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04.07.2025 | Elektromobilität | Im Fokus | Online-Artikel

Technik entscheidet nicht über Attraktivität von E-Mobilität

verfasst von: Christiane Köllner

3:30 Min. Lesedauer

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Die Technik eines E-Autos ist für Verbraucher nicht (mehr) kaufentscheidend. Vielmehr bestimmen andere Faktoren, wie attraktiv BEVs in einem bestimmten Markt wahrgenommen werden. 

Elektromobilität weltweit: Die Marktattraktivität entscheidet sich über Infrastruktur, Preis und Vertrauen.


Der technologische Fortschritt von Elektrofahrzeugen ist heute weltweit auf hohem und vergleichbarem Niveau angekommen. Daher entscheiden mittlerweile andere Faktoren über die Attraktivität von Märkten und die Kaufentscheidung potenzieller Kunden. Das hat der Attraktivitätsindex Elektromobilität 2025 von BearingPoint und dem Handelsblatt Research Institute herausgefunden. Die Studie vergleicht die vier Auto-Märkte China, Deutschland, Frankreich und die USA. Ziel des Index ist es, zu ermitteln, wie attraktiv batterieelektrische Fahrzeuge (BEV) in einem bestimmten Markt wahrgenommen werden und welche Faktoren den Markterfolg dort beeinflussen.

Das Ergebnis: Mit einem Indexwert von 133,5 Punkten (Basiswert 100) führt China das Ranking an, gefolgt von den USA (114,4), Deutschland (108,4) und Frankreich (94,6). "Die technologische Basis der angebotenen E-Fahrzeuge – darunter Reichweite, Ladegeschwindigkeit und Verbrauch – nähert sich bei einer Vielzahl der Modelle in allen vier Ländern an", heißt es von den Analysten. Der Wettbewerb verlagere sich deshalb zunehmend weg von der Technik selbst hin zu infrastrukturellen und politischen Rahmenbedingungen sowie zum Vertrauen in Marken.

Ladeinfrastruktur muss alltagtauglich sein

Besonders deutlich zeige sich laut Studie die Bedeutung der Ladeinfrastruktur: In China und Deutschland würden BEV-Kunden von einer hohen Dichte öffentlicher Ladepunkte profitieren. Diese biete nicht nur im urbanen Raum, sondern auch in der Fläche die notwendige Versorgungssicherheit. In Frankreich und den USA hingegen bliebe das Ladenetz insbesondere in ländlichen Regionen und in Großstädten ohne private Lademöglichkeiten lückenhaft, was die Alltagstauglichkeit und somit die Marktdurchdringung erheblich einschränke.

"Für die Alltagstauglichkeit einer Ladeinfrastruktur kommt es insbesondere auf zwei Punkte an: Die Ladeinfrastruktur sollte so ausgebaut sein, dass sie bei der Routenplanung der Autofahrerinnen und Autofahrer keine Rolle spielt. Außerdem sind Schnellladepunkte entscheidend, damit auch der Ladevorgang an sich keinen großen Zeitverlust darstellt", so Dr. Sven Jung.

Kosten und Vertrauen beeinflussen Kaufentscheidung

Auch monetäre Aspekte – also Fahrzeugpreis und Stromkosten – spielen immer noch eine zentrale Rolle bei der Kaufentscheidung, wie der Index verdeutlicht. In China seien Elektroautos besonders günstig, was auf staatliche Förderprogramme, niedrige Strompreise und Kostenvorteile durch Massenproduktion zurückzuführen sei. In Deutschland hingegen würden hohe Stromkosten und der Wegfall der Kaufprämie die Marktattraktivität für BEVs erschweren. Zusätzlich würden hohe EU-Zölle die Wettbewerbsfähigkeit chinesischer Modelle schwächen. Als Reaktion würden Hersteller wie BYD und Leapmotor in europäische Produktionsstandorte investieren.

Zudem spiele das Vertrauen in Hersteller laut Index eine wichtige Rolle – vor allem im internationalen Markenvergleich. In allen vier untersuchten Märkten würden heimische Marken am besten abschneiden: VW führe in Deutschland, Renault in Frankreich, Tesla in den USA und BYD in China. BYD erziele dabei mit 155,9 Punkten den höchsten Einzelwert im Attraktivitätsindex. In fremden Märkten hingegen verlören diese Hersteller deutlich an Attraktivität. Besonders chinesische Hersteller wie BYD oder MG hätten in Europa trotz technischer Reife mit Imageproblemen zu kämpfen. "Der Vertrauensvorsprung deutscher Marken – insbesondere im Premiumsegment – bleibt ein strategisches Kapital, das jedoch zunehmend unter Druck gerät, insbesondere bei jüngeren und markenoffeneren Käufergruppen", heißt es. 

Attraktivitätsindex Elektromobilität 2025 im Ländervergleich


Von der Technik zur Nutzererfahrung

Was bedeutet der Wandel im globalen BEV-Markt nun für deutsche Automobilhersteller? Da sich laut Studie Wettbewerbsvorteile nicht mehr allein über Fahrzeugtechnik erzielen ließen, zähle vor allem das ganzheitliche Nutzererlebnis. Dazu gehörten digitale Services, einfache Ladeprozesse, verlässlicher Kundendienst und alltagstaugliche Mobilitätslösungen. Ebenso müssten Infrastrukturdefizite in Auslandsmärkten gezielt kompensiert werden. Im Heimatmarkt Deutschland gelte es, den Marktzugang durch wettbewerbsfähige Preise, optimierte Kostenstrukturen und attraktive Leasing- und Serviceangebote zu sichern.

Aber auch der Staat sei laut der Analysten gefragt. Besonders in Deutschland "könnten eine gezielte Wiedereinführung von Kaufprämien, steuerliche Anreize zur Strompreisregulierung sowie ein forcierter Ausbau der Ladeinfrastruktur kurzfristig große Wirkung zeigen", erklärt Manuel Schuler, globaler Leiter Automotive bei BearingPoint. Mittelfristig seien die Förderung bezahlbarer BEV-Modelle in Kombination mit OEM-Innovation und Skalierung sowie Investitionen in Halbleiter, Batteriezellenproduktion, Recycling und der Aufbau lokaler Wertschöpfungsketten entscheidend, so Schuler.

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