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2008 | Buch

E-Mental-Health

Neue Medien in der psychosozialen Versorgung

herausgegeben von: Dr. Stephanie Bauer, Dr. Hans Kordy

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Über dieses Buch

E-Mental-Health - was ist das, wie funktioniert das? In Deutschland darf eine Psychotherapie bislang nicht nur über Medien vermittelt erfolgen, sondern es bedarf des persönlichen Kontakts. Aber die neuen Medien, wie Webseiten, Chats, E-Mail oder SMS spielen eine zunehmend wichtigere Rolle in den Bereichen Screening, Prävention, Beratung und Nachsorge – alle Prozesse der psychosozialen Versorgung finden vermehrt auch unter Nutzung neuer Medien statt. Mit diesem Fachbuch werden das neue Arbeitsfeld und die Möglichkeiten, die es für die klinische Psychologie, Psychiatrie und allgemein die psychosoziale Versorgung eröffnet, erstmals umfassend vorgestellt. Anhand eines einheitlichen Schemas werden 16 Projekte präsentiert, z.B. ein Präventionsprogramm für Essstörungen im Internet, die SMS-Nachsorge von Psychotherapien, Internetforen für psychische Störungen, Expositionsbehandlungen mit virtuellen Realitäten u.v.m. Ergänzende Kapitel zu rechtlichen und technischen Grundlagen machen das Wissen für den Praktiker anwendbar!

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Grundlagen und Hintergründe

Frontmatter
1. Computervermittelte Kommunikation in der psychosozialen Versorgung
Auszug
Wirklich neu sind sie ja nun nicht mehr, die sog. „Neuen Medien“. Aus unserem Alltag sind PC, Internet, E-Mail und SMS nicht mehr wegzudenken und kaum jemand kann sich vorstellen, im Privatund Berufsleben auf sie zu verzichten. Rapide zugenommen haben in den vergangenen Jahren die Vorschläge für die Nutzung neuer Technologien im Bereich der psychosozialen Versorgung (Bauer et al. 2005, Döring u. Eichenberg 2007). Hier wurde der Einzug der Technik zunächst überwiegend skeptisch betrachtet — groß war die Verunsicherung, ob die postulierten Chancen die befürchteten Risiken überwiegen und es rechtfertigen könnten, selbige einzugehen. Auch wenn die Entwicklungen in diesem Bereich noch immer relativ am Anfang stehen, weicht diese Skepsis mittlerweile zunehmend der Auffassung, dass der Einsatz neuer Technologien die Erreichbarkeit von psychosozialen Versorgungsangeboten verbessern, ihre Nachhaltigkeit steigern und so ihren Gesamtnutzen erhöhen kann.
Stephanie Bauer, Hans Kordy
2. Das Fernbehandlungsverbot als rechtliche Grenze im Einsatz Neuer Medien in der psychosozialen Versorgung
Auszug
Vordergründig scheinen die Neuen Medien und insbesondere das Internet für eine psychotherapeutische Behandlung gut geeignet zu sein: Der zwischen Therapeut und Patient erforderliche Wortkontakt ist ohne Weiteres herzustellen und die Patienten können sich Zeit lassen, um ihre Probleme in Worte zu fassen. Zudem senkt die unverbindliche und anonyme Distanz des Patienten zu seinem Therapeuten die Hemmschwelle einer ersten Kontaktaufnahme. Nicht zuletzt steigert auch die leichte Verfügbarkeit des Internets und die ihm innewohnende Flexibilität in Ort und Zeit die Attraktivität psychosozialer Angebote in den Neuen Medien. Gerade diese örtliche und zeitliche Unabhängigkeit der Behandlung dürfte der größte Vorteil Neuer Medien in der psychosozialen Versorgung sein (Bauer et al. 2005; Burgmer u. Spielberg 2000).
Sebastian Almer
3. Technikentwicklung, Datenschutz und Datensicherheit: Die bewusste Gestaltung medialer Versorgungsangebote
Auszug
Die Technikentwicklung im Bereich medialer Versorgungsangebote und die damit verbundenen Fragen von Datenschutz und Datensicherheit sind in ein komplexes Gefüge unterschiedlichster Ebenen eingebunden. Dabei besteht leicht die Gefahr, die fachliche Perspektive des jeweiligen Anbieters aus dem Blick zu verlieren. Im Mittelpunkt einer solchen Betrachtung sollte schließlich der beteiligte Mensch stehen, der mit seinen Anliegen, Fragen und Problemen in beraterische bzw. therapeutische Kommunikationsprozesse eingebunden ist. Die Gefahr, den Menschen aus dem Blick zu verlieren, besteht dabei gerade darin, dass die verwendete Technik dominiert, indem sie nicht angemessen hinterfragt und nicht ausreichend (mit)gestaltet wird. Der bekannte Satz von C.G. Jung „Was Du nicht bewusst berührst, geschieht Dir als Schicksal“ trifft dabei in besonderer Weise für die Anbieter medialer Dienste im Bereich der psychosozialen Versorgung zu: Wer als Verantwortlicher die Fragen der Technik an die (häufig externen) IT-Fachleute delegiert ohne die fachliche Steuerung gewährleistet zu wissen, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit an unerwarteten Punkten mit Problemen im Therapie- und Beratungsprozess konfrontiert werden, die möglicherweise sogar das gesamte Angebot infrage stellen können.
Joachim Wenzel

