Digitale Transformation ist eine der bedeutendsten Herausforderungen der heutigen Zeit und kann entscheidend für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen sein. Von einer dementsprechend hohen Bedeutung diesbezüglicher Informationen ist für die (potenziellen) Stakeholder eines Unternehmens auszugehen, um über die Aufrechterhaltung ihrer bzw. das Eingehen einer Geschäftsbeziehung mit einem Unternehmen entscheiden zu können. Da ein Unternehmen ohne Stakeholder nicht fortbestehen kann, ist ferner von einem beiderseitigen Interesse der Vermittlung von Informationen zur digitalen Transformation des Unternehmens auszugehen. Vor diesem Hintergrund werden in Kapitel 1 des Werkes zunächst die Problemstellung konkretisiert und auf das Fehlen konkreter Vorgaben oder Empfehlungen zu einer Berichterstattung zur digitalen Transformation aufmerksam gemacht. Daran anknüpfend wird in der Arbeit das Ziel verfolgt, ein Berichtskonzept zur externen Unternehmensberichterstattung über digitale Transformation zu entwickeln, um Berichtserstellern eine Hilfestellung zu geben und die Entscheidungsnützlichkeit der Berichterstattung durch eine zweckorientierte Einbeziehung zeitgemäßer Sachverhalte zu erhöhen. Abschließend wird die Vorgehensweise zur Konzeptionierung der Berichterstattung über digitale Transformation anhand des Aufbaus der Arbeit skizziert.
1.1 Problemstellung
„Digitalisierung ist nichts Neues. Digitalisierung gibt es in den Unternehmen bereits seit den 60er-Jahren in der Fertigung. Wenn wir heute über Digitalisierung und die Konsequenzen sprechen, geht es vielmehr um etwas Anderes. Es geht um die Vernetzung von Menschen und Dingen. Das sogenannte Internet of Things.“1 Dieses Zitat von Prof. Dr. Stefan Asenkerschbaumer2 verdeutlicht, was nach aktuellem Verständnis des Megatrends Digitalisierung im Vordergrund steht: Vernetzung.3 Neben der Vernetzung von unternehmensinternen Elementen, wie bspw. Maschinen und Mitarbeiter, mit dem eigenen IT-System, bietet auch die Vernetzung mit Lieferanten und Kunden Potenziale zur effizienteren Gestaltung der Wertschöpfung.4 Die dabei entstehende Menge an Daten bietet zudem weitere Analyse- und Verwendungsmöglichkeiten, bspw. mittels künstlicher Intelligenz. Dadurch werden bestehende Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle nicht nur verändert, sondern können auch neu geschaffen werden.5 Das Unternehmen Nest Labs Inc. (Palo Alto) aus dem Bereich Smart Home bietet bspw. einen vernetzten, dazulernenden Thermostaten an, welcher die Heizung oder Kühlung eines Hauses entsprechend den Vorlieben seiner Bewohner steuert und dabei auch Abwesenheiten berücksichtigt, um Energie zu sparen.6 Teilweise führt die Digitalisierung auch zu disruptiven Veränderungen ganzer Branchen. Ein Beispiel ist das Unternehmen Airbnb Inc. (San Francisco), welches mit der Vermittlung von Privatzimmern das klassische Hotelgewerbe angreift, oder der Dienst UberPop der Uber Corp. (San Francisco), der Mitfahrgelegenheiten von Privatleuten vermittelt und den gewerbsmäßigen Taxibetrieb infragestellt.7
