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2013 | Buch

Ein Gedächtnis wie ein Elefant?

Tipps und Tricks gegen das Vergessen

verfasst von: Alain Lieury

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Über dieses Buch

​​Humorvoll geschrieben und bestückt mit zahlreichen Beispielen bietet dieses heitere und zugleich lehrreiche Werk einen Überblick über die unterschiedlichen Bereiche der Gedächtnisforschung und Methoden zur Steigerung der Gedächtnisleistung. Überraschende Resultate aus zahlreichen psychologischen Experimenten räumen auf mit falschen Vorstellungen zum Gehirntraining und zur Gehirnverjüngung. Wissenschaftliche Erkenntnisse werden mit anschaulichen und unterhaltsamen, für die Alltagspraxis tauglichen Strategien verbunden und mit passenden Strategien für den jeweiligen Gedächtnistyp abgerundet.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Methodengeschichte

Frontmatter
1. Die Gedächtniskunst in der Antike
Zussammenfassung
Mneme („Gedächtnis“, „Erinnerung“), mnema („Erinnerung“, „Denkmal“, „Andenken“), mnemeion („Erinnerung“, „Andenken“), lethomai („ich vergesse“) – die Vielfalt der gedächtnisbezogenen Ausdrücke belegt, welch grundlegende Bedeutung das Gedächtnis für die alten Griechen besaß. Die ältesten Spuren dieses Interesses reichen zurück bis in die frühesten schriftlichen griechischen Epen, die Ilias und die Odyssee von Homer. Ihre (nicht gesicherte) Entstehungszeit dürfte im 8. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung liegen. In einer französischen Dissertation zeigt Michèle Simondon (1982) anhand des von Homer benutzten Vokabulars, dass das Gedächtnis allgegenwärtig ist, auch in dem, was sie als „archaische Kategorien“ des Gedächtnisses, und zwar des Handlungsgedächtnisses – militärische Einsatzbefehle, religiöse Riten –, bezeichnet, bis hin zu Grabinschriften – Gedichten und Widmungen –, in denen sich die Erinnerung an vergangene Schlachten, Versprechen und teure Tote niederschlägt.
Alain Lieury
2. Magie und Gedächtnis
Zussammenfassung
Gegen Mitte des ersten Jahrtausends zerfällt die Kultur als unmittelbare Folge der Vernichtung des Römischen Reiches durch die Barbaren (z. B. Westgoten, Vandalen). So erstürmten und plünderten 410 die von Alarich geführten Westgoten Rom. Die Manuskripte, die der Zerstö,rung entgingen, wurden mehrere Jahrhunderte und bis zu einem Jahrtausend später entdeckt: Ad Herennium wird erst um 830 erwähnt (Yates, 2001); der Text Quintilians wird 1416 entdeckt und 1470 veröffentlicht; der Text Ciceros scheint erst gegen 1422 wieder bekannt zu sein. Das wäre genauso, wie wenn unsere entfernten Nachfahren nach einer nuklearen oder ökologischen Katastrophe erst um das Jahr 3000 Balzac oder Einstein wiederentdeckten …
Alain Lieury
3. Die Entthronung des Bildes durch die Schrift
Zussammenfassung
Zu Beginn des 17. Jahrhunderts tauchte mit der in Frankfurt erschienenen Ars memoriae (1603) von Girolamo Marafioti eine neue Methode auf. Sie sah vor, Bilder auf verschiedene Teile der Hand, etwa die Fingerglieder, zu zeichnen und sie als Abrufhilfen für die Abschnitte einer Rede zu nutzen. Dieses Verfahren stellt eine Art Loci-Methode dar, nur dass die Orte schriftliche Form haben und nicht als Bilder vor das geistige Auge gerufen werden. Die Methode ist demnach der Urahn des Notizbuchs oder Merkzettels und trägt in sich den Keim des Untergangs der Bildermethode und des Aufstiegs der Schrift. Um die Abkürzungen oder Zeichen auf der Hand anzulegen, musste man schreiben – im Gedächtnis vorgestellte Orte sind nicht mehr von Nutzen.
Alain Lieury
4. Die Mnemotechnik tritt auf den Plan
Zussammenfassung
Im Zusammenhang mit Gregor von Feinaigle könnte ich erneut die Tim-und-Struppi-Geschichte Der Schatz Rackhams des Roten zitieren: Man sucht einen Schatz am Ende der Welt, während er doch zum Greifen nah ist. Denn wenn man sich über diese geheimnisvolle Person, deren Name nur selten und immer wieder anders geschrieben auftaucht, kundig machen möchte, genügt es heute, ihren Namen in die französische Ausgabe von Wikipedia einzugeben, um alles über sie zu erfahren … oder fast alles.
Alain Lieury

