Dieses Kapitel widmet sich der praktischen Umsetzung von Integrität in Unternehmen mittels des Instruments des Integrity Managements, das Elemente aus Compliance- und Integrity-Ansätzen miteinander verbindet. Damit werden die Anforderungen an integres Unternehmenshandeln in praktisch umsetzbare Vorgaben übersetzt. Es werden konkrete Handlungsvorschläge gemacht, wie eine integritätsförderliche Governance in Unternehmen erreicht werden kann.
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Unter „Management“ wird hier im Sinne der funktionalen Perspektive ein Komplex von Aufgaben verstanden, der zur Steuerung einer Organisation erfüllt werden muss. Davon zu unterscheiden ist die institutionelle Perspektive, die auf den Personenkreis, der in Organisationen mit Steuerungsaufgaben betraut ist, rekurriert, also die „Manager“ (Steinmann et al. 2013, S. 6).
Die Managementlehre als anwendungsorientierte Wissenschaft geht davon aus, „dass es sich bei der Unternehmensführung um eine näher bestimmbare und analysierbare Aufgabenstellung handelt.“ (Steinmann et al. 2013, S. 8) Ihr Ziel ist eine systematische Analyse von betrieblichen Steuerungsproblemen (ebd., S. 40). Der Fokus liegt dabei weniger auf der Generierung von Orientierungswissen („Was wollen wir tun?“), sondern eher auf der Bereitstellung von Verfügungswissen („Wie kommen wir dorthin?“) (Ulrich 2004b, S. 24).
Begrenzte Rationalität bezieht sich darauf, dass Akteure unter Unsicherheit und etwa aufgrund von begrenzten Zeitressourcen mit unvollständigen Informationen Entscheidungen treffen müssen (vgl. Selten 2002).
Vgl. u. a. Treviño et al. 2006; Wieland 2010a; Tenbrunsel/Cremer 2012. Die Beschäftigung mit den Grenzen menschlicher Rationalität und verhaltenswissenschaftlichen Erkenntnissen zur Lösung wirtschaftlicher und gesellschaftsrelevanter Probleme hat in den letzten Jahren stark zugenommen (vgl. Ariely 2010; Thaler/Sunstein 2008; Kahneman 2011; Sandel 2014). So hat sich u. a. der World Development Report 2015 mit dem Titel „Mind, Society, and Behavior“ diesem Thema verschrieben und sich die Aufgabe gestellt „to integrate recent findings on the psychological and social underpinnings of behavior to make them available for more systematic use by both researchers and practitioners in development communities.“ (World Bank Group 2015, S. 2).
Das heißt nicht, dass es für jede gesetzliche Regelung zwangsläufig eine einleuchtende (moralische) Begründung gibt. Vielmehr kann für einige Regeln ggf. kein fundierter Grund identifiziert werden, womit die Regeln allerdings nicht irrelevant werden, sondern angesichts der Voraussetzung von Rechtskonfomität für das Erreichen von Integrität dennoch eingehalten werden müssen.
Vgl. u. a. Treviño et al. 1999, S. 147; Bowie 2010, S. 707. Siehe zu dieser Herangehensweise auch grundlegend die an Habermas’ Diskursethik angelehnte Dialogethik von Steinmann und Löhr, die zur Entwicklung materialer oder prozessualer Normen in Unternehmen eine „argumentative Verständigung im Dialog“ mit den Betroffenen fordern (Steinmann/Löhr 1994, S. 84 f.).
Maak/Ulrich 2007, S. 12. Als Kriterien für eine gute Unternehmensvision gelten für Maak und Ulrich Inklusivität, Glaubwürdigkeit, ein erstrebenswertes Ziel und Authentizität (ebd., S. 244).
Vgl. u. a. Shaw 1997, S. 68 ff. Dieses Vorgehen hängt eng mit dem einer Wesentlichkeitsanalyse zusammen, in der für das Unternehmen relevante Themen (beispielsweise in Bezug auf Nachhaltigkeit) identifiziert und analysiert werden (Beckmann 2015, S. 10 f.).
Porter und Kramer verknüpfen mit ihrem Konzept des „shared value“ (oder auch „strategic CSR“ genannt) systematisch die soziale Erwünschtheit einer Idee mit der ökonomischen Profitabilität, wenn sie konstatieren: „Each company can identify the particular set of societal problems that it is best equipped to help resolve and from which it can gain the greatest competitive benefit.“ (Porter/Kramer 2006, S. 92). Integres Unternehmenshandeln verlangt jedoch gerade auch, ökonomische Verluste mitunter in Kauf nehmen zu müssen, da eine Verknüpfung des moralisch Richtigen mit dem ökonomisch Sinnvollen nicht immer gegeben ist.
In dieser Weise hatte etwa Ernst Abbe für die Carl-Zeiss-Werke ein maximales Jahreseinkommen für Mitglieder der Geschäftsleitung festgelegt, das das Zehnfache des durchschnittlichen Arbeitseinkommens sämtlicher über 24 Jahre alten und mindestens drei Jahre im Betrieb regulär Beschäftigten nicht überschreiten durfte (Abbe 1921 [1896], S. 304).
Die Deutsche Bank vertritt beispielsweise den Wert Innovation und beschreibt diesen unter anderem mit dem Vorsatz: „Wir fördern die intellektuelle Neugier unserer Mitarbeiter, weil sie die Grundlage jeglicher Innovation ist.“ (Deutsche Bank AG 2015, S. 2). Unter dem Wert Partnerschaft versteht die Deutsche Bank: „Wir setzen auf gemischte Teams, um bessere Ideen und ausgewogenere Entscheidungen zu erreichen.“ (ebd.).
Stakeholder werden wie gesagt in der Arbeit verstanden als Interessenvertreter bzw. Ressourcenbesitzer, deren Interessen bzw. Ressourcen vom Unternehmen beeinflusst werden oder das Unternehmen selbst beeinflussen, wobei Ressourcen sowohl als materiell als auch immateriell zu verstehen sind.
