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Erschienen in:

Open Access 2025 | OriginalPaper | Buchkapitel

2. Einführung in Unternehmensberatung und Frauen in der Wirtschaft

verfasst von : Kim Dede

Erschienen in: Aufstiegschancen von Frauen

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Zusammenfassung

Der Fachbeitrag bietet eine umfassende Einführung in die Unternehmensberatung in Deutschland, wobei sowohl historische Entwicklungen als auch aktuelle Strukturen und Herausforderungen beleuchtet werden. Ein zentraler Fokus liegt auf der Rolle von Frauen in der Wirtschaft und der Beratungsbranche. Die Analyse beginnt mit einem historischen Abriss der Beratungsbranche, der von den Anfängen im 20. Jahrhundert bis zur heutigen Diversifizierung reicht. Dabei wird die Entwicklung der Branche in fünf Phasen unterteilt: Initialisierung, Professionalisierung, Internationalisierung, Boom und Konsolidierung. Besonders interessant ist die Betrachtung der Organisationsstrukturen und Karrierepfade innerhalb der Beratungsbranche, die stark hierarchisch und auf ständige Weiterentwicklung ausgerichtet sind. Der Beitrag untersucht auch die Auswirkungen der Covid-Pandemie auf die Arbeitskultur und die Reisetätigkeit der Berater:innen. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der historischen Perspektive der Frauen im Beruf, die von der Industriellen Revolution bis zur Gegenwart reicht. Dabei werden die Herausforderungen und Erfolge von Frauen in Führungspositionen analysiert. Der Text beleuchtet auch die aktuellen Zahlen und Entwicklungen in der Beratungsbranche, insbesondere den geringen Anteil von Frauen in höheren Führungspositionen. Die Untersuchung zeigt, dass trotz zahlreicher Initiativen und Maßnahmen zur Förderung von Frauen in der Beratungsbranche noch erhebliche Hürden bestehen. Der Beitrag schließt mit einer detaillierten Analyse der Karrierewege von Frauen in der Beratungsbranche und den Faktoren, die ihre berufliche Entwicklung beeinflussen. Dabei wird auch die Rolle von Mentoring-Programmen und Netzwerken innerhalb der Firmen betrachtet. Insgesamt bietet der Fachbeitrag eine fundierte und differenzierte Analyse der aktuellen Situation von Frauen in der Unternehmensberatung und zeigt auf, welche Maßnahmen notwendig sind, um die Geschlechtergerechtigkeit in der Branche zu fördern.
Die vorliegende Arbeit basiert auf einem grundlegenden Verständnis der Beratungsbranche in Deutschland und setzt Wissen über die Rollen und Erfahrungen von Frauen in der Wirtschaft voraus. Das folgende Kapitel bietet daher eine Einführung in diese Bereiche. Neben einem historischen Abriss der Beratungsbranche und ihrem heutigen Stand werden auch die Karrierepfade innerhalb der Branche sowie die Organisationsstrukturen beschrieben. Im Anschluss werden die Historie von Frauen im Beruf und ihre Arbeit in Führungspositionen dargelegt, bevor schließlich eine spezifische Betrachtung von Frauen in der Beratungsbranche folgt.

2.1 Einführung in die Unternehmensberatung

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Branche der Unternehmensberatung im vorwiegend deutschsprachigen Raum. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass sich die Branche je nach Region, Kultur und Marktbedingungen unterscheidet, sodass eine Vergleichbarkeit nicht immer gewährleistet ist.
Der Begriff der Unternehmensberatung beziehungsweise der Unternehmensberater:innen ist in Deutschland nicht geschützt oder an bestimmte Voraussetzungen geknüpft (vgl. Nissen 2007, S. 3). Die Branche entstand hier erst Mitte des 20. Jahrhunderts mit der Beratungsfirma Kienbaum und einem erst technischen und dann wirtschaftsorientierten Ansatz (vgl. Lünendonk, Streicher 2005, S. 212). Heute ist sie so diversifiziert, dass eine übergreifende Definition des Begriffs nicht mehr möglich ist. Eine Annäherung daran wird dennoch in Abschnitt 3.​1.​1 Definition des Beratungsbegriffs und Abgrenzung des Forschungsfeldes vorgenommen.
Im Jahr 2022 wies die Branche einen Umsatz von 34,6 Milliarden Euro auf und beschäftigte in Deutschland circa 227.500 Mitarbeitende, darunter knapp 185.000 Berater:innen (vgl. BDU 2022, S. 6 f.). Nach Angaben des Bundesverbands Deutscher Unternehmensberater (BDU) verteilt sich der Anteil an Frauen auf diese Zahl pyramidal: 38 % der Berater:innen auf Junior- und Einstiegsebenen sind Frauen und weitere 23 % arbeiten auf Senior-Beratungsstufe. Danach nimm der Anteil stetig ab. Nur circa 12 % der Personen im höheren Management und der Unternehmensleitung sind weiblich (vgl. ebd.). Diese Verteilung liegt etwas unter dem gesamtwirtschaftlichen Anteil von Frauen in Managementpositionen, der 2020 bei knapp 30 % lag und Führungspositionen wie den Vorstand, die Geschäftsführung sowie leitende Funktionen umfasst (vgl. Statistisches Bundesamt 2021). Die mangelhafte Repräsentanz von Frauen in höheren Führungspositionen wird den maßgeblichen Fokus der vorliegenden Arbeit darstellen und an späterer Stelle erneut aufgegriffen und analysiert.
Die Rolle von Beratungsfirmen resümiert Dornheim wie folgt:
Unternehmensberatungen haben einen großen Einfluss auf die Volkswirtschaften, in denen sie tätig sind. Sie sind in weitreichende Entscheidungen in großen Unternehmen sowie der öffentlichen Verwaltung involviert. (2015, S. 4)
Die Branche beeinflusst also verschiedene relevante Wirtschaftszweige, Politik und Verwaltung und hat sich angesichts der Covid-Pandemie als krisensicher erwiesen (vgl. BDU 2021). Dabei teilt sich der Markt in drei Segmente: einen großen Anteil von mehr als 20.000 Consultingfirmen mit unter 1 Million Euro Umsatz pro Jahr, 3.000 Firmen mit 1 bis 50 Millionen Euro Umsatz sowie 175 Organisationen mit mehr als 50 Millionen Euro Jahresumsatz. Die Beratungslandschaft kann also als heterogen bezeichnet werden. Die zehn größten Firmen machen gut 20 % des Gesamtanteils aus und beschäftigen mehrere Tausend Mitarbeitende (vgl. BDU 2021), während die kleineren Unternehmen teilweise nur einige wenige Berater:innen einsetzen können, die verschiedenste Kunden1 in operativen und strategischen Fragestellungen unterstützen. Dies umfasst in der Regel die Bereiche Restrukturierung, Prozessoptimierung, IT und Change-Management (vgl. ebd.). „Das Geschäftsmodell der großen Unternehmensberatungen besteht aus dem Verkauf hochgradig individualisierter Dienstleistungen im Rahmen zeitlich begrenzter Projekte“ (Dornheim 2015, S. 17). Die Mitarbeiter:innen sind daher meist auf einen Bereich oder ein Thema spezialisiert und erbringen in regelmäßig wechselnden Projekten individuelle Beratungsleistungen.
Die durchschnittliche Arbeitsbelastung und -gestaltung von Berater:innen unterscheidet sich entsprechend je nach Arbeitgeber, Schwerpunkt und Hierarchieebene und hat mit der Pandemie weitere starke Veränderungen erfahren. Während zuvor ein Modell von „5-4-3“ üblich war – fünf Tage pro Woche im Einsatz für den Kunden, davon vier Tage vor Ort und drei Nächte im Hotel – ist seitdem Remote-Arbeit2 geläufiger und von vielen Kunden und Führungskräften akzeptiert (vgl. Lünendonk, Hossenfelder 2021, PricewaterhouseCoopers 2020). Dennoch werden nach wie vor in der Branche Flexibilität und Reisetätigkeit vorausgesetzt, was sich auch in den Jobbeschreibungen widerspiegelt (vgl. Sopra Steria 2021, Boston Consulting Group 2021).
Die Beratungsbranche ist also ein relevanter Sektor mit Einfluss auf Wirtschaft, Verwaltung und Politik und beinhaltet besondere Herausforderungen für die Mitarbeitenden. Um das Thema dieser Untersuchung eingehender aufzuarbeiten, werden in den folgenden Kapiteln die Entstehungsgeschichte, Prozesse und Eigenheiten der Branche erläutert und anschließend in Bezug zum Forschungsschwerpunkt ‚Frauen in der Unternehmensberatung‘ gesetzt.