Mnemotechnische Methoden und Verfahren auf dem Prüfstand

Frontmatter
5. Neurobiologie und „Ökologie“ des Gehirns
Zussammenfassung
Wie könnte ein Gehirn mit 200 Milliarden Neuronen ein einfaches Gedächtnis hervorbringen? (Halten wir uns zum Vergleich vor Augen, dass es auf der Erde sieben Milliarden Menschen gibt, 30-mal weniger als Neuronen in einem einzigen Gehirn.) Die biologische, neurologische und psychologische Forschung zeichnet denn auch ein immer komplexeres Bild vom Gedächtnis.
Alain Lieury
6. Das Wortgedächtnis und seine Funktionsweise
Zussammenfassung
Viele Menschen glauben, unser Gedächtnis sei visuell; nicht wenige sprechen sogar von „fotografischem“ Gedächtnis. Manch einer vertraut auf diese Überzeugung und stellt sich vor, er könnte sich Lehrbuchseiten mit ihren Farben und so weiter „fotografisch“ einprägen. Das ist eine Täuschung, denn auch wenn es sehr wohl ein sensorisches Gedächtnis gibt, so ist es doch sehr kurzlebig und hält nur eine Viertelsekunde an.
Alain Lieury
7. Das Bildgedächtnis und seine Funktionsweise
Zussammenfassung
Wie bereits verschiedene Autoren der Antike bemerkten, gibt es eine andere wichtige Form der Gedächtnisrepräsentanz, nämlich geistige Bilder oder das bildhafte Gedächtnis. Doch entgegen dem Anschein sind diese Bilder keine „Fotos“ der Realität, sondern vielmehr virtuelle, großenteils „konstruierte“ Bilder. So hat man in dem Test mit dem farbig geschriebenen Sprichwort den Eindruck, den Satz vor dem geistigen Auge farbig zu sehen, doch fragt man sich nach der Farbe jedes Buchstabens, merkt man, dass dies eine Täuschung ist. Daher rühren beispielsweise die Irrtümer von Augenzeugen. Nichtsdestotrotz existieren die Bilder von Gegenständen, Tieren und Pflanzen sehr wohl, aber in virtueller Form. Wir können uns also ganz leicht ein Schiff vorstellen, doch das ist kein bestimmtes Schiff, sondern eine Abstraktion aus Dutzenden oder Hunderten Schiffen, die wir in der Realität, auf Zeichnungen, Fotos oder in Filmen gesehen haben. Manche Forscher schätzen die Zahl der Bilder in unserer virtuellen Bildergalerie auf 30’000 bis 50’000.
Alain Lieury
8. Das Kurzzeitgedächtnis und seine Funktionsweise
Zussammenfassung
In Radiosendungen, bei denen die Hörer anrufen und Fragen stellen können, taucht eine Frage immer wieder auf: „Es passiert mir manchmal, dass ich in einen Raum gehe und nicht mehr weiß, was ich dort wollte. Habe ich Alzheimer?“ In der Tat kommt so etwas recht häufig vor. Sie betreten ein Zimmer, um ein Buch oder etwas anderes zu holen. Das Telefon klingelt, Sie gehen ran und … Mist, Sie haben vergessen, warum Sie in dieses Zimmer gegangen sind! Oder Sie möchten in einer Unterhaltung mit Freunden etwas sagen und in dem Augenblick, in dem sich die Blicke auf Sie richten … Blackout, Sie haben den Faden verloren! Keine Panik, dieses kleine Missgeschick stößt Menschen in jedem Alter zu, insbesondere Studenten vor dem Betreten des Prüfungsraums. Dieses Problem hat mit einem zumeist verkannten Gedächtnis zu tun, dem Kurzzeitgedächtnis. Verkannt deshalb, weil es, gemessen an dem Umstand, dass man sich seit der Antike, also seit 2500 Jahren für das Gedächtnis interessiert, erst vor Kurzem entdeckt wurde.