Anwendungsbeispiele

Frontmatter

Prävention und frühe intervention

4. Förderung der Tabakabstinenz durch neue Kommunikationsmedien und Expertensysteme
Auszug
Präventionsangebote zur Vermeidung psychischer Störungen und körperlicher Erkrankungen richten sich überwiegend an (noch) gesunde Personen oh ne Leidensdruck. Dementsprechend ist die Motivation der Zielpersonen meist gering, geeignete Beratungs-und Hilfsangebote wahrzuneh men. Umso wichtiger ist es, den Zugang zu präventiven Maßnahmen und Angeboten möglichst einfach und attraktiv zu gestalten. Neue Kommunikationsmedien bieten einen zeit- und ortsunabhängigen Zugangzu Präventionsangeboten und durch die Verknüpfung mit intelligenten Computerprogrammen die Möglichkeit, maßgeschneidert auf individuell verschiedene Informations und Lebensstile einzugehen.
Severin Hang, Christian Meyer, Ulrich John
5. Trauma-TIPS: Eine internetgestützte Intervention zur Prävention von posttraumatischen Belastungsstörungen bei Patienten mit körperlichen Verletzungen
Auszug
Verletzte Patienten, die nach schweren Unfällen, körperlichen Angriffen oder Überfällen in die Notaufnahme einer Klinik kommen, haben ein beachtliches Risiko, langfristig psychiatrische Symptome zu entwickeln. Es hat sich gezeigt, dass im späteren Verlauf bei 10–17% dieser Patienten die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) oder einer Depression gestellt wird (Everly et al. 1999; (O’Donnell et al. 2004; Yehuda et al. 1998). Charakteristisch für die PTBS sind Symptome der Intrusion wie Flashbacks und Albträume, die mit dem traumatischen Erlebnis in Beziehung stehen, Symptome der Vermeidung, z. B. das Meiden von Plätzen und Aktivitäten, die an das traumatische Ereignis erinnern, sowie Symptome der Übererregung, die sich in Schlaf- und Konzentrationsstörungen sowie einer erhöhten Reizbarkeit äußern können (American Psychiatric Association 1994).
Marit Sijbrandij, Joanne Mouthaan, Miranda Olff
6. Internetbasierte Kommunikation im Kompetenznetz „Depression, Suizidalität“: Erfahrungen und Chancen
Auszug
Depressionen gehören in den Industrieländern zu den häufigsten Erkrankungen und werden oft hinsichtlich ihrer Schwere unterschätzt. In Deutschland leidenetwa 4 Mio. Menschen an Depressionen. Man schätzt das angenäherte Lebenszeitrisiko, an einer Depression zu erkranken, aufetwa 14% (Wittchen u. Jacobi 2006).
Anne Blume, Ulrich Hegerl
7. ES[S]PRIT: Internetbasierte Prävention von und frühe Intervention bei Essstörungen
Auszug
Der Übergang von der Schule in die Universität bedeutet für junge Menschen erhebliche Umstellungen, die häufig mit erhöhten psychosozialen Belastungen und psychischen Beeinträchtigungen einhergehen. Die Inzidenzen psychischer Erkrankungen sind in dieser Zeit erhöht (Dyson u. Renk 2006); Rosenthal u. Schreiner 2000; Söder et al. 2001). Darüber hinaus, können sich die psychischen Belastungen negativ auf die Leistungsfähigkeit der Studenten auswirken (Hysenbegasi et al. 2005). Programme zur indizierten Prävention psychischer Krankheiten erscheinen daher für diese Zielgruppe besonders angemessen. Dennoch wurde die Entwicklung von entsprechenden Programmen speziell für die Zielgruppe der Studienanfänger in der Vergangenheit fast vollkommen vernachlässigt. Zwar bieten Universitäten über psychotherapeutische Beratungsstellen für Studierende in der Regel Beratungs-und Behandlungsangebote bei manifesten Symptomen an, Präventionsprogramme werden jedoch nur in Ausnahmefällen angeboten.
Markus Mößner

