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07.04.2025 | Diversitätsmanagement | Kommentar | Online-Artikel

Unternehmen, stoppt Trumps Diversity-Wahn!

verfasst von: Andrea Amerland, dpa

6:30 Min. Lesedauer

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Einige US-Firmen fahren ihre Diversity-Programme herunter. Sie sind eingeknickt, seitdem Donald Trump gegen Vielfalt wettert. Auch in Europa beugen sich Unternehmen dem Diktat des US-Präsidenten. Warum sie das besser lassen sollten.

Die US-Regierung geht seit Januar nicht nur mit harter Hand gegen Programme für Diversität in Bundesbehörden vor, die Trump als diskriminierende und illegale Bevorzugung bezeichnet, sondern jetzt auch gegen die von Geschäftspartnern. Amazon, Meta, Ford und McDonald’s haben sich in den USA mit diesen Forderungen bereits angebiedert  - in vorauseilendem Gehorsam. Auch in Europa gibt es erste Beispiele dafür, sich lieber nicht mit dem wütenden King of USA anzulegen. So haben der Schweizer Pharmakonzern Roche und die Bank UBS bereits ihre Diversitäts-Ziele gestrichen. 

Selbst EU-Firmen geraten nun  in Trumps Diversity-Visier. Wie der Republikaner darauf kommt, dass Unternehmen auf dem Kontinent in seinen Wirkungsbereich gehören, ist mit den Regeln der Logik allerdings nicht zu erklären - wie so Vieles, was der 78-Jährige äußert - von den Ansprüchen auf das dänische Grönland bis hin zu Strafzöllen gegen Verbündete und wichtige Handelspartner. Bereits in anderem Kontext ließen seine Verhaltensweise nicht nur die Demokratin Nancy Pelosi an seiner geistigen Gesundheit zweifeln, die ihrer Einschätzung nach von dementen Zügen geprägt ist.

Frankreich wehrt sich sich gegen Trumps Diversity-Einmischung

Als jüngstes Beispiel für Trumps Diversity-Wahn sollte Frankreich mit einem Anti-Wokeness-Schreiben auf Linie gebracht werden. Die Firmen mit US-Regierungsverträgen seien darin aufgefordert worden, die Einhaltung der Regeln zum Verbot von Programmen zur Förderung von Diversität, Gleichstellung und Inklusion ("Diversity, Equity and Inclusion", DEI) in einem Fragebogen zu bestätigen, berichten verschiedene Quellen. Die Unternehmen sollten binnen fünf Tagen ihr Einverständnis geben oder detailliert mitteilen, warum sie dieses verwehren. Konkret seien Unternehmen aus den Bereichen Verteidigung und Infrastruktur betroffen.

Offenbar gab es keinen Hinweis darauf, dass die angeschriebenen Unternehmen aufgrund ihrer Präsenz in den USA ausgewählt wurden. Und augenscheinlich sind die ESG-Pflichten (Environmental, Social und Governance) europäischer Unternehmen, zu denen Gleichstellung, Vielfalt und Inklusion gehören, ein Fremdwort für Trump. 

Der französische Minister reagierte auf das Ansinnen jedenfalls brüskiert wie deutlich. "Die Einmischung der USA in die Inklusionspolitik französischer Unternehmen wie auch die Drohung ungerechtfertigter Zölle sind inakzeptabel", teilte das zuständige Ministerium für Außenhandel mit. Und weiter: "Frankreich und Europa verteidigen ihre Unternehmen und ihre Verbraucher, aber auch ihre Werte". Zu dieser Haltung lässt sich nur gratulieren. Chapeau, Frankreich!

Unternehmen sollten sich gegen Anti-Wokeness positionieren

Ähnlich wie unser Nachbarland sieht es auch die Deutsche Bank, die sich von Trump in Sachen Diversity nicht gleich ins Bockshorn schlagen lassen will. "Wir sehen Vielfalt als Stärke und als Beitrag zu unserer Wertschöpfung - bis hinauf in den Vorstand“, sagte Christian Sewing. Er selbst verstehe sich als "starker Befürworter" dieser Programme. Auch die Mitgliedschaft in Klimaallianzen sei gesichert, so der Vorstandsvorsitzende weiter.

Sowohl BMW als auch die Deutsche Telekom kündigten zunächst an, sich beim Diversitätsmanagement nicht hineinreden lassen zu wollen. Bleibt allerdings abzuwarten, ob diese Divise noch gilt, wenn Donald Trump den Druck auf vielfältige Geschäftspartner mit Sanktionen erhöhen sollte.

Im Falle der Telekom-US-Tocher haben die guten Vorsätze jedenfalls nicht lange gewährt. T-Mobile hat sich gegenüber der amerikanische Telekom-Regulierungsbehörde FCC zu einer weitgehenden Aufgabe von Initiativen für Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion verpflichtet. Das berichtet die "Welt am Sonntag" (WamS).

Ein Sprecher des Mutterkonzerns in Bonn sagte allgemein auf dpa-Anfrage, die Deutsche Telekom bleibe ihren Werten verpflichtet. Zugleich stelle sie "die vollständige Einhaltung aller rechtlichen Vorgaben in Europa und den USA" sicher. 

