Computer in der Fabrik. Die digitale Transformation in der Produktionstechnik, 1950 bis 1990
Zusammenfassung
Der Beitrag untersucht die Entwicklung der Mikroelektronik und ihre Auswirkungen auf die industrielle Arbeitswelt der Fabrik. Er zeigt, dass die Digitalisierung graduell erfolgte, zu Teildigitalisierungen und -automatisierungen führte und historische Wurzeln in der Standardisierung von Arbeitsprozessen hatte. Dabei verfolgt der Beitrag die Entwicklung von der Einführung der NC-Steuerung in den 1950er Jahren bis zum Einzug der Mikroelektronik in den 1970er Jahren. Deutlich zeigt sich, die Ambivalenz von Alt und Neu in der Techniknutzung. Denn auch die Digitalisierung der Arbeitswelt war von Aushandlungsprozessen zwischen alter und neuer Technik sowie menschlicher Einflussnahme geprägt und knüpfte an bestehende Leitbilder an. Der technische Wandel vollzog sich also nicht isoliert, sondern wurde von langen Linien des Suchens, Ausprobierens und der Beständigkeit etablierter Arbeitsprozesse gerahmt.
Nora Thorade, Julia Gül Erdogan

Open Access

Analysing the Digital Traces of Collaborative Work in Large-Scale Enterprise Collaboration Systems
Abstract
In this chapter, we present an overview of our work to investigate transformations to work processes and work practices arising from the appropriation and use of collaboration technologies to support distributed work in organisations. We begin with an overview of the emerging collaboration technology landscape and present the findings of an empirical study to examine the portfolios of collaboration software being used to implement enterprise collaboration platforms (ECP) in organisations. We explain how the ECP enables organisational workgroups to form digital workspaces to support different types of collaborative work. We identify several research challenges relating to the investigation of such heterogeneous technological infrastructures and address them through the development of novel methods and tools to i) enable the capture and harmonisation of trace data from ECP, and ii) use the trace data to analyse transformations to collaborative work and work practices.
Susan P. Williams, Petra Schubert

Open Access

Flexibility in Digitalised Working Worlds: A Comparative Perspective on the Use and Implications of Written Digital Work Communication
Abstract
Written digital communication increases the availability of employees and supervisors for work-related communication irrespective of time and place. This may serve the flexibility interests of employees and/or supervisors. Applying a cross-national comparative perspective, this research shows that the use of written digital communication in the work relationship between employee and supervisor and the implications for work-to-life conflict differ across European countries, depending on existing family and labour market policies.
Anja-Kristin Abendroth, Laura Lükemann

Open Access

Organisationswandel und Wahrnehmung der Akzeptanz von Digitalisierungsprozessen in Unternehmen infolge der COVID-19-Pandemie
Zusammenfassung
Der vorliegende Beitrag befasst sich mit der Akzeptanz von Digitalisierungs- und Automatisierungsprozessen. Untersucht wird, welche Digitalisierungsmaßnahmen während der Covid-19-Pandemie vorangetrieben wurden, inwieweit und wie diese Maßnahmen mit organisatorischen Veränderungen kombiniert wurden und wie sich die Akzeptanz der Digitalisierung durch die Beschäftigten aus der Sicht des Managements und der Betriebsräte während der Covid-19-Pandemie entwickelt hat. Für die Analyse wurden Daten aus zwei Wellen einer Unternehmensbefragung von jeweils 500–600 Unternehmen sowie 34 Fallstudien in sechs Branchen ausgewertet: der Automobilindustrie, der Chemieindustrie, dem Maschinen- und Anlagenbau, der Logistikbranche, der Gesundheitsbranche und dem Finanzdienstleistungssektor.
Nina Delicat, Lorena Herzog, Martin Krzywdzinski, Florian Butollo, David Wandjo, Jana Flemming, Christine Gerber, Matthias Danyeli