Beratung und Therapie

8. Vom Telefon zum Internet: Onlineberatung der Telefonseelsorge
Auszug
Die Telefonseelsorge (TS) Deutschland hat im Jahr 2006 ihr 50-jähriges Bestehen gefeiert. 1956 wurde die erste deutsche Stelle in Berlin gegründet. Gründungsintention war das Erreichen von Menschen in suizidalen Krisen. Das kam zum Ausdruck, indem in den ersten Jahren Zeitungsanzeigen mit dem Appell veröffentlicht wurden: „Bevor Sie sich umbringen, rufen Sie bei uns an.“ Von Anfang an ist die TS somit eine mediale Seelsorge-und Beratungseinrichtung im doppelten Sinne: Sie bietet ein niederschwelligmediales Gesprächsangebot und spricht die Menschen in Not ebenfalls medial direkt dort an, wo sie diese zu erreichen hofft.
Joachim Wenzel
9. Internetbasierte Psychotherapie “Interapy„
Auszug
Internetbasierte Psychotherapie ist eine neue Entwicklung im Bereich der Klinischen Psychologie, die neue Fragen in Bezug auf die Bedeutung und Qualität der therapeutischen Beziehung aufwirft, aber auch durch ihren innovativen Charakter Skepsis im Hinblick auf ihre Wirksamkeit hervorruft. Die therapeutische Beziehungzwischen Patient und Therapeut wird mitunter als hauptverantwortlich für den Behandlungserfolg gesehen. Aber inwieweit ist eine erfolgreiche und wirksame Therapie davon abhängig, dass ein Face-to-Face-Kontakt (FtF) zwischen Patient und Therapeut vorhanden ist? Während einer psychologischen Intervention im Internet findet der therapeutische Kontakt entweder virtuell oder in Form von Selbsthilfemodulen statt. Das heißt, es besteht kein persönlicher Kontakt zwischen Therapeut und Patient in der Form, dass sie miteinander sprechen oder sich sehen. Aus diesem Grund stellen sich die grundlegenden Fragen: Kann sich eine persönliche therapeutische Beziehung auch ohne ein persönliches Gegenüber entwickeln und ist diese Form der Therapie auch wirksam? Inwieweit spielen ein persönliches Gegenüber, die Stimme und Anwesenheit des Therapeuten eine Rolle?
Birgit Wagner, Alfred Lange
10. Onko-Kids-Online: Verbesserung der Lebensqualität für krebskranke Kinder und Jugendliche mittels Internet
Auszug
Jedes Jahr erkranken bundesweit ca. 1.800 Kinder und Jugendliche an Krebs, wobei mehr als 39% dieser Erkrankten älter als 10 Jahre alt sind (Kinderkrebsregister Mainz 2005). Ein Viertel der Erkrankten wird in nur sechs großen pädiatrisch-onkologischen Zentren behandelt. Die Konzentration auf wenige große Behandlungszentren nimmt aktuell weiter zu, da erhöhte Qualitätsstandards von kleineren versorgungsnahen Kliniken nicht mehr erbracht werden können und zur Schließung führen (Creutzig 2006).
Renate Sedlak
11. Internetbasierte Therapie von Essstörungen
Auszug
Essstörungen treten besonders häufig in der Adoleszenz sowie im frühen Erwachsenenalter auf. Doch gerade diese jungen Patientinnen scheuen sich oft davor, bei gesundheitlichen Problemen einen Arzt oder Therapeuten aufzusuchen Oliver et al. 2005). (Da Essstörungen vorwiegend bei Frauen auftreten, wird im Folgenden stets die weibliche Form verwendet; die männliche formist gleichermaßengemeint.) Gleichzeitig nutzt gerade diese Altersgruppe den Computer und das Internet ausgesprochen häufig und ist daher sehr gut mit diesem Medium vertraut. Beispielsweise nutzten in Deutschland im ersten Quartal 2006 etwa 92% der 10- bis 25-Jährigen das Internet (Statistisches Bundesamt Deutschland 2007). Insofern erscheint es besonders bei diesem Störungsbild lohnend, eine speziell für die Vermittlung über das Internet und den Computer gestaltete Selbsthilfe anzubieten.
Peter Musiat, Miriam Grover, Ulrike Schmidt
12. Binge-Eating-Störung: Der Einsatz moderner Informations-technologien im Rahmen einer kognitiv-verhaltenstherapeutischen Behandlung
Auszug
