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2025 | Buch

Dis/Ability und digitale Medien

Interdisziplinäre Perspektiven auf Technologien, Praktiken und Zugänglichkeiten

herausgegeben von: Robert Stock, Christian Meier zu Verl, Melike Şahinol, Markus Spöhrer, Axel Volmar, Andreas Wagenknecht, Anna-Lena Wiechern

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

Buchreihe : Technikzukünfte, Wissenschaft und Gesellschaft / Futures of Technology, Science and Society

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Über dieses Buch

Der Sammelband analysiert das Verhältnis von digitalen Medien und Dis/Ability aus einer interdisziplinären Perspektive. Dis/Ability wird dabei als subjektives wie soziales und geschichtliches Phänomen verstanden, das aus den wechselseitigen Relationen behinderter Körper, Sinneserfahrungen und Technologien entsteht. Die Beiträge untersuchen aktuelle und historische Fallbeispiele im Kontext technologischer Innovationen, aktivistischer Praktiken und digitaler Zugänglichkeitsfragen.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Einleitung: Nicht-/Behinderung und Medien im Kontext der Digitalisierung
Zusammenfassung
Das Ziel dieser Einleitung ist es, einen konzeptionellen Rahmen für die im Band vorgelegten Studien zu Nicht-/Behinderung und Medien im Kontext der Digitalisierung zu schaffen. Dabei wird das Verhältnis von behinderten/fähigen Körpern, Sinneserfahrungen und Technologien aus einer interdisziplinären Perspektive untersucht. Diese Analyse geht einher mit der kritischen Reflexion etablierter Begriffe wie Assistenz, mediale Teilhabe und Kooperation und erweitert das Verständnis von dis/abilities als dynamische Phänomene, die aus den Interaktionen zwischen Körpern und Technologien resultieren. Durch die Betrachtung historischer Entwicklungen sowie gegenwärtiger Herausforderungen im Umgang mit digitalen Vermittlungsinstanzen strebt diese Einleitung danach, ein notwendigerweise interdisziplinäres Forschungsfeld für den deutschsprachigen Raum zu skizzieren und dabei Perspektiven über nordamerikanisch zentrierte Diskurse hinaus zu eröffnen.
Robert Stock, Christian Meier zu Verl, Melike Şahinol, Markus Spöhrer, Anna-Lena Wiechern
Eine historische Perspektive auf Videospiel-Controller. Zugänglichkeitspraktiken und assistive Technologien von den 1970er- bis zu den 1990er-Jahren
Zusammenfassung
In diesem Beitrag wird die weitestgehend vernachlässigte Geschichte von Videospiel-Controllern und der Er-/Verunmöglichung von Zugang für Spieler*innen mit Behinderungen betrachtet. Die Untersuchung widmet sich Zugänglichkeitspraktiken und -technologien von den 1970er- bis zu den 1990er-Jahren, die hauptsächlich im Heimkonsolen- und Spielhallenbereich angesiedelt sind. Im Zentrum steht dabei die Frage nach den verschiedenen Vermittlungsverhältnissen, die zwischen Hard- und Softwareindustrie und Spielenden mit Behinderung entstehen und aus denen die jeweiligen Zugangstechnologien hervorgehen. Über den von David Parisi (2017) geprägten Begriff der disabling infrastructures wird die ambivalente Wirkung von Standardisierungsprozessen thematisiert, die diese Verhältnisse maßgeblich prägen. Die chronologisch aufgebaute Analyse orientiert sich an Fallbeispielen und schließt professionelle, industrialisierte Hard- und Softwareprodukte ebenso ein wie do-it-yourself-Praktiken des hackings, moddings und customizings. Wie aus der Analyse der repräsentativen Fallbeispiele deutlich wird, ist größere Zugänglichkeit zu Video- beziehungsweise Konsolenspiele nicht das Ergebnis großer technischer Neuerungen, sondern vielmehr den Anstrengungen einzelner Spieler*innen und ihren jeweiligen Communities zu verdanken.