2.1.1 Geschichte und Entwicklung der Beratungsbranche in Deutschland

Die Historie der Beratungsbranche ist im Vergleich zu traditionellen, beispielsweise handwerklichen Berufen noch jung. Als eigenständiges Berufsfeld durchlief sie fünf Entwicklungsstufen auf dem Weg zu ihrer heutigen Marktrelevanz in Deutschland und weltweit. Fink (vgl. 2009, S. 14 ff.) beschreibt diese als die (1) Initialisierung der Dienstleistung, die (2) Professionalisierung der Branche, ihre (3) Internationalisierung und gleichzeitige Differenzierung, den folgenden (4) Boom mit Überhitzung sowie die heutige (5) Konsolidierung und Erholung.
Die (1) Initialisierung fand zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit der Unterstützung amerikanischer Industrieunternehmen im Rahmen von Produktionsoptimierung statt (vgl. Fink 2009, S. 15). Mit der Zunahme standardisierter Prozesse stieg auch die Nachfrage nach Beratung und es entstanden die ersten Unternehmen der heutigen Consultingbranche wie beispielsweise Arthur Andersen (1913, heute: Accenture), McKinsey oder A.T. Kearney (beide 1926; vgl. Dornheim 2015, S. 9).
Als Wirtschaftsprofessor an der Universität von Chicago initiierte James O. McKinsey mit seiner Arbeit und seinem gleichnamigen Unternehmen die Phase der (2) Professionalisierung, indem er das Arbeitsfeld und die Notwendigkeit einer neuen Berufsgruppe beschrieb: Management Consultants (vgl. Fink 2009, S. 190). Neben der Unterstützung des Managements bei der Prozessoptimierung wurde das Tätigkeitsfeld nach dem Zweiten Weltkrieg um allgemeine Unternehmens- und Strategieberatung für das beginnende Wachstum der Wirtschaft erweitert. Dadurch entstanden neue Wettbewerber wie die bis heute erfolgreiche Boston Consulting Group (BCG, 1963; vgl. Dornheim 2015, S. 10), die ihrerseits die Professionalisierung der Branche entscheidend vorantrieb. Neben der Konzentration auf Wachstumsstrategien und Effizienzsteigerung für ihre Kunden entwickelten sich Branchenstandards und -methoden, die bis heute gültig sind, beispielsweise die BCG-Matrix, die Reisetätigkeit der Berater:innen und die definierten Karrierewege in den Organisationen (vgl. Dornheim 2015, S. 11).
Auf die Phase der Professionalisierung folgte die (3) Internationalisierung der großen Beratungspioniere aus den USA. Der Markt in Deutschland befand sich zu Beginn der 1950er Jahre noch in der Anfangsphase: Lünendonk und Streicher benennen die Firma Kienbaum als erste deutsche Unternehmensberatung, deren Gründer Gerhard Kienbaum sich nach 1945 als Berater für den Mittelstand selbstständig machte (vgl. Lünendonk, Streicher 2005, S. 212).
Die großen Beratungshäuser aus den USA hatten daher bei ihrem Markteintritt in Deutschland zwischen 1955 und 1965 wenig Konkurrenz (vgl. Lippold 2016, S. 42). Sie konzentrierten sich schnell auf die wachsenden Konzerne und Aktiengesellschaften und gewannen dadurch rasant an Einfluss. Ab circa 1980 wurde dieser durch die beginnende Digitalisierung verstärkt; in der Folge spezialisierten sich einige Consultingfirmen auf die IT-Beratung (vgl. Fink 2009, S. 200). Dies führte zu einer weiteren Differenzierung der Branche:
Die BCG – 1962 in Boston gegründet – vertraute auf gut ausgebildete Berater. Im Gegensatz zu den meisten Wettbewerbern, die einen Ansatz als Generalist verfolgten, versuchten die BCG-Berater nicht, vorgefertigte Managementmethoden auf die spezifische Situation eines Kunden zu übertragen. Vielmehr wurde jedes Kundenproblem grundlegend analysiert und – gemeinsam mit dem Kunden – individuell gelöst. (Lippold 2016, S. 46)
Dem gegenüber standen Beratungshäuser mit standardisierten Lösungen oder Wirtschaftsprüfungsschwerpunkt sowie IT-Beratungen, Strategieberatungen und zahlreiche weitere Differenzierungen. Auch der öffentliche Sektor griff gegen Ende des vergangenen Jahrhunderts immer stärker auf Beratungsdienstleistungen zurück; dies führte dazu, dass Berater:innen heute ein integraler Bestandteil von Wirtschaft und Politik sind (vgl. Dornheim 2015, S. 12).
Trotz der großen Nachfrage wuchs das Marktvolumen im Bereich der Beratungsleistungen in Deutschland zwischen 1970 und 1980 nur um das Dreifache – eine geringe Zahl, verglichen mit dem folgenden Boom ab diesem Zeitpunkt bis heute (Anstieg des Marktvolumens um das 21-fache von 1980 bis 2014, vgl. Lippold 2016, S. 43). Maßgeblich dazu beigetragen hat insbesondere die Geschwindigkeit der Digitalisierung mit der ständigen Erneuerung und Weiterentwicklung von Computersystemen und der Euro-Einführung zur Jahrtausendwende. Vor allem die Nachfrage nach IT-Beratung erwies sich als signifikant und es bestand ein erheblicher Bedarf an Fachkräften. (vgl. ebd., S. 47)
Die folgende (4) Überhitzung wurde durch den zeitweiligen Zusammenbruch der Börsenkurse Anfang der 2000er Jahre zu einer Krise für die gesamte Branche: Lag der Fokus der Berater:innen zuvor noch stark auf Effizienz- und Agilitätsthemen, so waren viele Beratungsunternehmen auf einen wirtschaftlichen Abschwung selbst nicht vorbereitet. Entlassungen wurden notwendig, das Recruiting wurde eingestellt und als Folge des Bankenkollaps mussten sich viele Beratungen von ihren Wirtschaftsprüfungsanteilen trennen. (vgl. Lippold 2016, S. 48)
Aufgrund der Professionalisierung und Differenzierung innerhalb der Branche erfolgte die (5) Konsolidierung des Consultingsektors jedoch zeitnah. Die Unternehmen profitierten ab 2005 von Wachstum und Effizienzbemühungen der Industrie und konnten den Bereich der Merger und Acquisitions für sich gewinnen, der durch die Marktkonsolidierung ein großes Volumen generierte. (vgl. ebd., S. 49)
Die Resilienz und das zurückgewonnene Vertrauen der Kund:innen führten dazu, dass der Einfluss der Beratungsbranche auf die weltweite Wirtschaft und Politik schnell wieder auf Vorkrisenniveau zurückkehrte (vgl. Dornheim 2015, S. 11).
Im Vordergrund der Erholungsphase standen Maßnahmen, die einen messbaren ökonomischen Nutzen für das Kundenunternehmen liefern. Wertorientierung und damit die Identifizierung der erfolgsrelevanten Werttreiber in Verbindung mit einer starken Prozessorientierung waren und sind die Erfolgsfaktoren im neuen Jahrtausend. (Lippold 2016, S. 50)
Die Wachstumsrate der letzten zehn Jahre bewegt sich nahezu auf Vorkrisenniveau und knüpft damit an den Erfolg seit den 1980er Jahren an (vgl. Lünendonk, Hossenfelder 2021, S. 2). Dornheim resümiert: „Heute sind Unternehmensberater [sic] aus der deutschen Wirtschaft und Politik nicht mehr wegzudenken“ (2015, S. 12).
Insgesamt ist die Beratungsbranche seit ihrer Gründung überwiegend männlich und westlich geprägt. Letzteres lässt sich auf die Entstehungsmärkte in den USA und später in Europa zurückführen, die eine eher kapitalistisch-westliche Orientierung aufweisen. Die überwiegend männlich geprägte Kultur der Beratungsbranche wird im Laufe der Arbeit noch aufgegriffen und detailliert untersucht. Ihren Ursprung hat sie in der gesellschaftlichen Struktur der Gründungsjahre, in denen Frauen signifikant seltener am Erwerbsleben teilnahmen und Führungspositionen fast ausschließlich männlich besetzt waren. Dadurch entstand eine maskuline Kultur von Wettbewerb und Leistungsorientierung (vgl. Dornheim, S. 188 f.), in der Männer ihresgleichen im Recruiting tendenziell bevorzugen (vgl. AllBright 2021, S. 6 f.) und weiblich gelesene Personen aufgrund unbewusster und bewusster Vorurteile in der Karriere benachteiligt werden können. Bis dato ist eine weitreichende Diskrepanz in Bezug auf Gleichstellung in Führungspositionen zu verzeichnen.

