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16.07.2018 | Elektrofahrzeuge | Nachricht | Online-Artikel

Erste Fahrt in Jaguars Elektro-SUV

verfasst von: Marc Ziegler

5:30 Min. Lesedauer

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Jaguar bringt mit dem I-Pace nach nur vier Jahren Entwicklungszeit sein erstes vollelektrisches SUV auf den Markt. Kompromisse sollte es dabei nicht geben. Ein Fahrbericht.

294 Kilowatt (400 PS) Leistung, 696 Newtonmeter Drehmoment und eine Reichweite von 480 Kilometern nach WLTP-Zyklus: Damit tritt Jaguar in direkte Konkurrenz zum bisher einzigen Wettbewerber im Segment der Elektro-SUV, dem Tesla Model X. Die Engländer verbinden zwei Trendmärkte miteinander, denn sowohl E-Autos als auch SUV stehen momentan hoch in der Kundengunst. 

Um ein typisches Jaguar-Fahrverhalten zu gewährleisten, kam für Dr. Ziebart, den technischen Design-Direktor des Jaguar I-Pace, nur eine Bauform in Frage: Das augenblicklich sehr beliebte Skateboard-Design. So kann die Batterie tief und zwischen den Achsen platziert werden, die damit weit auseinanderrücken. Der Engländer hat bei einer Außenlänge von 4,68 Metern einen enormen Radstand von 2,99 Metern. Je ein Motor treibt eine Achse an. Die Permanentmagnet-Synchronmotoren sind baugleich und liefern jeweils 147 Kilowatt. Bei den Aggregaten handelt es sich um Eigenentwicklungen, die in die Achsen integriert werden konnten. Die längere der beiden Antriebswellen verläuft durch den Hohlraum im Motor. Das spart vor allem Bauraum, den man so für die Batterien nutzen kann. 432 Pouchzellen, in 36 Module zusammengefasst, nehmen die Bodengruppe ein und haben zusammen eine Kapazität von 90 kWh. 

Cab Forward Design

Wie auch schon beim Jaguar F-Type wurde das Chassis komplett aus Aluminium gefertigt und die Teile per Nietverfahren und Klebetechnik zusammengefügt. Damit ist es bei relativ geringem Gewicht enorm verwindungssteif. Jaguar spricht von der höchsten Torsionssteifigkeit eines ihrer Modelle (36 kNm/Grad).

Da die Motorhaube sehr kurz gehalten wurde, rückte die Fahrgastzelle weit nach vorne. Große Fensterflächen und das optionale Panoramadach leiten viel Licht in den Innenraum, der für ein SUV dieser Größe sehr geräumig daherkommt. Kopf- und Beinfreiheiten sind in beiden Sitzreihen enorm und auch der Kofferraum ist mit einem Mindestvolumen von 656 Litern üppig bemessen. Unter den Sitzen und in der Mittelkonsole sind zudem großzügige Ablagemöglichkeiten versteckt, die durch das Wegfallen eines Mitteltunnels entstanden.

Bedienung

Auf drei Bildschirmen werden sämtliche Informationen im I-Pace verteilt. Die Mittelkonsole wird von zwei Touchscreens dominiert, von denen der untere hauptsächlich für Komfortfunktionen wie Klimasteuerung und Sitze verwendet wird. Das größere ober Display zeigt sämtliche Multimedia- und Fahrzeugeinstellungen. Zu guter Letzt ersetzt auch im Cockpit eine volldigitale Ansicht die Analogen Instrumente. Völlig selbstverständlich lässt sich das Mobiltelefon mit dem Wagen verbinden und das System für dessen Steuerung eingesetzt werden.

Anstelle eines Wählhebels findet man lediglich vier Tasten für die Fahrfunktionen im Mitteltunnel. Weitere Direktwahltasten gibt es für die Fahrmodi (Eco, Comfort und Dynamic) und die optionale Luftfederung. Die Grundfunktionen sind entsprechend schnell erfasst, für den Umfang des Gesamtsystems sollte man sich hingegen etwas Zeit nehmen.