Europa muss Vielfalts-Gedanken verteidigen

Auch wenn aktuell nicht bekannt ist, dass deutsche Firmen Anti-Wokeness-Schreiben erhalten haben, sind Unternehmen hierzulande gut beraten, sich klar gegen den Diversitätswahn des US-Präsidenten zu positionieren. Sie sollten klar signalisieren, dass sie über ihre Personalstrategie selbst entscheiden und niemand sonst - schon gar nicht ein größenwahnsinniger Immobilienhändler. 

Denn es gilt, liberale und demokratische Werte zu verteidigen. Programme, die für mehr Gleichberechtigung im Beruf sorgen sollen, indem sie Menschen fördern, die es schwerer haben, Karriere zu machen, etwa wegen einer Behinderung oder weil sie zu einer Minderheit gehören, haben sich bewährt.

Gerade auch in Deutschland werden Top-Jobs immer noch über Old-Boys-Netzwerke vergeben. Deswegen ist die Quotenregelung für mehr Frauen in Aufsichtsräten börsennotierter und paritätisch mitbestimmter Unternehmen in Höhe von 30 Prozent sinnvoll für Geschlechtergerechtigkeit. Ebenso in Vorständen von börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen gilt: Mit mehr als drei Mitgliedern muss mindestens ein Mitglied eine Frau und ein Mitglied ein Mann sein. 

Quotenregelungen bringen Unternehmen nach vorn

Quotenregelungen muss niemand lieben, letztendlich sind sie eine gesetzliche Krücke, um verkrustete gesellschaftliche Strukturen aufzubrechen. Aber sie zeigen Wirkung. In Summe hat die Quote hierzulande für mehr Vielfalt im Top-Management gesorgt und den Frauenanteil auf einen Höchststand gebracht. Davon profitiert die Wirtschaft. Denn Studien belegen, das Betriebe mit Frauen an der Spitze höhere Kapitalrenditen, höhere Gewinnspannen und eine niedrigere Volatilität aufweisen. Zudem sind Firmen mit hohem Frauenanteil im Vorstand auch weniger verschuldet und haben allgemein ein besseres Finanzmanagement.

Homogene Teams verhindern Innovation

Werden Führungspositionen hingegen ohne Diversitäts-Ziele besetzt, greift das Prinzip "Schmidt sucht Schmidtchen". Dann holen sich alte, weiße Männer - wie Trump - alte, weiße Männer an die Seite. Oder noch viel schlimmer in Vetternwirtschaft gleichgesinnte Speichelschlecker wie Vance, Hegseth oder Rubio, deren Kompetenz allein daran besteht, ihrem Meister die Füße zu küssen. Sind Teams zu homogen (dumm) leidet auch die Innovationsfähigkeit, denn etwas Dissens ist gut für die Kreativität. All das ist durch Studien erwiesen.

Nicht umsonst kritisieren Investoren seit Langem die zu homogenen Führungsetagen deutscher Konzerne, deren Besetzung zu oft mit ähnlichen Profilen und Werdegängen erfolgt. Und das Trumpsche (Grusel-)Kabinett ist der beste Beweis dafür, wie fehlendes Diversitätsmanagement bei der Personalauswahl, Gremien auf einen Holzweg führen kann. 

"Je mehr Perspektiven ich am Tisch sitzen habe, desto besser wird mein Produkt, desto besser wird meine Dienstleistung und desto besser wird meine Idee", urteilt etwa die aus der TV-Sendung "Höhle der Löwen" bekannte Tijen Onaran, Diversity-Expertin und CEO von Global Digital Women. Viele Perspektiven bedeuten in diesem Fall auch, einfach mal den Finger zu heben und zu widersprechen, wenn ein Team in die falsche Richtung galoppiert.

Diversity-Kehrtwende schadet Ruf

Gäben europäische Unternehmen Trumps Druck also opportunistisch nach, um möglichen Repressalien aus dem Weg zu gehen, schaden sie sich in vielerlei Hinsicht. Sie müssen zudem mit nicht zu unterschätzenden Reputationsschäden rechnen. Denn wer Diversitiy zunächst propagiert, gar sein Image im Recruiting damit aufpoliert und dann eine 180-Grad-Wende vollzieht, verspielt Vertrauen bei vielen Stakeholdern - Kunden, Bewerbern, Beschäftigten und Investoren. Verabschieden sich Betriebe vom Vielfaltsgedanken aus Angst vor Donald Trump, könnte ihnen zudem blühen, was Tesla aktuell erlebt: Absatzeinbrüche für das einst so gehypte E-Auto, weil Elon Musk es als Trumps Axt im Walde der US-Administration mit der Workforce Transformation einfach übertreibt. 

Firmen sind also gut beraten, sich nicht in personalpolitische und unternehmerische Entscheidungen hineinreden zu lassen. Ganz im Gegenteil heißt es jetzt, Haltung zu zeigen, um das demokratische Prinzip von Diversity gegen die Ewiggestrigen zu verteidigen. Und mehr noch: Sie sollten Vielfalt als das Mittel gegen jedwede Form der Einfalt verstehen, diese ausbauen und zelebrieren, um Trumps Diversity-Wahn zu durchbrechen.

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