Vereinzelt wird Digitalisierung – neben Nachhaltigkeit – als das wichtigste Thema angeführt, mit dem Unternehmen heute konfrontiert sind, weshalb es zwingend auf die Agenda der Unternehmenslenker gehört.8 Studien bestätigen, dass viele Lenkungsorgane von Unternehmen dies erkannt haben.9 So zeigt eine Studie, dass gut die Hälfte von 2.000 befragten Unternehmenslenkern die digitale Transformation als eines der wichtigsten Unternehmensziele bewertet. Die Studien zeigen aber auch, dass die Priorität der Digitalisierung unter den befragten Managern recht unterschiedlich ist. So zählt die Digitalisierung für einige Unternehmenslenker nicht zu den Top 10 Themen im Unternehmen.10 Eine repräsentative Befragung Erwerbstätiger offenbart zudem, dass diese – entgegen der in anderen Studien häufig von Führungskräften vertretenen Meinung11 – digitalen Technologien im Arbeitsleben mehrheitlich aufgeschlossen gegenüberstehen und einen höheren Digitalisierungsgrad mit positiveren Zukunftsaussichten in Verbindung setzen.12 Zugleich wird jedoch tlw. dringender Nachholbedarf und die Bedeutung von Eigeninitiative betont. Eine Untersuchung des BMWK aus dem Jahr 2023 zeigt ferner, dass der Verlauf der Corona-Pandemie ab 2020 zwar einen Digitalisierungsschub bei deutschen Unternehmen ausgelöst hat, die Entwicklung in 2022 jedoch insb. bei Produkten, Geschäftsmodellen sowie der Qualifikation von Mitarbeitern stagnierte.13 Die eingangs angeführten Beispiele unterstreichen indes, dass die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens davon abhängen kann, ob und wie das Management sich an geänderte Umwelt-/Rahmenbedingungen anpasst.
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Insofern ist auch für die Stakeholder eines Unternehmens (z. B. Investoren, Marktpartner, Arbeitnehmer) dessen aktueller Stand der digitalen Transformation von großer Bedeutung, um sich ein Urteil über die aktuelle Lage des Unternehmens und dessen zukünftige Ertragspotenziale bilden zu können. Typischerweise liegt zwischen dem Management eines Unternehmens und den Stakeholdern jedoch eine Informationsasymmetrie vor, welche i. S. d. Agency-Theorie14 zusammen mit Interessenkonflikten zu spezifischen Problemen und schließlich sogar Marktversagen15 führen kann. Da das Unternehmen ohne seine Stakeholder nicht fortbestehen kann,16 besteht ein beiderseitiges Interesse vorliegende Informationsasymmetrien zu reduzieren. Zu diesem Zweck hat sich die externe Unternehmensberichterstattung etabliert.17 Um ein Minimum an Informationsgewährung an bestimmte schutzwürdige Gruppen zu garantieren und die Übereinstimmung mit der Realität zu sichern,18 ist sie zudem in so gut wie allen Ländern der Welt bestimmten Regularien bzw. Gesetzen unterworfen19. Um eine hohe Entscheidungsnützlichkeit der Finanzberichte zu gewährleisten, sind die Vorgaben an sich ändernde Umwelt- und Rahmenbedingungen anzupassen.
Explizite Vorgaben oder Empfehlungen zur externen Berichterstattung über digitale Transformation und deren Auswirkungen gibt es bisher jedoch nicht.20 Ferner wurden bisher auch keine Anforderungen potenzieller Adressaten einer solchen Berichterstattung erhoben. Dadurch wird den Unternehmen ein großer Gestaltungsspielraum geboten, der die Erfüllung des genannten Zwecks sowie der Schutzfunktion einschränkt.
