Das chinesische National New Energy Vehicle Technology Innovation Center und das Grazer Start-up Easelink kooperieren bei der Weiterentwicklung eines automatisierten Ladesystems.
Barrierefreies Laden mit Matrix Charging
Easelink
Das National New Energy Vehicle Technology Innovation Center (NEVC) in China und das Grazer Start-up-Unternehmen Easelink haben in dieser Woche eine Absichtserklärung unterzeichnet. Im Rahmen einer strategischen Partnerschaft soll das automatisierte konduktive (leitungsgebundene) Ladesystem namens "Matrix Charging", zur führenden automatischen Ladetechnologie in China ausgebaut werden. Firmengründer Hermann Stockinger referiert im Januar 2021 über Hintergründe und anstehende Ausbaustufen – auf der ATZlive Fachtagung Grid Integration & Electrified Mobility.
Die Bedeutung des NEVC
In China erfolgt die Etablierung fortschrittlicher und gleichzeitig global relevanter Kerntechnologien durch das National New Energy Vehicle Center, eine vom Ministerium für Wissenschaft und Technologie der Volksrepublik China unterstützte Plattform. NEVC wird von milliardenschweren Unternehmen, darunter Automobilhersteller wie BAIC, BYD und Geely sowie Top 10 Automobilzulieferern wie Valeo und CATL unterstützt. Dank der engen Zusammenarbeit mit dem chinesischen Staat und der Industrie wird NEVC maßgeblich mitbestimmen, wie E-Fahrzeuge in Zukunft geladen werden.
"Ich bin fest davon überzeugt, dass sich diese automatisierte konduktive Ladetechnologie bei den E-Fahrzeugen in China als führende Ladetechnologie durchsetzen wird" prognostiziert General Manager von NEVC Yuan Chengyin. "Ebenso glaube ich, dass Matrix Charging zudem eine einzigartige Technologie ist, die den Weg für das bevorstehende Zeitalter des autonomen Fahrens ebnen wird." "Zusammen mit unserem Partner Easelink streben wir an, Matrix Charging als zentrale Schnittstelle zwischen den E-Fahrzeugen und der Infrastruktur in relativ kurzer Zeit auf den Markt zu bringen", bekräftigt Yuan Chengyin. "Sobald E-Autos autonom parken, wird die automatisierte Ladefunktion unverzichtbar", ergänzt Hermann Stockinger, CEO von Easelink.
Konduktiv versus induktiv
Das induktive, berührungslose Laden wurde lange Zeit allein als "die" nächste Innovationstufe diskutiert, neben dem wesentlich aufwändigeren robotergestützten elektrischen Laden. Die kundenwerten Vorteile des induktiven Aufladens, das auch als Komfort- oder Premiumladen bezeichnet wird, sind vielseitig. Das sperrige Ladekabel entfällt, vielmehr noch die verschiedenen Ladekabelsysteme, die Kunden vorhalten müssen. Ebenfalls sperrig sind die kabelgebundenen Ladesäulen. Ein weiterer Vorteil ist die Barrierefreiheit. Insgesamt ist damit zu rechnen, dass die Akzeptanz bei Elektroautofahrern sowie in der Öffentlichkeit durch smarte Ladelösungen steigen wird.
Easelink verbindet nun die Nachteile des konduktiven Ladens mit den Vorteilen des (vermutlich weiterhin konkurrierenden) induktiven Ladens. Zwei Aspekte sind im Vergleich ausschlaggebend. Der Systempreis und das konsequente Ausrollen der Technologie beim öffentlichen Laden. Letzteres bestimmt den Preis mit. Derzeit werden induktive Ladesysteme beispielsweise bei BMW optional für rund 3.000 Euro angeboten. Easelink verspricht preiswertere Lösungen, im Kostenrahmen heutiger Wallboxen.
Wie funktioniert Matrix Charging?
Das Matrix-Charging-System besteht aus zwei Komponenten: einer Fahrzeugeinheit am Fahrzeugunterboden (Anschluss) und der Ladeplatte in der Parkraumfläche (Pad). Sobald das Fahrzeug oberhalb der Ladeplatte in der Parklücke parkt, wird das Fahrzeug automatisch über die direkte physikalische Verbindung aufgeladen. Die Infrastruktureinheit umfasst eine Ladeplatte mit einer an der Oberfläche angeordneten Matrix aus kreisförmigen Kontaktpunkten. Die Kontaktpunkte können selektiv beschaltet werden und übernehmen so beim Verbindungsvorgang die Feinpositionierung in Fahrzeug-längs- und -querachse. Durch diesen Ansatz kann die Infrastruktureinheit die longitudinale und laterale Parktoleranz des Fahrzeugs ausgleichen und benötigt dabei keine beweglichen Teile. Da die Feinpositionierung bereits von der Infrastruktureinheit übernommen wird, muss die Fahrzeugeinheit zur Verbindungsherstellung nur noch eine einfache vertikale Bewegung ausführen. Ein einzelner Aktuator senkt einen flexiblen Faltenbalg, an dessen unterem Ende sich die fahrzeugseitige Schnittstelle befindet, auf die Ladeplatte ab.
Easelink, mit Standorten in Österreich und China, beschäftigt derzeit 24 Mitarbeiter und spielt eine wichtige Rolle in verschiedenen Standardisierungsgremien für Ladetechnik, zum Beispiel in den entsprechenden Arbeitsgruppen der Charging Interface Initiative (CharIn), der Internationalen Elektrotechnischen Kommission (IEC) und der Internationalen Organisation für Normung (ISO).