Obgleich „binge-eating“ bereits 1959 von Stunkard (Stunkard 1959) als Symptom identifiziert wurde, wurde das Syndrom der „Binge-Eating-Störung“ („binge eating disorder“; BED) noch nicht als offizielle Diagnose anerkannt und wird im DSM-IV-TR (American Psychiatric Association 2000) als Syndrom bezeichnet, für das noch weitere Studien erforderlich sind. Die BED weist einige Gemeinsamkeiten mit Bulimia nervosa (BN) auf, vor allem in Hinblick auf die Kerndefinition von Essanfällen und die als Diagnosekriterium geforderte Auftretenshäufigkeit dieses Verhaltens. Zur Definition eines Essanfalls gehört das Essen von ungewöhnlich großen Nahrungsmengen in Verbindung mit dem Gefühl des Kontrollverlusts. Zwar wird als Häufigkeitskriterium „zweimal wöchentlich“ genannt, doch wird dieses Kriterium von der Literatur über BN nicht unbedingt gestützt und wurde für die BED noch nicht validiert (Berkman et al. 2007).
Jennifer R. Shapiro, Cynthia M. Bulik
13. Expositionsbehandlung von Flugphobie mithilfe virtueller Realität
Auszug
Die kognitive Verhaltenstherapie ist die Standardbehandlung spezifischer Phobien. Ziel der Behandlung ist eine Verringerung der durch bestimmte Situationen oder Objekte ausgelösten phobischen Angst und des damit verbundenen Vermeidungsverhaltens. Speziel die Reizexposition und Reaktionsverhinderung, häufig als Expositionstherapie bezeichnet, hat sich als äußerst erfolgreiche Methode zur Bewältigung spezifischer Phobien bewährt. Die Erfolgsquote der Expositionstherapie liegt zwischen 77–95% (Ost 2000). Die theoretische Grundlage beschreiben Netzwerktheorien der Emotionsverarbeitung (z. B. Foa u. Kozak 1986).
Andreas Mühlberger, Harald Krebs, Paul Pauli
14. Online psychologisch beraten, psychotherapeutisch behandeln und Unfallnachsorge leisten: Das Beispiel www.webtherapie.info
Auszug
Die im Internet verfügbare Dienstleistung zu Onlineberatung, -unfallnachsorge und-therapie auf @http://www.webtherapie.info entwickelte sich aufgrund verschiedener praktischer Erfahrungen und Notwendigkeiten aus der therapeutischen Arbeit und der Kooperation mit Organisationen im Bereich Unfallmanagement. Was heute als umfassendes psychologisches Onlineangebot auftritt, ist keinesfalls ein Angebot „um der Möglichkeit technologischer Errungenschaften willen“, sondern stellt eine sinnvolle Ergänzung zur traditionellen Infrastruktur und Methodik psychologischer Arbeit dar und verfügt über eine eigene Geschichte der Entwicklung aus Erfahrung. Erste Ansatzpunkte für die Nutzung der Möglichkeiten moderner Informations- und Kommunikationstechnologien, welche in der Entwicklung von www.webtherapie.info resultierten, stammen aus der Arbeit im Bereich Unfallnachsorge und psychologisches Unfallmanagement.
Wilfried Echterhoff
15. Virtuelle Realität und psychologische Behandlungen
Auszug
Bei virtueller Realität (VR) handelt es sich um eine Technologie für die Interaktion zwischen Mensch und Computer in computergenerierten 3D-Umgebungen. Für die Nutzung der VR benötigt man einen Computer, eine Vorrichtung wie z. B. eine Bildschirmbrille (“head mounted display”, HMD), um die 3D-Umgebung zu visualisieren und ein Hilfsmittel wie etwa eine Maus oder einen Joystick, um sich in der virtuellen Umgebung zu bewegen, sowie eine Computersoftware zur Herstellung solcher 3D-Umgebungen. Eine VR-Umgebung vermittelt dem Nutzer eine mit nichts anderem zu vergleichende Erfahrung: Er hat den Eindruck, sich wirklich in der computergenerierten Umgebung zu „befinden“ und mit den VR-Objekten zu interagieren. Diese Eigenschaft der VR wird als Präsenz bezeichnet. Sie ist hoch relevant für ihre Verwendung in der Klinischen Psychologie.
Rosa Maria Baños, Cristina Botella, Azucena Garcia-Palacios, Soledad Quero, Mariano Alcañiz, Verónica Guillén