Siehe im Folgenden AccountAbility 2015, S. 17. Viele der hier beschriebenen Aspekte im Prozess der Stakeholdereinbindung gelten ebenso für weitere Elemente im Integrity Management, bei denen die Berücksichtigung von Stakeholdern eine Rolle spielt, insbesondere bei der Einrichtung einer diskursiven Infrastruktur (siehe Abschn. 5.3.2.1).
Eine Sammlung möglicher Werte stellt etwa das Werteviereck von Wieland dar (Wieland 1999, S. 94) und findet sich in der Sammlung von „Business Virtues“ bei Solomon (Solomon 1999, S. 71 ff.). Das Spektrum möglicher Werte ist sehr groß und kann beispielhaft folgende umfassen: Achtsamkeit, Diversität, Erfolg, Fairness, Freiheit, Geld, Gleichheit, Glück, Großzügigkeit, Kreativität, Loyalität, Macht, Mut, Neugier, Perfektion, Respekt, Sensibilität, Sicherheit, Tradition, Transparenz, Unabhängigkeit, Vertrauen, Vielfalt, Wahrheit, Wissen, Zuverlässigkeit.
Siehe hierzu die in Abschn. 5.3.1.1 ausgeführten Leitideen zur Förderung einer integritätsorientierten diskursiven Infrastruktur sowie nähere Ausführungen bei AccountAbility 2015, S. 28.
Beispielhaft sei hier der Unternehmenszweck von BASF, dem größten Chemiekonzern der Welt, genannt: „We create chemistry for a sustainable future.“ Zu den vier strategischen Prinzipien zählt etwa: „Wir setzen auf Innovationen, um unsere Kunden erfolgreicher zu machen.“ Der Wert der Offenheit, einer von vier Unternehmenswerten, wird unter anderem so beschrieben, dass ein Dialog gefördert wird, der auf Ehrlichkeit, Respekt und gegenseitigem Vertrauen beruht (BASF SE 2016, S. 3 ff.). Als weiteres Beispiel soll der Schreibwarenhersteller Faber-Castell dienen, der vier Kernwerte der Marke definiert hat. Hierzu zählt der Wert „Herausragende Qualität: Best of the Class“, der folgendermaßen beschrieben wird: „Wir wollen in allen Produktkategorien und Dienstleistungen das Bestmögliche leisten. Wir berücksichtigen lokale Marktbedürfnisse, ohne unsere internationalen Ziele aus den Augen zu verlieren. Wir verstehen Qualität als: ,Point of Difference‘, erkennbarer und sinnvoller Zusatznutzen; ausgezeichnete Produkteigenschaften; charakteristisches und zeitloses Design.“ (Faber-Castell AG 2011, S. 44).
Nahezu jede Handlungsempfehlung zur Einrichtung eines Compliance-Programms sieht eine Risikoanalyse vor. Siehe hierzu u. a. die Empfehlungen für die Ausgestaltung und Beurteilung von Compliance-Management-Systemen (Grüninger et al. 2014b, S. 31 ff.), die Norm ISO 19600 (DIN Deutsches Institut für Normung e. V. 2014), den Prüfungsstandard IDW PS 980 (Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V. 2011, S. 22), die UK Bribery Act Guidance (Ministry of Justice 2011, S. 25 f.), das US Sentencing Guidelines Manual (United States Sentencing Comission 2015, S. 508) sowie den FCPA Resource Guide (U.S. Department of Justice/U.S. Securities and Exchange Commission 2012, S. 58 f.).
„Als strategische Risiken bezeichnet man diejenigen Risiken, die unmittelbar aus der gewählten Strategie resultieren und bei ihrem Wirksamwerden die Realisierbarkeit dieser Strategie wesentlich beeinträchtigen – und damit möglicherweise den Erfolg oder gar den Bestand des Unternehmens gefährden.“ (Gleißner 2007, S. 65).
Ein Interesse ist dann legitim, wenn es nicht unvermeidbar zur Verletzung legitimer Interessen anderer führt (Nida-Rümelin et al. 2012, S. 20). Für eine Minimaldefinition legitimer Interessen anderer können die Menschenrechte herangezogen werden.
Ein zentraler Unterschied zwischen einer Risikoanalyse und Analyse des Systems (CMS-Audit) ist, dass Erstere vorwärtsgewandt ist (welche Risiken können in der Zukunft eintreten) und Letztere rückwärtsgewandt ist (wie gut haben die Maßnahmen bisher gewirkt) (Kaplan 2013, S. 36).
Gegen die Siemens AG wurde im Jahr 2008 von der amerikanischen Justiz die damalige Rekordstrafe von 800 Mio. US$ verhängt; mehr als die Hälfte des Betrags waren Zahlungen an das US-Justizministerium (Härig 2009, S. 69). Der Deutschen Bank droht in den USA aktuell eine Milliardenstrafe aufgrund von undurchsichtigen Hypothekengeschäften (Fischer 2016); Volkswagen hat in den USA wegen des Betrugs von Abgaswerten einem Vergleich in Höhe von 15,2 Mrd. EUR zugestimmt (Spiegel Online 2016).
Eine 5-Punkte-Skala erlaubt präzisere Angaben als eine 3-Punkte-Skala, wohingegen etwa eine 10-Punkte-Skala oft eine Genauigkeit suggeriert, die nicht gegeben ist (vgl. Curtis/Carey 2012, S. 3).
Eine Binomialverteilung beschreibt eine Situation, in der genau zwei Ereignisse A1 und A2 mit der Wahrscheinlichkeit p bzw. 1-p auftreten, wie z. B. beim Werfen einer Münze (Gleißner 2011, S. 117).
Üblicherweise unterscheidet man im Umgang mit klassischen Unternehmensrisiken zwischen den gängigen Strategien der Risikovermeidung bzw. -übertragung, -reduzierung und -akzeptanz (vgl. u. a. Committee of Sponsoring Organizations of the Treadway Commission 2013, S.75; Kark 2013, S. 88 ff.).
