Unternehmen verwenden Management Control Systeme, um die Strategie zu implementieren und sicherzustellen, dass MitarbeiterInnen im Sinne des Unternehmens handeln. Diese umfassen sowohl formale Steuerungsmechanismen (z. B. Anreiz- und Monitoring-Systeme), als auch informelle Steuerungsmechanismen (z. B. MitarbeiterInnenselektion und Unternehmenskultur). In diesem Beitrag geben wir einen Überblick zum aktuellen Stand der empirischen Management Control Forschung und besprechen diese anhand dreier Literaturströmungen. Im ersten Teil beschreiben wir welche Steuerungsmechanismen zur Verfügung stehen und was die Management Control Forschung bisher dazu erarbeitet hat. Darauf aufbauend beschreiben wir im zweiten Teil den sogenannten Kontingenzansatz, in dem untersucht wird, wie der Unternehmenskontext die Anwendung und Wirkung der Steuerungsmechanismen beeinflusst. Im dritten Teil gehen wir schließlich auf Interdependenzen zwischen den Steuerungsmechanismen ein. In jedem dieser Teile wird auf bestehende Forschungslücken hingewiesen. Im letzten Teil des Beitrags wird schließlich ein Ausblick darüber gegeben, wie der Trend hin zur Wissensgesellschaft sowie zur künstlichen Intelligenz und Big Data die Management Control Forschung zukünftig prägen wird.
1 Einleitung
Jedes Unternehmen verwendet Management Control Systeme, die maßgeblich zum Unternehmenserfolg beitragen. Management Control Systeme sollen sicherstellen, dass die definierte Strategie im Unternehmen umgesetzt wird und MitarbeiterInnen bestmöglich zur Erreichung der gesetzten Unternehmensziele beitragen (Merchant und Van der Stede 2017). Die Forschung zu Management Control Systemen beschäftigt sich damit, welche Management Control Mechanismen ManagerInnen zur Auswahl haben, wie Unternehmen und ManagerInnen diese Control Mechanismen verwenden und wie die einzelnen Mechanismen aufeinander abgestimmt werden.
Ziel dieses Beitrags ist es, die wichtigsten Grundformen von Management Control und entscheidende Literaturströme der breiteren betriebswirtschaftlichen Forschungscommunity näher zu bringen sowie aktuelle und zukünftige Trends für Management Control ForscherInnen aufzuzeigen. Management Control Systeme werden oft mit Steuerungssystemen bzw. Management Control Mechanismen mit Steuerungsmechanismen übersetzt. Im weiteren Beitrag verwenden wir diese Begriffe synonym. Im deutschsprachigen Raum erfolgt die Erforschung der Management Control Systeme zumeist an Instituten, spezialisiert auf Unternehmensführung, Controlling, oder (interne) Unternehmensrechnung, im internationalen Raum zumeist an Accounting Departments.1
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Management Control Systeme umfassen sowohl formale Steuerungsmechanismen, die gewünschtes Verhalten belohnen (z. B. Bonusverträge) bzw. ungewünschtes Verhalten sanktionieren oder gar nicht zulassen (z. B. Zugangskontrollen), sowie subtilere, informelle Mechanismen, wie Unternehmenskultur und Mitarbeiterselektion. Die Gesamtheit der eingesetzten Management Control Mechanismen wird allgemein als Management Control System bezeichnet (Merchant and Van der Stede 2017). Durch die voranschreitende Spezialisierung in der betriebswirtschaftlichen Forschung sowie die oft isolierte bzw. fehlende Kommunikation von Forschungsergebnissen herrscht jedoch oft Unklarheit darüber, womit sich die Forschung in dem Bereich beschäftigt. Dadurch werden vielfach wichtige Anknüpfungspunkte und Ergänzungspotenziale zu verwandten Feldern der Betriebswirtschaft übersehen, was zu Ineffizienzen in der Forschung führen kann.