Nachsorge und Rückfallprävention

16. Nachsorge über SMS
Auszug
Zahlreiche Studien konnten die Wirksamkeit psychotherapeutischer Behandlungen für Bulimia nervosa belegen. Die kognitive Verhaltenstherapie gilt derzeit als Methode der Wahl (Shapiro et al. 2007). Trotz guter Responseraten beendet jedoch ein beträchtlicher Teil der Patientinnen die Therapie nicht frei von Symptomen (Hay et al. 1999). Hinzu kommt ein erhebliches Rückfallrisiko von schätzungsweise 20 bis 50%, insbesondere in den ersten Monaten nach Beendigung der Behandlung (Halmi et al. 2003; Olmsted et al. 2005; Richard et al. 2005). Diese Punkte verdeutlichen, dass für viele Patientinnen eine Nachsorge nach Abschluss einer Therapie sinnvoll ist, um das Erreichte zu stabilisieren, weitere Verbesserungen zu erzielen und Rückfällen vorzubeugen.
Stephanie Bauer, Eberhard Okon, Rolf Meermann
17. Chat-und E-Mail-Brücke: Nachsorge nach stationärer Psychotherapie
Auszug
In diesem Kapitel werden zwei internetbasierte Programme-Chat-und E-Mail-Brücke-zur Optimierung der integrierten psychosozialen Versorgung vorgestellt. Die Angebote wurden von der Forschungsstelle für Psychotherapie in Zusammenarbeit mit der Panorama-Fachklinik für Psychosomatik, Psychotherapeutische Medizin und Naturheilverfahren Scheidegg/Allgäu konzipiert und entwickelt. Sie richten sich an Patienten, die nach ihrer Entlassung aus der stationären Therapie eine Weiterbetreuung während der kritischen Phase des Übergangs von der Klinik in den Alltag (mit oder ohne ambulante Behandlung) wünschen.
Markus Wolf, Benjamin Zimmer, Peter Dogs
18. Onlinenachsorge nach stationärer multimodaler Schmerztherapie
Auszug
Rückensch merzen sind Schmerzen in der Umgebung der Wirbelsäule unterhalb des Nackens bis zu den Gesäßhälften. Sie können streng lokalisiert oder weitflächig sein, mit übertragenen Schmerzen außerhalb des Rückens und im Bereich der Arme und Beine auftreten. Rückenschmerzen sind ein Symptom und keine Krankheit.
Eva Neubauer, Marcus Schiltenwolf, Markus Mößner
19. Vernetzung von Psychotherapie und Alltag: Ein webbasiertes Nachsorgekonzept zur Förderung von stationären Therapieerfolgen
Auszug
Patienten in der stationären psychosomatischen Therapie und Rehabilitation haben zuvor in der Regel über Jahre klinisch relevante Beeinträchtigungen in Wechselwirkung mit ihrer alltäglichen Rollenbewältigung entwickelt. Diesem ersten destruktiven und oft chronifizierenden Lernprozess folgt in der Klinik ein zweiter: Im „Lernsetting Stationäre Psychotherapie“ können sich die Patienten für einige Wochen ohne den Druck normaler Alltagsanforderungen auf ihre Entwicklung konzentrieren. Verlassen die Patienten danach die geschützte „therapeutische Insel“, stehen Sie vor einem dritten, noch komplexeren, korrektiven Lernprozess: Es gilt nun, die gerade erst erlernten Erlebens- und Verhaltensmuster unter Alltagsbelastungen gegen die oft über Jahre stabilisierten problematischen Muster aufrechtzuerhalten, situationsspezifisch anzupassen und Transferschwierigkeiten, wie z. B. Erwartungshaltungen der Umwelt etc. zu bewältigen. Das hier vorgestellte webbasierte Nachsorgekonzept soll Patienten bei diesem Lern- und Entwicklungsprozess unterstützen.
David Ebert, Torsten Tarnowski, Matthias Berking, Bernhard Sieland

