Moderne Informations- und Kommunikationstechnologien wie E-Mail, Instant Messaging oder Web-Meetings sind in unserem Arbeits- und Privatleben inzwischen allgegenwärtig geworden. Die Nutzung dieser Technologien bietet dabei für die einzelne Person zahlreiche Vorteile, ist aber gerade im Arbeitsleben auch mit zahlreichen Risiken verbunden, weswegen sie oft als „zweischneidiges Schwert“ (Diaz et al.
2012) bezeichnet wird: Auf der einen Seite haben Beschäftigte durch die Nutzung solcher Technologien die Möglichkeit, arbeitsrelevante Aufgaben auch außerhalb der üblichen Büroräumlichkeiten oder Arbeitszeiten auszuführen, d. h. z. B. per Videokonferenz an Teammeetings teilzunehmen, während sie im Stau stehen, oder auf E-Mail-Nachrichten während eines Flugs zu antworten. Dies erhöht die Flexibilität und Gestaltungsfreiheit und macht es in vielen Fällen einfacher, Arbeit und Privatleben auf die individuell passende Art miteinander zu vereinbaren. Darüber hinaus profitieren viele Beschäftigte von der grenzüberschreitenden Kommunikation (d. h. dem Austausch mit Familie und Freunden während der Arbeitszeit oder der Kommunikation nach der Arbeit mit dem Vorgesetzten oder Kunden) (Clark
2002), wenn sie z. B. ihre Kinder anrufen und sich vergewissern können, dass diese sicher von der Schule nach Hause kommen, oder am Samstag von Zuhause aus entspannt an einer Präsentation für einen Kunden weiterarbeiten können, die sie im Arbeitsalltag nicht oder nur unter sehr großem Zeitdruck hätten beenden können.
1 Gleichzeitig bergen moderne Informations- und Kommunikationstechnologien das Risiko, dass Beschäftigte sich auch in der Freizeit nicht mehr von ihren beruflichen Verpflichtungen lösen können, was zu einer riskanten Verwischung der Grenze zwischen Arbeit und Privatleben führen kann (Mann und Holdsworth
2003). Die gegenwärtige Forschung weist auf schädliche Konsequenzen einer ständigen Verbindung zum Arbeitsplatz hin, so z. B. Überlastung (Barley et al.
2011), soziale Isolation (McPherson et al.
2008) und Überarbeitung (Prasopoulou et al.
2006). Darüber hinaus kann die entstehende „Always-On“ -Kultur zu sogenanntem „Technostress“ führen (Ayyagari et al.
2011), der mit gesundheitlichen Problemen wie z. B. Burnout (Diaz et al.
2012) in Verbindung gebracht wird. Tatsächlich sind die Ergebnisse von Umfragen alarmierend: Daten von Wissensarbeitern (d. h. Beschäftigte, deren Beruf sich nicht durch körperliche Arbeit, sondern vor allem durch die Anwendung von erworbenem Wissen auszeichnet (Drucker
1993)), deuten auf einen weltweiten Trend hin, ständig mit dem Arbeitsplatz verbunden zu sein. In Europa erhalten 40 Prozent der Wissensarbeiter regelmäßig Arbeitsanfragen außerhalb ihrer regulären Arbeitszeit (Arlinghaus und Nachreiner
2013). 64 Prozent der Wissensarbeiter gaben an, selbst in im Urlaub per Telefon, E-Mail oder Messenger für die Arbeit zur Verfügung zu stehen. Sechs von zehn Fachkräften (61 Prozent) lesen in der Freizeit Kurznachrichten über iMessage oder WhatsApp. 57 Prozent bleiben telefonisch für ihre Vorgesetzten, Kollegen oder Kunden erreichbar und jeder vierte (27 Prozent) liest berufsbezogene E-Mails (Bitkom
2018).