Markus Spöhrer
Medienwissenschaft und ‚Behinderung‘. Zu Ursprüngen und Bewusstwerdung eines epistemologischen Hindernisses
Zusammenfassung
In dem Bestreben, Technik zu historisieren und theoretisch zu fassen, greifen die Medien- und Kulturwissenschaften immer wieder auf ,Behinderung‘ zurück. Insbesondere die von Friedrich Kittler geprägte Medienarchäologie hat einige Genealogien hervorgebracht, innerhalb derer Behinderungen als Möglichkeit und Movens technischen Fortschritts in Szene gesetzt werden. Wissenschaftler*innen aus den Disability Studies haben zu Recht kritisiert, dass derartige Rückgriffe häufig nicht am Phänomen geschult sind und ‚Behinderung‘ so zur narrative prosthesis (Mitchell und Snyder 2000) verkommt. Im Anschluss an das Konzept der dismediation, wie Mara Mills und Jonathan Sterne (2017) es in Reaktion auf diesen Befund vorstellen, unternimmt der Beitrag eine kritische Analyse der Schriften Friedrich Kittlers und zeigt, wie ein eingeschriebener Ableismus hier als „epistemologisches Hindernis“ (Bachelard 1974) wirkt. Dem vorangestellt ist eine Reflexion rezenter Texte mit Bezug zum Feld der Medienarchäologie, anhand derer die Bewusstwerdung der Wirkung von ‚Behinderung‘ als Strukturkategorie nachvollzogen wird.
Anna-Lena Wiechern
Assistierte Kommunikation aus medienarchäologischer und biographischer Perspektive
Zusammenfassung
Der Artikel untersucht die Bedeutung des Assistenzbegriffs für die medienwissenschaftlich orientierten Disability Studies. Assistenz wird häufig als eine (inklusions-)politische Kategorie diskutiert. Im Beitrag wird gezeigt, welche Bedeutungen dem Begriff der Assistenz im Kontext von Behinderungserfahrungen und in der Geschichte der digitalen Medien zugeschrieben wurden und welche Bedeutung der Begriff für die Analyse von historischen wie gegenwärtigen Medienpraktiken besitzt. Das Spannungsfeld zwischen spezifischen Möglichkeiten und Barrieren digitaler Assistenztechnologien ist das Kernthema des Beitrages. Fallbeispiel für diese Überlegungen bildet die Geschichte der Unterstützten Kommunikation (UK), insbesondere des Sprachcomputers. Wir nähern uns dem Thema auf der Grundlage empirischer Studien, die von der Geschichte des Computers bis zu gegenwärtigen Praktiken der Unterstützten Kommunikation reichen.
Indem wir die Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Lebensbereichen untersuchen, in denen assistive Technologien entwickelt und eingesetzt werden, wird ein empirisch fundiertes Verständnis des Assistenzbegriffs präsentiert. Der historische Wandel geht mit Effekten auf den alltäglichen Gebrauch und auf die Entwicklung von Lebensläufen einher. Historische Entwicklungsschritte erzeugen Möglichkeiten und Unmöglichkeiten des Technikgebrauchs und entsprechend spiegeln sich diese Un-/Möglichkeiten in biographischen Lebensentwürfen wider. Das technische Design bestimmt Gebrauchs-, Handlungs- und damit Lebensmöglichkeiten, andersherum fließen Gebrauchsweisen in die technische Entwicklung ein. Beide Seiten darzustellen, ist Ziel des Beitrages.
Jan Müggenburg, Andreas Wagenknecht
Kaskaden der Marginalisierung und randständige Infrastrukturierung
Zu den Auswirkungen normativer Technikentwicklung am Beispiel von Videokommunikation und gehörlosen Nutzer*innen
Zusammenfassung
Das Kapitel untersucht anhand einer Parallelisierung der Entwicklung von Bildtelefonie- und Videokonferenzmedien einerseits und der Nutzungsgeschichte von Telekommunikationsmedien durch Gebärdensprachler*innen andererseits exemplarisch die systematische Marginalisierung nicht normkonformer Mediennutzer*innen in der Praxis der Technikentwicklung. Auf der Grundlage historischer Fallbeispiele aus den USA und der Bundesrepublik Deutschland seit den 1960er-Jahren zeigt das Kapitel, wie sich Vorstellungen über nichtbeeinträchtigte Körperlichkeit und Praktiken lautsprachlicher Kommunikation als implizite Normen in Medientechnologien einschreiben. Dieser technologieinhärente Ableismus führte in der Geschichte der visuellen Telekommunikation immer wieder dazu, dass Gebärdensprachler*innen technische Funktionalitäten und Nutzungsmöglichkeiten nicht oder nur in unzureichendem Maße zur Verfügung standen. Das Kapitel argumentiert, dass die Diskrepanz zwischen fiktiven und realen Nutzer*innen regelmäßig einen erhöhten Infrastrukturierungsaufwand auf Seiten gehörloser Mediennutzer*innen produziert, weil nicht normkonforme Kommunikations- und Medienpraktiken durch Formen infrastrukturierender Übersetzungsarbeit an die ableistischen Technologien und Erwartungen der Mehrheitsgesellschaft angepasst werden müssen. Im Rückgriff auf das von Jonathan Sterne und Mara Mills geprägte Konzept der dismediation plädiert das Kapitel für eine dis/ability-sensitive Medienhistoriografie.