Alain Lieury
9. Adressen der Vergangenheit
Zussammenfassung
Was ist bei Ihnen von den Gedichten, die Sie einmal auswendig wussten, haften geblieben? Wissen Sie noch, wie der (offizielle) Sohn Karls des Großen hieß? Nein, bestimmt nicht, denn das Vergessen reißt klaffende Lücken. Was also bleibt uns von der Poesie, dem Geschichtsunterricht, den Jahreszahlen oder Formeln (Sie erinnern sich vielleicht, Sinus und Cosinus)? In der Tat, die Kehrseite des Gedächtnisses ist das Vergessen. Schon die ersten Studien im 19. Jahrhundert bestätigten indirekt dieses grauenhafte Gefühl zu vergessen, oftmals 90 Prozent zu vergessen!
Alain Lieury
10. Abrufhilfen und ihre Funktionsweise
Zussammenfassung
Wenn Erinnerungen oder Kenntnisse im Gedächtnis codiert und gespeichert sind, müssen sie unter Zehntausenden anderer Informationen wiedergefunden werden. Abrufhilfen dienen wie Buchsignaturen in einer Bibliothek dazu, den Speicherort wieder aufzuspüren.
Alain Lieury
11. Die Leistungsfähigkeit von Abrufschemata
Zussammenfassung
Abrufhilfen erlauben den Zugriff auf nützliche Informationen. Doch wie erinnert man sich an sie, wenn das Kurzzeitgedächtnis sie nicht alle behalten kann? Ein sehr hilfreiches Prinzip besteht darin, die Abrufhinweise durch eine Organisationsstruktur miteinander zu verbinden: mit einem Abrufschema. Das Abruf- oder Erinnerungsschema besteht aus organisierten Abrufhilfen. Diese Hinweisreize haben jedoch immer denselben Charakter – bildhaft, lexikalisch, semantisch –, aber sie beruhen auch auf eigens als mnemotechnische Verfahren erfundenen Codes, insbesondere dem Buchstaben-Zahlencode.
Alain Lieury
12. Der Buchstaben-Zahlencode: Täuschung oder Wirklichkeit?
Zussammenfassung
Richard Grey und dann Gregor von Feinaigle machten den Gebrauch des Buchstaben-Zahlencodes in verschiedenen Anwendungen populär, insbesondere in Schlüsselsätzen oder Formeln sowie in der berühmten Gedächtnistafel, mit deren Hilfe wir, der Reklame zufolge, zu einem wahren Gedächtniskünstler werden können.
Alain Lieury
13. Anregung für die kleinen grauen Zellen
Zussammenfassung
Die neuen Technologien haben bestimmten Mnemotechniken den Garaus gemacht, nicht aber den Verheißungen eines besseren Gedächtnisses.
Alain Lieury
14. Fazit: Vielfältige Gedächtnisse, vielfältige Methoden!
Zussammenfassung
Im Lauf der vergangenen Jahrtausende gelangten Denker und Magier zu bemerkenswerten Einsichten über das Gedächtnis, die sie in Methoden zu dessen Verbesserung übertrugen: von Simonides und den Bildern über Quintilian und das üben sowie die Logik bis hin zur Entdeckung des Buchstaben-Zahlencodes und der Mnemotechniken. Auch wenn einige dieser Denker die Vorstellung einer Vielfalt von Gedächtnissen streiften – Augustinus oder Giordano Bruno mit seinem Siegelkatalog –, so gelang es doch erst der modernen Forschung, diese Vielfalt von Gedächtnismechanismen und Gedächtnissen selbst hieb- und stichfest nachzuweisen.
Alain Lieury
Backmatter
Metadaten
Titel
Ein Gedächtnis wie ein Elefant?
verfasst von
Alain Lieury
Copyright-Jahr
2013
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-8274-3044-1
Print ISBN
978-3-8274-3043-4
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-8274-3044-1