Zum Beispiel untersucht die Strategieforschung typischerweise die Festlegung der Unternehmensstrategie, beschäftigt sich jedoch weniger mit der genauso wichtigen Implementierung der Strategie. Die Management Control Forschung wiederum beschäftigt sich genau damit, nämlich in dem Sinne, wie Unternehmen diese Strategie implementieren. Außerdem zeigt die Management Control Forschung, dass Steuerungssysteme nicht erst bei der Strategieimplementierung relevant sind, sondern auch bei der Entwicklung der Strategie eine wesentliche Rolle spielen können (z. B. MitarbeiterInnenpartizipation im Zuge der „emerging strategies“). Die Management Control Forschung kann dabei wichtige Inputs für die Strategieforschung liefern. Ein weiteres Beispiel stellt die Forschung zu leistungsbezogenen Anreizverträgen dar, einem der Kernthemen der Management Control Forschung. Während diese in der Management- und Personalforschung häufig im Allgemeinen kritisiert und in ein negatives Licht gerückt werden, zeigt sich in der Management Control Forschung ein weit differenzierteres Bild: solche Anreizsysteme sind nicht generell schädlich oder förderlich, sondern die Auswirkungen von leistungsbezogenen Anreizen auf das Mitarbeiterverhalten sind von der Ausgestaltung und dem Einsatzgebiet abhängig. Weitere Bespiele für Themenbereiche, in denen es zu Überschneidungen mit anderen betriebswirtschaftlichen Feldern kommt, sind die Gewährung von Entscheidungs- und Gestaltungsrechten, Planungs- und Zielsetzung-Systeme, Kennzahlenauswahl, MitarbeiterInnenrekrutierung und -training, Beförderungsentscheidungen sowie die Gestaltung und Wirkung der Unternehmenskultur. Diese werden oft auch in verwandten Bereichen wie Management‑, Organisations‑, Personal‑, Führungs‑, Strategie‑, Finanz-, und der externen Rechnungswesen-Forschung untersucht. Im weiteren Beitrag wird gezeigt, was die Management Control Forschung zu diesen Themenbereichen erarbeitet hat und wie Unternehmen diese Steuerungssysteme nutzen und gestalten, um die Strategie im Unternehmen bestmöglich umzusetzen. Dabei benutzen und testen Management Control Studien zumeist ökonomische, psychologische, und soziologische Theorien, die auf den betriebswirtschaftlichen Kontext angewandt werden. Unser Ziel ist es, wesentliche aktuelle Strömungen und Ergebnisse der Management Control-Forschung überblicksartig darzustellen und so für ForscherInnen in anderen betriebswirtschaftlichen Forschungsgebieten nutzbar zu machen.
ForscherInnen aus den Bereichen Controlling und Management Control soll unser Beitrag helfen, intensiv und weniger intensiv erforschte Themenbereiche zu identifizieren. Das soll wiederum dazu beitragen, Forschungslücken zu relevanten Fragen zu identifizieren und in Zukunft zu schließen. Wichtig ist zu erwähnen, dass unser Beitrag einen Überblick über die Forschungsrichtung liefert und nicht als Versuch einer Gesamtzusammenfassung der Management Control Forschung verstanden werden soll. Exzellente Zusammenfassungen der Management Control Forschung der Jahre 1965–2012 findet sich in Luft und Shields (2003) und Herschung et al. (2018) bzw. in diversen Lehrbüchern (wie z. B. Brickley et al. 2016; Merchant und Van der Stede 2017). Wir fokussieren unseren Beitrag auf die englischsprachige Literatur, die im Zuge der globalisierenden Wissenschaft die Vorreiterrolle im Bereich der Management Control Forschung eingenommen hat. Viele Studien, die früher dem deutschsprachigen Controlling oder der internen Unternehmensrechnung zugeschrieben wurden, werden heutzutage als Teil der Management Control Forschung publiziert. Dabei werden unterschiedlichste empirische Methoden angewandt. Insbesondere Archivdaten (öffentlich zugängliche Datenbanken bzw. unternehmensinterne Daten), Experimente (Labor und Feldexperiment), qualitative und quantitative Feldstudien sowie „cross-sectional“ Fragebogenerhebungen stellen den überwiegenden Teil der Forschung dar. Daneben gibt es das große Feld der analytischen Modelle, die oft als Ausgangspunkt für empirische Untersuchungen dienen. Da diese jedoch den Umfang unseres Beitrags sprengen würden, fokussieren wir uns auf die empirische Forschung.