Die Sicht von Teilnehmern und Therapeuten

20. Die Perspektive von Teilnehmern an technikbasierten Angeboten
Auszug
Die Internetbrücken via Chat und E-Mail wurden von der Forschungsstelle für Psychotherapie in Kooperation mit der Panorama-Fachklinik Scheidegg gezielt als Versorgungsmodelle entwickelt, um Lükken in der psychotherapeutischen Versorgung zu schließen (▸ Kap. 17). Der Einsatz der neuen Kommunikationsmedien erfolgt mit dem Ziel, Patienten nach der Therapie eine Kontinuität der therapeutischen Unterstützung bis in den poststationären Alltag anzubieten, eine Zeit, die oftmals durch Unsicherheit bezüglich der Alltagsbewältigung und Rückfallrisiken geprägt ist. Hohe Teilnehmerzahlen, niedrige Abbrecherquoten und die Resultate aus kontrollierten Evaluationsstudien konnten die Akzeptanz dieser Ansätze zeigen (vgl. Golkaramnay et al. 2007; Kordy et al. 2006; Wolf et al. 2006), die mittlerweile aus der Erprobungsphase herausgewachsen sind und in die Behandlungsroutine übernommen wurden.
Markus Wolf, Stephanie Bauer
21. Die Perspektive von Onlinetherapeuten
Auszug
Bereits im Jahr 2001 wurde in den Panorama Fachkliniken Scheidegg im Allgäu als vermutlich erster Klinik weltweit ein internetbasiertes Nachsorgekonzept eingeführt. Hintergrund hierfür war die Erfahrung, dass trotz einer während des Aufenthalts erarbeiteten Stabilisierung dieser verbesserte psychische Zustand der Patienten in vielen Fällen nach der Entlassung nicht aufrechterhalten werden konnte — vor allem in jenen Fällen, in denen die Psychotherapie nicht unmittelbarim ambulanten Setting fortgeführt werden konnte. Für die Betroffenen bedeutete dies nicht nur einen Abschied aus einer heilsamen Beziehung zum Kliniktherapeuten, sondern auch eine meist ernüchternde Auseinandersetzung mit der häufig unveränderten Alltagssituation — oft ohne greifbare Hoffnung auf professionellen Halt.
Sascha Hunner, Christina Wagner
22. Der Therapeut im Internet: Nur noch ein “human companion”?
Auszug
Therapeuten, seien sie nun als Berater oder Psychotherapeuten tätig, sind ein eigenartiger Berufsstand. Sie verdanken ihre Popularität dem um sich greifenden „Ver-Schwinden” sozialer Netzwerke, worunter nicht nur die religiöse Bindung gemeint ist, sondern überhaupt die Auflockerung sozialer Beziehungssysteme.
Horst Kächele

Ausblick

Frontmatter
23. Forschungsperspektiven
Auszug
Der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien verändert nicht nur die psychosoziale Versorgung, sondern eröffnet auch völlig neue Möglichkeiten für die Erforschung des therapeutischen Geschehens. Internetbasierte Programme verringern den mit der Erhebung von Fragebogendaten verbundenen zeitlichen, administrativen und finanziellen Aufwand enorm und ermöglichen die Erfassung von Symptomverläufen über längere Zeiträume. Der Einsatz mobiler Geräte vergrößert die Flexibilität und erlaubt Erhebungen zu beliebigen Zeitpunkten und in unterschiedlichsten Kontexten. Darüber hinaus wird im Rahmen internetbasierter Interventionen quasi automatisch Textmaterial gesammelt, das die Analyse von Kommunikationsinhalten und Interaktionsmustern im Onlinesetting ermöglicht.
Stephanie Bauer
24. Kommunikationstechnologien zur Optimierung der Gesundheitsversorgung
Auszug
Gesundheit ist ein hohes Gut. Die Gesundheitsversorgung hat daher einen hohen Stellenwert in Gesellschaft und Politik. Die Erwartungen sind hoch. Die beste Versorgung soll für alle Bürger gewährleistet und jedem von jedem Ort aus zugänglich sein — und dies zu gesellschaftlich vertretbaren Preisen. Idealerweise sollen gleichzeitig die Sicherheit aller therapeutischen Maßnahmen gewährleistet sein und neue wissenschaftliche Erkenntnisse, neue wirksamere Medikamente sowie innovative Behandlungsverfahren und Technologien schnell in die Versorgungspraxis übernommen werden.
Hans Kordy
Backmatter
Metadaten
Titel
E-Mental-Health
herausgegeben von
Dr. Stephanie Bauer
Dr. Hans Kordy
Copyright-Jahr
2008
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-540-75736-8
Print ISBN
978-3-540-75735-1
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-540-75736-8