Die sinkenden Warenumsätze im E-Commerce im ersten Halbjahr 2022 sind im aktuellen Wirtschaftsklima keine große Überraschung. Welche Produkte bei Onlinehändlern stärker gefragt waren und wo Verbraucher ihre Ausgaben reduziert haben.
Die E-Commerce-Branche hat im zweiten Quartal 2022 einen Umsatzrückgang bei Waren in Höhe von 9,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum verzeichnet. Das hat der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V. (bevh) in einer Studie Anfang Juli herausgefunden. Für die Studie wurden von April bis Ende Juni 40.000 Privatpersonen aus Deutschland ab 14 Jahren befragt.
Wofür deutsche Verbraucher ihr Geld ausgeben, ist angesichts der angespannten Weltwirtschaftslage wenig überraschend. "Die Deutschen schränken sich angesichts steigender Lebenshaltungs- und Energiekosten bei nicht benötigten Waren oder Dienstleistungen deutlich ein", sagt Martin Groß-Albenhausen, Stellvertretender Hauptgeschäftsführer beim bevh. Dennoch könne der Onlinehandel, "der eine hohe Preistransparenz und Zugang zu passenden Angeboten ermöglicht, gerade jetzt bei Käufen dringend benötigter Bedarfswaren unterstützen". Aktuell erzielen Produkte aus den folgenden Kategorien die höchsten Umsatzzuwächse im Vergleich zum Vorjahreszeitraum:
- Haushaltsgroßgeräte (+6,1 Prozent)
- Spielwaren (+5,1 Prozent) oder
- Medikamente (+5,4 Prozent).
Am wenigsten vom aktuellen Umfeld betroffen sind Produkte aus der Kategorie "Täglicher Bedarf" (-1,4 Prozent) mit den Segmenten Lebensmittel, Drogerieprodukte und Tierbedarf.
Das aktuell stärkste Minus verzeichnen hingegen Produkte aus den Kategorien:
- Elektronikprodukte ( 19 Prozent), gefolgt von
- Büchern/EBooks/Medien ( 16,5 Prozent) sowie
- Blumen & DIY ( 15,5 Prozent).
- Der Umsatz in der Kategorie „Unterhaltung“ verringerte sich insgesamt um 15,8 Prozent ab, gefolgt von
- Bekleidung und Schuhen mit einem Minus von 11,1 Prozent.
Reine Onlinehändler kommen im zweiten Quartal 2022 auf ein Umsatzminus in Höhe von 5,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Multichannel-Händler haben mit einem Minus in Höhe von 14,6 Prozent deutlich stärker als der Markt verloren. "Die zuletzt viel zitierte Aussage, dass ‚die Party im E-Commerce vorbei sei‘", sieht Groß-Albenhausen vom bevh aber nicht bestätigt. Die Branche würde hart arbeiten, um den Zuspruch und das Vertrauen der Kunden zu erhalten. Und das gelinge den Online-Anbietern nachhaltig, so Groß-Albenhausen.
Keine Abkehr vom E-Commerce-Einkäufen
Trotz der generell geringeren Kaufabsichten sieht er keine Abkehr vom E-Commerce als Einkaufskanal. Das zeigen aus Sicht des Experten auch die hohen Zufriedenheitswerte in einer Sonderbefragung des bevh. Mit 96,8 Prozent sagten fast genauso viele Befragte wie im ersten Quartal (97 Prozent), sie seien mit der Bestellabwicklung sehr zufrieden oder zufrieden.
Neben der Bestellabwicklung muss auch die Qualität der verkauften Produkte stimmen. "Denn der Internethandel ist seiner Natur nach durch eine besonders hohe Transparenz und einen daraus resultierenden starken Preiswettbewerb geprägt", sagt Springer-Autor Alexander Fuchs im Kapitel des Fachbuchs "Qualitätskriterien im Bereich des Internetvertriebs" (Seite 96) in dem Fachbuch "Beschränkungen des Internetvertriebs aus kartellrechtlicher Sicht".
Hersteller hätten im Internethandel häufig nur eine geringere Kontroll- und Einflussmöglichkeit im Vergleich zum stationären Handel. Die Qualität im Vertrieb sollten Unternehmen zum einen bezogen auf die konkrete Qualität der Ware und zum anderen auf die Qualität des Vertriebswegs bewerten. Nur so könne der ambivalente Qualitätsbegriff aus Sicht der Verbraucher angemessen erfüllt werden.
KI erhöht Sicherheit für E-Commerce-Händler
Nicht nur um die Qualität, sondern auch um ihre eigene Sicherheit müssen sich Firmen in ihren Online-Shops kümmern. Im Jahr 2020 waren laut einer Umfrage von Crifbürgel 97 Prozent Opfer von Betrug. Zur Prävention können Unternehmen Künstliche Intelligenz (KI) einsetzen, beschreibt Springer-Autor Thomas Wernet in seinem Artikel "Disruption im Handel dank Corona – Neue Erfolgsfaktoren für On- und Offline-Kanäle"(Seite 162) in der Februar 2021-Ausgabe der Zeitschrift „Wirtschaftsinformatik & Management“.
KI übernimmt laut Wernet Dienstleistungen wie:
- die Identitäts- und Betrugsprüfung,
- Enttarnung von Bot-Netzwerken und Betrug,
- Echtzeitwarnungen und Schutz vor Missbrauch.
Die Machine-Learning-gestützte Prüfung von Kundenverhalten, Identitäts- und Gerätedaten erkennt laut Wernet "Auffälligkeiten noch während eines Antrags- oder Bestellvorgangs und ermöglicht es den Fraud-Experten in die manuelle Klärfallbearbeitung einzusteigen". Für bestmöglichen Schutz erfolge die Prüfung parallel auf mehreren Ebenen. Geprüft werden von der KI rund 900 verschiedene Faktoren.