Der Bedarf von Management Control rührt vom Einsatz von MitarbeiterInnen in Unternehmen. Durch diesen können Unternehmen von Teamproduktion, Arbeitsteilung und Spezialisierung profitieren (Alchian und Demsetz 1972; Brickley et al. 2016; Zimmerman 2017). Außerdem sind es oft die MitarbeiterInnen, die bessere Informationen als ihre Vorgesetzten haben, um ihre Tätigkeiten auszuführen bzw. wären die Kosten alle Entscheidungen zu zentralisieren zu hoch (Arrow 1974; Grossman und Hart 1986). Um die Aufgaben adäquat ausführen zu können, müssen Unternehmen den MitarbeiterInnen Entscheidungsrechte und Gestaltungsmöglichkeiten einräumen. Letztere werden jedoch nicht zwangsläufig im Sinne des Unternehmens genutzt (Jensen und Meckling 1976). Laut Merchant und Van der Stede (2017) kann diese Tatsache drei Ursachen haben, die sogenannte Steuerungsprobleme begründen: (1) MitarbeiterInnen wissen nicht was das Unternehmen von ihnen erwartet bzw. inwiefern sie zum Unternehmenserfolg beitragen können, (2) MitarbeiterInnen verfolgen ihre eigenen Interessen, die nicht mit den Unternehmensinteressen übereinstimmen, und (3) MitarbeiterInnen verfügen nicht über die nötigen Ressourcen und Fähigkeiten, um die ihnen zugewiesenen Aufgaben zu bewältigen. Durch diese Probleme kann das Unternehmen nicht das maximal erreichbare Potenzial ausschöpfen. Um diese Probleme zu adressieren, stehen Unternehmen Management Control Mechanismen zur Verfügung. Sie sollen das Verhalten der MitarbeiterInnen steuern, und so sicherstellen, dass alle MitarbeiterInnen im Sinne des Unternehmens agieren. Daher steht in der Management Control Forschung das Verhalten der Menschen im Unternehmen im Mittelpunkt.
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Die empirische Forschung zu Management Control hat sich entlang dreier Strömungen entwickelt, die sich teilweise überlappen. Erstens gibt es eine große Anzahl von Studien, die sich mit den einzelnen Steuerungsmechanismen und deren Wirkungsweise beschäftigt. Dabei steht oft die Definition eines Mechanismus, welche Aspekte der Mechanismus beinhaltet und welche nicht, und wie unterschiedliche Charakteristika der Mechanismen deren Einsatz und Wirkung beeinflussen, im Mittelpunkt. Die Steuerungsmechanismen lassen sich anhand des zu steuernden Objekts grob in vier Kategorien einteilen (Merchant und Van der Stede 2017). Results Controls (Ergebnisorientierte Steuerungsmechanismen) zielen auf den Output bzw. die Ergebnisse der Handlungen der MitarbeiterInnen ab. Bonus- und Anreizsysteme fallen typischerweise in diese Kategorie. Wie die Ergebnisse dabei zustande kommen, liegt im Ermessensbereich der MitarbeiterInnen und wird nicht kontrolliert. Der Großteil der Management Control Forschung beschäftigt sich mit diesem Steuerungsmechanismus und nimmt daher auch in unserer Diskussion einen großen Platz ein. Bei Action Controls (Verhaltensorientierte Steuerungsmechanismen) werden die jeweiligen Handlungen der MitarbeiterInnen gesteuert. Zum Beispiel werden MitarbeiterInnen die Zeiten vorgegeben, wann sie sich um welche Aufgaben kümmern müssen, bzw. welche Prozesse durchlaufen werden müssen. Daher sollten die Unternehmen ein gutes Verständnis von den gewünschten Handlungen selbst haben. Zu diesem Steuerungsmechanismus ist bisher wenig bekannt. Cultural