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2017 | OriginalPaper | Buchkapitel

1. Einführung

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Zusammenfassung

Es gehört zu den Grunderfahrungen des Rechts- und Wirtschaftslebens und wohl auch der praktischen Politik, dass eine Herrschafts- und Gestaltungsmacht, deren Ausübung für ihren Inhaber nahezu risikolos ist, aber für andere Personen erhebliches Schädigungspotenzial birgt, aufgrund der durch sie gesetzten Verhaltensanreize hochproblematisch, ja sogar gemeingefährlich sein kann. Als vorzugswürdig wird deshalb, außer vielleicht von den Akteuren selbst, ein Gleichlauf von Herrschaft und Risikotragung bzw. von Herrschaft und Haftung angesehen. Wer über erhebliche Herrschafts- oder Einflussmöglichkeiten verfügt, sollte, so der Gedanke, für schädliche Folgen seines Handelns auch persönlich einstehen müssen, sei es, indem er geschädigten Dritten zum Ersatz verpflichtet ist oder sei es, indem er auch selbst einen angemessenen Teil des Risikos zu tragen hat. Die Realität sieht jedoch anders aus; hier kommt es nicht selten schwerwiegenden Asymmetrien zwischen Herrschaftsmacht und Risikotragung. Dies wird anhand von Beispielen dargelegt und kritisch hinterfragt. Die Ausführungen beginnen im Gesellschaftsrecht (Kap. 2), befassen sich sodann mit hochriskantenten Geschäftsmodellen des Bankgewerbes (Kap. 3) und im Anschluss mit den erheblichen Umweltrisiken, die man sehenden Auges nicht nur den aktuellen Bewohnern ferner Kontinente (Kap. 4 Abschn. 4.1), sondern auch künftigen Generationen der eigenen Nachkommenschaft aufbürdet (Kap. 4 Abschn. 4.2).

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Fußnoten
1
Müller-Erzbach (1933); Müller-Erzbach (1955, S. 342 f.); Admati A, Hellwig M (2014, S. 230, 333 ff., 347); mit knappen Andeutungen in dieselbe Richtung weisend Engert A (2016, S. 413, 420); Kainer F (2016, S. 434, 445). Weitere Belegstellen in den nachfolgenden Fn.
 
2
Vgl. auch die vor dem Hintergrund der Finanzmarktkrise und der staatlichen Bankenrettung (Kap. 3) formulierte Bemerkung von Droege M (2009, S. 1420), dass ein Gesetzgeber, der „den Konnex zwischen Freiheit, Verantwortung und Haftung (des Eigentümers) durch Sozialisierung der Risiken“ löse, Gefahr laufe, „Leichtsinn und Verantwortungslosigkeit zu belohnen“.
 
3
Mit einer Ausnahme, die in Wirklichkeit jedoch eine scheinbare ist (weil der Gleichlauf von Entscheidungsmacht und Haftung dort nicht alle potenziell Betroffenen einbezieht), befasst sich dieses essential in Kap. 4 Abschn. 4.​2: In einer Demokratie sind die Regierenden auf die Stimmen der Wähler angewiesen. Wähler sind in der Masse leichter mit Steuergeschenken und anderen gegenwartsbezogenen Wohltaten als mit kostspieligen Zukunftsthemen zu gewinnen. Sieht man im Entzug der Wählergunst eine besondere Form der „Haftung“ für Entscheidungen, die bei den gegenwärtig Wahlberechtigten nicht mehrheitsfähig sind, könnte man in diesem Punkt zwar durchaus von einem „Gleichlauf“ von Entscheidungsmacht und Haftung sprechen. Aus Sicht künftiger Menschengenerationen, von denen die heute Regierenden weder jetzt noch in Zukunft „abgestraft“ werden können, wäre solch ein Gleichlauf aber nicht unbedingt ein „segensreicher“ im Sinne des soeben Ausgeführten. Damit stellt sich die kürzlich sogar zu einem Buchtitel (Gesang B (Hrsg.) 2014a) erhobene Frage, ob Demokratie überhaupt Nachhaltigkeit „kann“ (auch dazu unten Kap. 4).
 
4
Diese lateinische Wendung bezeichnet das grundsätzliche Verbot, andere zu verletzen. Nicht nur eine ethische, sondern sogar eine „apriorische“ Geltung dieses Prinzips behauptet Isensee J (2011) § 191 Rn. 232 (S. 523): „Das Gebot des neminem laedere ist ein apriorisches, formales Prinzip der Gerechtigkeit. Als solches bedarf es seinerseits nicht der Begründung …“. Um eine rechtstheologische Begründung bemüht sich Wolf E (1957, S. 43, 49 f.) (ausführliche Fassung: Wolf E 1966). Zu den geschichtlichen Wurzeln dieses Grundsatzes und seinen Ausprägungen im gegenwärtigen Recht vgl. Schiemann G (1989).
 