Siehe hier beispielhaft die Deutsche Bank, die u. a. aufgrund zu hoher Compliance-Risiken ihre Geschäftsaktivitäten in Russland reduziert hat (n-tv.de 2015).
Die Business Judgment Rule ist im Aktienrecht (§ 93 AbS. 1 S. 2 AktG) verankert und gilt laut Rechtsprechung sowohl für Vorstände einer Aktiengesellschaft als auch für Geschäftsführer einer GmbH.
Hierzu gehört unter anderem, dass sich die Unternehmensleitung vor einer Entscheidung hinreichend informiert, sich nicht in einem Interessenkonflikt befindet und darauf vertrauen kann, zum Besten der Gesellschaft zu handeln (Grüninger et al. 2014b, S. 43).
Siehe zum Thema Unternehmenskodizes auch ausführlich Talaulicar 2006. Zu den positiven Auswirkungen von Verhaltenskodizes in Unternehmen wie etwa ein höheres Commitment oder eine geringere Fluktuation siehe Eigenstetter et al. 2007, S. 5. Ein kritischeres Bild hinsichtlich der Effektivität von Verhaltenskodizes (zumindest wenn diese nicht mit weiteren Maßnahmen kombiniert werden) zeichnen die Meta-Studien von Kaptein/Schwartz 2007 sowie Helin/Sandström 2007. Schwartz argumentiert gar, dass Verhaltenskodizes – wenn sie vornehmlich regelbasiert sind – bevormundend wären und einen Rückschritt hinsichtlich des Moralverhaltens von Unternehmen darstellten (Schwartz 2000). Da die kodifizierten Werte, Prinzipien und Compliance-Regeln jedoch nur ein Element unter vielen im Integrity Management darstellen und zudem zu einem großen Teil werteorientiert und somit nicht jegliches Verhalten vorschreiben, sind die genannten Studien auf die hier vorgestellten Maßnahmen nicht direkt übertragbar.
Talaulicar 2006, S. 301 f. Eine Regel kann (strukturell) nur entweder erfüllt oder übertreten werden, was nicht heißt, dass sie bezogen auf mehrere Situationen ausschließlich immer oder nie befolgt bzw. übertreten werden kann. So kann es etwa sein, dass die Regel angemessener Belüftung nur an einigen Unternehmensstandorten erfüllt wird und somit nur begrenzt wirksam ist, was jedoch nichts an der grundsätzlich binären Codierung von Regeln ändert (Talaulicar 2006, S. 304 f.).
Vgl. u. a. Victor/Cullen 1988; Treviño/Youngblood 1990; Jones/Ryan 1997; LeClair et al. 1998, S. 35 ff., 39 ff.; Greenberg 2002; Treviño/Weaver 2003, S. 174 ff.; Bussmann 2004, S. 40 f.; Ashkanasy et al. 2006; Treviño et al. 2006; Maak/Ulrich 2007, S. 448 f.; Crane/Matten 2010, S. 144 f.; Wieland 2010b, S. 21 ff.; Bauman 2011, S. 150; Fraedrich et al. 2011, S. 252 ff., 282 ff. Siehe auch einführend Herold 2012, S. 92 ff.
So stellt Paine wie erwähnt fest, dass „organizational strategies, structures, and systems are important factors in supporting organizational integrity.“ (Paine 1997b, S. 336).
Handlungskompetenzen können allgemein verstanden werden als „die bei Individuen verfügbaren oder von ihnen erlernbaren Fähigkeiten und Fertigkeiten, bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können“ (Weinert 2002, S. 27 f.).
Vgl. LeClair et al. 1998, S. 106; Wieland 2014b, S. 36. Wie in Abschn. 2.1 beschrieben gehen die Handlungen des sekundären moralischen Akteurs „Unternehmen“ auf die Handlungen der Unternehmensmitglieder zurück.
Vgl. u. a. Treviño/Weaver 2003, S. 161 f.; Treviño/Brown 2004, S. 69 f.; Manzoni 2012, S. 13; Wieland/Grüninger 2014, S. 95. Entsprechend der Ergebnisse empirischer Studien wird dabei angenommen, dass auch Erwachsenen eine Entwicklung in moralischer Hinsicht möglich ist (vgl. Rest 1999; Treviño/Brown 2004, S. 73).
Vgl. Dietrich 2007; Maak/Ulrich 2007, S. 471. Tanner und Christen sprechen in diesem Kontext auch von „moral intelligence“ als „the agent’s capacity to process and manage moral problems“ (Tanner/Christen 2013, S. 120).
Vgl. Rest 1999, S. 101 f.; Treviño/Nelson 1999, S. 85 ff.; Goodpaster 2002, S. 127; Treviño/Weaver 2003, S. 160; Huppenbauer/Tanner 2013, S. 251; Tanner/Christen 2013, S. 122; Bleisch/Huppenbauer 2014; Wieland 2014b, S. 36; Ranisch et al. 2016, S. 242 ff. Nach Maak und Ulrich beschreibt ethische Entscheidungsfindung „den Prozess integren Entscheidens angesichts von Interessenkonflikten oder moralischen Dilemmas und damit die Suche nach Lösungsmöglichkeiten, die es erlauben, auch in einem Umfeld konfligierender Werte die eigene Integrität zu wahren.“ (Maak/Ulrich 2007, S. 441).
Vgl. Treviño et al. 2006, S. 960 f.; Huppenbauer/Tanner 2013, S. 246, 252 f.; Tanner/Christen 2013, S. 130, 133. Einen sogenannten „Social Intuitionist Approach“ moralischer Urteilsfindung hat Haidt bekannt gemacht und untersucht (siehe Haidt 2001).
Die Bewertung und die Schlussfolgerung werden hier in Abschn. 5.3.2.2 zusammengefasst, bilden jedoch trotzdem zwei voneinander zu unterscheidende Schritte.