2.1.2 Unternehmensberatung heute: Daten und Arbeitsweise

Die vorliegende Arbeit bezieht sich auf die Branche der Unternehmensberatung mit Schwerpunkt in Deutschland. Aus diesem Grund werden im folgenden Kapitel hauptsächlich Aussagen über diese Region getätigt, auch wenn das Consulting ein globales Phänomen ist und viele Entwicklungen überregionaler Natur sind.
Die deutsche Beratungslandschaft kann als sehr heterogen bezeichnet werden. Im Gegensatz zu anderen Ländern, in denen wenige große Player den Markt unter sich aufteilen, spielen in Deutschland viele verschiedene Beratungshäuser und heterogene Auftraggeber eine Rolle. Die in dieser Arbeit eingenommene Perspektive konzentriert sich besonders auf große, teils globale Unternehmensberatungen mit relativ homogenen Erfahrungswelten der Angestellten. Zu diesen zählen in Deutschland verschiedene lokale und globale Player (vgl. Tabelle 2.1 und Tabelle 2.2), die in jährlich erscheinenden Listen zusammengefasst werden (vgl. Lünendonk, Hossenfelder 20243, S. 2).
Tabelle 2.1
Die 10 größten Management-Beratungsunternehmen mit Hauptsitz in Deutschland 2023. (vgl. Lünendonk, Hossenfelder 2024, Quelle: Eigene Darstellung)
Rang
Unternehmen
Umsatz 2022 weltweit in Mio. Euro
Mitarbeitende weltweit
1
Roland Berger Strategy Consultants Holding GmbH
870,0
3000
2
Simon Kucher & Partners GmbH
534,9
2000
3
Q Perior AG
286,0
1015
4
Porsche Consulting GmbH
271,0
840
5
Horváth AG (Horváth & Partners-Gruppe)
270,0
1059
6
d-fine GmbH
221,6
1215
7
Detecon International GmbH
214,4
1217
8
Zeb.Rolfes.Schierenbeck Associates GmbH
200,2
906
9
KPS AG
179,5
725
10
Goetzpartners Group
140,5
390
Tabelle 2.2
Die 20 größten 2023 in Deutschland tätigen internationalen Management-Beratungsunternehmen mit Hauptsitz im Ausland. (vgl. Lünendonk, Hossenfelder 2024, Quelle: Eigene Darstellung)
Rang
Unternehmen
Umsatz 2022 weltweit in Mrd. Euro
Mitarbeitende weltweit
1
Accenture
32,4
160.000
2
Deloitte
29,5
146.000
3
PricewaterhouseCoopers
19,7
106.000
4
Ernst & Young (EY)
18,7
134.00
5
McKinsey & Company
14,7
45.000
6
KPMG
14,7
85.700
7
Boston Consulting Group
11,1
30.000
8
Willis Tower Watson
8,4
47.000
9
IBM
8,4
48.000
10
Bain & Company
6,4
18.000
Während sich die Darstellungen vor allem auf Management-Beratungen fokussieren und sich nach Hauptsitz in Deutschland und im Ausland unterscheiden, sind sie als Ansatz für den Fokus dieser Arbeit geeignet, da die größten Unternehmensberatungen, die mehr als ein Drittel der Berater:innen beschäftigen, vertreten sind. Darüber hinaus umfasst der Begriff ‚Management-Beratung‘ auch die relevanten vier Beratungsfelder Organisation und Prozess, Strategie, IT sowie Human Resources. Die deutsche Management-Beratungsbranche hat sich im Jahr 2021 und 2022 erholt, nachdem die Umsätze durch die Covid-19-Pandemie beeinträchtigt wurden. Laut der Studie des Bundesverbands stieg der durchschnittliche Umsatz der 20 größten Beratungen mit Sitz in Deutschland im Jahr 2021 um 16,6 %, während er im Vorjahr um 6,8 % gesunken war. Die führenden internationalen Beratungsunternehmen verzeichneten im Durchschnitt ein Wachstum von 13,1 %. Der deutsche Management-Beratungsmarkt erreichte 2022 ein Volumen von 43,7 Milliarden Euro (vgl. BDU 2023) und könnte in den nächsten Jahren rund 50 Milliarden Euro erzielen (vgl. Lünendonk, Hossenfelder 2024).
Die vier großen Beratungsfelder erweisen sich also seit Jahren als größtenteils stabil. Die Organisations- und Prozessberatung stellt mit knapp 44 % Marktanteil weiterhin die Mehrheit dar, gefolgt von der Strategieberatung mit einem Anteil von 25 % und der IT-Beratung mit 22 %. Schlusslicht bildet der Bereich der Human-Resources-Beratung, der lediglich 9 % Marktanteil ausmacht. Die Wachstumsraten bewegen sich zwischen 5,6 % und 6,1 %, sodass keine signifikante Verschiebung in den nächsten Jahren zu erwarten ist, auch wenn disruptive technologische oder regulatorische Entwicklungen gerade im IT-Consulting nicht ausgeschlossen werden können. (vgl. BDU 2021, S. 9) Neben den vier Beratungsfeldern beschreibt Lippold den erweiterten Beratungsmarkt der beratungsnahen Dienstleistungen, darunter Outsourcing (5,7 %), Personalberatung und Executive Search (4,9 %) sowie Softwareentwicklung und Systemintegration (19,1 %) (Stand: 2016, vgl. Lippold 2016, S. 50).
Das Geschäftsmodell der Beratungsbranche ist als Dienstleistung einzuordnen:
[Es] besteht aus dem Verkauf hochgradig individualisierter Dienstleistungen im Rahmen zeitlich begrenzter Projekte. Inhaltlich decken die Top-Managementberatungen eine große Bandbreite an branchen- und funktionsspezifischen Themen ab, eines der wenigen allgemeinen Merkmale dieser Beratungsprojekte ist die Beauftragung durch das Top-Management. (Dornheim 2015, S. 17)
Individualisierte Dienstleistungen auf Projektbasis kennzeichnen also das Geschäft der Unternehmensberatungen, während die Inhalte je nach Beratungsfeld und Anforderungen variieren. Eine allgemein gültige Definition des Begriffs fehlt, da die Tätigkeit weder rechtlich noch begrifflich geschützt ist und keine Voraussetzungen an Fähigkeiten, Erfahrungen oder eine bestimmte Ausbildung bestehen (vgl. McKenna 2010, S. 5).
Die Projektarbeit ist ein wesentliches Merkmal der Beratungsbranche. Im Gegensatz zu Unternehmensstrukturen, in denen alltägliche Aufgaben entsprechend des Jahres- oder Saisonablaufs erledigt werden, sind Berater:innen in Projekten beschäftigt. Diese dauern zwischen eineinhalb und in Ausnahmefällen bis zu zwölf Monaten, wobei drei bis sechs Monate als Regel genannt werden können (vgl. Dornheim 2015, S. 18). Die Teamstruktur in Projekten entspricht nicht der organisationalen Ordnung in der Beratung: Die Zugehörigkeit zu einer internen Abteilung oder einem spezifischen Team ist unerheblich, Berater:innen werden entsprechend ihrer Fähigkeiten und Erfahrung einem Projekt zugeordnet und dort hierarchisch in eine neue Teamstruktur eingeordnet, die für die Dauer des Auftrags bestehen bleibt. Die Zusammenarbeit mit Kolleg:innen ist also von ständigen Wechseln geprägt, die organisationale Zuordnung zu einer Abteilung im beruflichen Alltag zweitrangig.
Vor Beginn eines Projekts erfolgt der Aufbau der Kund:innenbeziehung und die Gewinnung des Auftrags, die gemeinsam von Berater:innen und Führungskräften umgesetzt wird. Maister et al. gehen davon aus, dass der Markterfolg und die Abgrenzung zur Konkurrenz über die Tiefe des Vertrauens zu den Kund:innen definiert werden können (vgl. 2001, S. 7). Dabei tragen die Partner:innen in der Beratung die Verantwortung für den Erfolg der Maßnahmen und haben in der Regel im Laufe der Karriere persönliche, belastbare Beziehungen zu relevanten Unternehmen ihrer Branche aufgebaut (vgl. Niedereichholz 2010, S. 65). So arbeiten zahlreiche Kund:innen bereits seit Jahren oder Jahrzehnten mit den gleichen Beratungsfirmen zusammen. Diese Verbindungen werden nicht nur durch zufriedenstellende Arbeitsergebnisse aufrechterhalten, sondern auch durch gemeinsame Aktivitäten, wie beispielsweise Mittag- oder Abendessen, Sport- und Kulturveranstaltungen sowie fachliche Tagungen, zu denen die Kund:innen eingeladen werden, zusätzlich gestärkt (vgl. ebd., Dornheim 2015, S. 22).
Bezüglich der Vergabe neuer Projekte können Beratungsfirmen mit bestehenden Beziehungen Vorteile haben, da sie frühzeitig Details erfahren und ihre Angebote entsprechend vorbereiten können. Aufgrund interner Compliance-Vorgaben, Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen oder bei der Vergabe von Aufträgen mit öffentlichen Geldern werden Projekte jedoch nicht mehr ohne Ausschreibungsverfahren oder gar unter der Hand vergeben (vgl. Maister et al. 2001, S. 8 f.).
Die Bezahlung der Beratungsunternehmen durch die Auftraggeber schwankt je nach Branche. Laut Bundesverband Deutscher Unternehmensberater erstreckt sich die Bandbreite der Tagessätze für den Einsatz einer Projektleitung (Hierarchiestufe Manager:in und Senior Manager:in) in der Strategieberatung über alle Unternehmensgrößen hinweg zwischen 1.200 und 2.500 Euro, während die vergleichbaren Tagessätze in der eher geringer bezahlten IT-Beratung bei 1.000 Euro beginnen (vgl. BDU 2022, S. 19 ff.). Die Mitarbeitenden stellen aufgrund des Geschäftsmodells auf Dienstleistungsbasis die größte Ressource der Beratungsfirmen dar und sind entscheidend für den Unternehmenserfolg.
Die Gewinnung von passendem Personal ist daher aufgrund der hohen Fluktuationsrate und des daraus entstehenden „War for talents“4 am Arbeitsmarkt die größte Herausforderung der Branche (vgl. BDU 2021, S. 4):
In 2021 stieg die Fluktuationsrate um 2,6 Punkte auf im Mittel 13,3 Prozent über alle Teilnehmer hinweg. Das ist innerhalb der Lünendonk-Studien der höchste Wert seit der Erstabfrage dieses Items in 2014. (Lünendonk, Hossenfelder 2021, S. 4)
Um dieser Fluktuation entgegenzuwirken, unternehmen die Arbeitgeber verschiedenste Anstrengungen, da sie auf hochqualifizierte und motivierte Bewerber:innen angewiesen sind (vgl. Dornheim 2015, S. 25). Dazu zählt insbesondere eine Anhebung der Gehälter, die rund ein Drittel der Unternehmen regelmäßig durchführt (vgl. Lünendonk, Hossenfelder 2021, S. 4).
Im Gegenzug haben die Arbeitgeber hohe Ansprüche an Bewerber:innen. Einige Unternehmensberatungen zielen nur auf Absolvent:innen bestimmter renommierter Hochschulen oder privater Wirtschaftsuniversitäten ab. Darüber hinaus werden exzellente universitäre Leistungen, ein umfassendes, außeruniversitäres Engagement wie Auslandssemester, Erfahrungen in (studentischen) Unternehmensberatungen und hochklassige Praktika sowie ausgeprägte Soft Skills erwartet. (vgl. Dornheim 2015, S. 22 ff.) Aufgrund der hohen Anforderungen sind die Arbeitgeber kontinuierlich auf der Suche nach geeigneten Bewerber:innen, um sie frühzeitig für die eigene Marke zu gewinnen. Dies schlägt sich auch auf den Recruiting-Prozess und entsprechende Personalgewinnungsmaßnahmen nieder, denn
[…] der Fokus des Personalmarketings liegt […] auf Veranstaltungen unterschiedlichster Form. Bei Vorträgen im Rahmen von regulären Vorlesungen positionieren erfahrene BeraterInnen das eigene Unternehmen nicht nur spezifisch zu einem Fachgebiet [sic] sondern auch als attraktiven Arbeitgeber. […] Darüber hinaus veranstalten alle Top Managementberater [sic] eigene Recruiting-Events. […] Ergänzt wird dieses Programm durch Freizeit- oder Abendveranstaltungen, die ein möglichst positives Bild vom Lifestyle der erfolgreichen Beraterinnen vermitteln soll. Nicht selten finden diese Events an (Urlaubs-)Orten im Ausland statt. (Dornheim 2015, S. 24)
Unabhängig von der Ausrichtung des Beratungsunternehmens stellen die Mitarbeitenden ein wichtiges Instrument für den Erfolg dar.
Der Beratungsmarkt in Deutschland, auf den sich die vorliegende Arbeit konzentriert, ist also hinsichtlich der Unternehmensgrößen und Beratungsfelder von Heterogenität geprägt. Gleichzeitig eint ihn die Dienstleitung auf Basis hoch individualisierter Beratungsleistungen, die große Relevanz des eigenen Personals und der „War for talents“, der im Kontext des Schwerpunkts auf Frauen in dieser Arbeit wieder aufgegriffen wird.