Bisherige Studien beschäftigen sich überwiegend deskriptiv mit den Defiziten der Finanzberichterstattung im Zusammenhang mit der Digitalisierung. Im Vordergrund steht dabei meist die bilanzielle Abbildung immaterieller Vermögenswerte. Einerseits gilt der international zu beobachtende Anstieg immateriellen Vermögens21 zwar als Indikator für die voranschreitende digitale Transformation von Unternehmen, da sich Digitalisierungsinvestitionen insb. in immateriellen Werttreibern niederschlagen22. Andererseits wird die bilanzielle Abbildung aufgrund restriktiver Ansatzkriterien sowie erheblicher Unsicherheiten und Ermessensspielräume bei der Bewertung bemängelt.23 In diesem Zusammenhang bestätigen zudem Studien für die Praxis, dass HGB-Anwender das bestehende Wahlrecht zur Aktivierung von Entwicklungskosten für selbsterstellte immaterielle Vermögensgegenstände selten ausüben24 und auch IFRS-Anwender tendenziell niedrige Aktivierungsquoten von Entwicklungskosten aufweisen25. Ebenfalls wird in diesem Zusammenhang eine immer größer werdende Lücke zwischen den bilanziellen Buchwerten von Unternehmen und ihren am Kapitalmarkt gebildeten Marktwerten angeführt.26 Wenngleich dies nicht nur auf den durch die digitale Transformation zunehmenden Anteil nicht bilanzierungsfähiger immaterieller Werttreiber zurückgeführt werden kann, verdeutlicht es die Problematik. Durch die unzureichenden Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften wird die Objektivierung und Vergleichbarkeit sowie schließlich auch die Entscheidungsnützlichkeit der Informationen eingeschränkt.27 Konkrete Lösungen, wie eine Anpassung der Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften aussehen könnte, haben sich bisher nicht herauskristallisiert.
Neben dem Jahresabschluss mit seinen Basis-Rechenwerken, wie insb. Bilanz und Ergebnisrechnung, gewinnt in Deutschland im Zuge dessen der Lagebericht zunehmend an Bedeutung. Er soll den retrospektiven und stichtagsbezogenen Abschluss in sachlicher und zeitlicher Hinsicht ergänzen, indem darin vor allem qualitative und prognostische Informationen berichtet werden.28 Das trägt dazu bei, die Defizite des Jahresabschlusses auszugleichen. Konkrete Vorgaben zur Berichterstattung über digitale Transformation gibt es zwar nicht, jedoch könnten die Auswirkungen unter die vorgeschriebenen Inhalte subsumiert werden. Zu den Bestandteilen gehören bspw. Informationen zur Strategie, dem Geschäftsmodell, zu voraussichtlichen Entwicklungen des Unternehmens und den damit einhergehenden Chancen und Risiken sowie auch zu nicht im Abschluss bilanzierten immateriellen Werten.29 Entsprechende Empfehlungen zur Ergänzung des unzureichenden Zahlenwerks mit qualitativen Informationen gab es bereits um die Jahrtausendwende. Im Zuge dessen wurden Vorschläge entwickelt, um die Lageberichterstattung im Sinne eines Value Reporting fortzuentwickeln und den Fokus stärker auf die Zukunft zu verlagern.30 Auch heute wird noch auf die zunehmende Bedeutung qualitativer Aspekte zur Ergänzung des unzureichenden Zahlenwerks hingewiesen, wodurch der Lagebericht weiter in den Vordergrund rückt und eine weitere Fortentwicklung forciert wird.31 Als ergänzender quantitativer Ansatzpunkt wird bspw. auch eine Überleitungsrechnung vom Buchwert auf den Marktwert gefordert.32