Auf der Straße

Für den Fahrbetrieb bieten sich einige Möglichkeiten. Zum einen variieren Gasannahme, Lenkung und Fahrwerkshärte durch Wahl des Fahrmodus, zum anderen lassen sich aber auch die Rekuperation und die sogenannte Schleichfunktion, also das Anrollen ähnlich eines Automatikgetriebes beim Lösen der Bremse, einstellen. Letzeres ist weniger interessant, in der hohen der beiden Rekuperationsstufen kann man allerdings nahezu auf den Einsatz der Fußbremse verzichten, da die volle Generatorleistung des vorderen Motors und ein Teil der Leistung des hinteren zum Bremsen genutzt wird. Dieses One-Paddle-Fahren ist etwas gewöhnungsbedürftig. Nimmt man den Fuß vom Gas verzögert der I-Pace nämlich mit 0,4 G. In der niedrigen Stufe des Systems kann man den Wagen gleiten lassen, die Bremswirkung entspricht in etwa der Motorbremse eines Verbrenners und beim leichten betätigen der Bremse verstärkt sich der Bremseffekt auf den Maximalwert, bevor dann die Scheiben zur Verzögerung genutzt werden. 

Rekuperation

Maximal 150 Kilowatt kann der vordere Motor beim elektrischen Bremsen generieren. Theoretisch ist die gleiche Generatorleistung auch auf der Hinterachse möglich, allerdings würde das Heck dabei instabil. Daher ist das Limit momentan auf 60 Kilowatt begrenzt. Bei Bergabfahrten wird auch im normalen Fahrbetrieb die Motorbremswirkung automatisch erhöht. Dazu nutzt das System die anliegenden Schleppmomente und nutzt die Hangfahrten entsprechend zum zusätzlichen Laden.

Zur besseren Reichweitenplanung bezieht das Navigationssystem jetzt auch topografische Daten in die Routenberechnung ein. Die sogenannte EV-Navigation empfiehlt dann für die Rekuperation günstigere Strecken. Damit können dann auch Ladezeiten eingespart werden. An einer 100-Kilowatt-DC-Ladesäule dauert das Beladen der leeren Batterie bis zu 80 Prozent der Kapazität zwar nur 40 Minuten (15 Minuten/100 Kilometer Reichweite) die Zeiten können durch das Streckenprofil aber minimiert werden.

Dynamik 

Vom Stand weg stehen die vollen 294 Kilowatt und das maximale Drehmoment der beiden Motoren zur Verfügung. Durch den Antrieb beider Achsen sind zudem Traktionsprobleme kein Thema. So beschleunigt der I-Pace in nur 4,8 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h, maximal erreicht er ein Tempo von 200 km/h bei dann knapp 13.000/min. Besonders auf verwundenen Strecken wie auf unseren ersten Fahrten in der Eifel beeindrucken die Beschleunigungsreserven immer wieder. Fast beliebig kann man auf die 294 Kilowatt zurückgreifen, die Traktion ist so hoch, dass der Wagen selten in die Verlegenheit kommt eines seiner Sicherheitssysteme wie Traktionskontrolle oder Schleudervermeider nutzen zu müssen. 

Das Abrollgeräusch der Räder und die Windgeräusche der Karosserie halten sich in engen Grenzen, man kann also weitestgehend geräuschlos unterwegs sein. Wer etwas Sound benötigt, hat aber die Möglichkeit einen künstlich erzeugten Ton in den Innenraum zu leiten, der dann auch Aufschluss auf die anliegende Drehzahl der Motoren gibt. Nicht, dass das bei einem Getriebe mit nur einem Gang relevant wäre.

Zukunftssicher

Der I-Pace ist der erste einer ganzen Reihe von E-Fahrzeugen aus dem Hause Jaguar Land Rover. Die Performance und die angewendete Technik überzeugt, die Reichweiten sind auf Niveau der einschlägigen Konkurrenz und preislich ist der I-Pace mehr als interessant. 77.850 Euro kostet das Einstiegsmodell, 101.850 Euro die voll ausgestattete First Edition. Erst einmal ist das das günstigste Angebot in einem Segment, das sich in naher Zukunft über einigen Zuwachs freuen dürfte. Schließlich haben Mercedes, BMW und Audi elektrische SUV-Derivate angekündigt. 


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