2.1.3 Auswirkungen der Covid-Pandemie auf die Beratungsbranche in Deutschland

Die Covid-Pandemie hatte in ihrer Akut-Phase von 2020 bis 2022 drastische Auswirkungen auf die Beratungsbranche, sowohl in Deutschland als auch weltweit. Zahlreiche Unternehmen mussten aufgrund der stagnierenden wirtschaftlichen Lage Kosten einsparen oder aufgrund einer Rezession gänzlich auf Beratungsunterstützung verzichten (vgl. Link, Beck 2021). Dies führte insbesondere zu Beginn der Pandemie zu einem Rückgang der extern eingekauften Leistungen und damit auch zu Umsatzeinbrüchen für das Consulting. Besonders in den USA wurden Entlassungen durchgeführt, um die eigenen Kosten kurzfristig zu senken. In Deutschland bestand die Möglichkeit, Kurzarbeit als Instrument der Überbrückung zu nutzen, was einige Beratungsfirmen in Anspruch nahmen (vgl. Veröffentlichung der Bundesregierung 2023). Größere Entlassungen sind nicht medial bekannt geworden.
Insgesamt erholte sich die Branche laut Wirtschaftsmedien hierzulande zügig vom wirtschaftlichen Rückgang. Obwohl es eine Verringerung der Nachfrage nach Beratungsleistungen gab, konnten viele Unternehmensberatungen die Umsätze aufrechterhalten. (vgl. Handelsblatt-Artikel vom 21.06.2021) Dies lässt sich hauptsächlich auf zwei Gründe zurückführen: Zum einen konnten aufgrund der verstärkten Nutzung von Remote-Arbeit die Kosten stark gesenkt werden. So wurden sowohl die Beratungen als auch die Auftraggeber entlastet, die dadurch mehr Budget für externe Leistungen zur Verfügung hatten. Zum anderen ergaben sich durch die Pandemie neue Möglichkeiten und Bedürfnisse auf Kund:innenseite. Der vorgeschriebene Wechsel von Büro- in Remote-Arbeit aufgrund der Ansteckungsgefahr durch physische Nähe erfolgte innerhalb kürzester Zeit und stellte viele Unternehmen vor Herausforderungen. Neben neuen technischen Lösungen für den heimischen Arbeitsplatz waren auch digitale Kollaborationstools und eine zeitgemäße Führung der Mitarbeitenden unter den neuen Gegebenheiten gefragt, wie eine Studie aus dieser Zeit belegt (vgl. Holdampf-Wendel, Paulsen 2020).
Beratungsfirmen passten ihre Aktivitäten an die neuen Kund:innenbedürfnisse an: Neben der Nachfrage nach New Work, modernen Leadership-Methoden und erfolgreicher digitaler Zusammenarbeit gewann auch die Bereiche Nachhaltigkeit und Purpose an Bedeutung, wie unter anderem Schmidt et al. (2021, S. 30 f.) und Fietze et al. (2021, S. 13 ff.) zeigen. Da mit Dauer der Pandemie das Zugehörigkeitsgefühl der Mitarbeitenden in der Remote-Arbeit abnahm und die Beratungsbranche wie andere Branchen auch eine steigende Fluktuation zu verzeichnen hatte, entstanden Beratungsleistungen, die darauf abzielten, durch Purpose und Identifikation mit dem Arbeitgeber Talente ohne Präsenzarbeit zu halten (vgl. Fietze et al. 2021).
Insgesamt hatte die Covid-Pandemie einen signifikanten Einfluss auf die Arbeitskultur in Deutschland. War zuvor die Präsenz in Büro- oder Kundenräumen die Regel und die Inanspruchnahme von Remote-Arbeit die Ausnahme, so stellten sich viele Unternehmen gezwungenermaßen während der Lockdown-Phasen5 um. Deutschland hatte im Gegensatz zu anderen Ländern wie Großbritannien oder den Niederlanden keinen Anspruch der Beschäftigten auf Remote-Arbeit formuliert (vgl. Bonin et al. 2020, S. 64) und betrat somit größtenteils Neuland. Wie stark die Präsenzkultur in deutschen Unternehmen vor der Corona-Pandemie ausgeprägt war, zeigen Grunau et al. mit ihrer Langzeitstudie zu Arbeit in Deutschland für die Bundesagentur für Arbeit:
Es zeigt sich allerdings auch, dass eine gewisse Präsenzkultur in der deutschen Arbeitswelt herrscht. 2015 gaben 69 Prozent derjenigen ohne Homeoffice-Nutzung als Hindernis an, dass die Anwesenheit am Arbeitsplatz vom Vorgesetzten gewünscht sei, im Jahr 2017 waren es immerhin noch 67 Prozent. (2021, S. 26)
Die Entwicklung von der Anwesenheit im Büro zur Remote-Arbeit schritt also trotz bestehender technischer Möglichkeiten aufgrund der Vorbehalte und Gewohnheiten der Arbeitgeber:innen und Mitarbeiter:innen in Deutschland nur langsam voran.
Zu Beginn der Pandemie in 2020 erließ die deutsche Regierung dann strikte Maßnahmen bezüglich der physischen Nähe zu anderen Menschen am Arbeitsort, um die Ausbreitung des Corona-Virus zu verhindern. Da viele Unternehmen die Vorgaben und Abstände im Büro nicht einhalten konnten, wurde großflächig die Umstellung auf Remote-Arbeit angeordnet:
Die Covid-Pandemie hat aber nicht nur verändert, ob Beschäftigte im Homeoffice arbeiten, sondern vor allem auch, welchen Anteil ihrer Arbeitszeit sie zu Hause verbringen. Waren es 2019 noch etwa 6 Stunden und 30 Minuten pro Woche, was 18 Prozent der Wochenarbeitszeit entspricht, kletterte der Wert im April/Mai 2020 auf über 27 Stunden, was im Durchschnitt 82 Prozent der tatsächlichen Wochenarbeitszeit entspricht. Die Verhältnisse haben sich damit von rund einem Tag Arbeit von zu Hause zu durchschnittlich etwa 4 Homeoffice-Tagen verschoben. (Grunau et al. 2021, S. 29, 30)
Die Ergebnisse zeigen, dass die Zahl derjenigen, die von zuhause aus arbeiteten, nach einer langen Zeit des sehr geringen Wachstums (von 19 % 2013 auf nur 23 % vier Jahre später) zwischen 2019 und Frühsommer 2020 sprunghaft um 27 % anstieg, sodass jede zweite arbeitende Person mit Bürotätigkeit das Homeoffice nutzte (vgl. ebd., S. 10 f.).
Der Effekt der Covid-Pandemie auf die Beratung ist also neben einem erweiterten Beratungsspektrum vor allem in der Anwesenheitsquote sichtbar. Der Übergang von hauptsächlich Büro- zu mehrheitlich Remote-Arbeit resultiert in deutlich weniger Reisezeiten im Alltag der Berater:innen und erfordert seltener die Abwesenheit vom heimischen Standort. Welche Auswirkungen dies auf das Forschungsthema hat und inwiefern dieser Effekt anhält, wird später erneut aufgegriffen.