Axel Volmar
Disability-Aktivismus und Social Media
Zusammenfassung
Das Kapitel widmet sich neuen Entwicklungen und Erkenntnissen im Bereich des Disability-Aktivismus auf Social Media vor allem im englischsprachigen (angloamerikanischen und britischen), aber auch im südkoreanischen Kulturraum. Es gibt Einblicke in Fragen der Umsetzung von Barrierefreiheit in den sozialen Medien, in Ziele und Herausforderungen des Disability-Aktivismus und vergleicht Formen und Ergebnisse des Online- und Offline-Aktivismus. Anhand der Diskussion kritischer Auswertungen von Aktivist*innen-Interviews und der Analyse des YouTube-Kanals der britischen Disability- und Queer-Aktivistin Jessica Kellgren-Fozard wird gezeigt, dass sich die Strategien und Produkte des Social Media-Aktivismus besonders effektiv mithilfe der Akteur-Netzwerk-Theorie untersuchen und beschreiben lassen. In der Diskussion des YouTube-Kanals wird deutlich, dass die volle Umsetzung der Ziele und Bedürfnisse von Disability-Aktivist*innen auf Social Media (große Reichweite und Sichtbarkeit ihrer Inhalte, stärkere Kontrolle über Inhaltsverbreitung und -kontextualisierung, verbesserte Zugänglichkeit von Nutzer*innen-Oberflächen und Software) nur durch eine Werteveränderung der Medienplattformen möglich ist.
Katrin Röder
Mobil oder online bezahlen? Reflexionen blinder Blogger*innen über digitale Geld-Praktiken
Zusammenfassung
Vor dem Hintergrund einer gegenwärtigen Digitalisierung des Geldverkehrs untersuchen wir in diesem Beitrag Praktiken des Bezahlens. Wir konzentrieren uns auf blinde Geldpraktiken, um Versprechen, Potenziale und Widersprüche der Digitalisierung auf der Ebene der sinnlichen Wahrnehmung, der Verkörperung von Wissen und der materiellen Beschaffenheit von Geld-Objekten nachzuvollziehen. Wir kombinieren Methoden der Autoethnographie und kulturwissenschaftlichen Disability-Forschung, um blinde Umgangsweisen mit Geldautomaten, Touch-screen basierten EC-Terminals und Selbstbedienungskassen sowie Onlineshopping zu analysieren. Indem wir sowohl auf eigene Beobachtungen als auch auf Blogeinträge zurückgreifen, verbinden wir auf produktive Weise die Perspektiven einer blinden Forscherin und eines sehenden Forschers.
Natalie Geese, Robert Stock
Praktiken der Nicht-/Behinderung
Haptik, Zwischenkörperlichkeit und Digitalisierung in der professionellen Demenzpflege
Zusammenfassung
Dieser Beitrag erforscht Praktiken der Nicht-/Behinderung im institutionellen Kontext professioneller Demenzpflege. Behinderung wie auch Nichtbehinderung werden dabei als soziale Praktiken betrachtet, die durch wechselseitige Bezugnahmen situativ von den Interaktionsteilnehmer*innen selbst hervorgebracht werden. Aus einer interaktionssoziologischen Perspektive werden sprachliche, affektive, haptische und zwischenkörperliche Praktiken der Nicht-/Behinderung betrachtet, die den konkreten Umgang mit unbelebten Objekten, Tieren und Robotern mitgestalten und zugleich von den Interaktionsteilnehmer*innen als Ressourcen zur Initiierung und Fortführung ihrer Interaktionen genutzt werden. Auf der empirischen Grundlage von videobasierten Interaktionsanalysen wird gezeigt, wie sprachlich-reflexive Praktiken Handlungskoordinationen mit Menschen mit Demenz behindern, während haptische, affektive und zwischenkörperliche Praktiken die Koordination gemeinsamer Handlungen ermöglichen. Auch Objekte, Tiere und Roboter können in unterschiedlichen Graden an diesen Interaktionen teilnehmen, wenn sie spezifische materielle, haptische und zwischenkörperliche Qualitäten besitzen, die für menschliche Interaktionspartner*innen mit und ohne Demenz gleichermaßen interaktional anschlussfähig sind und zum Beispiel basale Formen von Emotionalität, Reziprozität und Verständigung ermöglichen.
