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2022 | Buch

Einführung in die Theorie des Kommunikativen Realismus

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Über dieses Buch

In diesem Buch wird ein Ansatz zur Betrachtung sozialer Interaktion vorgestellt, in dem Gesichtspunkte wie unmittelbares Erleben, Multimodalität, Materialität und Körperlichkeit im Mittelpunkt stehen. Der Ansatz basiert auf Überlegungen Max Schelers zur Intersubjektivität und Erwin Straus´ zur Wahrnehmung in sozialer Interaktion, die in jüngster Zeit im Bereich kognitionswissenschaftlicher Forschung wieder aufgegriffen wurden. In dem Buch werden die Grundgedanken dieses Ansatzes skizziert und durch kommunikationswissenschaftliche Befunde untermauert. Außerdem wird mit dem Konzept der ,Interaktionsgeschichte‘ ein methodischer Ansatz vorgestellt, das komplexe Geschehen in sozialer Interaktion angemessen darzustellen.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Kapitel 1. Einleitung
Zusammenfassung
In diesem Band schlagen wir eine neue Betrachtungsweise sozialer Kommunikation vor. Wir nennen diese Betrachtungsweise „kommunikativer Realismus“. Wir haben uns zu dieser Bezeichnung inspirieren lassen durch den Titel des Buches von Hubert Dreyfus und Charles Taylor: „Die Wiedergewinnung des Realismus“ (Dreyfus und Taylor 2016).
Werner Pfab, Matthias Klemm
Kapitel 2. Die Leitmetapher „Konstruktion“ im kommunikationswissenschaftlichen Diskurs
Zusammenfassung
Für viele aktuelle kommunikationswissenschaftliche Ansätze ist die Vorstellung, Erkenntnisse über Kommunikation auf der Grundlage der Bestimmung subjektiver Sinnleistungen und Deutungsmuster kommunikativen Geschehens, sg. „Konstruktionen“, zu gewinnen, eine selbstverständliche Denk- und Arbeitsvoraussetzung, insbesondere deshalb, weil diese Vorstellung an einer lang etablierten dominanten sozialwissenschaftlichen Strömung partizipiert, dem sinn-semantischen Diskurs. In diesem Kapitel erläutern wir die Wirkmächtigkeit dieses Diskurses und argumentieren auf der Grundlage der Arbeiten Max Schelers, dass es sich bei diesen Konstruktionen um Täuschungen handelt.  
Werner Pfab, Matthias Klemm
Kapitel 3. „Konstruktion“ als fundamentale Täuschung
Zusammenfassung
Konstruktionen sind in zweifacher Weise täuschend. Zum eine, weil sie kommunikative Wirklichkeit auf den Austausch von Zeichen reduzieren, und zum anderen, weil sie die Bedeutung kommunikativer Ereignisse in die subjektive Deutung der Beteiligten verlegen. Beide Täuschungsrichtungen werden in diesem Kapitel erläutert.
Werner Pfab, Matthias Klemm
Kapitel 4. Kommunikativer Realismus: Grundzüge eines erweiterten Kommunikationsverständnisses
Zusammenfassung
Ausgangspunkt unserer Überlegungen zum kommunikativen Realismus sind die Arbeiten Max Schelers zu Intersubjektivität und sozialer Interaktion, die wir um den Beitrag Erwin Straus’s zur Frage des „Sinns der Sinne“ ergänzen. Mit diesen Überlegungen lässt sich zum einen eine Ebene von Kommunikation aufschliessen, die der kognitiven Verstehens vorgelagert ist und diese erst fundiert, und zum anderen das Verhältnis von Akteuren und kommunikativem Geschehen neu bestimmen. In diesem Zuge erfolgt auch eine Kritik der Vorstellung von „Empathie“.
Werner Pfab, Matthias Klemm
Kapitel 5. Kommunikativer Realismus – kommunikationswissenschaftliche Befunde
Zusammenfassung