Open Access

Digitalisierung, soziale Klasse und Ungleichheit – Homeoffice und das Forschungsprogramm von DigiCLASS
Zusammenfassung
Der Beitrag beschäftigt sich aus der Perspektive einer ungleichheitssensiblen Digitalisierungsforschung mit dem digital durchdrungenen pandemiebedingten Homeoffice. Unsere Analysen machen klassenbedingte Ungleichheiten in den Arbeits- und Digitalisierungserfahrungen sichtbar und zeigen, dass die Arbeitsorganisation eine besondere Rolle für das Entstehen dieser Ungleichheiten spielt. Mithilfe einer Clusteranalyse identifizierten wir sechs arbeitsorganisatorische Varianten des pandemiebedingten Homeoffice. Im Beitrag wurden die beiden Extrempole der Clusteranalyse näher beleuchtet: das humanzentrierte Homeoffice und das kontrollzentrierte mobile Arbeiten. Ein qualitativer Fallvergleich verweist auf drei Faktoren, die für den ungleichen Zugang zu diesen Varianten verantwortlich sind: der Kern der Tätigkeit, der Stand der Digitalisierung vor der Pandemie und die (kollektive) Arbeitsregulierung.
Agnes Fessler, Hajo Holst, Isabell Mader, Steffen Niehoff, Adrian Scholz Alvarado

Open Access

Employers’ Muted Interest in Electronic Performance Monitoring (EPM)
Abstract
Against the backdrop of the increasing availability and accessibility of data in firms and organisations (Christl 2021; Eurofound 2020), we investigate supervisors’ interest in using electronic performance monitoring (EPM) systems to monitor their employees at work. While previous research has predominately focused on employees’ reactions to EPM (e.g., Allen et al. 2007; Chen and Ross 2005; Gangwar et al. 2014; Mitrou and Karyda 2006; Ravid et al. 2020; Stanton 2000a, 2000b), this study looks at the employer’s calculations of costs and benefits before implementing surveillance technologies. Emanating from principal-agent theory, employers (principals) seek information about employees’ work efforts.
Luisa Wieser, Martin Abraham, Claus Schnabel, Cornelia Niessen, Mauren Wolff

Verfügbarmachung

Frontmatter

Open Access

Analyzing Distributed Action in the Making by Comparing Human-Robot Co-Work Scenarios
Abstract
This article presents a methodological approach to analyzing distributed action in the making and applies it to projects of developing human-robot co-work processes. We employ this methodical approach to point out different ways of making robotic labor available for work tasks previously inaccessible to robots. The empirical research was conducted as part of the research project “The social construction of human-robot co-work by means of prototype work settings (SoCoRob)” within the DFG Priority Program 2267 “The digitalization of working worlds. Conceptualizing and capturing a systemic transformation.”
Ingo Schulz-Schaeffer, Tim Clausnitzer, Kevin Wiggert, Martin Meister

Open Access

Industrieller E-Commerce. Verfügbarmachung und Transformation von Wertschöpfung in der Teilefertigungsbranche
Zusammenfassung
In unserem Beitrag analysieren wir distributionszentrierte Ansätze der Digitalisierung industrieller Produktion. Anhand einer Sektorstudie der Teilefertigung beschreiben wir drei Unternehmenstypen, die mit ihren Geschäftsmodellen distributionszentrierte Digitalisierungsansätze verfolgen: Online Kontraktfertiger, Digitale Fertigungsplattformen und Plattformalternativen. Empirische Grundlage sind Fallstudien und Expert*inneninterviews (insgesamt 35 Interviews) als auch ein Onlinesurvey unter 50 Teilefertigern. Im Fokus unserer Analyse stehen die Beschaffenheit neu entstehender Geschäftsmodelle, die Governance der Beziehungen zwischen Digitalunternehmen, ihren Kunden und den etablierten Unternehmen der Branche sowie die räumliche Reorganisation von Produktion und Arbeit. Aus der Perspektive der KMU der Teilefertigungsbranche birgt der Wandel Gefahren einer Verdrängung durch Online Kontraktfertiger und eines verschärften Kostenwettlaufs durch digitale Fertigungsplattformen, die eine größere Transparenz und Vergleichbarkeit der (globalen) Anbieter ermöglichen. Zugleich ermöglichen digitale Vermittlungsformen verbesserte Marktzugänge und Potenziale zur Aufwertung kleinbetrieblicher Produktionsstrukturen. Die Frage, welche Ansätze sich dabei durchsetzen und welche Regulierungsmöglichkeiten ggf. genutzt werden, hat einen hohen Stellenwert für die Entwicklung der Räumlichkeit der Produktion und die Gestaltung von Arbeitsverhältnissen innerhalb der jeweiligen Pfade.
Florian Butollo, Lea Schneidemesser, Simon Scheffler