Controls (Kulturorientierte Steuerungsmechanismen) beruhen auf einem geteilten Wertebild, sozialen Normen und sozialer Kontrolle innerhalb einer Gruppe. Ein Beispiel für Cultural Controls kann ein starker „Tone from the Top“ sein, aber auch der Einsatz von Gruppenbelohnungen. Dadurch sollen MitarbeiterInnen gegenseitig auf ihre Handlungen achten und bei Abweichungen eingreifen. Personnel Controls (Personenorientierte Steuerung) zielen auf die Eigenmotivation und Befähigung der Mitarbeiter ab. Unternehmen können zum Beispiel schon bei der MitarbeiterInnenauswahl darauf achten, dass nur geeignete KandidatInnen im Sinne von erforderten Fähigkeiten, aber auch zum Unternehmen passenden Wertevorstellungen angestellt werden. Die letzteren beiden Kontrollmechanismen gewinnen zunehmend an Bedeutung in der Forschung der letzten Jahre, vor allem durch die Verlagerung der Wirtschaft in Richtung Wissensgesellschaft und einer höheren Bedeutung des Humankapitals. In Unternehmen wird zumeist eine Kombination aus mehreren Steuerungsmechanismen verwendet, da kein einzelner Steuerungsmechanismus alle im Unternehmen auftretenden Steuerungsprobleme zufriedenstellend lösen kann (Merchant und Van der Stede 2017).
In Anbetracht der Erkenntnis, dass einzelne Steuerungsmechanismen nicht in jedem Unternehmenskontext die gleiche Wirkung zeigen, hat der Kontingenzansatz (Contingency Theory) so viel Aufmerksamkeit wie kein anderer Bereich in der Management Control Forschung bekommen. Dabei wurden unterschiedliche Kontingenzfaktoren untersucht, zum Beispiel, wie sich die Unsicherheit im Unternehmens- oder Aufgabenumfeld, die Strategie des Unternehmens, die EigentümerInnenstruktur oder die Kultur auf den Einsatz und die Effektivität der Steuerungsmechanismen auswirken (z. B. Chenhall 2003; Bedford 2020). Dabei zeigt sich einheitlich, dass die Steuerungsmechanismen nicht universell eingesetzt werden können, sondern zur jeweiligen Situation des Unternehmens und des Umfelds passen müssen.
Neben dem Kontingenzansatz hat sich in den letzten Jahren ein Literaturstrom entwickelt, der auf die Interdependenzen zwischen den einzelnen Steuerungsmechanismen abzielt. Da einzelne Mechanismen zumeist nur Teile der Steuerungsprobleme lösen können, verwenden Unternehmen im Normalfall eine Mischung unterschiedlicher Mechanismen. Dabei steht die Frage im Zentrum, ob die jeweiligen Steuerungsmechanismen unabhängig voneinander additiv zur Lösung verschiedener Steuerungsprobleme beitragen oder sich bei der Lösung eines Steuerungsproblems gegenseitig aufheben oder verstärken. Oft werden einzelne Mechanismen eingesetzt, um die negativen Konsequenzen eines anderen Mechanismus zu vermindern. Zur Veranschaulichung: während Bonusverträge zumeist höhere Leistungen auf der Dimension, die belohnt wird, zur Folge haben, stehen sie auch in der Kritik einseitige Handlungen zu verursachen und somit andere wichtige, aber nicht explizit belohnte, Aspekte der Arbeit zu vernachlässigen (Holmstrom und Milgrom 1991). Studien zeigen jedoch, dass die Ausgestaltung der Leistungsbeurteilung (z. B. subjektive Komponenten) oder die Unternehmenskultur diesem einseitigen Fokus entgegenwirken und sich somit die Vorteile von leistungsbasierter Entlohnung besser entfalten können (Brüggen und Moers 2007; Grabner 2014).