Christian Meier zu Verl
Somatechnische Erfahrungen. Ethnographische Gespräche mit Kindern mit Prothesen aus dem 3D-Drucker
Zusammenfassung
Assistive Technologien wie die 3D-gedruckte Prothese des Netzwerks e-NABLE, das ehrenamtliche Unterstützung für die Herstellung von Prothesen für Menschen mit fehlenden Gliedmaßen anbietet, ermöglichen Menschen mit Behinderungen eine verbesserte Teilhabe am Alltagsleben, indem sie körperliche Differenzen ausgleichen (sollen). Dabei prägen kulturelle Praktiken und gesellschaftliche Umstände das Verständnis von assistiver (Gesundheits-)Technik und Körper. Bei Kindern mit Behinderungen erfordert die Forschung einen sensiblen Ansatz. Der vorliegende Beitrag diskutiert geeignete Zugänge und Methoden für Interviews und ethnographische Gesprächsführung mit Kindern mit Körperdifferenzen an Händen und Armen, die eine e-NABLE Prothese verwenden, um somatechnische Erfahrungen unter Einsatz einer interdisziplinären Methode zu untersuchen. Dies geschieht im Rahmen des Projekts „Additive Manufacturing: Enabling-Technologien in der Kindheit“, das den Technikentwicklungsprozess, die Nutzung der 3D-gedruckten Prothesen bei Kindern sowie die damit verbundenen sozio-kulturellen Aspekte in den Blick nimmt. Diese umfassende Betrachtung hilft, ein tieferes Verständnis dafür zu entwickeln, wie die Kinder ihre Prothesen im Kontext ihrer Lebenswelten wahrnehmen und einsetzen. Dieser Beitrag fokussiert die Frage danach, wie ein ethnographisches Gespräch mit solchen Kindern angemessen durchgeführt werden kann. Da sozialwissenschaftliche Befragungsmethoden von Kindern an ihre Grenzen stoßen, wird ein interdisziplinärer Ansatz vorgestellt, der Methoden aus der Designforschung in die sozialwissenschaftlich-ethnographische Gesprächsführung integriert.
Melike Şahinol
Aesthetics of Access als Übersetzungsmoment. Angela Alves’ digitale Performance No Limit
Zusammenfassung
Die Covid-19-Pandemie verursachte einen Digitalisierungsschub im Theater, der neue digitale oder hybride Formate unter Einsatz digitaler Kommunikationsplattformen hervorbrachte. Die Produktion No Limit (2020) von Angela Alves in Co-Produktion mit den Sophiensaelen und der Schaubühne Lindenfels stellt eine Pionierarbeit von und mit behinderten und Tauben Performer*innen dar, die bereits im Probenprozess während des Lockdowns im Frühjahr 2020 in den digitalen Raum übersetzt wurde (Wie insbesondere in selbstbestimmten Kontexten von Tauben Menschen häufig gebräuchlich, nutzen wir die Formulierung „behinderte und Taube Performer*innen“, da sich Taube Menschen als kulturelle Minderheit mit eigener Sprache verstehen, nicht (primär) als Teil der Behindertenkultur (Jones 2002, S. 58).). Der Beitrag diskutiert anhand einer Analyse von No Limit, inwiefern mobile Technologien als unterstützende Strukturen (Hargrave 2015) einerseits neue Ästhetiken im Sinne einer aesthetics of access hervorbrachten und andererseits ableistische Strukturen im Theater aufzeigten, destabilisierten und aufbrachen. Dabei erweitern wir Gili Hammers Konzept der verkörperten Übersetzung (2021), das Übersetzungsprozesse in Probenprozessen inklusiver Tanzproduktionen beschreibt, um Produktionsprozesse im digitalen Raum. Gleichzeitig muss kritisch hinterfragt werden, inwiefern neue Technologien automatisch eine Barrierefreiheit für behinderte Theaterschaffende fördern. Vielmehr zeigt sich die ambivalente Position, die behinderte Künstler*innen in der Pandemie einnehmen – als Expert*innen für einen alternativen Umgang mit (Im-)Mobilität, die gleichzeitig teilweise im Kontext einer digitalen Kluft mit erhöhten Barrieren konfrontiert sind.
