Kunden erwarten ein reibungsloses Online-Einkaufserlebnis. Andernfalls droht die Gefahr von Kaufabbrüchen im Warenkorb. KI könnte den Unterschied machen – doch die breite Akzeptanz der Kunden fehlt.
E-Commerce ist alles andere als ein Selbstläufer: Nur eine kontinuierliche Optimierung der User Experience hält Kunden bei der Stange.
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Die digitalisierte Handelslandschaft bietet Kunden vielfältige Wege, um Kaufentscheidungen zu treffen. All diese Möglichkeiten, Einkäufe zu tätigen und Transaktionen abzuschließen, sind aber kein Garant, dass das Online-Kundenerlebnis, die User Experience (UX), auch wirklich für Begeisterung sorgt. Das zeigt eine globale Studie des Beratungsunternehmens Publicis Sapient mit 7.652 Konsumenten.
Vor allem in Momenten, in denen Technologien die Dinge komplizierter statt einfacher machen, bleiben Kunden im Gedächtnis. Jedes Hindernis hemmt demnach das Online-Kundenerlebnis und damit auch den E-Commerce-Erfolg des Vertriebs, so ein Fazit aus der Studie.
Zufriedenheit nach Branche
Diese Erfahrungen sorgen für unmittelbare Reaktionen, indem bereits gefüllte Warenkörbe wieder verworfen werden. Zudem wird die Erwartungshaltung an künftige Interaktionen geprägt. Die Kundenzufriedenheit ist also erfolgsentscheidend im E-Commerce. Tatsächlich variieren die in der Studie gemessenen Zufriedenheitswerte je nach Branche:
- Banken und Finanzdienstleistungen etwa sind mit der höchsten Zufriedenheitsrate (62 Prozent) und der niedrigsten Unzufriedenheitsrate (sechs Prozent) führend bei Verbrauchern.
- Der Transportsektor verzeichnet mit nur 26 Prozent die am wenigsten zufriedenstellenden digitalen Einkaufserlebnisse.
- 44 Prozent der Konsumenten haben noch keinen Gebrauch von digitalem Handel in diesem Sektor gemacht.
- Gleichzeitig erwarten 54 Prozent der Befragten in den kommenden drei Jahren nahtlose Einkaufsprozesse und schnellere Check-out-Optionen mit weniger Berührungspunkten und
- 40 Prozent möchten im E-Commerce-Angeboten auf Suchfunktionen zurückgreifen können, die intuitiv, dialogorientiert und plattformübergreifend aufgebaut sind.
Möglicherweise fehlt Unternehmen dadurch eine solide Datengrundlage, auf derer sie die User Experience verbessern könnten. Weitere branchenspezifische Informationen im Überblick liefert die nachfolgende Studiengrafik:
Wie zufrieden oder unzufrieden sind Konsumenten insgesamt mit dem digitalen Einkaufserlebnis, das Unternehmen bieten? Die Ergebnisse unterscheiden sich von Branche zu Branche.
Publicis Sapient
Personalisierung wirklich betreiben
Eine stetige Optimierung ist allerdings branchenübergreifend gefragt. Denn Konsumenten erwarten heute stärker denn je maßgeschneiderte Interaktionen, etwa personalisierte Rabatte, die auf ihre individuellen Bedürfnisse und Vorlieben eingehen. Dies gilt insbesondere für die jüngeren Zielgruppen, die Millennials und Gen Z. Wie in der Studie betont wird, hängen sich viele Betriebe nach wie vor an starren Personas auf, anstatt umfassende Personalisierung zu betreiben. "Entscheidend ist, den Menschen wirklich zu verstehen", sagt Jon Panella, Group Vice President – Commerce Lead bei Publicis Sapient.
Das gelingt nur mit einer soliden Datengrundlage, die als solche größten Schutz genießen sollte. Die Einführung von Customer Data Platforms (CDPs) und deren gezielte Nutzung ist der Studie zufolge unverzichtbar geworden. "Es kommt darauf an, wie man CDP-Daten nutzt – und darauf, wo jemand einkauft und wie, nicht nur was gekauft wurde", erklärt Panella. Im Idealfall lösen sich auf diese Weise Datensilos auf und es wird eine 360-Grad-Sicht auf den Kunden möglich. Mit diesem Wissen lasse sich die richtige Botschaft zur richtigen Zeit an die richtige Person senden. Die User Experience muss daran unbedingt anknüpfen.
Reibungspunkte ausmerzen
- Dazu ist es wichtig, die Leistung der Website zu optimieren, indem schnelle Ladezeiten der Standard sind.
- Entscheidend ist eine benutzerfreundliche Erfahrung mit intuitiver Navigation und
- ein verbesserter Kundenservice, beispielsweise durch KI-gestützte Chatbots oder intuitive FAQs in natürlicher Sprache.
- Transparenz und Auswahlmöglichkeiten zur Datennutzung schaffen zu guter Letzt das Vertrauen, persönliche Informationen bedenkenlos teilen zu können.
KI wird noch zurückhaltend genutzt
Künstliche Intelligenz (KI) kann an dieser Stelle interessante technische Dienste leisten. Denn KI-gestützte Tools ermöglichen den Verbrauchern, Transaktionen schneller und einfacher abzuschließen. "KI kann heute sehr effizient bei Rückerstattungen, Entschädigungen, Rücksendungen und Ersatzlieferungen eingesetzt werden", ergänzt Panella. "Sie kann auch Empfehlungen geben, etwa wenn ein Artikel tendenziell kleiner ausfällt oder ob Kunden besser eine andere Größe wählen sollten. Die Technologie versucht also, häufige Kundenbeschwerden proaktiv zu adressieren."
Trotz der einschlägigen Chancen, die KI-Tools im Rahmen des Online-Shoppings bieten, haben sie sich noch nicht bei Verbrauchern durchgesetzt. Das liegt vor allen Dingen an älteren Verbrauchern, die mit KI-Technologien weniger vertraut sind oder Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes haben. Auch im internationalen Vergleich treten Unterschiede zutage: Während Konsumenten in den USA und Australien KI-Funktionen wie personalisierte Preisnachlässe gegenüber aufgeschlossener sind, zeigen sich die Studienteilnehmer aus Deutschland und Frankreich eher zurückhaltend.
Lediglich 24 Prozent der Deutschen wünschen sich zum Beispiel KI-Assistenten, die Produkte empfehlen und dabei helfen, diese zu finden. 42 Prozent nutzen KI-Funktionen nicht und haben dies auch nicht vor. Immerhin geben 22 Prozent, dass sie zwar noch keine Erfahrungen mit KI-Tools gesammelt haben, dies aber gerne tun würden. Möglicherweise geht es also für Unternehmen darum, ihren Kunden mit guten Anwendungen die Vorteile der modernen Technologie näherzubringen.