Skip to main content
Erschienen in: List Forum für Wirtschafts- und Finanzpolitik 4/2020

17.12.2019 | Aufsätze

Eine neue Fiskalregel für die Eurozone: einfach, transparent, kontrollierbar

verfasst von: Thomas Jost, Karl-Heinz Tödter

Erschienen in: List Forum für Wirtschafts- und Finanzpolitik | Ausgabe 4/2020

Einloggen

Aktivieren Sie unsere intelligente Suche, um passende Fachinhalte oder Patente zu finden.

search-config
loading …

Zusammenfassung

Die Maastricht-Regeln und die Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts (SWP) zur Staatsverschuldung in der Eurozone haben sich nicht bewährt. Das Regelwerk ist zu komplex, es verlangt unsichere Prognosen, die Überwachung und Durchsetzung unterliegt politischen Einflussnahmen und eine Sanktionierung findet nicht statt. Eine neue und praktikable Regel sollte folgenden Anforderungen genügen: sie soll am Kernproblem der Überschuldung ansetzen, dem politischen Bewertungsprozess entzogen sein, die Souveränität der Mitgliedsländer über ihre Haushaltspolitik bewahren und dabei möglichst einfach, transparent und kontrollierbar sein. Die hier diskutierte neue Defizitregel knüpft am Schuldenstand der Euroländer an und sie entkoppelt die nationalen Fiskalpolitiken von der supranationalen Geldpolitik der EZB für die Eurozone. Im Gegensatz zur starren 3 %-Regel des korrektiven Teils des SWP ist die neue Regel flexibel und in der Lage, übermäßig hohe Schuldenquoten innerhalb eines überschaubaren Zeitraums abzubauen, selbst dann, wenn das nominale Wachstum schwach ausfällt. Das haben Simulationsrechnungen über 15 Jahre mit zwei unterschiedlichen Szenarien sowie die hypothetische Anwendung der neuen Regel auf die EWU-Länder für das Jahr 2018 bestätigt.

Sie haben noch keine Lizenz? Dann Informieren Sie sich jetzt über unsere Produkte:

Springer Professional "Wirtschaft"

Online-Abonnement

Mit Springer Professional "Wirtschaft" erhalten Sie Zugriff auf:

  • über 67.000 Bücher
  • über 340 Zeitschriften

aus folgenden Fachgebieten:

  • Bauwesen + Immobilien
  • Business IT + Informatik
  • Finance + Banking
  • Management + Führung
  • Marketing + Vertrieb
  • Versicherung + Risiko




Jetzt Wissensvorsprung sichern!

Springer Professional "Wirtschaft+Technik"

Online-Abonnement

Mit Springer Professional "Wirtschaft+Technik" erhalten Sie Zugriff auf:

  • über 102.000 Bücher
  • über 537 Zeitschriften

aus folgenden Fachgebieten:

  • Automobil + Motoren
  • Bauwesen + Immobilien
  • Business IT + Informatik
  • Elektrotechnik + Elektronik
  • Energie + Nachhaltigkeit
  • Finance + Banking
  • Management + Führung
  • Marketing + Vertrieb
  • Maschinenbau + Werkstoffe
  • Versicherung + Risiko

Jetzt Wissensvorsprung sichern!

Fußnoten
1
Um an der Währungsunion teilzunehmen, muss ein Land die EU-Konvergenzkriterien (Maastricht-Kriterien) erfüllen. Diese Kriterien sollen die Haushalts‑, Preisniveau‑, Zins- und Wechselkursstabilität gewährleisten. Das Kriterium der Haushaltsstabilität (Defizit unter 3 % und Staatsschuldenquote unter 60 % des BIP) wurde im SWP als dauerhaftes Kriterium ausgelegt.
 
2
Eurostat berechnet den Primärsaldo für alle EU-Länder einheitlich als Saldo nach dem Maastricht-Vertrag (Staatseinnahmen − Staatsausgaben) + Zinsausgaben: https://​de.​wikipedia.​org/​wiki/​Prim%C3%A4rsaldo.
 
