In diesem Kapitel führen wir zwei wesentliche Grundlagen für unser Projektspiel ein, weshalb wir die Lektüre dieses Kapitels zur Einstimmung sehr empfehlen. Wir beschreiben erstens die sogenannte Crux der Digitalisierung, das heißt, das doppelte Spannungsverhältnis, in dem sich Digitalisierungs- und IT-Projekte bewegen. Zum einen geht es dabei um Innovation versus Beständigkeit, zum anderen um Zweckrationalität versus psycho-soziale und emotionale Rationalitäten. Alle diese Kräfte wirken in Digitalisierungsprojekten eng verwoben und dynamisch zusammen. Wir beschreiben und begründen zweitens unseren Ansatz, sich diesen Themen spielerisch in Form eines Projektspiels zu nähern, das in seinem Ablauf einem universellen Projekt-Lebenszyklus folgt. Die durch diesen Ansatz entstehende spielerische Distanz zu den ansonsten so ernsten Themen in unserem Buch kann nach unserer Erfahrung wirksam dabei helfen, (spielend) die eigenen Handlungsmöglichkeiten für und in Digitalisierungsprojekten zu erweitern.
Anzeige
Bitte loggen Sie sich ein, um Zugang zu Ihrer Lizenz zu erhalten.
Ortmann und Windeler (1989) haben diese Einsicht bereits 1989 mit dem plakativen Buchtitel Umkämpftes Terrain im Kontext der Einführung von Computersystemen in Organisationen zum Ausdruck gebracht. Eine Einsicht, die bis heute an Aktualität nicht verloren hat, auch wenn sie z. B. im ganzen Hype um Agilität so gut wie keinen Eingang in die Grundform der Vorgehensweise SCRUM gefunden hat, bzw. die nur bei genauer Lektüre der Agilen Prinzipien zwischen den Zeilen erahnt werden können.
Vgl. hierzu näher das Diskussionspapier (Gschwendtner et al. 2016) mit Überlegungen zu einer IT der zwei Geschwindigkeiten. Das generelle Spannungsfeld in Organisationen zwischen Wandel und Beständigkeit wird auch mit dem Begriff der organisatorischen Ambidexterität bzw. Beidhändigkeit bezeichnet, Duncan (1976) hat den Begriff als einer der ersten eingeführt und spricht von der Notwendigkeit dualer Strukturen. March (1991) benutzt für diese dualen Strukturen dann als einer der ersten die bis heute dafür gebräuchlichen Begriffe Exploration und Exploitation.
Eine solche Haltung, die von Lösungsvorhaben zu Lösungsvorhaben hechelt, bezeichnet Morozov (2013, S. 25) kritisch als Ideologie des Solutionismus. Nach (Linß 2013) „sucht (der Solutionismus) permanent nach technisch möglichen Lösungen, die meistens haarscharf an den Problemen vorbeigehen.“ Wer sich vertieft für das Phänomen, für Nebenwirkungen und Risiken einer ständigen technikinduzierten Lösungsorientierung im Sinne des Solutionismus interessiert, findet viele reale Beispiele und weiterführende Überlegungen in seinem provozierenden Buch Smarte neue Welt – Digitale Technik und die Freiheit des Menschen (Morozov 2013).