Ökonomen und Juristen sind schon lange an der Frage interessiert, warum so viele Gesetze ein wirkungsloses Dasein fristen. Noch interessanter und in philosophischer Sicht beunruhigend ist aber die umgekehrte Frage: Warum sind so viele Gesetze so effektiv, insofern als dass sie sowohl von den Funktionsträgern des Staates durchgesetzt als auch von den Bürgerinnen und Bürgern geachtet werden? Schließlich ist ein Gesetz nichts als eine Ansammlung von Wörtern auf Papier. Wenn man einmal innehält und darüber nachdenkt, ist es in der Tat verwunderlich, warum das reine Beschreiben von Papier das Verhalten von Menschen ändern sollte, warum die in einem Buch festgehaltene neue Geschwindigkeitsbegrenzung Fahrzeuge verlangsamen und die Verkehrspolizei dazu bewegen sollte, diejenigen Fahrzeuge anzuhalten, die sich nicht an die Regel halten, und ihnen eine Strafe aufzuerlegen.
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Dies steht im klaren Gegensatz zu der heutigen Überzeugung, dass das Recht nicht nur allen bekannt sein muss; es muss vielmehr auch bekannt sein, dass es bekannt ist; es muss darüber hinaus bekannt sein, dass bekannt ist, dass es bekannt ist; usw. Spieltheoretiker nennen das allgemeines Wissen. Hadfield (2016, S. 26) zeigt dies sehr deutlich. Allgemeines Wissen wird eine wichtige Rolle in der in diesem Buch entwickelten Herangehensweise an Law and Economics spielen.
Man kann argumentieren, dass die erste identifizierbare Law and Economics-Bewegung auf das späte neunzehnte Jahrhundert zurückgeht, als sich US-amerikanische Ökonomen mit der bundesstaatsübergreifenden Verwaltung der Eisenbahngesellschaften beschäftigten und dabei den Wettbewerb zu fördern und ein Kartellrecht zu entwerfen versuchten (Hovenkamp 1990; Mercuro und Medema 1997; Medema 1998). Interessanterweise befasste sich diese frühe Law and Economics-Bewegung – anders die genannten Werke aus den 1960ern – viel mehr mit wirtschaftlicher Ungleichheit und distanzierte sich vom marktwirtschaftlichen Mainstream.
Durch meine Arbeit bei der Weltbank, deren Politik maßgeblich von multinationalen Vereinbarungen abhängt, bin ich in einige dieser Debatten hineingezogen worden. Siehe z. B. Basu (2016) und Basu/Stiglitz (2015).
Dies habe ich kurz in Basu (1993) diskutiert und einige dieser Ideen später weiterentwickelt (Basu 2000). Die Arbeit zu Mietdeckeln ist erschienen als Basu/Emerson (2000).
Debroy (2000) schätzt, dass Indien auf föderaler und auf Bundesstaatsebene insgesamt über 30.000 Gesetze hat, von denen ein unverhältnismäßig hoher Anteil in erster Linie Staub ansetzt und nur gelegentlich zur Schikane oder zu anderem strategischen Missbrauch genutzt wird.