In unserem weiteren Beitrag beschreiben wir jeden dieser Literaturströme im Detail, fassen die wichtigsten Erkenntnisse der jeweiligen Strömungen zusammen und beschreiben aktuelle und zukünftige Trends in der Management Control Forschung. Der Aufbau dieses Beitrags gliedert sich wie folgt: In Abschn. 2 diskutieren wir Forschungsergebnisse zu einzelnen Steuerungsmechanismen, basierend auf der Klassifikation von Merchant und Van der Stede (2017). Abschn. 3 beschäftigt sich mit dem Kontingenzansatz der Management Control Forschung, Abschn. 4 mit Interdependenzen einzelner Mechanismen. In Abschn. 5 besprechen wir einige Trends, denen sich die Management Control Forschung in Zukunft widmen wird und in Abschn. 6 folgt unser abschließendes Fazit.
2 Management Control Mechanismen
Management Control Mechanismen haben zur Aufgabe die Strategie zu implementieren und sicherzustellen, dass die MitarbeiterInnen im Sinne des Unternehmens arbeiten. Von einem guten Management Control System spricht man dann, wenn das Management (weitgehend) sicherstellt, dass die MitarbeiterInnen die gewünschten Aktivitäten und Handlungen zur Zufriedenheit des Managements ausführen (Merchant und Van der Stede 2017). Ein perfektes Management Control System wird es allerdings kaum geben, da überall dort, wo Menschen involviert sind, Fehlerpotenzial besteht. Außerdem sind mit jedem Steuerungsmechanismus auch direkte und indirekte Kosten verbunden. Die Kosten der Umsetzung von Management Control Systemen sind gegenüber von deren Nutzen abzuwägen. Mit der richtigen Auswahl der Steuerungsmechanismen können jedoch Steuerungsprobleme und negative Auswirkungen durch suboptimales Verhalten von MitarbeiterInnen reduziert werden. Im Folgenden besprechen wir die aktuelle Forschung anhand des Management Control Frameworks von Merchant und Van der Stede (2017).2
2.1 Results Controls
Ein Großteil der Management Control Forschung beschäftigt sich mit Results Controls. Bei Results Controls wird das Ergebnis der Aufgabenerfüllung gemessen und versucht, die Interessen der MitarbeiterInnen auf jene des Unternehmens auszurichten. Klassische Beispiele sind Akkordlohn und leistungsbezogene Anreizsysteme. Die konkreten Handlungen, die der/die Mitarbeiter/in setzt, um die Ergebnisse zu erzielen, sind dabei nicht relevant. Was zählt ist das Ergebnis – das im Idealfall direkt an das Unternehmensergebnis geknüpft ist (Merchant und Van der Stede 2017). Daher können diese Mechanismen auch dann eingesetzt werden, wenn relativ große Informationsasymmetrien zwischen Vorgesetzten und MitarbeiterInnen bestehen. Dennoch können die Results Controls das Verhalten beeinflussend steuern und bestimmte Steuerungsprobleme lösen, da MitarbeiterInnen ihren eigenen Nutzen dann erhöhen, wenn sie auch den Unternehmensnutzen maximieren.
Results Controls beinhalten eine große Anzahl unterschiedlicher Mechanismen und Aspekte. Um die Forschungsergebnisse der einzelnen Mechanismen zu diskutieren, folgen wir den Schritten, in denen Unternehmen typischerweise bei der Umsetzung leistungsbezogener Anreizsysteme vorgehen (Ittner und Larcker 2001; Merchant und Van der Stede 2017; Otley 1999): (1) die Definition der übergeordneten Unternehmensziele; (2) die Umlegung der Unternehmensziele auf Kennzahlen; (3) die Zuweisung von Zielwerten; (4) die Leistungsbeurteilung; und (5) die Art der Belohnung.