Sawaoka 2014, o. S. Die im Artikel von Sawaoka vorgestellte mögliche Schlussfolgerung, dass deshalb obere Führungskräfte für ihr Fehlverhalten keine Verantwortung übernehmen sollten, um weiteren Schaden von der Organisation abzuwenden, ist allerdings für ein nach Integrität strebendes Unternehmen keine gangbare Option.
Vgl. u. a. Treviño 1992, S. 454; LeClair et al. 1998, S. 106; Ulrich 2002, S. 155 ff.; Treviño/Weaver 2003, S. 161 f.; Manzoni 2012, S. 13; Wieland/Grüninger 2014, S. 95.
Bachmann et al. ist darin zuzustimmen, dass ethische Kompetenz allein nicht ausreichen würde, um integres Unternehmenshandeln, das die Beachtung spezifischer Unternehmenswerte einschließt, zu erreichen. Dies ist erst möglich, wenn die ethische Handlungskompetenz wie hier vorgeschlagen spezifisch im individuellen Kontext des nach Integrität strebenden Unternehmens vermittelt und um weitere strukturelle Maßnahmen ergänzt wird (Bachmann et al. 2014, S. 15 f.).
Vgl. Santoro 2003, S. 417. Siehe als Beispiel für ein solches Vorgehen das Lieferantenentwicklungsprogramm des Einzelhandelsunternehmens Tchibo, das im Nachhaltigkeitsbericht beschrieben wird: „Mit unserem Lieferantentwicklungsprogramm WE (Worldwide Enhancement of Social Quality) fördern wir den Dialog zwischen Betriebsleitung und Fabrikarbeitern. Beide Parteien sollen so die Zusammenhänge zwischen Löhnen, Arbeitszeiten und Produktivität besser verstehen. In einer gemeinsamen Übung werden sie beispielsweise ermutigt, zu definieren, was ein fairer Lohn für sie bedeutet. Anhand ihrer monatlichen Ausgaben sollen sie ihr individuelles existenzsicherndes Gehalt errechnen. Anschließend tauschen sie sich über die unterschiedlichen Werte aus, die Arbeitsleistungen und Waren aus Sicht ihrer Dialogpartner haben. Trotz individueller Unterschiede müssen sie sich auf einen Wert einigen und diesen gut begründen. So können sie Fähigkeiten entwickeln, die für Lohnverhandlungen wertvoll sind. Auf Basis dieser Diskussionen erstellen die Lieferanten Aktionspläne, um in ihren Fabriken konkrete Verbesserungsschritte einzuleiten.“ (Tchibo GmbH 2014, S. 64). Siehe zudem das Entwicklungsprogramm „Tchibo Joint Forces!“, das in Zusammenarbeit mit Rohkaffeeexporteuren, Rohkaffeehändlern, Standard- und Nichtregierungsorganisationen die Kaffeefarmer unterstützt, zu einem ökologisch und sozial verträglichen sowie ökonomisch profitablen Rohkaffeeanbau zu gelangen (Lohrie 2015, S. 84).
Bleisch/Huppenbauer 2014, S. 18 ff. Bei der Informationssammlung ist zu beachten, dass Wissen über bestimmte Sachlagen oft nicht immer verlässlich und zweifelsfrei zugänglich bzw. vorhanden ist. In diesem Fall muss mit Annahmen bzw. Wahrscheinlichkeiten gearbeitet werden, die im Prozess der Entscheidungsfindung explizit so ausgewiesen werden und auf deren Basis die Entscheidung (zumindest vorläufig) getroffen werden (ebd., S. 19 ff.).
Weitere mögliche die Integrität von Unternehmen betreffende Themen können sich aus den in Abschn. 4.4.1.3 erwähnten wesentlichen Integrity-Standards ergeben, wie etwa den ILO-Kernarbeitsnormen.
Bazerman und Tenbrunsel halten hingegen fest, dass Gruppenentscheidungen – sofern sie den einzelnen Teilnehmern Verantwortung zuschreiben – durch das gegenseitige Feedback im Entscheidungsprozess gegebenenfalls auch die eigene Voreingenommenheit und mögliche „blinds spots“ verringern können (Bazerman/Tenbrunsel 2011a, S. 159).
Vgl. Treviño/Weaver 2003, S. 163 f. Auch durch das Einnehmen des Standpunkts anderer kann dennoch keine vollständige Objektivität hergestellt werden, da jede Sichtweise stets aufgrund der eigenen, begrenzten Wahrnehmung voreingenommen sein wird (vgl. Tenbrunsel/Messick 2004, S. 231). Die direkte Anhörung der Standpunkte von Betroffenen ist demnach stets vorzuziehen.
Vgl. Tanner/Christen 2013, S. 132. Eine solche Vorgehensweise, die nächstbeste Lösung zu wählen, die den definierten Ansprüchen genügt, wird auch mit dem Begriff „satisficing“ bzw. „Satisfizierung“ beschrieben.
Nach der Theorie der Moralentwicklung von Lawrence Kohlberg ist die moralische Urteilsfähigkeit dabei umso besser, je höher die kognitive Stufe des Moralbewusstseins ist, auf der sich der Akteur befindet. Kohlberg unterscheidet in seiner Theorie zwischen drei Ebenen mit je zwei Unterstufen, einer präkonventionellen (von Opportunismus und Egoismus geprägt), einer konventionellen (von sozial erwünschtem und regelkonformem Verhalten geprägt) und einer postkonventionellen Ebene (Orientierung an gesamtgesellschaftlichen Werten und universellen ethischen Prinzipien), wobei die meisten Menschen gemäß der konventionellen Ebene urteilen (Kohlberg 1969; vgl. für den unternehmensethischen Kontext Treviño et al. 2006, S. 954; Maak/Ulrich 2007, S. 477ff; Crane/Matten 2010, S. 153 f.).
