2006 | OriginalPaper | Buchkapitel
Einleitung
Erschienen in: Die deutsche Kohlenkrise im nationalen und transatlantischen Kontext
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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Am 22. Februar 1958 fuhren Bergmärmer in Essen, Bochum, Mülheim und Unna die ersten Feierschichten im Ruhrgebiet. Zwar handelte es sich hier nur um kleinere Hausbrandzechen und niemand war beunruhigt, aber die Krise im deutschen Steinkohlenbergbau hatte ihren Anfang genommen. Sie war nicht nur auf Deutschland begrenzt. Überall in den westeuropäischen Revieren wuchsen die Haldenbestände unaufhörlich. Hatten sie in der Montanunion Ende 1957 noch 7,3 Millionen Tonnen betragen, waren es Ende 1958 bereits 24,5 Millionen Tonnen und ein Jahr später sogar 31,2 Millionen Tonnen.
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Doch neben dem belgischen traf es den deutschen Steinkohlenbergbau ganz besonders hart. Bis Ende September 1958 wurden 1,3 Millionen unbezahlter Feierschichten verfahren. Die Angst und Enttäuschung der Bergleute wuchs mit jedem neuen Lohnausfall. Sie hatten das Gefühl, dass sich ihr Einsatz für den Wiederaufbau Deutschlands und ihre zahlreichen Überstunden unter Tage in Zeiten des Kohlenmangels nicht ausgezahlt hatten. Im Sommer 1958 war nicht mehr nur die Hausbrandkohle betroffen. Mittlerweile lagen insgesamt neun Millionen Tonnen unverkaufter Kohle und Koks im Ruhrgebiet auf Halde, im Oktober war bereits die Elf-Millionen-Grenze erreicht. Lediglich zwölf Prozent der Schachtanlagen hatten noch keine Feierschichten einlegen müssen. Ende des Jahres wurden die ersten Bergleute entlassen. Der Beruf des Bergmannes, der jahrelang ganz oben auf der Lohnskala stand, wurde zusehends unsicher. Viele junge und gut ausgebildete Kräfte verließen den Bergbau.
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