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Studien weisen darauf hin, dass Unternehmen in den letzten Jahren bereits damit begonnen haben, über ihnen wichtig erscheinende immaterielle Werte gesondert zu berichten33 und innerhalb des Geschäftsberichts und insb. dem (Konzern-)Lagebericht auch vermehrt über Digitalisierung generell berichtet wird34. Möller und Piwinger (2014) fällt bspw. auf, dass sich die freiwillige Berichterstattung der Unternehmen zu immateriellem Vermögen an den Empfehlungen der Schmalenbach Gesellschaft für Betriebswirtschaft35 orientiert. Allerdings kommen sie zu dem Schluss, dass die betrachteten Unternehmen uneinheitlich und unsystematisch berichten, sodass sich das Fehlen einer standardisierten Berichterstattung bemerkbar mache.36 Auch eine Auswertung unterschiedlicher Rahmenkonzepte für die ergänzende Berichterstattung zu nicht bilanzierten immateriellen Werten im Auftrag der EFRAG durch das Forschungsteam um Zambon et al. (2020) ergab, dass sich bisher keines der Konzepte durchgesetzt zu haben scheint.37 Mittels eines Literature Reviews haben sie jedoch festgestellt, dass die Informationen über nichtbilanzierte immaterielle Vermögenswerte direkt und positiv mit der Performance und dem Cashflow der Unternehmen korrelieren, sie im Zusammenhang mit dem Marktwert der Unternehmen stehen und diesen tlw. im Zeitverlauf erklären sowie dass die Informationen von Nutzern (insb. Finanzanalysten und Anleger) angenommen und als nützlich empfunden werden.38 Die Forscher weisen jedoch darauf hin, dass zum letzten Punkt wenig Studien vorliegen.39 Die wenigen Studien zur generellen Berichterstattung über Digitalisierung untersuchen weder systematisch, welche Art von Informationen wie zur digitalen Transformation berichtet werden, noch berücksichtigen sie konkrete inhaltliche Vorgaben der betrachteten Berichtsinstrumente, geschweige denn potenzielle Anforderungen von Adressaten.40
Generell beschäftigt sich ein Großteil der Forschung mit der Berichterstattung über immaterielle Vermögenswerte in Gänze, welche z. T. undifferenziert die Vielzahl der verschiedenen Arten von immateriellen Werten berücksichtigt. Forschung zur systematischen Berichterstattung speziell über digitale Transformation im Unternehmen (Stand, Ziele, Konzepte, finanzielle Auswirkungen etc.) gibt es bisher, wie oben angeführt, nur vereinzelt. Die bisher unerforschten Anforderungen an eine solche Berichterstattung stellen Unternehmen zudem vor die Herausforderung diesbezüglich entscheidungsnützliche Informationen zu berichten.
1.2 Zielsetzung
Die vorliegende Arbeit setzt an der zuvor beschriebenen Forschungslücke an und hat zum Ziel, ein Berichtskonzept zur externen Unternehmensberichterstattung über digitale Transformation zu entwickeln, um Berichtserstellern eine Hilfestellung zu geben und die Entscheidungsnützlichkeit der Berichterstattung durch eine zweckorientierte Einbeziehung zeitgemäßer Sachverhalte zu erhöhen. Um eine vollständige Konzeptionierung der Unternehmensberichterstattung über digitale Transformation zu erreichen, sind – in Anlehnung an Blohm (1974) – die in Abbildung 1.1 aufgeführten fünf Gestaltungsfragen zu beantworten.41
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Wie in Abbildung 1.1 verdeutlicht, stehen die Gestaltungsfragen in Wechselwirkungen zueinander und orientieren sich an der zentralen Frage nach dem Wozu bzw. an dem Zweck der Berichterstattung.43 In der vorliegenden Arbeit beinhaltet die Frage nach dem Wozu zunächst, ob überhaupt eine Berichterstattung über digitale Transformation erfolgen sollte. Schließlich ist die Existenz eines Berichts nur dann gerechtfertigt, wenn dieser einen Zweck44 erfüllt. Einen solchen Zweck gilt es demnach zu identifizieren und zu konkretisieren. Überdies sind die mit der Berichterstattung zu erreichenden Ziele und Aufgaben auszuarbeiten, sodass die weiteren Gestaltungsfragen zielgerichtet und zweckadäquat beantwortet werden können.