Vgl. Maclagan 1990, S. 22 f. Treviño führt zum Training in Anlehnung an Kohlbergs Theorie der Moralentwicklung aus: „The purpose of the training is to promote movement through moral reasoning stages by exposing participants to reasoning one stage higher than the one the participant generally uses.“ (Treviño 1992, S. 454).
Hier kann als Beispiel das Verhalten des Drogeriekonzerns dm-drogerie markt genannt werden, der aufgrund seines Selbstverständnisses als günstiges und ehrliches Unternehmen im August 2015 die Zahnpasta Dentagard des Konsumgüterkonzerns Colgate-Palmolive aus dem Sortiment nahm als dieser bei gleichem Preis den Packungsinhalt für den Kunden kaum erkennbar verringerte (FAZ.net 2015).
Einer solchen Situation kann positiv abgewonnen werden, dass das Auftreten eines solchen Konflikts als ein Beleg dafür gedeutet werden kann, dass die unternehmensspezifischen Werte und Prinzipien im Unternehmen verankert sind, „denn nur als gelebte Prinzipien mit Relevanz für das jeweilige Handeln können sie in Konflikt mit anderen Werten geraten.“ (Bachmann et al. 2014, S. 48).
Vgl. Kumar 1991, S. 237. Zu diskutieren wäre hier etwa das Beispiel des Unternehmens Facebook, das aufgrund von lokalen Gesetzen in bestimmten Ländern Inhalte zensiert (vgl. Lobe 2015).
Pless/Maak 2008, S. 234. Zur Orientierung für einen guten Umgang mit den Stakeholdern können die Clarkson-Prinzipien des Stakeholder Managements herangezogen werden (de Colle 2004, S. 541 f.).
Vgl. Hemel 2007, S. 111. Dabei sollte die Entscheidung sowohl innerlich konsistent, d. h. logisch widerspruchsfrei sein, als auch äußere Konsistenz aufweisen, d. h. sich harmonisch in das System der Bekenntnisse des Unternehmens einfügen (Bleisch/Huppenbauer 2014, S. 89).
Hilfreich für eine moralisch sensibilisierte Entscheidungsfindung kann es dabei sein, zwei eindeutige Handlungsoptionen zu formulieren, sofern dies möglich ist: „Reformulating an ethical dilemma into a choice between two options – the ethical choice and the unethical choice – should be helpful in bringing the ,should‘ choice to the forefront, highlighting the fact that by choosing the unethical action, you are not choosing the ethical act.“ (Bazerman/Tenbrunsel 2011a, S. 158).
Neben den herausgearbeiteten wesentlichen Integritätsanforderungen können mit Paine folgende bereits erwähnte vier Dimensionen vorgeschlagen werden: „Purpose – Will this action serve a worthwhile purpose?“, „Principle – Is this action consistent with relevant principles?“, „People – Does this action respect the legitimate claims of the people likely to be affected?“, „Power – Do we have the power to take this action?“ (Paine 2003, S. 203 ff.).
Derartige Programme intendieren durch die Mitarbeit an sozialen, gemeinschaftsbezogenen oder ökologischen Projekten das moralische Bewusstsein und die ethische Handlungskompetenz des Mitarbeiters zu fördern sowie die Rolle des Unternehmens in der Gesellschaft zu reflektieren (Maak/Ulrich 2007, S. 486).
Dies wäre etwa der Fall, wenn ein Mitarbeiter eines Nachrichtenportals die Entwicklung einer Software zur Zensur von Inhalten in bestimmten Ländern als nicht vereinbar mit dem Wert der Freiheit ansieht, jedoch nicht in der Position ist, diese Entscheidung zu ändern. In solchen Fällen, in denen die wahrgenommene moralisch relevante Situation nicht direkt durch die eigene Position beeinflussbar und somit keine direkte Handlungsaufforderung enthalten ist, verbleibt die Möglichkeit der Einflussnahme durch die Einbeziehung von höher positionierten Kollegen bis hin zur Unternehmensleitung bzw. der Öffentlichkeit (Whistleblowing). Eine solche Eskalation scheint jedoch nur bei sehr gravierenden (drohenden) Verstößen gegen Werte und Prinzipien in Frage zu kommen. Die für den Mitarbeiter bei einem solchen organisationalen Integritätsdefizit bestehenden Optionen lassen sich auch als „Voice“ (Meldung des Integritätsverstoßes) oder als „Exit“ (Kündigung des Mitarbeiters) beschreiben (Maak/Ulrich 2007, S. 464 ff.; vgl. Hirschman 1970).
Als Unterlassung gilt nicht nur die unmittelbare Verletzung von Werten und Prinzipien, sondern bereits „die sachlich und ethisch zurechenbare Handlung des Verzichts, des Vermeidens oder des fahrlässigen Übersehens von wesentlichen Handlungen und Handlungsmöglichkeiten“, die die Integrität des Unternehmens wahren (Hemel 2007, S. 246).
„Moral behavior“ wird bei Priddat als eine Konformität mit vorhandenen Moralangeboten verstanden; „moral action“ hingegen als die individuelle Initiative, die abseits bereits legitimierter Moralvorstellungen mit moralischen Entscheidungen neue Maßstäbe setzt (Priddat 2014, S. 428, 430).
Kaptein 2012, S. 26 f. Dieser Aspekt wird auch als „locus of control“ bezeichnet: „An individual’s locus of control determines the extent to which he or she believes that they have control over the events in their life.“ (Crane/Matten 2010, S. 155; vgl. auch Treviño/Nelson 1999, S. 108; Treviño et al. 2006, S. 965).
Vgl. Waters 1991, S. 283 f.; Steinmann/Löhr 1994, S. 37 f.; Paine 2003, S. 153; Werhane/Moriarty 2009, S. 9; Crane/Matten 2010, S. 170; Manzoni 2012, S. 8.