Open Access

Exit, Voice, and Networks. Die Digitalisierung als Katalysator für Widerspruch und Netzwerkbildung in Organisationen
Zusammenfassung
Die Verfügbarmachung digitaler Plattformen in Organisationen beeinflusst, wie deren Mitglieder miteinander kommunizieren und sich vernetzen. Entlang eines empirischen Beispiels wird in dem Beitrag gezeigt, dass Kommunikationsplattformen nicht nur genutzt werden, um die Arbeit in der Organisation zu strukturieren, sondern auch, um Unzufriedenheit und Widerspruch zu äußern. Statt Unterstützung von institutionalisierten Interessenvertretungen einzuholen, greifen Organisationsmitglieder auf digitale Plattformen zurück, vernetzen sich über diese informal und gründen alternative Repräsentationsgruppen. Damit wird die Digitalisierung zum Katalysator für Widerspruchskommunikation und für eine Vernetzung jenseits der Formalstruktur. Für Organisationen stellen solche Widerspruchsnetzwerke eine potenzielle Gefahr dar. Sie reagieren daher mit Kooptation, das heißt, sie integrieren die Netzwerke in ihre Formalstruktur, unterstützen sie so bei deren Arbeit und wenden das Problem produktiv für die beteiligten Akteure.
Lene Baumgart

Open Access

Algorithmisches Management jenseits der Plattformökonomie. Digitale Assistenzsysteme in Industrie und Logistik
Zusammenfassung
Digitale Technologien durchziehen immer stärker unseren privaten und beruflichen Alltag. Im beruflichen Alltag können sie Arbeits- und Lernprozesse unterstützen und strukturieren, der Qualitätskontrolle dienen oder zur Überwachung und Kontrolle von Arbeitsprozessen eingesetzt werden. Unter dem Begriff des algorithmischen Managements wurde der Einsatz digitaler Technologien zur Ausübung und Ausweitung von Kontrolle im Arbeitsprozess in den Bereichen der plattformbasierten Gig- und Crowdwork vielfach kritisch diskutiert. Dieser Beitrag befasst sich mit der Frage, wie sich algorithmisches Management jenseits der Plattformökonomie gestaltet. Anhand einer Metaanalyse aktueller Forschungsergebnisse zum Einsatz digitaler Assistenzsysteme in Industrie und Logistik wird dargestellt, welche Bedeutung algorithmisches Management in stärker regulierten innerbetrieblichen Kontexten im Rahmen der Kontrolle und Steuerung von Arbeit einnimmt.
Patricia de Paiva Lareiro

Open Access

Plattformen für Essenslieferungen in Deutschland. Ist Selbstständigkeit (k)ein Thema?
Zusammenfassung
In der Regel wird angenommen, dass Plattformen für Essenslieferungen Aufträge vermitteln, die von Selbstständigen vor Ort durchgeführt werden. Diese Form der Arbeit ist bekannt als Gigwork und ein zentrales Phänomen der Digitalisierung der Arbeitswelten. Es zeigt sich, dass diese Form der Arbeit keineswegs universell eingesetzt wird, sondern Plattformen für Essenslieferungen auch mit Beschäftigten operieren. In Deutschland operiert heute keine einzige Plattform für Essenslieferungen mit Selbstständigen. Für die Entscheidung gegen Selbstständigkeit ist das Risiko der Scheinselbstständigkeit zentral. Dieses Risiko ergibt sich aus der Umstrittenheit der Ausgestaltung der Tätigkeit bei Plattformen. Ich lege dar, wie eine spezifische Kombination von organisationalen und institutionellen Bedingungen die Risikobereitschaft und die Risikowahrnehmung der Plattformen hinsichtlich des Risikos der Scheinselbständigkeit prägen. Entscheidend sind dafür das Geschäftsmodell der Plattform, das etablierte Kontrollregime des Erwerbsstatus, die öffentliche Meinung und der damit verbundene politischen Druck sowie die anlassbezogene Rechtsprechung.
Katharina Legantke