2.1.4 Organisationsstruktur und Karrierepfade in der Beratung

Die Organisationsstruktur der Beratungsbranche kann nach wie vor als hierarchisch beschrieben werden. Die Karrierepfade sind klar definiert und die Erreichung der nächsthöheren Stufe unterliegt festgelegten Rahmenbedingungen (vgl. Dornheim 2015, S. 17). Dieser Umstand macht auch einen Teil der Attraktivität der Branche unter karriereorientierten Einsteiger:innen aus, da im Vergleich zu anderen Branchen Beförderungen in kurzer Zeit erreicht werden können. Die individuelle Leistung wird Beratungsunternehmen zufolge im Gegensatz zur Dauer der Unternehmenszugehörigkeit priorisiert:
Wir fördern Ihre persönliche und berufliche Entwicklung durch gezieltes Coaching und Training. Wir geben Ihnen frühzeitig Verantwortung und ermöglichen Ihnen, schnell Karriere zu machen. (vgl. McKinsey und Company 2023)
Wir sind davon überzeugt, dass exzellente Leistungen nur durch Engagement, Kreativität und harte Arbeit erreicht werden können. (vgl. Bain & Company 2023)
Gleichzeitig entsteht durch die stark hierarchisch geprägte und auf Aufstieg fokussierte Organisation ein gewisser Druck. Das sogenannte „Up-or-Out“-Prinzip (vgl. Dornheim 2015, S. 181) bezeichnet den Zwang zur ständigen Weiterentwicklung der Mitarbeitenden hin zur nächsten Karrierestufe („up“) und die drohende Sanktionierung mit dem Ende der eigenen Laufbahn im entsprechenden Unternehmen, sollte diese Entwicklung nicht innerhalb einer vorgegebenen Zeit stattfinden („out“, vgl. Jensen 1998).
Organisationsstruktur
Grundsätzlich ist die Beratungsbranche nicht nur hierarchisch, sondern auch pyramidal aufgebaut. Die breite Basis bilden die junioren6 Positionen wie Business Analysts, Associates oder Junior Consultants. Diese wechseln in der Regel direkt von der Hochschule in die Branche und beginnen nach einem Bachelor- oder Masterabschluss und entsprechenden Praktika ihre Tätigkeit als Berater:in. Sie werden üblicherweise ab dem ersten Tag in Projekten beim Kunden eingesetzt und erwirtschaften dadurch Umsatz. (vgl. Dornheim 2015, S. 26 ff.) Aufgrund eines im Vergleich zu senioreren⁷ Kolleg:innen niedrigeren Gehalts ist hier die Gewinnspanne am größten. Die in Deutschland profitstarken Beratungshäuser haben sich daher lange an einen pyramidalen Organisationsaufbau gehalten. Optimiert wird der Gewinn außerdem durch die Zusammenarbeit mit Ländern, in denen Consulting- oder Professional Service-Dienste noch günstiger angeboten werden. So substituieren internationale Unternehmensberatungen mittlerweile einen Teil der sehr junioren Mitarbeitenden auf der unteren Ebene der Pyramide durch Unterstützung aus beispielsweise Indien, Pakistan oder Rumänien. (vgl. Coronado, Stoler 2023)
Die Bezeichnung der einzelnen Karrierestufen von Berufseinsteiger:innen bis hin zur Geschäftsleitung variiert von Unternehmen zu Unternehmen, die grundsätzliche Aufteilung und die Verwendung englischsprachiger Begriffe ähneln sich jedoch (vgl. Dornheim 2015, S. 26, Tabelle 2.2). Die Einstiegspositionen, die mit Projekten betraut sind, teilen sich in der Regel auf drei Stufen auf: Der Beginn in der Beratung mit einer Festanstellung findet generell als Associate, Junior Consultant oder auch Business Analyst statt. Je nach einschlägiger Berufserfahrung und Leistung ist eine Beförderung auf die Karrierestufe Consultant oder Associate nach einem oder zwei Jahren7 realistisch. Nachdem die erste Karrierestufe hauptsächlich mit Aufgaben wie Zuarbeit, Analysen oder Präsentationserstellung betraut ist, übernehmen Consultants erste Verantwortung für Aufgaben im Projekt und werden mit immer größeren, eigenen Arbeitspaketen auf ihre berufliche Weiterentwicklung vorbereitet. Die dritte Beratungsstufe wird je nach Organisation als Senior Consultant, Senior Analyst oder Assistant Manager:in bezeichnet. Sie ist mit (Teil-)Projektverantwortung und teilweise auch fachlicher Führung im Projektkontext verbunden und wird circa zwei bis drei Jahre nach der vorherigen Beförderung erreicht (vgl. Dornheim 2015, S. 27 f.).
Nach den Consultant-Stufen folgt der Schritt auf die Managementebene. Häufig ist dieser mit der Vorbereitung und Vorstellung eines Business-Case8 oder dem Durchlaufen von Assessment-Centern verbunden, in denen geprüft wird, ob der angestrebte Grad und die damit verbundenen Anforderungen an Sales, Projekt- und Teamleitung auch erreicht werden können. Der Stufe als Manager:in ist teilweise ein Probejahr als Associate Manager:in oder Junior Manager:in zur Entwicklung des genannten Business-Case und zum Absolvieren von Fortbildungen vorgeschaltet. Wird dieses bestanden, setzt sich die Arbeit sowohl aus Projekten als auch internen Aufgaben wie Teamführung, Umsatzverantwortung und der Beteiligung an Veröffentlichungen zusammen. (vgl. Robinson, Sturdy 2006, S. 890 ff.) Die Erreichung dieses Grades stellt die erste große Herausforderung auf dem vorgezeichneten Karrierepfad in der Beratungsbranche dar. Zusätzlich zur bisher erbrachten Leistung muss vor allem der Business Case die Vorgesetzten davon überzeugen, dass neben dem eigenen Beitrag im Projektkontext selbst Geschäfte für die Beratungsfirma akquiriert werden können (vgl. Dornheim 2015, S. 26). Zahlreiche fachlich orientierte oder weniger karriereinteressierte (Senior) Consultants beenden an diesem Punkt ihre Karriere in der Beratung oder verbleiben auf ihrer Stufe, was sich in dem pyramidalen Aufbau der Organisationen widerspiegelt, in dem in der Regel zwei Drittel der Angestellten auf den unteren Hierarchieebenen arbeiten (vgl. Lippold 2022, S. 18).
Nach der Stufe der Manager:in folgt nach einigen Jahren die Beförderung zum oder zur Senior Manager:in, die mit mehr Umsatzanforderungen, Teamführung und weniger Projektarbeit verbunden ist. Sie ist die letzte Stufe, in der noch direkt für Kunden gearbeitet wird, auch wenn sich dies in der Regel auf ein oder zwei Tage pro Woche beschränkt. Einige Beratungen verzichten auf diese Stufe, wie Dornheim in ihrer Darstellung der verschiedenen Top-Managementberatungen und dortigen Karrierepfade aufzeigt (vgl. 2015, S. 27 ff.).
Die nächsthöheren Stufen umfassen Aufgaben innerhalb der Organisation, wie etwa die Leitung ganzer (Fach-)Bereiche oder Branchen, den Kontakt mit den Kund:innen auf höchster Ebene oder die Präsentation von Angeboten. Dieses Karrierelevel wird unterschiedlich bezeichnet, beispielweise als Direktor:in, Principal9 oder Junior Partner:in. Es konstituiert die höchste und letzte Stufe vor dem Eintritt in die Geschäftsführung, die in vielen Beratungen mit dem Kauf von Anteilen und einem Votum der Leitung verbunden ist. Hauptaufgabe hier ist die Verwaltung der Organisation, die strategische Weiterentwicklung des Beratungsangebotes sowie die Akquise von Neu- und Bestandskunden. Aufgrund des pyramidalen Aufbaus arbeitet naturgemäß nur eine einstellige Prozentzahl von Mitarbeitenden auf diesen Ebenen, während mehr als zwei Drittel im Consultant-Bereich tätig sind. (vgl. Dornheim 2015, S. 27 ff.)
Eine Herabstufung ist unüblich, die Beförderungen trotz Up-or-Out jedoch keine Selbstverständlichkeit. Die Anforderungen auf allen Hierarchieebenen sind hoch und umfassen Leistungen wie Projektarbeit, die Mitarbeit an internen Themen, Beiträge zu Studien und anderen Veröffentlichungen, Auftritte auf Netzwerk- oder Branchenveranstaltungen, die Gewinnung von Neukunden sowie die Weitergabe von Wissen. Aus den genannten Gründen ergibt sich eine potenzielle Wochenarbeitszeit von mehr als 40 Stunden, beispielsweise bis zu 60 oder selten sogar 80 Stunden (Kaiser et al. 2010, S. 66, 67). Zusammen mit der Belastung durch häufige Reisetätigkeit wirkt sich dies verkürzend auf die durchschnittliche Dauer einer Beratungskarriere aus. Inwiefern hier eine Diskrepanz zwischen den Geschlechtern und damit ein Einfluss auf die Karrierewege von Frauen in der Consultingbranche zu verzeichnen ist, wird im Abschnitt 2.2.3 Frauen in der Beratungsbranche: Ein Überblick erörtert.

2.2 Frauen in der Wirtschaft

Sowohl die Wirtschaft in Deutschland als auch die Organisations- und Managementforschung verstehen sich gerne als geschlechtsneutrale oder geschlechtslose Räume (vgl. Rodriguez, Guenther 2022, S. 1; Dornheim 2015, S. 50). Ganz im Gegenteil jedoch spielt das Geschlecht im beruflichen Kontext eine bedeutsame Rolle und beeinflusst die Wahrnehmung anderer Menschen ebenso wie Interaktionen im professionellen Kontext (vgl. West, Zimmerman 1987, Acker 1990). In dieser Arbeit wird die Kategorie ‚Geschlecht‘ nicht als unveränderliches biologisches Geschlecht verstanden, sondern im Sinne von ‚Gender‘. Gender grenzt sich vom englischen Begriff Sex für biologisches Geschlecht dadurch ab, dass es als soziale Konstruktion interpretiert wird, die durch kulturelle und soziale Normen und Erwartungen geprägt ist (vgl. Hördt 2002, S. 30, Butler 1990, S. 6). Die Kategorie ‚Frau‘ im gegenwärtigen, feministischen Verständnis bezieht sich daher über das biologische Geschlecht hinaus auf die gesellschaftlichen und kulturellen Konstruktionen von Weiblichkeit und Femininität. Feministische Theorien wie der Sozialkonstruktivismus (vgl. Berger, Luckmann 1987, S. 70 ff., West, Zimmerman 1987, S. 125 ff.) und die Queer-Theorie (vgl. Halberstam 1998, Butler 1990) betonen das Gewicht der Erfahrungen von Frauen im gesellschaftlichen Kontext. Diese fließen in die Konstruktion von Geschlecht und, im Falle dieser Arbeit, des weiblichen Geschlechts mit ein. Die Untersuchung von Frauen und ihren Karrierewegen umfasst also zum einen alle Personen, die sich biologisch und persönlich als weiblich betrachten (cisgender), darüber hinaus aber auch alle Personen, die in der Gesellschaft als weiblich gelesen werden, also Erfahrungen einer Frau im gesellschaftlichen und beruflichen Kontext machen (vgl. Hördt 2002). Ein tieferer Exkurs in die Genderforschung und Intersektionalität wird in Abschnitt 3.​2.​1 Verständnis von Geschlecht und Intersektionalität unternommen.
Dieses Kapitel nähert sich dem Thema Frauen in der Wirtschaft mittels eines historischen Überblicks an, um die beruflichen Herausforderungen zu beleuchten, denen Frauen aufgrund von genderspezifischen Diskriminierungen und Ungleichheiten begegnen. Anschließend wird die aktuelle Situation von Frauen in Führungspositionen in Deutschland analysiert und in das Thema Frauen in der Beratungsbranche eingeleitet.