Ebd., S. 81; vgl. auch Treviño/Nelson 1999, S. 226 f. Die Verweigerung, ein offensichtlich auch moralisches Problem entsprechend zu benennen und zu diskutieren, ist aktuell an der Reaktion der Unternehmensleitung von Volkswagen im Rahmen des Skandals um die bewusste Manipulation von Abgaswerten zu sehen (zu einem Interview mit dem Vorstandsvorsitzenden von Volkswagen Matthias Müller siehe „,We Didn’t Lie,‘ Volkswagen CEO Says Of Emissions Scandal“ bei Glinton 2016; siehe ferner Sattelberger 2016). Ein Grund dafür dürfte freilich die weitgehende Abwehr von Schadenersatzansprüchen sein.
„Overall corporate ethics is a collective characteristic and what matters to consumer and regulator is how people act together and affect each other.“ (Jackman 2015, S. 48).
Zu den Organisationsstrukturen gehören alle generellen Regelungen, also die Institutionen eines Unternehmens, „die zur Differenzierung (Arbeitsteilung) und Integration (Arbeitssynthese) der Aufgaben im Unternehmen beitragen.“ (Noll 2011, S. 193).
Diese drei Aufgaben eines Compliance-Programms finden sich bereits seit dem Jahr 1991 in den Richtlinien der United States Sentencing Commission unter § 8B2.1, in denen zur Minderung des Strafmaßes bei Fällen von Fehlverhalten in Organisationen die Einrichtung eines „effective compliance and ethics program“ gefordert wird (United States Sentencing Comission 2015, S. 507 f.). Im Rahmen dieser Arbeit werden die drei Schritte jedoch variiert und mit weitergehenden Maßnahmen als in den Richtlinien der USSC enthalten gefüllt.
Ebd.; Steinmeyer/Späth 2014, S. 262. Die Berücksichtigung unternehmensindividueller Unterschiede bei der Umsetzung von Integrity Management wird in dieser Arbeit nicht näher behandelt; es wird auf die ausführliche Analyse dieser Thematik in den „Empfehlungen für die Ausgestaltung und Beurteilung von Compliance-Management-Systemen“ von Grüninger et al. 2014b verwiesen.
Fragen der Sensibilisierung und Schulung werden hier nicht nochmals separat behandelt, da diese im Wesentlichen Bestandteil der in Abschn. 5.3.1 behandelten Förderung der Handlungskompetenz sind.
Vgl. Santoro 2003, S. 421; Maak/Ulrich 2007, S. 194 ff. Hierzu kann unter anderem auch eine Website zu den Unternehmenswerten und -prinzipien oder ein Weblog, der aktuelle Themen dieser Art behandelt, eingerichtet werden (Maak/Ulrich 2007, S. 256 f.).
Ebd., S. 133 f. Hinsichtlich der Offenlegung von Interessenkonflikten siehe auch Manzoni 2012, S. 11. Auch Bazerman und Tenbrunsel bestätigen: „A decade of research shows that awareness of [conflicts of interest] doesn’t necessarily reduce their untoward impact on decision making.“ (Bazerman/Tenbrunsel 2011b, S. 62).
Integres Handeln verlangt dabei nicht, stets ohne Überlegung die Wahrheit zu sagen, wie in Abschn. 3.1.2.2 ausgeführt wurde, doch wird dies in den meisten Fällen das Richtige sein (vgl. Hemel 2007, S. 74 ff.).
Ulrich 2002, S. 156; Maak/Ulrich 2007, S. 254 f. Ethikausschüsse wie ein Ethikkomitee bearbeiten in der Regel einen konkreten Fall und wenden die Unternehmenswerte und -prinzipien auf ihn an (Hemel 2007, S. 284).
Mehrere Studien belegen einen negativen Zusammenhang zwischen einer offenen Gesprächskultur und der Häufigkeit von Fehlverhalten im Unternehmen wie Kaptein aufzeigt (Kaptein 2011, S. 850 f.).
Steinmann/Kustermann 2009, S. 223. Entsprechend sieht die Dialogethik den systematischen Ort der Unternehmensethik im permanenten Diskurs um die Konsensfähigkeit der unternehmenspolitischen Strategien (Steinmann/Löhr 1994, 102).
Treviño et al. 1999, S. 134. Dies kommunizierte Warren Buffet, Vorsitzender der erfolgreichen Holdinggesellschaft Berkshire Hathaway, in einem Memo an seine Mitarbeiter folgendermaßen: „If you see anything whose propriety or legality causes you to hesitate, be sure to give me a call. […] let me know if there’s any significant bad news. I can handle bad news but I don’t like to deal with if after it has festered for a while.“ (Holm/Das 2014).
Vgl. Ulrich 2002, S. 156; Göbel 2010, S. 104. Mittels einer guten Stakeholder-Diskurskultur im Unternehmen und partizipativen Entscheidungsprozessen kann zudem die wahrgenommene Fairness und damit die Akzeptanz von Entscheidungen gefördert werden, wie Tyler feststellt (Tyler 1990, S. 163). Hinsichtlich der wesentlichen ersten Schritte bei der Einbindung von Stakeholdern (Identifikation, Priorisierung, Art der Interaktion etc.) siehe die Ausführungen in Abschn. 5.2.1.
So können wohl der Milliardenverlust der Bank Société Générale verursacht durch Spekulationen des Händlers Jérôme Kerviel auf falsche Anreize zurückgeführt werden (Davet 2009) ebenso wie das unerlaubte und letztlich kostspielige Geschäft mit undurchsichtigen Hypothekenkrediten, unter anderem durch Mitarbeiter der Deutschen Bank und der Bank of America (Fischer 2016). Für weitere Beispiele von Unternehmensskandalen unter anderem aufgrund falscher Anreizsysteme siehe auch Aßländer 2010.
Unter dem Stichwort „externe Effekte“ bzw. „Externalitäten“ werden unter anderem negative (aber auch positive) Auswirkungen der Unternehmenstätigkeit diskutiert, die für den Verursacher keine direkten Folgen haben, da die Entstehung nicht über den Preis- oder Marktmechanismus geregelt ist (Feess 2016). Viele Formen der Umweltverschmutzung zählen zu den negativen externen Effekten.