Verselbständigung

Frontmatter

Open Access

The Social Paradigm of Automation
Abstract
The lineage of industrialisation that began in the eighteenth century continues with the development of artificial intelligence (AI). It reveals a heuristic apparent in/as the social paradigm that defines labour as interchangeable with the machinery it operates. Placing AI into a socio-cultural context with the industrial revolution reveals the on-going impacts of the social disparities created by capitalist production in the nineteenth century that were justified by reifying Immanuel Kant’s Enlightenment philosophy concerning judgement (human agency) continue to shape contemporary developments. Examining this philosophical justification and its influence illuminates a social paradigm focused on the replacement of labour with automation. This interdisciplinary approach links moral and aesthetic claims to the questions of labour to reveal a heuristic in which workers were cast as the “intellectual organs” of the machine, anticipating “machine learning” and other forms of digital automation that replace intelligent labour. This cultural foundation developes from the continuity of technological changes that defined each stage of industrialisation through disparate social, cultural and aesthetic claims about machinery and the social significance of the industrial factory. The regimentation of labour by industrialization concerned nineteenth century artists and critics whose ideas established an archetype whose structural effects shape and constrain the contemporary implementation of automation and AI.
Michael Betancourt

Open Access

Künstliche Intelligenz in der Praxis der Arbeit. Kontingenz und Selektivität als Merkmale einer systemischen Transformation
Zusammenfassung
Der Beitrag widmet sich der Spannweite des technischen Wirkens von KI in der Praxis von Arbeit und fragt, wie das Verhältnis zwischen neuen bzw. erweiterten Handlungsmöglichkeiten und neuen Einschränkungen bzw. Strukturierungen durch den Einsatz von KI einzuschätzen ist. Dazu wird eine theoretische Figur entwickelt, die Kontingenz und Selektivität als zwei Seiten des technischen Wirkens von KI in der sozialen Praxis von Arbeit beschreibt. Die These lautet, dass neuere Formen von KI (subsymbolische KI) der Arbeitspraxis einen Kontingenzschub verleihen, indem mehr und andere Dinge gewusst und getan werden können als zuvor. Zugleich sind damit aber latente Verengungen und Pfadabhängigkeiten des Wissens und Handelns verbunden. Der Beitrag greift den Aspekt einer verstärkten Durchdringung von Arbeit und Gesellschaft mit KI auf und identifiziert Öffnungen (Kontingenzen) und Schließungen (Selektivitäten) rund um mögliche Verselbständigungsprozesse.
Michael Heinlein, Norbert Huchler

Open Access

Digitalisierung als Strategie. Brüche und Widersprüche in der Steuerung von Arbeit
Zusammenfassung
Der Beitrag diskutiert betriebliche Entwicklung der Steuerung von Arbeit vor dem Hintergrund der Analyse unternehmerischer Strategien des digitalen Technikeinsatzes. Der Strategiebegriff dient hierbei konzeptuell als Scharnier, um leistungspolitische Entwicklungen in digitalen Transformationen im Zusammenhang mit ihren sozioökonomischen Rahmenbedingungen zu analysieren. Empirisch fokussiert der Beitrag zwei Fälle der Automobilzuliefererindustrie. Im Ergebnis zeigen wir, wie sich Strategien systemischer Rationalisierung mit einem neuen Modus leistungspolitischer Steuerung verbinden, der sich durch das widersprüchliche Zusammenspiel von Aktivierung und Einhegung lebendiger Arbeit auszeichnet. Digitalisierungsstrategien lösen dabei bestehenden Widersprüche nicht auf, sondern bearbeiten diese in einer Form, die den Beschäftigten die Bewältigung der Widersprüche überantwortet. Zugleich werden sie gebrochen durch stoffliche Eigenlogiken und den Eigensinn lebendiger Arbeit.
Konstantin Klur, Sarah Nies, Samuel Rieger

Open Access

Ungleichheitsreproduktion im digitalisierten Arbeitsmarkt. Bedingungen und Folgen virtueller Inszenierungen von Arbeitskraft
Zusammenfassung
Vermittlungsprozesse am Arbeitsmarkt erfolgen zunehmend unter Nutzung von Internetplattformen und vermittels Rekrutierungssoftware. Am Beispiel des Karrierenetzwerks Linkedin wird die Frage erörtert, wie sich die Anforderungen der Inszenierung von Arbeitskraft in individuellen Online-Profilen auf der Plattform auf die Verteilung von Erwerbschancen auswirken. Unter Bezugnahme auf ein breites Spektrum von Arbeitsmarkttheorien werden Hypothesen zu den Ungleichheitseffekten digitalisierter Rekrutierungsverfahren formuliert. Im Zusammenhang betrachtet lassen sie auf die Verfestigung sozialer Ungleichheiten am Arbeitsmarkt als Folge des Drucks zu „personal branding“ und virtueller Inszenierung schließen.
Hans J. Pongratz

