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21.02.2020 | E-Commerce | Schwerpunkt | Online-Artikel

Das Geschäft mit den Käufermeinungen

verfasst von: Johanna Leitherer

2:30 Min. Lesedauer

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Online-Kundenbewertungen sind subjektiv und manchmal irreführend. Händler und Plattformbetreiber können dafür aber nicht verantwortlich gemacht werden, urteilte jetzt der Bundesgerichtshof.

Käufermeinungen haben im E-Commerce einen hohen Stellenwert. Laut einer aktuellen Umfrage des Marktforschungsinstituts Bitkom lesen 56 Prozent der Online-Käufer Rezensionen, bevor sie sich zum Kauf entscheiden, wie springerprofessional.de berichtete. Objektive Urteile können Konsumenten dabei jedoch nicht erwarten.

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"Kundenbewertungen werden stark von Gefühlen, subjektiven Maßstäben und den Interpretationskontext beeinflusst", erklärt Springer-Autor Hans-Peter Herrmann im Buchkapitel "Kundenbewertungen" (Seite 37). Daran ist wenig zu rütteln. Kann deshalb von Händlern und Plattformbetreibern erwartet werden, dass diese unsachgemäße Käufermeinungen löschen, um den Eindruck von Produkten zu objektivieren?

Keine Haftung für Versprechen der Kunden 

Nein, urteilte nun der Bundesgerichtshof (BGH) und wies damit die Klage des Verbands Sozialer Wettbewerb (VSW) ab. Dieser wollte erwirken, dass eine Anbieterin für medizinische Tapes Kundenbewertungen auf der Online-Handelsplattform Amazon löschen muss, die dem Produkt eine schmerzlindernde Wirkung zuschreiben. Da der Effekt bislang nicht eindeutig wissenschaftlich belegt werden konnte, hatte der Verband bereits vor Jahren durchgesetzt, dass die Anbieterin auf dementsprechende Produktversprechen verzichten muss.

Damit auch die Kunden die Tapes nicht auf Basis falscher Tatsachen indirekt bewerben, forderte der VSW die Anbieterin dazu auf, eine Löschung der Bewertungen bei Amazon zu veranlassen. Durch Rezensionen entstandene Werbeeffekte seien jedoch der Beklagten nicht zuzurechnen, auch wenn die gesundheitsbezogenen Angaben der Käufer in die Irre führten, so das BGH zur Urteilsbegründung. Plattformbetreiber und Händler trifft daher keine wettbewerbsrechtliche Haftung.

Plattformen filtern Bewertungen

"Von ausschlaggebender Bedeutung ist dabei, dass Kundenbewertungssysteme auf Online-Marktplätzen gesellschaftlich erwünscht sind und verfassungsrechtlichen Schutz genießen", heißt es in einer Mitteilung des BGH. Der Digitalverband Bitkom etwa begrüßt das Urteil und das damit bekräftigte Grundrecht der Meinungs- und Informationsfreiheit. Außerdem habe es die Rechtssicherheit der Händler und Plattformbetreiber gestärkt. 

"Viele Plattformen filtern bereits gefälschte, gekaufte und nicht vertrauenswürdige Bewertungen heraus. Weitere Eingriffe oder das Löschen einzelner Bewertungen, etwa durch Verkäufer oder Plattformbetreiber, würden Transparenz und Unabhängigkeit von Kundenbewertung insgesamt beschädigen", meint Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. Ob Kundenrezensionen positiv oder negativ ausfallen, liege nicht in der Hand des Verkäufers.

Rechtliche Grauzonen

Tatsächlich aber gab es schon häufig Fälle, in denen angenommen werden muss, dass Unternehmen an den abgegebenen positiven Bewertungen nicht ganz unbeteiligt waren. Auch Springer-Autor Harald Kindermann stellt im Kapitel "Entscheidungen und Beeinflussungen" seines Buchs "Konsumentenverständnis" fest, "dass manche Unternehmen dazu neigen, gute Bewertungen auf eine Art zu erzeugen, die nichts mit einer normalen Kundenbewertung zu tun hat. Bewertungen werden einfach bei diversen Anbietern gekauft" (Seite 269).

Aber auch Kunden gehen bei ihrer Rezension gelegentlich strategisch vor und bewerten ein Produkt negativ, um bessere Konditionen von den Anbietern zu erzwingen, wie Kindermann schildert. All diese Entwicklungen offenbaren die brisante Eigendynamik, mit der die nur schwer kontrollierbaren Online-Bewertungen den E-Commerce prägen. Für Unternehmen bleibt es eine Herausforderung, dabei nicht komplett das Steuer aus der Hand zu geben.

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