Als Beispiel kann hier der Konsumgüterkonzern Unilever genannt werden, der für sein im Jahr 2010 eingeführtes nachhaltiges Wachstumsprogramm „Sustainable Living Plan“ knapp 60 spezifische Zielvorgaben formuliert hat, wie etwa bis zum Jahr 2020 eine Halbierung des Abfalls, der durch die Entsorgung der Produkte entsteht, oder 100 % der landwirtschaftlichen Rohwaren aus nachhaltigem Anbau zu beschaffen (Unilever N. V. 2010, S. 17, 19). An diesen Unternehmenszielen orientieren sich wiederum die individuellen Ziele der Mitarbeiter und gegebenenfalls deren variable Vergütung (vgl. Bertelsmann Stiftung 2015, S. 24).
So könnten Anreize für die Wahl der Bahn an Stelle des Autos oder Flugzeugs bei Dienstreisen gesetzt werden, indem damit etwa Vorzüge einhergehen, wie die private Verwendung einer BahnCard 100 (für beliebig viele Fahrten mit der Bahn). Weiteres Beispiel, um etwa den Dienstwagenanteil der Mitarbeiter und die damit verursachte Umweltbelastung des Unternehmens zu reduzieren sowie gleichzeitig die Gesundheit zu fördern, ist die Einführung von hochwertigen, persönlichen (Elektro-)Dienstfahrrädern, gegebenenfalls in Kombination mit einem Zuschuss, wenn der Mitarbeiter diese Option wählt (Schnell 2016, S. 27). Auch Mitfahrgelegenheiten können gefördert werden, indem etwa die besten Parkplätze im Unternehmen nicht den oberen Führungskräften, sondern den Fahrern mit Mitfahrern zur Verfügung gestellt werden, wie etwa das Sportbekleidungsunternehmen Vaude dies tut (von Dewitz 2016).
Eine Balanced Scorecard ist ein Steuerungsunstrument, das die Zielerreichung eines Unternehmens im Hinblick auf seine Vision und Strategie misst (vgl. Kaplan/Norton 1996).
Diese Vorgehensweise geht einerseits auf die erwähnte „lowball tactic“ zurück, nach der Menschen durch ein zunächst geringfügiges Commitment zu mehr Engagement gebracht werden, sowie andererseits auf die „self-perception theory“, nach der Menschen ihrem wahrgenommenen Selbstbild entsprechen wollen (Kaptein 2012, S. 100).
Vgl. Kaptein 2012, S. 86 f. Diese Erkenntnis basiert auf Studien, die zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit zu lügen und zu betrügen steigt, je dichter eine Person am Ziel ist, denn dann fällt auch die Rechtfertigung leichter, da man das Ziel ohnehin fast erreicht hätte (Kaptein 2012, S. 86 f., siehe auch Bazerman/Tenbrunsel 2011b, S. 61).
Dies sollte in Betriebsvereinbarungen und/oder Arbeitsverträgen durch einem entsprechenden Passus festgehalten werden, der die Vergütung grundsätzlich unter den Vorbehalt regel- und werteorientierten Verhaltens stellt (Deutsche Gesellschaft für Personalführung e. V. 2011, S. 31).
Siehe hierzu die Beschreibung der zwei Phänomene „escalating commitment“ und „induction mechanism“ bei Kaptein 2012 (S. 96), die im Weiteren nochmals erwähnt werden.
Steinmeyer/Späth 2014, S. 263. Es kann allerdings auch negative Effekte bei der Einführung eines Vier-Augen-Prinzips geben, wenn es dadurch etwa anstatt einer Verhinderung von Korruption zu einer Komplizenschaft und Verantwortungsdiffusion kommt (Lambsdorff 2015, S. 5).
Ebd., S. 276 f. Bei der Zusammenarbeit mit Wettbewerbern sind über Branchenvereinbarungen Sanktionsmechanismen einzurichten, die „moralische Freerider“ zur Rechenschaft ziehen (ebd., S. 279).
Ebd., S. 276. Siehe hierzu ein Beispiel des Sportartikelherstellers adidas-Salomon (S. 274 f.) sowie Leitfragen zur Früherkennung und Vermeidung von Integritätslücken (S. 277 f.).
Vgl. Nezmeskal-Berggötz 2014, S. 695. Siehe insbesondere zur Human Rights Due Diligence sowohl United Nations Human Rights Office of the High Commissioner 2011, S. 19 f. als auch zur Vertiefung Gentner 2014, S. 565 ff.
Paine 2003, S. 150. Paine betont an dieser Stelle zugleich, dass es letztlich auf das Zusammenwirken dieser Personen ankommt und nicht allein die individuelle Exzellenz.
Hierfür kann etwa das Vorlegen eines polizeilichen Führungszeugnisses verlangt werden, was allerdings offensichtlich nur aufgedeckte und besonders schwere Straftaten in der Vergangenheit abbildet und wenig über das zukünftige Verhalten aussagt. Auch sogenannte Background Checks sind eine Möglichkeit, weitere Informationen über einen Bewerber einzuholen. Hierbei werden öffentlich zugängliche Quellen ausgewertet, was aufgrund von Datenschutzgesetzen jedoch nur begrenzt umsetzbar ist und in einem integritätsorientierten Unternehmen auch wohlüberlegt erfolgen sollte. Insbesondere für Positionen mit hohem Risiko, wie etwa im Finanzbereich, aber auch für alle oberen Managementfunktionen sind solche Überprüfungen in angemessenem Rahmen anzuraten (siehe hierzu ausführlich Deutsche Gesellschaft für Personalführung e. V. 2011, S. 14 f.).
Locke 1997, S. 129. Letzteren Aspekt erachtet auch Drucker als entscheidend für eine Qualifikation als Führungskraft: „[I]n its people decisions, management must demonstrate that it realizes that integrity is one absolute requirement of managers, the one quality that they must bring with them and cannot be expected to acquire later on.“ (Drucker 2008 [1974], S. 281).