2.1.1 Die Definition der übergeordneten Unternehmensziele
Ein zentraler Schritt bei der Implementierung von Results Controls ist das Bewusstsein für bzw. die Definition der langfristigen Unternehmensziele. Traditionell geht es um Wertmaximierung und Unternehmenswertsteigerung, wobei vor allem die Interessen der Shareholder im Vordergrund stehen (Ittner und Larcker 2001). Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Gewinnmaximierung innerhalb der Organisation oft in unterschiedliche Subdimensionen heruntergebrochen wird. Während auf Top-Management- bzw. BereichsmanagerInnen-Ebene Gewinnmaximierung und Unternehmenswertsteigerung oft explizit erwähnt werden (Ittner und Larcker 2001), wird auf niedrigeren Ebenen von Leistungssteigerungen gesprochen und die Wertmaximierung eher implizit angenommen. Dadurch stehen in der Management Control Forschung Dimensionen wie Arbeitsleistung (Bonner und Sprinkle 2002), Entscheidungsqualität (Bonner 1999; Frederickson et al. 1999; Kelly 2010), Knowledge-Sharing (Haesebrouck et al. 2018; Ravenscroft und Haka 1996), Planungsgenauigkeit (Dunk und Nouri 1998; Fisher et al. 2002), oder auch Kreativität und Innovationskraft der Unternehmen im Mittelpunkt (Chenhall und Moers 2015; Davila et al. 2009; Holthausen et al. 1995b).
Neben der klassischen Shareholder Orientierung gibt es im Management Control auch Forschung, die einen breiteren Stakeholder Ansatz verfolgt. Von Unternehmen wird zunehmend erwartet, dass sie ihrer gesellschaftlichen Rolle gerecht werden und sie soziale und ökologische Bedürfnisse in ihre Zielfunktion und somit in ihre internen Geschäftsentscheidungen, integrieren (Balakrishnan et al. 2011; Moser and Martin 2012; Heese et al. 2016). Daher gibt es auch verstärkt Forschung zu Zielgrößen bezüglich Corporate Social Responsibility (Ioannou et al. 2016; Kim und Matsumura 2017; Soderstrom et al. 2017) und Zielfunktionen von Non-Profit-Unternehmen (Speckbacher 2003, 2013). Des Weiteren beschäftigen sich Studien mit Management Control Systemen in Familienunternehmen (Speckbacher und Wentges 2012; Senftlechner und Hiebl 2015).
2.1.2 Die Umlegung der übergeordneten Ziele in Kennzahlen
Um sicherzustellen, dass die MitarbeiterInnen die übergeordneten Unternehmensziele verfolgen, müssen die Unternehmensziele in messbare Kennzahlen heruntergebrochen werden. Da oft der Grundsatz gilt „You get what you measure“, ist die Auswahl geeigneter Größen kritisch zu beurteilen und macht einen zentralen Teil der Management Control Forschung aus. Dem Informativeness-Prinzip folgend, sollen Unternehmen all jene Kennzahlen verwenden, die inkrementelle Informationen über die Aktionen der MitarbeiterInnen bringen (Holmstrom 1979). Dadurch soll sichergestellt werden, dass MitarbeiterInnen ex-ante die richtigen Handlungen setzen, um die übergeordneten Unternehmensziele zu erreichen, und das Ergebnis ex-post dementsprechend gemessen werden kann. Obwohl dem Informativeness-Prinzip Grenzen gesetzt sind (z. B. Kosten der Informationsgewinnung, Anzahl der Kennzahlen), bildet es einen Grundpfeiler beim Design von kennzahlenbasierten Results Controls. Es gilt, jene Kennzahlen zu finden, die sicherstellen, dass MitarbeiterInnen die übergeordneten Ziele des Unternehmens verfolgen. Außerdem sind einige weitere Charakteristika der Kennzahlen zu beachten. Man spricht von einer hohen Qualität der Kennzahlen, wenn diese präzise (wenig externe Störeinflüsse), sensitiv/controllable (durch die Handlungen der ManagerInnen beeinflusst), und möglichst objektiv (durch Externe verifizierbar) sind. Außerdem sollen Kennzahlen zeitnah verfügbar, verständlich, und kosteneffizient sein (Moers 2006; Merchant und Van der Stede 2017). Da Kennzahlen zumeist nicht alle diese Charakteristika auf einmal erfüllen, müssen oft Abwägungen gemacht werden, wie die weitere Diskussion zeigt.