5
Die hier erwogene Relativierung trifft sich mit der – im Übrigen allerdings nur teilweise berechtigten (vgl. Immenga U 1970, S. 121 ff.) – Kritik von Limbach J (1966, S. 107 ff.), soweit diese sich gegen einen „Absolutheitsanspruch“ (Limbach J 1966, S. 120) des oben genannten Postulats richtet; vgl. auch Grigoleit H (2006, S. 18 ff., 457 ff.)
 
6
Die Berufung auf ethische Grundlagen findet sich bereits in dem vor mehr als 80 Jahren geschriebenen Aufsatz von Müller-Erzbach R (1933), bei Immenga U (1970, S. 117 ff., 120, 122) und bei Westermann H P (2014, S. 689, 701) (der als „wirtschaftsethisch fundiert“ zwar nicht das Prinzip des Gleichlaufs von Herrschaft und persönlicher Risikotragung, aber doch immerhin die Feststellung ansieht, „dass die an entscheidender Stelle Wirtschaftenden Verantwortung, und zwar Eigen- und Fremdverantwortung übernehmen sollen, was zur Notwendigkeit rechtlicher Sanktionen bei ihrem Versagen“ führe).
 
7
Vgl. die in der vorherigen Fn. Genannten. Ob man dem folgen möchte, ist nicht zuletzt eine Frage des zugrunde gelegten Ethikbegriffs und der sich wandelnden Wertvorstellungen. Eine Ethik entsteht nicht aus dem Nichts, sondern findet ihren Geltungsgrund in allgemeiner Akzeptanz. Auf diesen Aspekt zielt wohl auch die Bemerkung, dass es im Streit um den Gleichlauf von Herrschaft und Haftung eine Zeit lang „fast nur noch Gläubige und Heiden“ gegeben habe (vgl. Wiedemann H 1968, S. 49) bzw. dass der „Größe des Anliegens“ die Neigung entspreche, „es mit Glaubensbekenntnissen durchzusetzen“ (Westermann H P 1970, S. 273).
 
8
Letzteres gilt insbesondere bei Zwischenschaltung einer sog. „Unternehmergesellschaft“ (vgl. § 5a Abs. 1 GmbHG).
 
9
Dies gilt insbesondere dann, wenn die Interessen von Personen berührt werden, die mit dem wirkmächtigeren Akteur nicht sehenden Auges und freiwillig, sondern ohne eigenes Zutun in Kontakt gekommen sind.
 
10
Zum Thema „Generationengerechtigkeit“ vgl. die Hinweise auf der Homepage der „Stiftung für die Rechte künftiger Generationen“ (www.​generationengere​chtigkeit.​de/​index.​php?​option=​com_​content&​task=​view&​id=​49&​Itemid=​74) und das von dieser Stiftung herausgegebene Handbuch Generationengerechtigkeit (2013).
 
11
Vgl. Marotzke W (2014) (zu einigen Pervertierungen der sogenannten Gläubigerautonomie) und Marotzke W (2015 ZInsO) (satirische Kritik der §§ 14 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3, 26a InsO, 23 Abs. 1 Satz 4 GKG und eines diesbezüglichen Gesetzentwurfs der Bundesregierung; dazu auch Laroche P 2015).
 
12
Zur Gefährdungshaftung vgl. §§ 1 ff. HaftPflG, §§ 33 ff., 44 ff., 53 f. LuftVG, §§ 84 ff. AMG, §§ 89 f. WHG, §§ 1 ff. UmweltHG, §§ 25 ff. AtomG, §§ 32 ff. GentechnikG, §§ 7 ff. StVG, § 833 BGB sowie die überblicksartigen Darstellungen bei Brox H, Walker W D (2015) § 54 (S. 625 ff.); Kötz H, Wagner G (2013) Rn. 31, 491 ff. (mit rechtspolitischer und ökonomischer Begründung bei Rn. 498 ff.), 515 ff., 541 ff.; Medicus D, Lorenz S (2014) §§ 152 ff. (S. 500 ff.).
 
13
Mit ähnlicher begrifflicher Großzügigkeit meint Nitschke M (1970, S. 259 Fn. 18a), es bestehe sehr wohl eine Korrelation von Herrschaft und „Verantwortung“, die bei den handelsrechtlichen Personengesellschaften ein Gleichlauf von Herrschaft und „Haftung“ sei.
 
14
Dazu Becker A (2003, S. 243 ff.); Lux-Wesener C (2003, S. 405 ff.); Sinn H W (2012).
 
15
Bei den beiden letztgenannten Themen wird das Postulat der Generationengerechtigkeit nicht selten den aktuellen persönlichen Eigeninteressen der Akteure (insbesondere ihre Wiederwahl nicht gefährden wollender Politiker) und letztlich ohne nennenswerte Risikobeteiligung der Entscheidungsträger geopfert.
 
Metadaten
Titel
Einführung
verfasst von
Wolfgang Marotzke
Copyright-Jahr
2017
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-16698-4_1