Lassen sich kommunikationswissenschaftliche Forschungen identifizieren, in denen mit Konzepten gearbeitet wird, die sich in Bezug zu der von Scheler fokussierten Dimension sozialer Interaktion setzen lassen? Es sind vorrangig bestimmte Bereiche der Gesprächsforschung, der Ethnographie und der Oralitätsforschung, in deren Rahmen ein breiter Bestand an Erkenntnisse entstanden ist, der das Schelersche Konzept von Intersubjektivität und Interaktion stützt, plausibilisiert und erläutert. Andersherum lässt sich aus Schelers Arbeiten eine konzeptionelle Grundlage entwickeln, auf der diese Forschungen in ein systematisches Verhältnis zueinander gesetzt werden können. Es ist angesichts der Dominanz des sinn-semantischen Diskurses (s. o.) allerdings auch nicht überraschend, dass diese Befunde und die in ihnen vertretenen Ansätze im Bereich aktueller Kommunikationsforschung eher marginalisiert sind
Werner Pfab, Matthias Klemm
Kapitel 6. Revisionen
Zusammenfassung
In diesem Kapitel nutzen wir die bisher angestellten Überlegungen zu Revisionen vorliegender Interpretationen interaktiver Phänomene in der kommunikationswissenschaftlichen Forschung. Wir zeigen an den Beispielen der Untersuchungen von „Kommunikationsmacht“ und von „Sprecherwechsel“, wie sich die zugrundeliegenden Phänomene im Ansatz des kommunikativen Realismus interpretieren lassen.
Werner Pfab, Matthias Klemm
Kapitel 7. ,Interaktionsgeschichte‘ als methodischer Ansatz zur komplexen Erfassung des Interaktionsgeschehens
Zusammenfassung
In diesem Kapitel erörtern wir einen Vorschlag für eine Methodik zur Annäherung an interaktive Wirklichkeit und eine entsprechende Darstellungsweise. Es geht „[…] um eine Beschreibung empirischer Realität, in der Genauigkeit und Vollständigkeit der Beobachtung und die Plastizität des Ausdrucks so hohen Grad erreichen, daß eben diese Realität mit-geteilt und wieder-gegeben scheint, und zwar sie selbst und nicht nur die Nachricht von ihr.“ (Plessen 1981, S. 17). Wir erläutern zunächst die Dimensionen interaktiven Geschehens und kritisieren in der Folge die gängige analytische Darstellungsweise auf der Grundlage von Transkripten. Wir setzen dem das Konzept einer „Interaktionsgeschichte“ entgegen, die für die Darstellung kommunikativen Geschehens das Potential literarischer Beschreibungen nutzt und zeigen die Relevanz literarischer Beschreibungen in sozial- und kulturwissenschaftlichen Diskursen. 
Werner Pfab, Matthias Klemm
Kapitel 8. Die Deutung der Interaktion und ihre Lücken
Zusammenfassung
Unsere Überlegungen zu einer Theorie des kommunikativen Realismus nahmen ihren Ausgang bei einer Kritik des sinn-semantischen Kommunikationsverständnisses. Die „gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit“ bedarf, so sahen wir, einer Neufundierung auf der Grundlage der „Welthaltigkeit“ von Intersubjektivität und einer Neubestimmung des Ortes von Konstruktionen und Deutungsmustern im Verhältnis zu dieser. Konstruktionen, Typiken und Deutungsmuster beschreiben keine personalen Erlebensweisen, sondern sind pragmatisch gekürzte Beschreibungsformeln kommunikativen Geschehens. Sie sind gleichwohl wirkmächtig. Wir verstehen unsere Überlegungen zum kommunikativen Realismus auch als Korrektiv, mit dessen Hilfe wir mit dem Ziel gesellschaftlicher Selbstverständigung diese Wirkmächtigkeit neu bestimmen und positionieren. Wir tun dies in diesem Kapitel an dreipragmatisch wirksamen Konzepten: Empathie, Aushandlung und Sinn.
Werner Pfab, Matthias Klemm
Backmatter
Metadaten
Titel
Einführung in die Theorie des Kommunikativen Realismus
verfasst von
Prof. Dr. Werner Pfab
Dr. Matthias Klemm
Copyright-Jahr
2022
Electronic ISBN
978-3-658-37776-2
Print ISBN
978-3-658-37775-5
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-37776-2