3
Auch bei Niedrig- und Nullzinsen sind Staatsschulden von heute die Steuern von morgen (Fischer 2019).
 
4
Die 1/20-Regel des reformierten Paktes ist zudem de facto ausgehebelt worden, da großzügige Regelauslegungen es ermöglichen, sogar eine deutliche Verfehlung des Ziels für den Schuldenabbau mit einer Verfehlung des anspruchsärmeren präventiven Arms zu heilen, sofern diese als „nicht erheblich“ gewertet wird (Deutsche Bundesbank 2017a, S. 41). Eine Regel, die faktisch nicht gilt, sollte durch eine geltende und zu befolgende Regel ersetzt werden.
 
5
Der Parameter λ ist für alle EWU-Länder einheitlich festzulegen und könnte bspw. die im SWP vereinbarte Regel für den Schuldenabbau von λ = 1/20 aufnehmen.
 
6
Der Zusammenhang zwischen den von der Notenbank kontrollierten Zinsen am kurzen Ende des Fristenspektrums und der durchschnittlichen Verzinsung der Staatsschulden ist zwar indirekt und zeitverzögert, jedoch gleichwohl vorhanden und sehr wirksam; vgl. Deutsche Bundesbank (2017b).
 
7
Dieser Effekt ließe sich noch verstärken, wenn \(z_{t-1}=i_{t-1}+i_{t-1}^{G}\) gesetzt würde, wobei \(i^{G}\) ein von der Notenbank kontrollierter Zins sein sollte, z. B. der Geldmarktsatz für Dreimonatsgeld. Bei niedrigen oder gar negativen Geldmarktzinsen würde die obere Schranke für das Primärdefizit geringer ausfallen als bei einer restriktiven Geldpolitik mit hohen Geldmarksätzen.
 
8
Ohne Irland und Deutschland, die ihre Schuldenquoten abgebaut haben, ist die durchschnittliche Schuldenquote von 82 % in 2010 sogar auf 105 % in 2017 gestiegen.
 
9
Deutschland hat höhere Schuldzinsen gezahlt als Griechenland, dessen Zinsausgaben durch diverse Hilfsprogramme stark reduziert wurden; vgl. Deutsche Bundesbank (2017b, S. 54).
 
10
In Log-Prozent ausgedrückt ergibt sich die Veränderungsrate einer Variablen X als 100*ln(Xt/X0), wobei ln den natürlichen Logarithmus bezeichnet.
 