Die Frage nach dem Wer zielt auf die Festlegung eines Kreises von Unternehmen ab, der das Berichtskonzept anwenden bzw. über digitale Transformation berichten sollte. Um den entsprechenden Anforderungen gerecht werden zu können, ist zudem festzulegen, an wen sich die Berichterstattung richtet. Was auf welche Art bzw. wie zu berichten ist, hängt schließlich in erster Linie von den Adressaten und ihren im Hinblick auf den Zweck bzw. die Ziele und Aufgaben der Berichterstattung vorliegenden Informationsinteressen ab. Ebenso trifft dies auf die Fragen nach dem Wo und dem Wann zu, welche auf die angemessene Form (Berichtsinstrument und Ort der Veröffentlichung) sowie auf den angemessenen Turnus (Zeitpunkt, Berichtszeitraum und Frequenz) der Berichterstattung abzielen.
Als Rahmen für die Berichterstattung dienen derweil Grundsätze, die mit den Antworten auf sämtliche der genannten Gestaltungsfragen im Einklang stehen und deren Einhaltung somit eine zweckadäquate und adressatengerechte Berichterstattung über digitale Transformation gewährleistet.45 Da nicht sämtliche Details der Berichterstattung zu allen erdenklichen, mit digitaler Transformation in Verbindung stehenden Sachverhalten geregelt werden können, dienen sie ferner als Kriterien zur widerspruchsfreien und einheitlichen Schließung von Regelungslücken.46
Die Gestaltungsfragen lassen sich zu der folgenden Leitfrage zusammenfassen, die es am Ende der Arbeit mit dem Berichtskonzept zu beantworten gilt:
Wer sollte wem, wozu, wo, wann, was und wie zur digitalen Transformation berichten?
Aufgrund ihrer wechselseitigen Beziehungen lassen sich die Gestaltungsfragen jedoch nicht unabhängig voneinander bzw. nacheinander beantworten. Dementsprechend ist die Leitfrage nicht geeignet, den Aufbau der Arbeit vorzugeben. Allerdings können aus ihr die Bestandteile des Berichtskonzepts zur entscheidungsnützlichen externen Unternehmensberichterstattung über digitale Transformation abgeleitet werden,47 die am Ende der Arbeit das Ergebnis repräsentieren:
Anwenderkreis/Berichtersteller (Wer?)
Adressaten (Wem?)
Zweck, Ziele und Aufgaben (Wozu?) sowie Grundsätze (Rahmen)
Berichtsform (Wo?)
Berichtsturnus (Wann?)
Inhalte und Art ihrer Darstellung (Was und Wie?)
Im folgenden Unterkapitel wird die Vorgehensweise zur Konkretisierung der genannten Elemente des Berichtskonzepts bzw. zur Herleitung der Anforderungen an eine entscheidungsnützliche externe Unternehmensberichterstattung über digitale Transformation beschrieben und der Aufbau der Arbeit erläutert (Abschnitt 1.3).
1.3 Aufbau der Arbeit
Die vorliegende Arbeit ist in sieben Kapitel untergliedert. Abbildung 1.2 stellt einen zusammenfassenden Überblick zum Aufbau der Arbeit dar.
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In dem auf die Einleitung (Kapitel 1) folgenden Kapitel 2 wird zunächst untersucht, ob eine Unternehmensberichterstattung zur digitalen Transformation an externe Adressaten aus ökonomischen Gesichtspunkten (theoretisch) erforderlich ist und inwieweit diese mittels eines Berichtskonzepts geregelt werden sollte. Eingangs wird hierzu konkretisiert, was unter digitaler Transformation zu verstehen ist und welche Bedeutung diese für den Fortbestand bzw. künftigen Erfolg eines Unternehmens haben kann. Daraufhin wird auf Grundlage dieser Bedeutung sowohl das Bedürfnis der mit Unternehmen in Verbindung stehenden Stakeholder nach Informationen zur digitalen Transformation theoretisch fundiert aufgezeigt als auch erläutert, inwieweit für Unternehmen selbst ein Anreiz besteht, entsprechende Informationen zu veröffentlichen. Im Zuge dessen wird im Hinblick auf die in Abschnitt 1.2 dargelegte Leitfrage beantwortet, wem und wozu Unternehmen über digitale Transformation berichten sollten. Ferner wird aufgezeigt, welche Vorteile eine Standardisierung sowohl den Berichtserstellern als auch den Berichtsadressaten bieten kann. Anschließend wird überprüft, inwieweit sich ausgewählte Berichtsinstrumente der Pflichtpublizität grundsätzlich zur externen Berichterstattung über digitale Transformation eignen.