Open Access

Alles unter Kontrolle? Autonomie- und Kontrollwahrnehmung in digitalen Arbeitskontexten von Hochzuverlässigkeitsorganisationen
Zusammenfassung
Im folgenden Beitrag wird die Rolle digitaler Technik in der Transformation von Arbeitsaufgaben und der Wahrnehmung von Autonomie und Kontrolle durch Beschäftigte in Hochzuverlässigkeitsorganisationen untersucht, insbesondere in Krankenhäusern und Flughäfen. Der Fokus liegt auf dem Einfluss der digitalen Transformation, die sowohl neue Arbeitsaufgaben schafft als auch bestehende Tätigkeiten verändert, verstärkt durch die zunehmende Selbstständigkeit digitaler Systeme. Der Beitrag verdeutlicht die Relevanz der Interaktion zwischen Mensch und Technik und analysiert, wie digitale Technik die Autonomie- und Kontrollwahrnehmung der Beschäftigten beeinflussen kann, was sich wiederum auf das Engagement und die Zusammenarbeit in digitalen Arbeitskontexten auswirkt. Zudem werden die drei Heuristiken Durchdringung, Verfügbarmachung und Verselbstständigung diskutiert, die das Verständnis der Wechselwirkungen zwischen digitaler Technik und Arbeitsprozessen in Hochzuverlässigkeitsorganisationen vertiefen.
Mona-Maria Bardmann, Matthias Klumpp, Laura Künzel, Caroline Ruiner

Transformation erforschen

Frontmatter

Open Access

Die digitale Transformation von Arbeit – vermessen und verstehen. Ein interdisziplinärer und methodischer Dialog zwischen Wirtschaftswissenschaft und Arbeitssoziologie
Zusammenfassung
Im Beitrag werden quantitative wirtschaftswissenschaftliche mit überwiegend qualitativen, arbeitssoziologischen Studien kontrastiert, die sich mit verschiedenen Aspekten der Auswirkungen der digitalen Transformation auf Arbeit befassen. Gegenübergestellt werden zunächst die je einzeldisziplinären Ansätze und zentrale Ergebnisse zu Robotik und zum Routinegehalt von Tätigkeiten. Dadurch treten die jeweils unterschiedlichen Sichtweisen, Methodiken und Resultate hervor und geben bereits einen ersten Einblick in die Erkenntnispotenziale und -grenzen der jeweiligen Ansätze. Abschließend wird diskutiert, wo methodisch und erkenntnistheoretisch Synergien zu heben sein werden und welche konkreten Ansatzpunkte sich für eine systematisch-interdisziplinäre und konsequente Mixed-Methods-Forschung ergeben. Ergänzt werden diese um konkrete Vorschläge zur Erfassung der digitalen Transformation der Arbeitswelten.
Ronald Bachmann, Sabine Pfeiffer

Open Access

Gender Forcing. Zur (Un)Sichtbarkeit wirkmächtiger Genderkonstruktionen in Forschungsprozessen
Zusammenfassung
Trotz der besonders in der Genderforschung anhaltenden Reflexion über die Wirkung von Gender in Forschungsprozessen wird nach wie vor am Bild genderneutraler Datenerhebungen festgehalten, beispielsweise durch die Auslassung von gendersensiblen Reflexionen in Methodentexten. Um die Wirkmächtigkeit von Genderkonstruktionen in vermeintlich genderneutralen Forschungsprozessen systematisch sichtbar, erfassbar und forschungspraktisch relevant zu machen, gehen wir der Frage nach, ob und inwieweit Forscher*innen in Forschungssituationen als Frauen adressiert werden und inwieweit dies zur ihrer (Un)Sichtbarkeit in Forschungsprozessen beiträgt. Der Beitrag entwickelt dafür, aus dem Konzept des Doing Gender heraus, den Begriff des Gender Forcing. Zur Analyse des Gender Forcing werden eigene Erfahrungen aus verschiedenen Situationen der qualitativen Datenerhebung herangezogen. Basierend auf diesen Erfahrungen werden drei Formen des Gender Forcing herausgearbeitet: spurloses, getarntes und offensichtliches. Gemein ist allen Situationen, dass Forscherinnen jenseits ihrer professionellen Rolle fremdbestimmt als Frauen adressiert werden. Die Analyse und das aufgezeigte Phänomen des Gender Forcing machen deutlich, dass die Wirkmächtigkeit von Gender in Forschungsprozessen und die daraus resultierenden Folgeprobleme proaktiv berücksichtigt werden sollten.
Lene Baumgart, Katharina Braunsmann, Alice Melchior, Jasmin Schreyer, Regina Wittal