Literatur
Zurück zum Zitat Bénassy-Quéré, A., et al. (2018). Reconciling risk sharing with market discipline: A constructive approach to euro area reform. CEPR Policy Insight, 91, 1–24. Bénassy-Quéré, A., et al. (2018). Reconciling risk sharing with market discipline: A constructive approach to euro area reform. CEPR Policy Insight, 91, 1–24.
Zurück zum Zitat Beetsma, R., & Larch, M. (2019). EU fiscal rules: Further reform or better implementation? ifo DICE Report, 17(2), 7–11. Beetsma, R., & Larch, M. (2019). EU fiscal rules: Further reform or better implementation? ifo DICE Report, 17(2), 7–11.
Zurück zum Zitat Beuve, J., et al. (2019). Simple rules for better fiscal policies in Europe. ifo DICE Report, 17(2), 12–16. Beuve, J., et al. (2019). Simple rules for better fiscal policies in Europe. ifo DICE Report, 17(2), 12–16.
Zurück zum Zitat Caselli, F., & Reynaud, J. (2019). Do fiscal rules cause better fiscal balances? A new instrumental variable strategy. IMF Working Paper, 19, 49. Caselli, F., & Reynaud, J. (2019). Do fiscal rules cause better fiscal balances? A new instrumental variable strategy. IMF Working Paper, 19, 49.
Zurück zum Zitat Caselli, F., & Wingender, P. (2018). Bunching at 3 Percent: The Maastricht fiscal criterion and government deficits. IMF Working Paper, 18, 182.CrossRef Caselli, F., & Wingender, P. (2018). Bunching at 3 Percent: The Maastricht fiscal criterion and government deficits. IMF Working Paper, 18, 182.CrossRef
Zurück zum Zitat Deutsche Bundesbank (2017a). In Zur Ausgestaltung und Umsetzung der europäischen Haushaltsregeln (S. 29–45). Deutsche Bundesbank (2017a). In Zur Ausgestaltung und Umsetzung der europäischen Haushaltsregeln (S. 29–45).
Zurück zum Zitat Deutsche Bundesbank (2017b). Zur Entwicklung der staatlichen Zinsausgaben in Deutschland und anderen Ländern des Euroraums. In Monatsbericht Juli 2017 (S. 35–70). Deutsche Bundesbank (2017b). Zur Entwicklung der staatlichen Zinsausgaben in Deutschland und anderen Ländern des Euroraums. In Monatsbericht Juli 2017 (S. 35–70).
Zurück zum Zitat Deutsche Bundesbank (2019). Europäischer Stabilitäts- und Wachstumspakt: Zu einzelnen Reformoptionen. In Monatsbericht April 2019 (S. 79–93). Deutsche Bundesbank (2019). Europäischer Stabilitäts- und Wachstumspakt: Zu einzelnen Reformoptionen. In Monatsbericht April 2019 (S. 79–93).
Zurück zum Zitat Europäische Kommission (2017). Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Festlegung von Bestimmungen zur Stärkung der haushaltspolitischen Verantwortung und der mittelfristigen Ausrichtung der Haushalte in den Mitgliedstaaten. COM(2017) 824 final, 2017/0335 (CNS), 6. Dez. 2017. Europäische Kommission (2017). Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Festlegung von Bestimmungen zur Stärkung der haushaltspolitischen Verantwortung und der mittelfristigen Ausrichtung der Haushalte in den Mitgliedstaaten. COM(2017) 824 final, 2017/0335 (CNS), 6. Dez. 2017.
Zurück zum Zitat Fischer, M. (2019). Sind Schulden nun gut oder schlecht? Wirtschaftswoche 12. 15. März 2019. Fischer, M. (2019). Sind Schulden nun gut oder schlecht? Wirtschaftswoche 12. 15. März 2019.
Zurück zum Zitat Fuest, C., & Gros, D. (2019). Applying nominal expenditure rules in the euro area. EconPol Policy Brief 15/2019. Fuest, C., & Gros, D. (2019). Applying nominal expenditure rules in the euro area. EconPol Policy Brief 15/2019.
Zurück zum Zitat Gaspar, V., & Amaglobeli, D. (2019). Fiscal rules. Suerf Policy Note 60, March 2019. Gaspar, V., & Amaglobeli, D. (2019). Fiscal rules. Suerf Policy Note 60, March 2019.
Zurück zum Zitat Heinemann, F., et al. (2018). Do fiscal rules constrain fiscal policy? A meta-regression-analysis. European Journal of Political Economy, 51(2018), 69–92.CrossRef Heinemann, F., et al. (2018). Do fiscal rules constrain fiscal policy? A meta-regression-analysis. European Journal of Political Economy, 51(2018), 69–92.CrossRef
Zurück zum Zitat Lledó, V., et al. (2017). Fiscal rules at a glance. IMF Background Paper. March 2017. Lledó, V., et al. (2017). Fiscal rules at a glance. IMF Background Paper. March 2017.
Zurück zum Zitat Wyplosz, C. (2019). Fiscal discipline in the Eurozone: don’t fix it, change it. ifo DICE Report, 17(2), 3–6. Wyplosz, C. (2019). Fiscal discipline in the Eurozone: don’t fix it, change it. ifo DICE Report, 17(2), 3–6.
Metadaten
Titel
Eine neue Fiskalregel für die Eurozone: einfach, transparent, kontrollierbar
verfasst von
Thomas Jost
Karl-Heinz Tödter
Publikationsdatum
17.12.2019
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Erschienen in
List Forum für Wirtschafts- und Finanzpolitik / Ausgabe 4/2020
Print ISSN: 0937-0862
Elektronische ISSN: 2364-3943
DOI
https://doi.org/10.1007/s41025-019-00183-y

Weitere Artikel der Ausgabe 4/2020

List Forum für Wirtschafts- und Finanzpolitik 4/2020 Zur Ausgabe