Yvonne Schmidt, Nina Mühlemann, Celestina Widmer
Zugangswissen und Zugangsarbeit – Über Potenziale und Barrieren der digitalen Zusammenarbeit
Zusammenfassung
Der Beitrag geht der Frage nach, wie mediale Teilhabe von Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen – etwa im beruflichen Kontext – ermöglicht oder verhindert wird. Untersuchungsgegenstand sind digitale Kommunikationspraktiken im Kontext von Videokonferenzen während der Coronapandemie. Ausgehend von der These, dass Be_hinderung bewusst oder unbewusst in digitale Technologien eingebaut und somit durch sie gesellschaftlich konstruiert wird, nehmen wir in den Blick, wie digitale Zusammenarbeit auf Distanz durch die Pandemie zwar massiv ausgebaut wurde, jedoch oftmals digitale Barrieren einzog. Mit unserer Analyse zeigen wir, wie wertvoll das Erfahrungswissen von Menschen mit Behinderungen sowie ein Verständnis ihrer Umgehungslösungen (Workarounds) sind. Zugleich machen wir darauf aufmerksam, wie selten dieses Expert*innenwissen in der technischen Realisierung Berücksichtigung findet.
Die Untersuchung an der Schnittstelle von Medienwissenschaft, Autoethnographie und Designtheorie schlägt eine Rekonzeptualisierung des Konzepts der Zugänglichkeit vor, die am Beispiel von Videokonferenzen eine fortlaufende kollaborative, kooperative (Schüttpelz und Gießmann 2015) Anstrengung beschreibt und dabei relevantes Zugangswissen und Zugangsarbeit (Hamraie 2018) umfasst. Beides setzt sich, so demonstriert der Beitrag, aus situierten Umgehungslösungen, individuellen Hacks und Improvisationen zusammen, die das produktive, innovative Potenzial einer Zusammenführung von Menschen mit Behinderungen, sensorischen Praktiken, Erfahrungen und digitalen Medien offenlegen.
Die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in Gestaltungsprozessen von Technologie ist oft unzureichend, was zu einer Vernachlässigung ihrer Bedürfnisse führen kann. Zugänglichkeit erfordert zugleich kontinuierliche kollaborative Anstrengungen und beinhaltet Zugangswissen und Zugangsarbeit. Es zeigt sich umso mehr, dass Nutzer*innen eine aktivere Rolle in Gestaltungsprozessen zukommen sollte. Workarounds und Hacks erweisen sich dabei als wertvolle Informationsquellen für Forschungs- und Entwicklungsprozesse.
Tom Bieling, Frithjof Esch, Beate Ochsner, Siegfried Saerberg, Robert Stock
Dis/ability an Hochschulen. Ein Gespräch über Zugänglichkeiten, In/Kompetenzen und diversitätssensible Lehre
Zusammenfassung
Dialogisch erarbeitet dieser Beitrag Perspektiven auf das Themenfeld dis/ability an Hochschulen, geleitet von Fragestellungen der Hochschuldidaktik, Medienwissenschaft sowie des Einsatzes von digitalen Lehr-Lern-Technologien. Ausgehend von Hochschulen als Spannungsfeld von Exzellenz und Inklusion, von Studierbarkeit und selbstreguliertem Lernen werden die Gestaltungsmöglichkeiten von Institution vs. Lehrpersonen diskutiert. Mit Blick auf nicht-menschliche Akteur*innen wird ein In-/Kompetenzansatz skizziert in Ergänzung zu Modellen digitaler Kompetenzen. Es wird ausgelotet, welchen Beitrag Lehrende zu Diversitätsfairness im Studium leisten, beziehungsweise wo die Verantwortung bei anderen Personen und Stellen innerhalb des Systems Hochschule liegt. Dabei sind die institutionellen Ebenen komplex, das Zusammenwirken zwischen ihnen teilweise herausfordernd. Anschließend wird skizziert, welche In- und Exklusionen sich aus bestehenden Rechtsansprüchen im Zusammenhang mit dis/ability an Hochschulen ergeben. Der Beitrag schließt mit einer Standortbestimmung zur Verankerung von Diversitätssensibilität in Hochschule und digitaler Lehre.
Sonja Buchberger, Jana Herwig
Metadaten
Titel
Dis/Ability und digitale Medien
herausgegeben von
Robert Stock
Christian Meier zu Verl
Melike Şahinol
Markus Spöhrer
Axel Volmar
Andreas Wagenknecht
Anna-Lena Wiechern
Copyright-Jahr
2025
Electronic ISBN
978-3-658-46724-1
Print ISBN
978-3-658-46723-4
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-46724-1