Tenzer 2005, S. 46 ff.; Bachmann et al. 2014, S. 27 f. Für den deutschsprachigen Raum gibt es nach Bachmann et al. drei wissenschaftlich basierte Integritätstests, die jedoch bisher wenig Anwendung finden. Zum Verfahren „Persönlichkeitsinventar zur Integritätsabschätzung“ (PIA) siehe auch Deutsche Gesellschaft für Personalführung e. V. 2011, S. 22 ff.
Vgl. Bachmann et al. 2014, S. 45. Bisher werden diese Methoden nach Bachmann et al. noch wenig genutzt, wie entsprechend ein Personalmanager eines Konzern feststellt: „Ein werteorientiertes Recruiting sei zwar ein ,virulentes Thema‘, werde aber letztlich im eigenen Konzern und anderswo kaum umgesetzt.“ (ebd.).
Ebd. Solche Maßnahmen tragen zudem dazu bei, die wahrgenommene Entdeckungswahrscheinlichkeit bei den Unternehmensmitgliedern zu erhöhen, was für die Abschreckung von Fehlverhalten entscheidend ist (Kaptein 2012, S. 127 f.).
Vgl. u. a. Shaw 1997, S. 73 f.; Wieland 2001b, S. 30; Thielemann 2005a, S. 20; Huppenbauer/Tanner 2013, S. 247 f.; Fürst 2014a, S. 664 ff.; United States Sentencing Comission 2015, S. 508.
Eine solche Bewertung hat ausgerechnet etwa die von Skandalen erschütterte Schweizer Großbank UBS im Jahr 2016 eingeführt. Dort soll das moralrelevante Verhalten der Mitarbeiter, das auf einer Skala von 1 bis 5 unter anderem hinsichtlich Integrität und Zusammenarbeit beurteilt wird, mit einem Anteil von 30 % in die Gesamtbewertung zur Auszahlung des individuellen Bonus’ einfließen (Franklin/Davies 2016).
Siehe hierfür als Positivbeispiel das Bekleidungsunternehmen Levi Strauss & Co., das Entlohnungssysteme und Formen der Anerkennung für moralisches Handeln eingeführt hat (Haas 1998, S. 216).
Vgl. Wieland 2005, S. 116; Luthans 2011, S. 92 f. So stellt auch James fest: „[…] a basic premise of economic reasoning is that people will respond to incentives and disincentives, which is, on its own, an ethically neutral assumption of behavior.“ (James 2000, S. 47).
Dies legen unter anderem Studien zur Bestärkung (reinforcement) moralischen Handelns nahe (vgl. Kaptein 2011, S. 851; Luthans 2011, S. 384 ff) sowie die Meta-Studie von Wiersma 1992. So stellt Luthans fest: „Most learning experts agree that reinforcement is more important than punishment and is the single most important concept and application principle.“ (Luthans 2011, S. 384). Hinsichtlich finanzieller Belohnungen zur Bestärkung eines bestimmten Handelns konstatiert er: „[…] money may not be a reinforcer when administered through the traditional pay plans, but when made contingent on identified performance behaviors as in behavioral performance management, money can be a powerful reinforcer.“ (ebd., S. 391).
Kaptein 2012, S. 160. Die Wirkung von Anreizen auf die (ethische) Entscheidungsfindung wird in diversen Studien und Büchern untersucht, siehe etwa Treviño/Youngblood 1990; Kennedy-Glans/Schulz 2005, S. 269 ff.; Ashkanasy et al. 2006. Treviño und Youngblood folgern schließlich, dass „ethical decision-making behavior in organizations appears to be a complex phenomenon influenced by the interplay of individual differences, how individuals think about ethical decisions, and how organizations manage rewards and punishments.“ (Treviño/Youngblood 1990, S. 384).
Fürst 2014a, S. 665. Solche immateriellen Anreize zählen für Wieland zu den genuin moralischen Anreizen, die sowohl extrinsischer als auch intrinsischer Natur sein können (Wieland 2005, S. 122). Dass solche Maßnahmen ohne Kosten für das Unternehmen sind, spricht für sie.
Kaptein 2012, S. 150. Ebenso führt Luthans aus: „[T]here is considerable research evidence that social recognition (in formal acknowledgment, attention, praise, approval, or genuine appreciation for work well done) has a significant impact on performance at all levels and types of organizations.“ (Luthans 2011, S. 100).
Sanktionen stellen Bestrafungen in Form eines Übels dar, „das von einer entsprechend autorisierten Instanz (dem Sanktionssubjekt) dem Normbrecher (als dem Sanktionsobjekt) für seinen Normbruch intentional zugefügt wird.“ (Talaulicar 2006, S. 471).
Das Ergebnis der Untersuchungen von Kaptein ist, dass geringe Strafen effektiver bei der Verhaltensänderung sind als hohe Strafen (Kaptein 2012, S. 155 f.).
„PRA captures the notion that the causally responsible party for an untoward event should adopt specific courses of future action calculated to prevent repetitions.“ (French 1984, S. 107).
Als Beispiel kann hier die Reaktion des amerikanischen Pharmazieunternehmens Johnson & Johnson auf sieben Todesfälle aufgrund der Einnahme des von einem Einzeltäter vergifteten Arzneimittels Tylenol in den USA im Jahr 1982 genannt werden, worauf der Konzern einen kostspieligen und gesetzlich nicht vorgeschriebenen Rückruf des Arzneimittels vornahm (vgl. Bauman 2011, S. 281). Ebenso hat die Fluggesellschaft JetBlue Airways auf gravierende Fehler des Unternehmens während eines Eissturms im Jahr 2007 gut reagiert, indem sie danach unter anderem umfassende Entschädigungsrechte für Kunden einführte (Werhane/Moriarty 2009, S. 11 f.).