2.2.1 Frauen im Beruf: Eine historische Perspektive

Die Öffnung des Arbeitsmarktes für Menschen weiblichen Geschlechts in Deutschland erfolgte in Wellen. Während Frauen jahrhundertelang mit der Familie und den ihnen zugeteilten heimischen Pflichten beschäftigt wurden, kann der Beginn ihres Eintritts in die Arbeitswelt, wie wir sie heute verstehen, auf die Industrielle Revolution (1760–1840) zurückgeführt werden. In dieser Zeit war der Bedarf an Arbeitskräften so hoch, dass sowohl Frauen als auch Minderjährige entgegen der damals üblichen Norm angestellt wurden. Sie arbeiteten unter mangelhaften, teils gefährlichen und ausbeuterischen Bedingungen und zu Niedriglöhnen in Fabriken. Dabei war häufig der vorgezeichnete Weg, dass die Frauen ihre Beschäftigung aufgaben, sobald sie heirateten, wie die Zahlen von 1882 belegen: Damals waren mit 45 % fast die Hälfte der 15- bis 20-Jährigen, jedoch nur noch 18 % der 30- bis 40-Jährigen angestellt. (vgl. Schildt 1993, S. 106, 126)
Im 19. und frühen 20. Jahrhundert begannen Frauen, in Fabriken und Büros zu arbeiten, vor allem in den USA und Europa. Obgleich die formelle Öffnung des Arbeitsmarktes für Frauen es diesen erstmalig ermöglichte, sich selbst und eine kleine Familie finanziell zu unterhalten, waren die Löhne trotz gleicher Arbeit im Vergleich zu denen männlicher Kolleg:innen niedriger und die allgemeinen Umstände schwierig. Diese Entwicklung war somit von vielen Barrieren begleitet. Insbesondere diskriminierende Gesetze hinderten Frauen daran, bestimmte Berufe auszuüben; niedrige Löhne erschwerten ihre finanzielle und soziale Unabhängigkeit. (vgl. Zachmann 1993, S. 71 ff.) Die sozialpolitisch engagierte Rosa Kempf formulierte in ihrer Veröffentlichung über „Das Leben der jungen Fabrikmädchen in München“ im Jahr 1911: „Frauenarbeit ist ungelernte Arbeit und ist schlecht bezahlt“ (S. 81).
Relativ zeitgleich begannen um 1900 Frauen für das Wahlrecht und andere Rechte öffentlich zu demonstrieren. In Deutschland wurde 1904 die International Women Suffrage Alliance (IWSA; später International Alliance of Women) gegründet, die international agierte und die Einbindung der Bürgerinnen in den demokratischen Willensprozess erheblich vorantrieb. So erhielten Frauen in Deutschland 1919 offiziell eine Wahlberechtigung, was den Weg zu mehr Sichtbarkeit, Partizipation und Gleichheit in der Gesellschaft und am Arbeitsplatz ebnete. Deutschland gehörte damals zu den ersten Staaten in Europa, die dieses Recht für Frauen umsetzten. (vgl. Schaser 2009, S. 107) Während des darauffolgenden Zweiten Weltkriegs war die Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt aus wirtschaftlicher Sicht alternativlos. Viele bis dato Männern vorbehaltene Berufe wurden geöffnet und relevante Positionen in Ermangelung männlicher Alternativen mit Frauen besetzt. Nach Kriegsende etablierte sich jedoch rasch wieder das tradierte Rollenverständnis und Frauen gaben ihre Erwerbsarbeit zugunsten ihrer Rolle im Haushalt und an der Seite eines Mannes auf. Diese Entwicklung gilt als großer Rückschlag für die Integration von Frauen in die Arbeitswelt. (vgl. Hinz-Wessels 2014)
Neben dem Civil Rights Act 1964 in den USA, der Diskriminierung aufgrund von Race10, Hautfarbe, Religion, Geschlecht oder Herkunft untersagt, wurden auch in Deutschland durch die anhaltende Frauenbewegung neue Gesetze verabschiedet. In den 1960er und 1970er Jahren setzte eine demokratische Mobilisierung ein, die für gleiche Rechte und Chancen für Frauen kämpfte. Infolgedessen wurden diskriminierende Gesetze abgeschafft und Frauen erhielten Zugang zu einer größeren Vielfalt an Berufen. Seit den 1990er Jahren wurden weitere Gesetze eingeführt, um die Gleichberechtigung von Frauen zu fördern, einschließlich eines gesetzlichen Rechts auf Teilzeitarbeit und Elternzeit. (vgl. Hinz-Wessels 2014)
Heute sind Frauen in Deutschland rechtlich gleichgestellt, wie folgende Gesetze zeigen11:
  • Gleichberechtigungsgesetz (1957): Das Gleichberechtigungsgesetz verbietet Diskriminierung aufgrund des Geschlechts in Bereichen wie Bildung, Arbeit und Politik. Es stellt einen der ersten Schritte zur Förderung der Gleichberechtigung von Frauen in Deutschland dar.
  • Teilzeit- und Befristungsgesetz (2002): Dieses Gesetz stellt das Recht auf Teilzeitbeschäftigung für alle Geschlechter sicher und schützt vor Diskriminierung, wenn dieses angewendet wird.
  • Elternzeitgesetz (2007): Das Elternzeitgesetz fördert die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, indem es Eltern das Recht auf bezahlte Elternzeit zugesteht.
  • Frauenförderungsgesetz (2015): Das geschaffene Führungspositionen-Gesetz verpflichtet Unternehmen und öffentliche Stellen, Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung von Frauen zu ergreifen. Es umfasst auch Regelungen zur Bekämpfung der Lohnlücke (Gender Pay Gap12) zwischen Männern und Frauen.
  • Frauenförderungsgesetz II (2021): Das bereits beschlossene erste Frauenförderungsgesetz wird hier durch einen höheren vorgeschriebenen Mindestanteil von Frauen in den Vorständen großer privatwirtschaftlicher Unternehmen sowie in deren Aufsichtsräten ausgeweitet.
Diese rechtlichen Verbesserungen und die dadurch gestiegene Anzahl von Frauen in formellen Beschäftigungsverhältnissen sollten dennoch nicht über die anhaltenden Herausforderungen und die Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern im Berufskontext hinwegtäuschen. Diese zeigen sich besonders in ungleicher Bezahlung, Diskriminierung, Sexismus am Arbeitsplatz und mangelnder Repräsentation in Führungspositionen.
Frauen im Beruf in West- und Ostdeutschland
Während der Teilung der Bundesrepublik in Ost- und Westdeutschland von 1961 bis 1989 gestaltete sich das (Arbeits-)Leben von Frauen sehr unterschiedlich. Im Osten, der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), wurde die weibliche Bevölkerung motiviert, sich in die Arbeitswelt einzubringen und einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Gleichzeitig wurden dafür Rahmenbedingungen wie Sozialleistungen und kostenfreie Kinderbetreuung geschaffen, die es ermöglichen sollten, Arbeit und Haushalt sowie Familie zu vereinbaren. Von Vorteil waren die festgelegten Löhne für viele Tätigkeiten, die gleiche Bezahlung bei gleicher Tätigkeit vorsahen. In der Realität übernahmen Frauen jedoch häufig ungelernte Hilfstätigkeiten oder typische Frauenberufe z. B. in der Pflege, die entsprechend niedrig entlohnt wurden. Zugleich wurde von ihnen die Übernahme der Haus- und Sorgearbeit erwartet, wodurch sie einer Mehrbelastung gegenüberstanden, die sich auch auf ihre Leistung und eventuelle Aufstiegschancen am Arbeitsplatz auswirkte. (vgl. Würz 2016)
Die Gesellschaft in Westdeutschland lebte im Vergleich dazu ein sehr traditionelles Rollenverständnis, das die Frau hauptsächlich in ihrer Bedeutung als Hausfrau und Mutter berücksichtigte. Insbesondere nach einer frühen Heirat, dem damaligen Standard, wurde erwartet, dass die Frau ihren Beruf aufgab und sich dem Haushalt widmete. In einigen Berufen war dies sogar rechtlich vorgesehen, beispielsweise bei Lehrerinnen bis in die 1950er Jahre. Gleichzeitig wurden weibliche Arbeitskräfte für gleiche Arbeit schlechter bezahlt, was aus der gesellschaftlichen Annahme resultierte, dass Frauen keine finanzielle Verantwortung tragen müssten, da sie entweder bereits verheiratet waren oder bald heiraten würden. (vgl. Hinz-Wessels 2014)
Dieses Bild änderte sich erst durch die Frauenbewegung der späten 1960er und frühen 1970er Jahre. Diese zweite Welle des Feminismus erstreckte sich über die gesamte westliche Welt und trat für gleiche Rechte und Behandlung der Geschlechter sowie politische, wirtschaftliche und soziale Gleichstellung ein. Ein zentrales Anliegen der Frauenbewegung in Deutschland war, das traditionelle Rollenbild von Mann und Frau zu hinterfragen und zu verändern. Frauen forderten mehr Chancengleichheit am Arbeitsplatz, bessere Bildungsmöglichkeiten und größere Autonomie in Beziehungen und Familie. Durch die enge Zusammenarbeit mit gesellschaftlichen Strömungen wie der Anti-Kriegs-Bewegung und den allgemeinen Bürger:innenrechten konnte insbesondere in Westdeutschland eine tatsächliche Verbesserung der Geschlechtergleichstellung erreicht werden. Am Arbeitsplatz zeigte sich dies in einer höheren Bezahlung und der zunehmenden Ächtung des zuvor offen zur Schau gestellten Sexismus. (vgl. Wagner, Wenzel 2009)
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Geschichte der Frauen in der Arbeitswelt durch zahlreiche Herausforderungen geprägt war, von denen einige bis heute andauern. So waren Frauen auch in unterschiedlichen politischen Systemen wie West- und Ostdeutschland häufig von gut bezahlten Positionen ausgeschlossen und mussten sich um bessere Konditionen bemühen. Dass sie dabei gleichzeitig gegen gesellschaftliche Abwertung ankämpften, lässt sich am Beispiel der Pejorisierung des Frauenbegriffs im deutschsprachigen Raum belegen. Pejorisierung beschreibt die Bedeutungsverschlechterung eines vormals neutralen Begriffs aufgrund abwertender Eigenschaften, die ihm mit der Zeit zugeschrieben werden (vgl. Nübling 2011, S. 345). In einer männlich geprägten Gesellschaft lässt sich dies beispielsweise an den Begriffen ‚Magd‘, ‚Weib‘ und ‚Dirne‘ nachvollziehen. Das althochdeutsche Wort ‚Magd‘, ursprünglich allgemein für junge Frauen verwendet, wurde durch eine soziale Degradierung im Mittelalter zu einer Beleidigung, die auf niederen Stand und damit verbundene Tätigkeiten hinwies. Mit dem Begriff ‚Weib‘ passierte im 19. Jahrhundert dasselbe: War damit zunächst allgemein eine Frau gemeint, wurde der Begriff zu einem Schimpfwort degradiert. Die Pejorisierung des Wortes ‚Dirne‘ umfasst zusätzlich zur Abwertung noch eine Sexualisierung, da die ursprüngliche Bezeichnung einer jungen Frau schließlich eine Prostituierte beschrieb. (vgl. ebd.)
Die Pejorisierung des Frauenbegriffs verdeutlicht den gesellschaftlichen Status der Frauen und demonstriert die Dynamik der Sexualisierung. Diese Abwertung lässt sich auch auf den beruflichen Kontext und die dortigen Maßstäbe für Erfolg übertragen. Weitere Ursachen beziehen Müller et al. (2013) in Bezug auf Deters (1995) aus der vermeintlich eingeschränkten Vertrauenswürdigkeit der Frau aus Sicht der Gesellschaft:
In der sozialen Konstruktion der Geschlechtercharaktere sind also jene Elemente angelegt, die die Vertrauenswürdigkeit der Frau in Frage stellen. Die im aristotelischen Denken angelegte Unfreiheit der Frau (abhängig von Naturprozessen), der im Übrigen eine bis in das 20. Jahrhundert wirksame Gesetzgebung korrespondiert (z. B. das Eheverbot für Beamtinnen) heißt, dass die Frau den Voraussetzungen für Vertrauensbildung nicht gerecht wird. Die Unfreiheit korrespondiert zudem ihre Bewertung als sozial ungleich und als Objekt statt Subjekt – angelegt in der nicht entwicklungsfähigen Ganzheitlichkeit der Frau. (vgl. Müller et al. 2013, S. 236)
Dieser Annahme folgend wird die Frau also nicht als vollwertiger oder dem Mann gleichwertiger Mensch wahrgenommen, sondern objektifiziert und als hilfsbedürftig betrachtet. Die damit einhergehende jahrhundertelange Benachteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt in verschiedenster Form hat somit zu einer männlich geprägten Definition von Erfolgsattributen im Berufskontext geführt:
A “masculine ethic” of rationality and reason on can be identified in the early image of managers. This “masculine ethic” elevates the traits assumed to belong to men with educational advantages to necessities for effective organizations: a tough-minded approach to problems, analytic abilities to abstract and plan; a capacity to set aside personal, emotional consideration in the interest of task accomplishments; a cognitive superiority in problem-solving and decision making. (Kanter 1977, S. 43)
Auch aus diesem Grund sind Frauen bis heute mit Vorurteilen und Diskriminierung konfrontiert, die ihre Karrieremöglichkeiten einschränken. Obwohl in vielen Branchen mehr Frauen arbeiten als je zuvor, sind Führungspositionen immer noch überwiegend von Männern besetzt und Bewertungskategorien an männlichen Schemata orientiert. Im folgenden Kapitel wird der Status Quo von Frauen in Führungspositionen ermittelt, bevor in das Forschungsfeld Frauen in der Beratungsbranche übergeleitet wird.

