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Erschienen in:

01.03.2025 | Special Zur Zeit gratis

Ein Traditionsunternehmen setzt auf Innovation

verfasst von: Dominique-Silvia Wiechmann

Erschienen in: IT-Mittelstand | Ausgabe 3/2025

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Nach einer wirtschaftlichen Schieflage hat die Haba Familygroup Künstliche Intelligenz als einen strategischen Hebel für ihren Neuanfang entdeckt. Mit KI-gestützter Automatisierung löste das Unternehmen schließlich 7.000 offene Support-Tickets und stellte damit die Weichen für eine zukunftssichere Kundenbetreuung.
Die Haba Familygroup, bekannt für ihre hochwertigen Spielwaren und Kindergartenmöbel, stand 2023 vor einer existenziellen Herausforderung. Ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung war notwendig, um das Unternehmen zu stabilisieren und neu auszurichten. Doch statt ausschließlich zu sparen, entschied sich die Unternehmensleitung, in die Zukunft zu investieren - mit Künstlicher Intelligenz (KI) als Schlüsseltechnologie.
Alles begann mit einer eigentlich guten Idee, die in der Praxis nicht ganz aufging: Haba Pro erhielt sämtliche Support-Anfragen per E-Mail und führte zur Optimierung dieses manuellen Prozesses ein Ticketsystem ein. Die Lösung war jedoch nicht optimal konfiguriert, erinnert sich Mirko Jänicke, Bereichsleiter Auftragsumsetzung bei Haba Pro: „Jemand musste sich die Nachrichten einzeln anschauen, sie einordnen, verteilen, sortieren und zuordnen. Da die Kunden aufgrund langer Wartezeiten ihre Anfragen teilweise mehrfach stellten, potenzierte sich das Problem schnell. Mit der Insolvenz kamen dann noch Personalkürzungen hinzu, was die Situation zusätzlich verschärfte.“ Die Tickets umfassten alles von offenen Rechnungen bis hin zu Retourenanfragen. „Über 7.000 offene Support-Tickets hatten sich angesammelt, wertvolle Umsatzchancen gingen in dieser unübersichtlichen Lage unter und das Team war hoffnungslos überlastet. Der Berg wurde immer größer, weil wir mit unserem neuen System noch nicht richtig umgehen konnten“, so Eike Gerken, Direktor Produkt und Vertrieb bei Haba Pro.

Künstliche Intelligenz wurde zum Rettungsanker

Die Lösung kam aus Berlin: Die Zusammenarbeit mit KI-Anbieter One Thousand brachte den entscheidenden Durchbruch. „Wir haben händeringend nach einer Lösung gesucht, die uns in dieser wirtschaftlich schwierigen Zeit wieder auf Kurs bringt. KI ist da auf den ersten Blick eine riskante Wette, weil ein solches Projekt Ressourcen bindet, die dann an anderer Stelle wieder fehlen. Doch wir haben es gewagt und erst einmal einen einfachen Teams-Call vereinbart. In diesem konnten wir uns Beispiele anderer Unternehmen anschauen, ein paar Ideen diskutieren und dann haben wir relativ schnell entschieden, das Projekt mit einem Hackathon anzugehen“, berichtet Mirko Jänicke. Der Invest in diese zweitägige Veranstaltung hat sich gelohnt, denn das Ergebnis war ein funktionsfähiger Prototyp für eine KI-gestützte Ticketverarbeitung, der genau die Pain Points adressierte, die Haba Pro in die Enge trieben. Diesen hat das Team seither stetig weiterentwickelt und für die eigenen Zwecke perfektioniert.
Die zentrale Neuerung war die Integration eines großen Sprachmodells in das Ticketsystem der Haba Familygroup. Die KI übernahm von nun an das Lesen, Klassifizieren und Zuordnen von Anfragen. Christian Eichhorn, Direktor IT der Haba Familygroup, beschreibt die Vorteile: „Ob es ein Angebot, eine Serviceanfrage oder eine Reklamation ist - die KI erkennt die Anfrage, kategorisiert sie und weist sie automatisch dem richtigen Kunden zu. Das entlastet die Mitarbeiter enorm, weil all diese Schritte vorher manuell erledigt werden mussten.“ Zudem generiert die KI-Lösung kontextsensitive Antwortvorschläge, die den Mitarbeitern helfen, schneller zu reagieren. Einfache Anfragen, wie beispielsweise die nach dem Lieferstatus, beantwortet das System selbstständig und verweist den Kunden zusätzlich auf die vorhandene Self-Service-Lösung.
Zu Beginn gab es aber auch Widerstände. „Viele Mitarbeiter waren skeptisch, manche hatten sogar Angst vor der neuen Technologie“, gibt Mirko Jänicke zu. Doch nach einer Testphase, in der die Vorteile der KI deutlich wurden, wandelte sich die Stimmung. Heute ist die Funktion fest in den Arbeitsalltag integriert: „Die Antwortvorschläge der KI werden oft genutzt und angepasst. Das spart enorm viel Zeit“, so Jänicke. Die schnellere Bearbeitung von Anfragen dank KI-Lösung hat die Kundenbetreuung bei Haba Pro inzwischen grundlegend verändert. Die Mitarbeiter können sich nun auf komplexere und individuellere Kundenanliegen konzentrieren, statt sich mit manuellen, wiederkehrenden Aufgaben aufzuhalten - ein klarer Mehrwert für die Customer Experience.