Um daraufhin die Anforderungen potenzieller Adressaten an eine entscheidungsnützliche externe Unternehmensberichterstattung über digitale Transformation zu erheben und insb. den Teil der Leitfrage zu beantworten, welche Unternehmen (wer) wo, wann, was und wie über digitale Transformationen berichten sollten, folgt in Kapitel 3 eine Befragung professioneller Stakeholder. Die Befragung von Stakeholdern bzw. Adressaten ist eine übliche Methode zur empirisch-induktiven Herleitung von Berichtsanforderungen.49 Schließlich sollte sich die Gestaltung eines Berichts in erster Linie an den Informationsbedürfnissen seiner Adressaten orientieren, damit er seinen Zweck erfüllen kann. Die Ergebnisse der Befragung fließen zum einen unmittelbar in das Berichtskonzept (Kapitel 6) ein und dienen zum anderen sowohl der in Kapitel 4 folgenden Auslegung regulatorischer Vorgaben als auch der empirischen Untersuchung der Berichterstattungspraxis in Kapitel 5 als Ausgangsbasis.
Daran anknüpfend folgt in Kapitel 4 eine Auslegung der regulatorischen Vorgaben desjenigen Berichtsinstruments, welches sich zuvor als das geeignetste herausgestellt hat, um darin über digitale Transformation zu berichten – der (Konzern-)Lagebericht. Im Zuge dessen werden konkrete Erwartungen formuliert an welchen Stellen im (Konzern-)Lagebericht bzw. in welchen Teilberichten (wo) was und wie über digitale Transformation im Einklang mit den bestehenden Vorgaben berichtet werden könnte. Die Ergebnisse der Auslegung dienen sowohl als Grundlage der im Anschluss folgenden Untersuchung des Status quo der Berichterstattungspraxis (Kapitel 5) als auch der Entwicklung des Berichtskonzepts zur externen Unternehmensberichterstattung über digitale Transformation (Kapitel 6).
Bei der in Kapitel 5 folgenden empirischen Untersuchung zum Status quo der Berichterstattung über digitale Transformation wird zunächst der Stand der Forschung erhoben und die daraus resultierenden wesentlichen Erkenntnisse zusammengefasst. Daraufhin werden in einer eigenen Untersuchung ausgewählte Konzernlageberichte im Hinblick auf Angaben zur digitalen Transformation analysiert. Im Fokus des Erkenntnisinteresses liegen jeweils Antworten auf die Fragen, in welchem Berichtsinstrument oder entsprechend darin verortetem Teilbericht (wo), waswie zur digitalen Transformation berichtet wird. Außerdem ist von Interesse, ob sich die Berichterstattung zur digitalen Transformation hinsichtlich ihres Umfangs und ihrer Intensität in Abhängigkeit von der Branchenzugehörigkeit und Art der Geschäftstätigkeit der berichterstattenden Unternehmen unterscheiden. Die Erkenntnisse werden zudem vor dem Hintergrund der in Kapitel 3 erhobenen Anforderungen gewürdigt und Verbesserungspotenziale sowie best practices identifiziert.