2.2.2 Frauen in Führungspositionen und ihre Karrierewege

In Deutschland bekleideten auch im Jahr 2022 nur wenige Frauen in der Wirtschaft hohe Führungspositionen, beispielweise auf der oberen Management-Ebene, in der Geschäftsführung oder im Vorstand. Nach Zahlen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung e. V. waren lediglich 15,6 % der Vorstands- und Geschäftsführungspositionen der 200 größten Unternehmen in Deutschland mit Frauen besetzt. In den Aufsichts- und Verwaltungsräten lag der Frauenanteil 2023 bei immerhin 30,9 %, wobei nur 1,1 % einen Vorsitz innehatten. (vgl. DIW 2023, Daten ohne Finanzsektor) Gleichzeitig sind jedoch ein gesteigertes Bewusstsein und ein aktiver öffentlicher Diskurs über diesen Sachverhalt zu verzeichnen (vgl. AllBright 2023). Zusätzlich etablieren sich Gender- und Diversitybezogene Maßnahmen insbesondere hinsichtlich Frauen in Führungspositionen zunehmend (vgl. ebd.).
An dieser Stelle sei darauf verwiesen, dass diese Arbeit größtenteils eine binäre Geschlechterkonstruktion beschreibt, die beispielsweise Frauen und Männer in leitenden Positionen vergleicht. Diese Perspektive ist vor allem dem Status Quo der Beratungsbranche und Beratungsforschung geschuldet und bildet den aktuellen theoretischen Diskurs rund um Diversität und Geschlechtervielfalt (noch) nicht ab.13
Damit Frauen Führungspositionen erreichen können, sind neben der fachlichen Eignung und Motivation weitere Aspekte relevant. Diese unterliegen den Einflüssen von Gesellschaft, Organisation und Individuum, wodurch eine ungleiche Chancenverteilung im Beruf entstehen kann. Zu diesen Herausforderungen zählen beispielsweise höhere Ansprüche an die Arbeit von weiblichen Führungskräften (vgl. Dornheim 2015, S. 167) sowie geringere Chancen auf relevante Führungspositionen (vgl. Eagly, Karau 2002, S. 573 ff.). Auch Unconscious Bias14 und Mikroaggressionen in Form von Verniedlichungen oder Sexualisierungen können zusätzliche Hürden darstellen (vgl. ebd., S. 574). Darüber hinaus entstehen durch Stereotype und gesellschaftliche Erwartungen an Frauen hinsichtlich der Übernahme von Care-Arbeit15 weitere Belastungen (vgl. Bundeszentrale für politische Bildung 2019, Bem 1974, S. 155 ff.). Unabhängig von der tatsächlichen Absicht eines Unternehmens können so Mutterschaft oder Familiengründung für Frauen in Führungspositionen zu „Statusverlust und Entzug von Anerkennung und geringer Wertschätzung“ führen (Mronga 2013, S. 240). Bedingt durch die geringe Anzahl an Frauen in entsprechenden Positionen fehlt es an Vorbildern, die demonstrieren, wie diesen Herausforderungen begegnet werden kann und beweisen, dass Frauen diese Rollen erfolgreich ausfüllen können (vgl. Eagly, Karau 2002, S. 573 ff.). All diese Einflüsse beeinträchtigen die Karriereentwicklung von Frauen und führen insgesamt zu einer geringeren Zahl an weiblichen Führungskräften im Vergleich zu ihren männlichen Pendants.
Zahlreiche der genannten Herausforderungen wurden bereits wissenschaftlich untersucht. Aus einigen von ihnen konnten theoretische Konzepte abgeleitet werden, darunter das Doing Gender und die Gendered Organization (vgl. West, Zimmerman 1987) sowie das Lack-of-Fit-Model (vgl. Heilman 1983) und die Role-Congruity-Theory (vgl. Eagly, Karau 2002). In Kapitel 3. Theoretischer Bezugsrahmen werden diese näher beschrieben und in den Forschungskontext eingeordnet.
Wie bereits angedeutet beeinflusst auch die Rollenverteilung in der Gesellschaft die Karrierewege von Frauen: Der Druck, Care-Arbeit zu übernehmen, eine Familie zu gründen oder Kinder zu betreuen, lastet weiterhin vor allem auf ihnen (vgl. Bundeszentrale für politische Bildung 2019). Dies führt zu einer Mehrbelastung und zu Herausforderungen in der Work-Life-Balance, denen Männer weniger begegnen. Der Gender Pay Gap (vgl. Abschnitt 4.​2.​4 Gender Pay Gap und Motherhood Wage Penalty unter Beraterinnen) zwischen den Geschlechtern verschärft diese Problematik zusätzlich, da Frauen weiterhin für gleiche Arbeit weniger Gehalt zugestanden wird (vgl. Bonaccolto-Töpfer et al. 2023). Auch diese Faktoren werden in den folgenden Kapiteln aufgegriffen und in den Kontext der Karrierewege von Beraterinnen in Führungspositionen eingeordnet.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Karrierewege von Frauen in Führungspositionen in der Wirtschaft von Herausforderungen geprägt sein können, die geschlechtsspezifisch wirken. Inwiefern dies auch auf die Beratungsbranche zutrifft und welche Faktoren hier relevant sind, wird im empirischen Teil dieser Arbeit näher untersucht.