Mit Transparenz konnte die Skepsis überwunden werden

Die Einführung der KI-Lösung war nicht ohne Hürden. „Es war von Anfang an ein Thema für den Betriebsrat. Viele hatten die Sorge, dass durch die Automatisierung Arbeitsplätze gefährdet sein könnten“, erzählt Jänicke. Doch durch eine transparente Kommunikation und nicht zuletzt mithilfe der beeindruckenden Ergebnisse konnte das Projektteam die anfängliche Skepsis mit der Zeit einfangen. Die schnelle Implementierung der KI-Lösung war letztlich nur möglich, weil Haba Familygroup sich von Anfang an auf konkrete Pain Points konzentrierte. Das Unternehmen arbeitet bereits an weiteren Anwendungsfällen, darunter die automatisierte Auftrags- und Angebotserfassung. „Wir haben auf jeden Fall Feuer gefangen und schon einige Ideen, welche Projekte wir in den nächsten Jahren angehen könnten“, verrät Mikro Jänicke. „Die KI bietet uns Möglichkeiten, die wir vor einem Jahr noch nicht für möglich gehalten hätten.“ Eichhorn ergänzt: „Wir sehen, dass KI besonders bei wiederkehrenden Aufgaben einen großen Mehrwert bietet. Gleichzeitig wissen wir, dass sie den Menschen nicht ersetzen kann - gerade in Bereichen, die Kreativität und Empathie erfordern.“
Die Haba Familygroup zeigt eindrucksvoll, wie KI Unternehmen aus dem Mittelstand helfen kann, aus der Krise zu kommen und sich zukunftssicher aufzustellen. Der Erfolg basiert auf einem klaren Fokus: wiederkehrende Aufgaben automatisieren, Mitarbeiter entlasten und die Kunden in den Mittelpunkt stellen. Ein Ansatz, der nicht nur für die Haba Familygroup, sondern auch für viele andere Mittelständler richtungsweisend sein könnte. Oder wie Mirko Jänicke es treffend formuliert: „Man darf von KI keine Zauberlösung erwarten und sollte es auch nicht darauf anlegen, alles an die Technik abzugeben, nur weil es möglich ist. Im Fokus steht immer der strategische Nutzen für das Business. Eine gute Datengrundlage ist entscheidend, genauso wie die Bereitschaft, Prozesse anzupassen. Wenn man diese Grundlagen schafft und klare Ziele definiert, kann KI ungeahnte Potenziale entfalten.“

Haba Familygroup

Gründung: 1938
Branche: Spiele, Spielwaren, Möbel und Raumkonzepte
Hauptsitz: Bad Rodach
Mitarbeiter: circa 850
www.​habafamilygroup.​com/​de/​
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Metadaten
Titel
Ein Traditionsunternehmen setzt auf Innovation
verfasst von
Dominique-Silvia Wiechmann
Publikationsdatum
01.03.2025
Verlag
Springer Fachmedien Wiesbaden
Erschienen in
IT-Mittelstand / Ausgabe 3/2025
Print ISSN: 3005-138X
Elektronische ISSN: 3005-1398
DOI
https://doi.org/10.1007/s44381-025-0217-6