Open Access

Eröffnung neuer Vergleichsräume durch Co-Ethnografie. Digitalisierung im Jugendamt und Krankenhaus
Zusammenfassung
Vergleichende Perspektiven versprechen neue Einsichten in Prozesse digitaler Transformationen. Der vorliegende Beitrag stellt eine Form der Team-Ethnografie vor, die für das vergleichend angelegte Forschungsprojekt „Digital Cases“ entwickelt wurde – die Co-Ethnografie. Hierbei wechseln Forschende während ihres Feldaufenthalts in ein zweites Feld, in dem sie von dem dort forschenden Teammitglied begleitet werden. Dabei werden zwei Vergleichspotenziale kombiniert: Das Vergleichen zwischen einem primären und einem sekundären Forschungsfeld sowie das Vergleichen durch unterschiedliche Positionalitäten der Forschenden in beiden Feldern. Dadurch eröffnen sich neue Möglichkeiten für die vergleichende Analyse von Digitalisierungen. Am Beispiel von Ergebnissen aus der Co-Ethnografie im Jugendamt und im Krankenhaus zeigen wir, wie verkörperlichtes implizites Wissen im ethnografischen Prozess induktiv und unter Ausnutzung der impliziten Vorerfahrungen neue Vergleichsräume erschließt.
Stefanie Büchner, Katharina Braunsmann, Korbinian Gall, Justus Rahn

Open Access

Ironies of automation revisited. Eine experimentelle Studie zur Mensch-Technik-Interaktion bei der Arbeit mit autonomen Systemen
Zusammenfassung
Der vorliegende Beitrag diskutiert den Umgang mit dem Problem der „ironies of automation“ in Industrie-4.0-Konzepten. Das Problem dieser „ironies“ liegt darin, dass sich bei der Arbeit mit autonomen technischen Systemen für die Beschäftigten die Möglichkeiten für direktes Feedback und Lernen reduzieren, während zugleich im Fall von Systemproblemen der Bedarf an menschlicher Problemlösungskompetenz zunimmt. In Industrie-4.0-Konzepten wird die Lösung oftin der Nutzung von Assistenzsystemen gesucht. Der vorliegende Beitrag untersucht, inwieweit holistisches Prozesswissen der Beschäftigten beim Einsatz von Assistenzsystemen wichtig bleibt und die Produktivität und Wahrnehmung der Arbeitsqualität beeinflusst. Konzeptionell schließt die Analyse an die Forschung über die Bedeutung von Arbeitsprozesswissen sowie an konstruktivistische Lernansätze an. Methodologisch wird ein experimentelles Forschungsdesign genutzt und erprobt. Die Ergebnisse zeigen, dass holistisches Prozesswissen sogar im Bereich einfacher Maschinenbedienung einen Mehrwert hat und zu weniger Fehlern und einer höheren Produktivität führt. Dies ist ein Hinweis darauf, dass digitale Assistenzsysteme allein nicht ausreichen, um die „ironies of automation“ zu beherrschen.
Martin Krzywdzinski, Philip Wotschack, Gergana Vladova, Norbert Gronau