2.2.3 Frauen in der Beratungsbranche: Ein Überblick

Auch die Beratungsbranche in Deutschland kann nur einen geringen Anteil an weiblichen Führungskräften vorweisen: Die Zahl der Beraterinnen insgesamt liegt bei circa 28 %, wie die jährliche Erhebung des Bundesverbandes Deutscher Unternehmensberater (BDU) aus dem Jahr 2022 ermittelte. Die Studie zeigt zudem, dass der Frauenanteil in den höheren Hierarchieebenen von Consultingfirmen, wie etwa der Geschäftsleitung, noch geringer ist. So sind in den Führungsriegen der befragten Unternehmen nur etwa 12 % Frauen vertreten (vgl. BDU 2022, S. 8). Eine Umfrage aus dem Vorjahr belegt die Bemühungen der Beratungsbranche: „Rund 86 Prozent unterstreichen die wachsende Bedeutung, für noch größere Diversität im eigenen Unternehmen zu sorgen“ (BDU 2021, S. 2). Gleichzeitig gaben im Bereich des Finanzconsultings nur etwa 27 % der befragten Beraterinnen an, dass ihr Arbeitgeber eine aktive Diversitätsstrategie verfolgt, um den Frauenanteil in der Branche zu erhöhen (vgl. Butcher 2021). Die möglichen Maßnahmen umfassen unter anderem Karriereveranstaltungen speziell für Frauen, Mentoring-Programme, Fortbildungen und Netzwerke innerhalb der Firma (vgl. u. a. Deloitte 2019, Sopra Steria 2019, S. 2, 5). Inwiefern diese Maßnahmen tatsächlich umgesetzt werden oder Wirkung zeigen, wird nicht veröffentlicht (vgl. Dornheim 2015, S. 34). Die niedrigen Zahlen deuten jedoch daraufhin, dass Parität zwischen den zwei untersuchten Geschlechtern noch lange nicht erreicht ist.
Obwohl die Anzahl der Frauen in der deutschen Beratungsbranche gering ist, bestehen Anhaltspunkte dafür, dass ein erheblicher Anteil von Frauen die nötigen Qualifikationen für eine Tätigkeit in dieser Branche aufweist. Laut einer Erhebung der Organisation for Economic Cooperation and Development (OECD) schließen in Deutschland mehr Frauen als Männer ein Hochschulstudium ab (31 % im Vergleich zu 24 %; alle Hochschulabschlüsse) und zeigen dabei im Schnitt bessere Leistungen (vgl. OECD 2021, S. 59). Da Beratungsfirmen in der Regel Berufseinsteiger:innen direkt nach dem Hochschulabschluss einstellen, wäre grundsätzlich ein höherer Anteil von Frauen möglich. Laut BDU sind derzeit jedoch nur 38 % der Einsteiger:innen weiblich (vgl. 2022, S. 8). Gleichzeitig sinkt diese Zahl mit jeder weiteren Karrierestufe, bis sie einen Anteil von 12 % Frauen auf Geschäftsleitungsebene erreicht (vgl. BDU 2022).
Der Effekt, dass deutlich weniger Frauen höhere Positionen erreichen, als es rein quantitativ möglich wäre, wurde bereits 1983 in einer Untersuchung von Berryman als Leaky Pipeline bezeichnet. Berryman beschrieb die abnehmende Repräsentanz von Frauen im akademischen Bildungsweg vom Bachelor-Abschluss bis zur Promotion und fasste diese in einem Modell zusammen, das 1993 von Alper aufgegriffen wurde. Alper konnte in einer quantitativen Erhebung zeigen, dass Frauen trotz ähnlicher Qualifikation den Weg von der Grundschule bis zu höchsten akademischen Positionen wie einer Professur deutlich seltener gänzlich beschritten. (vgl. Alper 1993, Berryman 1983) Das Modell der Leaky Pipeline wird heute unter anderem dafür kritisiert, dass es diejenigen Faktoren unberücksichtigt lässt, die dazu führen, dass weibliche Kandidat:innen den vorgezeichneten Weg freiwillig verlassen. Außerdem übernimmt es das Ziel einer Professur oder höheren Managementposition als universelles Karriereziel, unabhängig davon, ob alle qualifizierten Personen dies anstreben (vgl. Svinth 2008, S. 3 ff.). Ungeachtet dieser Kritik zeigt die Leaky Pipeline jedoch auf, dass der Verlust von Frauen auf dem Weg in höchste Führungsetagen ein universelles Phänomen darstellt. Weitere für diese Arbeit relevante Modelle werden in Abschnitt 3.​2 Geschlecht im beruflichen Kontext vorgestellt.
Eine mögliche Erklärung für den geringen Frauenanteil in der Beratungsbranche sowie dessen Abnahme im Laufe der Zeit liegt in der mangelhaften Vereinbarkeit von Beratungsberuf und Familie. Wie bereits erläutert, übernehmen Frauen statistisch weiterhin den Großteil dieser Aufgaben. Durch die Reisetätigkeit und die in der Regel hohe Zahl an Wochenstunden ist Care-Arbeit schwerer zu integrieren als in anderen Berufen (vgl. Dornheim 2015, S 181). In dieser Arbeit sollen dieser und andere komplexe Einflüsse auf die Karrierewege tiefergehend untersucht werden.
Eine große Veränderung ergab sich durch die Covid-Pandemie. Waren die Berater:innen zuvor in der Regel vier bis fünf Nächte pro Woche vor Ort bei ihren Kunden, so veränderte sich dies während des ersten Lockdowns stark, wie im ersten Kapitel bereits beschrieben wurde. Die meisten Berater:innen übten ihre Tätigkeit nun aus dem Homeoffice aus, was insbesondere für Frauen mit Care-Aufgaben langfristig eine Verbesserung der Vereinbarkeit darstellte (vgl. Grunau et al. 2021, S. 29, 30). Inwiefern diese anhält und wie genau sich die verringerte Reisetätigkeit auf den Berufsalltag von Beraterinnen auswirkt, ist bisher noch nicht erforscht worden und wird in der empirischen Erhebung aufgegriffen.
Eine zusammenfassende Betrachtung ergibt, dass die aktuelle Situation von Frauen in der Beratungsbranche, insbesondere aufgrund des geringen weiblichen Anteils an Führungspositionen, auf bestimmte, einschränkende Faktoren hinsichtlich ihrer beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten hinweist. Welche das sind und wie sie Einfluss nehmen, wird in dieser Arbeit weitergehend untersucht.
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Fußnoten
1
Der branchenübliche Begriff ‚Kunde‘ wird in dieser Arbeit immer dann nicht gegendert, wenn es sich um die Bezeichnung für das auftraggebende Kundenunternehmen, äquivalent zum Beratungsunternehmen, statt um eine Bezeichnung für Menschen handelt. Sind hingegen letztere gemeint, ist die Rede von Kund:innen, um alle Geschlechter auf der auftraggebenden Seite sichtbar zu machen.
 
2
Remote-Arbeit wird auch ‚Homeoffice‘ oder ‚Tele-Arbeit‘ genannt und bezeichnet die Ausübung der beruflichen Tätigkeit außerhalb des Büros im eigenen Zuhause oder ortsmobil (vgl. Bonin et al. 2020, S. 64).
 
3
Das Unternehmen Lünendonk & Hossenfelder GmbH führt die Studie zur veröffentlichten Liste seit mehr als drei Jahrzehnten durch und kann für einen Überblick als verlässliche Referenz herangezogen werden.
 
4
Der „War for talents“ wurde erstmalig 1998 von McKinsey beschrieben und hat sich als Terminologie für den Wettbewerb um geeignete Talente etabliert, dem sich Unternehmen in einem von Bewerber:innen beherrschten Markt gegenübersehen (vgl. Chambers 1998, S. 46 und Lippold 2022, S. 12).
 
5
Es gab mehrere Lockdown-Phasen in Deutschland im Zuge der Covid-Pandemie. Die erste Phase begann im März 2020 und dauerte bis Ende April 2020. Während dieser Zeit wurden Schulen und viele Geschäfte geschlossen und das öffentliche Leben stark eingeschränkt. Anfang November 2020 bis Anfang Dezember 2020 gab es einen sogenannten „Teil-Lockdown“, während dessen Restaurants und Freizeiteinrichtungen geschlossen wurden. Im Dezember 2020 wurden die Beschränkungen verschärft und ein harter Lockdown über Weihnachten und Neujahr verhängt. Die dritte Phase begann im Frühjahr 2021: Von Mitte April bis Anfang Mai 2021 gab es erneut einen kompletten Lockdown, bei dem viele Geschäfte und Schulen geschlossen wurden. Dabei variierten die genauen Zeiträume und Beschränkungen je nach Bundesland und lokaler Situation. (vgl. Bundesregierung 2022).
 
6
Die Begriffe ‚junior‘ und ‚senior‘ als Adjektive beziehen sich im Beratungskontext auf die Berufserfahrung und insbesondere die unteren Karrierestufen (vgl. Dornheim 2015, S. 26). Sie leiten sich ab aus gängigen Bezeichnungen wie „Junior Consultant“ oder „Senior Manager:in“ und bestimmen damit in der Regel den Stundensatz, den die jeweilige Person auf einem Projekt erzielen kann, sowie die Menge an Verantwortung, die mit der Rolle einhergeht.
 
7
Die genauen Beförderungszeiten variieren nicht nur zwischen den Organisationen, sondern hängen auch stark von der individuellen Leistung und Vorerfahrung ab. Die angegebenen Zeiten beschreiben den Durchschnitt. (vgl. Dornheim 2015, S. 26).
 
8
Der Business-Case umfasst das Leistungsportfolio und den geplanten Umsatz der Person, die die Beförderung anstrebt.
 
9
Aufgrund der englischen Schreibweise und Aussprache der Position wird keine Geschlechtsanpassung vorgenommen.
 
10
Der Begriff ‚Rasse‘ wird in dieser Arbeit aufgrund des Hintergrunds der deutschen Geschichte des Nationalsozialismus mit dem englischen Begriff Race substituiert, „um die biologistischen und besonders die faschistischen Konnotationen des Begriffs zu vermeiden“ (Dietze 2001, S. 31).
 
11
Die entsprechenden Gesetze sind im Bundesgesetzblatt, dem Verkündungsorgan der Bundesrepublik Deutschland, unter https://​www.​recht.​bund.​de/​ in Gänze nachzulesen.
 
12
Der Begriff Gender Pay Gap beschreibt, wie der englische Ausdruck nahelegt, die Lücke in der unterschiedlichen Bezahlung zwischen den Geschlechtern. Der Terminus kam erstmal in 1970er Jahren im feministischen Kampf um Lohngerechtigkeit zwischen Mann und Frau auf und wurde seitdem vielfach wissenschaftlich betrachtet (vgl. u. a. Blau, Kahn 2017, Rose, Hartmann 2004).
 
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Weiterführende Literatur zum Spektrum der Geschlechterdiversität findet sich von Autorinnen wie Winker und Degele (2009) sowie in Veröffentlichungen wie dem „Handbuch Diversity-Kompetenz“ (Genkova, Ringeisen 2016) und „Transidentität und drittes Geschlecht im Arbeitsumfeld“ (Scholz 2022).
 
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Der Begriff stammt aus dem Englischen und bedeutet „unbewusste Vorurteile“. Er beschreibt also vorurteilsbehaftetes Denken, das unbewusst stattfindet und somit mit diskriminierendem Verhalten einhergehen kann, ohne dass dies der Person bewusst wäre.
 
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Care-Arbeit umfasst die Betreuung von Kindern, zu pflegenden Angehörigen oder andere Tätigkeiten, die damit in Zusammenhang stehen. Der Begriff stammt vom englischen to care (kümmern) und bezeichnet in Deutschland in der Regel unbezahlte Tätigkeiten, die nach wie vor überwiegend von Frauen ausgeführt werden (vgl. Schrammel 2022, Bundeszentrale für politische Bildung 2019).
 
Metadaten
Titel
Einführung in Unternehmensberatung und Frauen in der Wirtschaft
verfasst von
Kim Dede
Copyright-Jahr
2025
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-47890-2_2