In Kapitel 6 werden die im Verlauf der Arbeit gewonnenen Erkenntnisse in einem Berichtskonzept zur entscheidungsnützlichen externen Unternehmensberichterstattung über digitale Transformation zusammengeführt. In Orientierung an die im vorangegangenen Abschnitt 1.2 dargestellte Leitfrage bzw. die Gestaltungsfragen zur Konzeptionierung werden die einzelnen Elemente des Berichtskonzepts erläutert und Empfehlungen für die Anwendung formuliert. Das Berichtskonzept stellt dementsprechend das Ergebnis der vorliegenden Arbeit dar.
In Kapitel 7 werden zunächst die wesentlichen Erkenntnisse der gesamten Arbeit zusammengefasst. Abschließend werden in einem Ausblick mögliche Entwicklungen und weiterer Forschungsbedarf aufgezeigt.
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Entnommen ist diese Aussage aus dem Impulsvortrag von Prof. Dr. Asenkerschbaumer bei der Veranstaltung ikf°impulse 16 – utopia?: digitalisierung und der cfo von morgen am 18.06.2019, abgedruckt in: ikf (2019), S. 37.
Prof. Dr. Asenkerschbaumer war bis Dezember 2021 stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH und ist heute Vorsitzender ihres Aufsichtsrats sowie nach wie vor Präsident der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e. V.
Vgl. PwC/INTES (2023), S. 9; forsa (2021), S. 4; Fink/Sauter/Zirkelbach (2021), S. 6 und 15; Bergmann/van Alphen (2019), S. 3 und 15, sowie auch Theisen/Probst (2019), S. 154.
Vgl. insb. die vielbeachtete Studie von Ocean Tomo (2021) sowie für den deutschen Markt Eierle/Ketterer/Brasch (2019), S. 393–395; Eierle/Kreß/Ther (2019), S. 425–428; Eierle/Ther/Kreß (2019), S. 448–449.
Vgl. von Keitz/Schwedler (2023), S. 24–25; Eierle/Ketterer/Brasch (2019), S. 393; Loitz (2017), S. S. M5; IDW (2017), S. 9–14; Weißenberger/Bauch (2017), S. 207; Arbeitskreis "Immaterielle Werte im Rechnungswesen" der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e. V. (2001), S. 989.
Vgl. Wulf/Udun (2018), S. 181–182. In der Vergangenheit sind jedoch auch Studien zu divergierenden Ergebnissen gekommen, wie Velte (2011) anführt. Vgl. Velte (2011), S. 357 m. w. N.
Vgl. bspw. Eierle/Kreß/Ther (2019), S. 430; Eierle/Ketterer/Brasch (2019), S. 395–396; Wulf/Udun (2018), S. 182–183; IDW (2018), S. 16; IDW (2017), S. 13, sowie zu empirischen Untersuchungen der Marktwert-Buchwert-Lücken deutscher Unternehmen Honold/Fülbier/Weese (2016), S. 249–264; Küting (2012), S. 1937–1946.
Vgl. IDW (2017), S. 12; Weißenberger/Bauch (2017), S. 208; Arbeitskreis "Immaterielle Werte im Rechnungswesen" der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e. V. (2001), S. 989. Bereits 1979 bezeichnete Moxter immaterielle Vermögensgegenstände als „ewige Sorgenkinder des Bilanzrechts“. Vgl. Moxter (1979), S. 1102.
Vgl. IDW (2017), S. 14. Vgl. zudem Pelster/von Keitz/Wulf (2021), S. 173–198, mit einem Überblick zu Ansätzen des Value Reporting, der diesbezüglichen Weiterentwicklung der (Konzern-)Lagebeichterstattung sowie den Konzepten des Intellectual Capital Reporting, der Wissensbilanz, dem Integrated Reporting und dem Ansatz der Value Balancing Alliance e. V. Für einen Überblick zu (weiteren) Rahmenkonzepten im Zusammenhang mit immateriellen Werten vgl. insb. Zambon et al. (2020), S. 65–76.
