In Zeiten höchst fragmentierter Zielgruppen und zunehmender Werbereaktanz suchen Marketer ihr Heil verstärkt in personalisierter und emotionaler Ansprache. Gepaart mit dem Willen zur Interaktion mit den Konsumenten wird daraus Engagement Marketing: Eine Strategie, die auch in Deutschland an Bedeutung gewinnt, wie die Digitalmarketingstudie "Engagement Marketing Insights" von Twitter und der Hochschule der Medien Stuttgart herausgefunden hat.
Kommunikation auf Augenhöhe
Die Untersuchung bestätigt, was bereits Thomas Heun in dem Fachbeitrag "Funktion, Emotion, Kommunikation. Der Beitrag von digitalen Medien zum Nutzen von Marken für Konsumenten" feststellt: "Statt Konsumenten von oben herab über formal standardisierte Werbeversprechen und die Anwendung psychologischer Techniken zur Markenwahl 'überzeugen' zu wollen, gilt es heute vielmehr, Menschen auf Augenhöhe zu begegnen und sich auf Dialoge mit Usern einzulassen." (Seite 82)
Social Media im Dialog immer wichtiger
Für die Studie zu Status Quo, Trends und Herausforderungen des Engagement Marketings wurden 242 Online-Experten Ende vergangenen Jahres online befragt. Für sie gehören im wesentlichen vier Aspekte zum Engagement Marketing: Der direkte Dialog mit den Kunden (85 Prozent), die Präsenz auf Social Media Plattformen (79 Prozent), klar definierte Engagement-Leistungskennzahlen (61 Prozent) sowie die Einbindung eines Rückkanals in klassische Kampagnen (60 Prozent). Die Studienautoren leiten aus den Antworten zehn Schlussfolgerungen ab.
Zentrale Erkenntnisse der Studie | |
1. Engagement Marketing gewinnt signifikant an Bedeutung | Das Thema wird künftig weit oben auf der Agenda der Manager stehen. |
2. Aufholbedarf in Deutschland | Rund drei Viertel der Experten sehen in Deutschland signifikanten Aufholbedarf gegenüber dem Ausland. |
3. Engagement Marketing wird konkret und messbar | Über 80 Prozent der Experten sehen eine hohe Relevanz von Engagement-Tracking und -Optimierung von Kampagnen auf Basis von Engagement-KPIs. |
4. Engagement Marketing ist keine eigenständige Disziplin | In die bestehenden Kommunikationsstrategien werden Engagement-Marketing-Elemente vermehrt Einzug halten. |
5. Influencer: Echte Einbindung ist noch selten | Influencer dienen aktuell vor allem als Distributionskanäle für Inhalte. Sie sollten besser in Abverkaufsaktionen und in die Content-Erstellung eingebunden werden. |
6. Influencer überholen Celebritys | Drei Viertel der Befragten sehen Influencer wie Blogger, Youtube-Stars und Social-Media-Influencer künftig im Zentrum des Engagement Marketings. |
7. Realtime Engagement noch unterentwickelt | Erfolgsinstrumente aus den USA wie Realtime Engagement über Hashtag-Marketing sind in Deutschland unterentwickelt. |
8. Social-Media-KPIs dominieren noch | In der Messung von Engagements liegen Social-Media-KPIs wie Post-Interaktionen, Fans und Klickraten noch vorne. Künftig werden Verweil- und Lese-Dauer und Branding-KPIs wichtiger. |
9. Es fehlt an Inhalten, Konzepten und dem Abverkaufsnachweis | Marketer tun sich mit geeigneten Konzepten und Inhalten sowie dem Erreichen der richtigen Personen zum richtigen Zeitpunkt weiter schwer. Zudem werden Nachweise für die Abverkaufsleistung benötigt. |
10. Engagement-Marketing-Programme werden langfristig ausgelegt | Werbetreibende denken nicht mehr nur in Kampagnen: Zwei Drittel der Engagement-Marketing-Initiativen sind bereits heute langfristig ausgelegt. |
Aktive Onliner identifizieren
Angesichts der 1:9:90-Regel hebt auch Ralf T. Kreutzer die wichtige Rolle der Influencer im Engagement Marketing hervor. Die Regel besagt, dass nur rund ein Prozent der Onliner selbst Beiträge in Netz postet, neun Prozent auf Beiträge reagieren und 90 Prozent lediglich Beiträge lesen. "Das bedeutet, dass insbesondere die ein Prozent der digitalen Meinungsführer im Internet zu erkennen und idealerweise als (positive) Multiplikatoren für die Unternehmen zu gewinnen sind", schreibt der Springer-Autor auf Seite 23 des Buchkapitels "Digitale Markenführung – Dialogmarketing vor neuen Herausforderungen".
Grundsätzlich erfordert eine erfolgreiche dialogische Markenführung Kreutzer zufolge zweierlei: Zum einen sei die Zielgruppe zu fragen, an welchen Dialoginhalten sie interessiert ist. Zum anderen müssten immer auch neue Wege und Inhalte der Kommunikation ausprobiert werden. Er empfiehlt, unternehmensinterne Guidelines für den digitalen Dialog in der Markenführung zu definieren (Seite 30).
Guidelines für den digitalen Dialog in der Markenführung
- "Zuhören" ist der Beginn eines wertschätzenden Dialogs!
- Technologie muss die Dialogbereitschaft unterstützen!
- Unternehmen sowie Systeme und Mitarbeiter sind auf den digitalen Dialog vorzubereiten!
- Der digitale Dialog ist als „emotionaler“ Dialog auszugestalten!
- Vernetzungsoptionen im Sinne einer Multichannel-Kommunikation verlängern den digitalen Dialog!
- "Relevant Content" ist der Dreh- und Angelpunkt eines erfolgreichen Dialogs!