Wählergemeinschaften haben sich in den vergangenen Jahrzehnten europaweit auf kommunaler Ebene zu ernsthaften Konkurrenten gegenüber den Parteien entwickelt, mancherorts dominieren sie den politischen Wettbewerb. In der internationalen Forschung wird dem Phänomen deshalb seit einigen Jahren verstärkt Aufmerksamkeit zuteil, während sich die Politikwissenschaft hierzulande bislang bedeckt hält. Während Wählergemeinschaften in einigen anderen europäischen Staaten wegen ihrer geografischen Selbstbeschränkung als Kommunalparteien bezeichnet werden, hat sich hierzulande ein Begriffsverständnis etabliert, das die Parteienferne unterstreicht. Inwieweit sich Wählergemeinschaften substanziell vom Parteienmodell unterscheiden, begleitet die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Phänomen seit jeher und bildet den Ausgangspunkt der vorliegenden Studie, wie in der Einleitung vertiefend dargestellt wird.
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Wenn in dieser Arbeit der Parteienbegriff verwendet wird, sind damit, in Abgrenzung zu Wählergemeinschaften, die bei überörtlichen Wahlen kandidierenden Parteien gemeint.
Lesehinweis: Aus ästhetischen Aspekten werden alle Zahlen in einem Satz als Ziffern geschrieben, wenn sowohl Zahlen größer als auch kleiner als 13 auftauchen.
Da die Erstattung von Wahlkampfkosten für Kommunalwahlkämpfe generell nicht vorgesehen ist, sind davon zwar auch die lokalen Parteiorganisationen betroffen. Mutmaßlich kommt ihnen allerdings zur Organisation der Parteiarbeit vor Ort über die Bundespartei eine gewisse finanzielle Unterstützung zugute (Morlok u. Merten (2011, S. 131).
Die skeptische oder negative Einstellung gegenüber Parteien wird in der Literatur durch vielfältige Begriffe zum Ausdruck gebracht, wobei Parteienverdrossenheit und Parteienskepsis die populärsten Begriffe zu sein scheinen. Eine Auflistung gebräuchlicher Begriffe zur Bezeichnung negativer Einstellungen gegenüber Parteien findet sich bei Arzheimer (2002). In der vorliegenden Arbeit wird zur Bezeichnung durchgängig der Begriff der Parteienskepsis verwendet.
Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Projekt wurde zwischen 2014 und 2016 unter der Leitung von Prof. Dr. Thomas Poguntke am Düsseldorfer Parteienforschungsinstitut PRuF durchgeführt (DFG-Projektnr.: PO 370/10-1).
Im sechsten Kapitel ist von Interesse, inwieweit sich die Parteifreien von den Parteimitgliedern in der Bundesrepublik unterscheiden. Die Datensätze der beiden deutschlandweit repräsentativen Umfragen zu den Parteimitgliedern der im Bundestag vertretenen Parteien (siehe Klein 2006b; Nonnenmacher u. Spier 2014; Spier et al. 2011; Biehl 2005) sind bislang nicht zugänglich. Etwaige Unterschiede in der Sozialstruktur, den Beitrittsmotiven und dem Partizipationsverhalten lassen sich daher nur anhand des Vergleichs mit den bisher publizierten Ergebnissen feststellen.