Vgl. Flagmeier/Schmid/Sterner (2023), S. 166–171; Stein/Kollmann (2022); Stein/Kollmann (2021); Stein et al. (2020); Stich/Stich (2020), S. 68–75; Graßmann et al. (2020), S. 433–438; Kawohl/Hüpel (2018). Eine Ausnahme bildet die Studie von Pelster/von Keitz/Wulf (2020), welche allerdings als Teil der im Rahmen der vorliegenden Arbeit durchgeführten Untersuchung anzusehen ist, ohne jedoch die Anforderungen potenzieller Stakeholder zu berücksichtigen.
Vgl. Blohm (1974), S. 13–14, sowie ähnlich auch Asser (1974), S. 658–661, der Berichte ebenfalls nach dem Wer, Was, Wann, Wie und (implizit auch nach dem) Wozu klassifiziert, oder Staehle (1999), S. 578, der den Informationsfluss in einem geschlossenem Kommunikationssystem durch die Kriterien Kommunikationsrichtung, -inhalt, -zeitpunkt- und -form definiert. Zu einem ähnlichen Vorgehen zur Konzeptionierung eines Berichts, jedoch in Bezug auf ein Corporate Governance Reporting, vgl. Freidank/Weber (2008), S. 399–420 bzw. ausführlich Weber (2011), S. 189–409. Die Herangehensweisen und Schritte zur Beantwortung der einzelnen Gestaltungsfragen unterscheiden sich indes z. T. erheblich. Ein Grund ist bspw., dass die Berichterstattung zur digitalen Transformation, anders als die zu Corporate Governance-Themen, bisher nicht reguliert ist.
Quelle: In Anlehnung an Blohm (1974), S. 14, sowie Weber (2011), S. 190; Freidank/Weber (2008), S. 400, wobei insb. die Bezeichnungen der Fragewörter abweichen.
Die Begriffe Zweck und Ziel werden häufig synonym verwendet. Vgl. Huter (2019), S. 54–55; Weich (2017), S. 74, sowie bspw. Baetge (1976), S. 13. Zudem werden Ziele tlw. einem bestimmten Zweck übergeordnet. Vgl. bspw. Leffson (1987), S. 38–40, sowie auch Huter (2019), S. 55. In der vorliegenden Arbeit wird jedoch dem Verständnis von Schneider (1997) gefolgt, welcher den Zweck oberhalb eines Ziels einordnet und postuliert, dass vom Zweck über das Ziel der Inhalt der Berichterstattung (als Mittel) bestimmt wird. Vgl. Schneider (1997), S. 45. Der Zweck ist somit als die übergeordnete Absicht bzw. der Grund zu verstehen, warum die Ziele (anhand der eingesetzten Mittel) erreicht werden sollen. Vgl. Schneider (1997), S. 45 und 88. Dies entspricht auch dem Verständnis der Zweck-Ziel-Mittel-Relation von Carl von Clausewitz. Vgl. von Clausewitz (1867), S. 3–4.
Vgl. zum Verständnis von Grundsätzen als Mittel zur Erfüllung eines Berichtszwecks auch Baetge/Kirsch/Thiele (2021a), S. 102; Leffson (1987), S. 35, sowie im Kontext der Gestaltungsfragen Blohm (1974), S. 40–48.
Vgl. sinngemäß in Bezug auf die (Konzern-)Lageberichterstattung bspw. Baetge/Fischer/Paskert (1989), S. 6, in Bezug auf Value Reporting Heumann (2005), S. 55, sowie zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung insb. Baetge/Kirsch/Thiele (2021a), S. 102–103; Leffson (1987), S. 35, und zu Grundsätzen ordnungsmäßiger Konzernrechnungslegung Baetge/Kirsch/Thiele (2021b), S. 65.
Für eine ähnliche Vorgehensweise zur Konzeptionierung eines Corporate Governance Statements vgl. Weber (2011), S. 190–191, mit Verweis auf Hütten (2000), S. 25–32, welcher sich auf den Geschäftsbericht fokussiert.