Ab Juni 2025 müssen unter anderem E-Commerce-Shops barrierefrei werden. Viele Betreiber und Unternehmen sind jedoch noch nicht soweit. Das wirkt sich auf Kundenbindung und Umsätze aus.
Unternehmen müssen ihre E-Commerce-Kanäle, etwa Webshops, spätestens ab diesem Zeitpunkt so gestalten, dass ein inklusives Webdesign und ein barrierefreier Zugang zu den Webshops gewährleistet ist. Am 22. Juli 2021 wurde das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates (also das Gesetz zur Umsetzung des European Accessibility Act – EAA) über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen im Bundesgesetzblatt veröffentlicht, erklärt dazu die Autorin Gabriele Horcher im essential "Barrierefrei kommunizieren für Unternehmen" (auch: Sales Excellence-Ausgabe 3/2024, Seite 22). Betroffen sind erstmals private Wirtschaftsakteure, hier beispielsweise Unternehmen mit ihren Produkten und Dienstleistungen, die typischerweise für den Zugang zum Internet und den Abschluss von Verträgen über das Internet genutzt werden.
In einer internationalen Studie von Capterra wurde jetzt untersucht,, wie Unternehmen die Voraussetzungen für Barrierefreiheit in ihren Webshops bereits umsetzen und auf welche Herausforderungen sie dabei stoßen. Befragt wurden 2.748 Mitarbeiter aus zwölf Ländern und den Bereichen E-Commerce, Marketing, Website-Design, IT sowie Support, Vertrieb und Kundendienst zu ihren Erfahrungen mit der Gestaltung und Nutzung digitaler Arbeitsumgebungen.
Fehlende Barrierefreiheit kostet Kunden
Die wichtigste Botschaft der Studienteilnehmer, davon 250 aus Deutschland: Ein mangelnder Umsetzungsgrad wirkt sich nach Ansicht der Befragten negativ auf das Kundenportfolio aus. So glauben
- 74 Prozent, dass ihr Unternehmen bereits aufgrund fehlender barrierefreier Funktionen auf ihrer Website Kunden verloren hat.
- 56 Prozent sind nicht auf das Inkrafttreten des European Accessibility Act (EAA) im Juni 2025 vorbereitet.
- 54 Prozent nutzen KI-gesteuerte Funktionen als Maßnahme der Barrierefreiheit, zum Beispiel für eine Sprachassistenz oder automatische Untertitel.
Unternehmen sollten sich jedoch auf die demnächst verpflichtenden gesetzlichen Regelungen vorbereiten. Dazu gehört auch das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz, das ab Juni 2025 verbindlich wird und die EU-Richtlinie in nationales Recht umsetzt.
Von den befragten Unternehmen haben jedoch 14 Prozent noch keine Pläne, wie sie ein inklusives Webdesign umsetzen wollen, während 36 Prozent sich schon damit beschäftigt haben, und 2025 konform mit den neuen gesetzlichen Richtlinien sein werden.
Im Ländervergleich schneidet Deutschland allerdings bei der digitalen Barrierefreiheit gut ab: 80 Prozent der Studienteilnehmer aus Deutschland räumen der Umsetzung der Barrierefreiheit eine hohe bis sehr hohe Priorität in ihrem Unternehmen ein und 79 Prozent geben an, dass sie spezielle, dafür relevante Funktionen auf ihrer Website anbieten.
Werden inklusive Webdesigns für E-Commerce-Shops von Unternehmen angeboten, kann das laut der Studie eine stärkere Kundenbindung, bessere Zielgruppen-Reichweite und eine verbesserte Performance in den Sozialen Medien nach sich ziehen. Unter den Befragten bestätigten außerdem 38 Prozent einen höheren Umsatz oder eine bessere Konvertierungsrate. Barrierefreie Websites erzielen insgesamt zudem eine bessere Nutzererfahrung und werden daher besser auf Suchmaschinen wie Google gerankt, so die Autoren der Studie.
Zu typischen barrierefreien Funktionen zählen etwa
- Änderung der Textgröße, Zoom oder Text hervorheben (50 Prozent)
- Videountertitel und Transkripte (49 Prozent)
- Text-to-Speech-Funktionen (42 Prozent)
- Tastaturnavigation (40 Prozent)
- Beschreibende Links (40 Prozent)
- Kompatibilität mit Bildschirmlesegeräten (40 Prozent)
- Anpassung von Farbe und Sättigung (39 Prozent)
- Entfernung von blinkenden Elementen (32 Prozent) sowie
- Alt-Texte für Bilder (32 Prozent)
Mehrwert von Barrierefreiheit besser kommunizieren
Allerdings liegt die größte Hürde beim Aufbau von Barrierefreiheit im Web in der IT, wie die Studie ergeben hat. So wird am häufigsten die Komplexität von Software oder IT und das mangelnde Bewusstsein oder die Tatsache genannt, dass es nicht genügend gelingt, den Mehrwert digitaler Maßnahmen zur Barrierefreiheit aufzuzeigen. Doch „Webseiten, die Funktionen der Barrierefreiheit umsetzen, gewinnen dadurch nicht nur an neuen Kunden mit Behinderungen oder Einschränkungen, sondern können insgesamt ihren Kundenstamm vergrößern, indem sie die Kundenzufriedenheit, ihr Markenimage und ihre SEO- und Social-Media-Performance verbessern”, so Ines Bahr, Senior Content Analystin für Capterra Deutschland. Es ist also lohnenswert, sich des Themas anzunehmen und Vorteile auch für den Vertrieb in Unternehmen zu nutzen.