Open Access

Wie nehmen Arbeitnehmende die Digitale Transformation und ihre Auswirkungen wahr? Validierung eines Messinstruments auf Basis der Theory of the Smart Machine
Zusammenfassung
Die Digitale Transformation (DT) verändert Organisationen und die Arbeitswelten von Mitarbeitenden fundamental und in praktisch allen Branchen. Zusammenfassend deuten aktuelle Studien darauf hin, dass die DT und ihre Auswirkungen einen erheblichen Einfluss auf die Wahrnehmungen der Arbeitnehmenden haben. Es fehlt jedoch ein umfassendes, detailliertes Verständnis der Faktoren, die bei der Untersuchung von DT und ihren wahrgenommenen Auswirkungen auf individueller Ebene zu berücksichtigen sind. Eine Theorie, die in der Vergangenheit explizit zur Erklärung der DT entwickelt wurde, ist die Theory of the Smart Machine (TSM). Mit der TSM können die Nutzung fortschrittlicher Informationstechnologie (IT) und digitaler Werkzeuge, die daraus resultierende DT und ihre Auswirkungen auf Organisationen und ihre Mitglieder beschrieben und begründet werden. Da bisher nur eine erste Operationalisierung und ein Vorschlag für ein Messinstrument für die TSM existieren, wird die TSM durch die Validierung eines Messinstruments für die Forschung nutzbar gemacht. Es wird über die Evaluierung eines mehrstufigen Messinstruments berichtet, mit dem Schlüsselkonzepte des TSM-Modells insbesondere mit Bezug zu den allgemeinen Bewegungsdynamiken Verfügbarmachung und Verselbstständigung getestet werden können. Dafür wurden 479 Arbeitnehmende aus verschiedenen Branchen befragt, die einschlägige Erfahrungen mit einem digitalen Transformationsprojekt gesammelt haben. Die vorliegende Arbeit leistet dabei drei wichtige Beiträge zur Forschung und Praxis. Erstens wird erstmals ein Instrument zur Messung von Schlüsselkonzepten der TSM validiert. Damit wird die Grundlage für die Untersuchung weiterer Konzepte und Beziehungen im Gesamtmodell gelegt und damit entscheidend die Validierung des gesamten TSM-Modells unterstützt. Zweitens hilft das validierte Messinstrument, verschiedene Wissensbereiche um die DT zu strukturieren, sodass weitere Theorien entwickelt werden können, sowohl auf der Mikroebene (bezogen auf Effekte der DT auf Arbeitnehmende) als auch auf der Mesoebene (bezogen auf Effekte der DT auf Organisationen). Drittens werden Erkenntnisse über relevante Faktoren der DT gewonnen, die von Forschenden und politischen Entscheidungstragenden bei der Untersuchung der DT und ihrer Auswirkungen berücksichtigt werden sollten.
Richard Guse, Scott Thiebes, Phil Hennel, Christoph Rosenkranz, Ali Sunyaev

Open Access

Mixed-Method Approaches to Capture Digitalisation. The Case of Networked Digital Technology Permeation in German Hospitals
Abstract
Given the interest and salience of the topic of digitalisation, it is not surprising that there is a large variety of multifaceted research and a multitude of different findings in sociology alone. However, the current debate is often criticised for its fuzziness and fragmentation. The lack of a unified conceptualisation of this fuzzy term and an overwhelming range of existing research tools makes it difficult to adequately capture digitalisation empirically, let alone study its direct consequences. In this article we introduce a template for a mixed-methods approach that allows us to circumvent these issues and enables researchers to study digitalisation and its effects comprehensively. We also apply our template and discuss the benefits for our empirical findings. Following the ideas of this volume, we focus on permeation as the concept we study with our approach and present the healthcare sector in Germany as an empirical example. For our mixed-methods approach we utilise a wide range of research tools using, for example, interviews with experts in various institutions, secondary data analysis and an online survey conducted in multiple hospitals. Our sometimes contradictory findings highlight that only by combining all these methods we do achieve a correct understanding of what permeation means for this sector.
Alice Melchior, Sebastian Schongen, Reinhard Pollak

Schlussbetrachtung

Frontmatter

Open Access

Digitalisierung der Arbeitswelten – die systemische Transformation verstehen. Ein Ausblick
Zusammenfassung
Der Artikel analysiert die Digitalisierung der Arbeitswelten als systemische Transformation aus der Perspektive der drei Bewegungsdynamiken Durchdringung, Verfügbarmachung und Verselbstständigung. Mit Hilfe eines interdisziplinären Ansatzes werden die Wechselwirkungen zwischen Mikro-, Meso- und Makroebene beleuchtet. Betont wird die Bedeutung der sozialen, technischen und diskursiven Dimensionen dieses Wandels. Der Beitrag versteht sich als eine erste systematische Einordnung und fasst die digitale Transformation zum jetzigen Zeitpunkt nicht schon als eine von systemischer Qualität, sondern geht von einer proto-transformativen Situation aus.
Sabine Pfeiffer, Manuel Nicklich, Jasmin Schreyer
Metadaten
Titel
Digitalisierung der Arbeitswelten
herausgegeben von
Sabine Pfeiffer
Manuel Nicklich
Michael Henke
Martina Heßler
Martin Krzywdzinski
Ingo Schulz-Schaeffer
Copyright-Jahr
2024
Electronic ISBN
978-3-658-44458-7
Print ISBN
978-3-658-44457-0
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-44458-7

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