Bei der konkreten Auswahl der Kennzahl stehen Unternehmen eine große Anzahl unterschiedlicher Kennzahlen zur Verfügung, die häufig abhängig vom jeweiligen Unternehmen, Umfeld und der konkreten Arbeitsaufgabe sehr unterschiedlich ausfallen können. Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal ist, ob es sich um markt- oder rechnungswesenbasierte Kennzahlen handelt (De Angelis und Grinstein 2015; Murphy 2001). Marktbasierte Kennzahlen, wie zum Beispiel der Marktwert des Unternehmens oder Stock-Return, haben den Vorteil, dass sie das übergeordnete Unternehmensziel fast direkt auf MitarbeiterInnen umlegen – und somit eine hohe Kongruenz aufweisen. Das heißt, ManagerInnen, die versuchen ihre eigenen Ziele zu erreichen und ihre eigene Entlohnung zu erhöhen, arbeiten automatisch auch im Sinne der EigentümerInnen. Probleme können jedoch dadurch entstehen, dass der Marktpreis nicht immer präzise Rückschlüsse auf die Leistung der ManagerInnen erlaubt bzw. auf niedrigeren Hierarchieebenen der Einfluss einzelner MitarbeiterInnen auf die Kennzahl sehr gering wird (geringe Controllability). Im Gegensatz dazu spielen bei rechnungswesenbasierten Kennzahlen, wie beispielsweise Unternehmensgewinn, EBIT, ROI, oder ROE, externe Faktoren relativ gesehen eine geringere Rolle bzw. können die Kennzahlen auch eher auf Bereiche in der Organisation heruntergebrochen werden (z. B. Bereichsgewinn). Dadurch wird die Controllability der Kennzahlen erhöht. Obwohl die Forschung eine positive Korrelation zwischen rechnungswesenbasierten Gewinnen und dem Unternehmenswert gefunden hat, ist diese natürlich nicht perfekt (Ball und Brown 1968; Bushman et al. 2016). Daher ist die Kongruenz nicht immer gegeben und MitarbeiterInnen versuchen das Ergebnis bezüglich der gemessenen Kennzahl eventuell zu erhöhen, schaden damit aber dem langfristigen Erfolg des Unternehmens (z. B. kurzfristige Gewinnmaximierung). Um dieses Problem zu adressieren und der Shareholder-Orientierung Rechnung zu tragen, haben sich Forschung und Unternehmenspraxis zunehmend mit den Prinzipien der wertorientierten Unternehmensführung beschäftigt (Ittner und Larcker 2001; Firk et al. 2019, 2016). Das wohl bekannteste Modell ist der Economic Value Added (EVA) – eine rechnungswesenbasierte Kennzahl, bei der etliche Anpassungen vorgenommen werden, um die tatsächliche Unternehmenswertentwicklung besser abbilden zu können (Stewart 1991). Biddle et al. (1997) zeigen zwar, dass die Kennzahl EVA nicht zwangsläufig eine bessere Kongruenz mit dem Unternehmenswert aufweist als traditionelle rechnungswesenbasierte Gewinnkennzahlen, allerdings gehen mit der wertorientierten Unternehmensführung vielfach auch noch weitere Maßnahmen einher, die zu einer besseren Unternehmenswertmaximierung führen können. Zudem kann der Effekt vom jeweiligen Unternehmenskontext abhängen (Ittner und Larcker 2001; Firk et al. 2016).
Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist, ob es sich um aggregierte oder disaggregierte Finanzkennzahlen handelt. Aggregierte Finanzkennzahlen, wie zum Beispiel der Unternehmensgewinn oder Marktpreis des Unternehmens, sind zumeist auf höheren Unternehmensebenen zu finden, wo ManagerInnen viel Gestaltungsspielraum haben (Bouwens und Van Lent 2007; De Angelis und Grinstein 2015). ManagerInnen setzen Handlungen in vielen Bereichen. Da es nicht möglich ist, für jeden Bereich bzw. jede Handlung eine geeignete Kennzahl zu finden und vor allem adäquat zu gewichten, greifen Unternehmen zunehmend auf aggregierte Kennzahlen zurück. Hier wird davon ausgegangen, dass die ManagerInnen selbst die besten Informationen haben, in welcher Art und Weise man Handlungen setzen muss, um die gesetzten Ziele zu erreichen – genau diese Entscheidungen zu treffen ist letztendlich die Aufgabe von ManagerInnen. Alle (oder zumindest einen Großteil der) Aktionen der ManagerInnen beeinflussen im Endeffekt das Unternehmensergebnis, und somit auch die aggregierte Finanzkennzahl. Daneben gibt es auch disaggregierte Finanzkennzahlen (Bouwens und Van Lent 2007). Dabei werden die einzelnen Teilkomponenten der aggregierten Finanzkennzahlen aufgesplittet und können somit genauere Informationen für Entscheidungen, aber auch für die Steuerung von MitarbeiterInnen auf weiter unten liegenden Hierarchieebenen liefern (Merchant und Van der Stede 2017). Zum Beispiel kann eine Produktionsmanagerin oft die Kosten beeinflussen, nicht jedoch den Produkterlös.
Neben Finanzkennzahlen stehen Unternehmen auch eine immer größer werdende Anzahl nicht-finanzieller Kennzahlen (z. B. Kundenzufriedenheit, Produktqualität, Mitarbeiterzufriedenheit) zur Verfügung (Ittner und Larcker 2003). Insbesondere rechnungswesenbasierte Finanzkennzahlen haben oft das Problem, dass sie vergangene Transaktionen abbilden und daher Informationen über die Vergangenheit bieten. Als sogenannte „leading indicators“ sollen nicht-finanzielle Kennzahlen dieses Problem abschwächen und Unternehmen zeitnah die nötigen Informationen liefern, noch bevor sich Entscheidungen auf die finanziellen Ergebnisse ausgewirkt haben (Ittner und Larcker 1998; Kaplan und Norton 2001; Abernethy et al. 2013). Außerdem ist insbesondere auf niedrigeren Unternehmensebenen die Controllability nicht-finanzieller Kennzahlen oft größer. In sogenannten Kennzahlenmodellen werden die nicht-finanziellen Kennzahlen dann zu finanziellen Kennzahlen in Bezug gesetzt. Die Balanced Scorecard ist das wohl bekannteste Beispiel solcher Modelle (Kaplan und Norton 2001; Tayler 2010; Cheng und Humphreys 2012).
2.1.3 Die Zuweisung von Zielwerten
Neben der Definition der Leistungsdimensionen und Kennzahlen werden bei Results Controls den Kennzahlen zumeist auch Zielwerte zugewiesen. Dadurch soll die Motivation der MitarbeiterInnen gesteigert werden. Außerdem sind die Zielwerte oft direkt mit den Budgets der Unternehmen verbunden. Das heißt, Ziele werden auch genutzt, um die Planung und Koordination innerhalb der Organisation zu verbessern (Feichter et al. 2018; Libby und Lindsay 2010; Merchant und Van der Stede 2017). Insbesondere das Zielniveau und die Information, die bei der Zielwertfestlegung verwendet wird, spielen dabei eine zentrale Rolle.
Eine der zentralen Fragestellungen ist die Höhe des Zielwerts. Basierend auf der Goal-Setting Theory haben Studien in der Management Control Literatur gezeigt, dass spezifische Ziele die Leistung der MitarbeiterInnen in diversen Settings (z. B. Kostenreduktion) erhöhen können (Gopalakrishnan et al. 2015; Hirst und Yetton 1999). Außerdem finden Studien einen positiven Zusammenhang zwischen dem Zielniveau und der erzielten Leistung, zumindest bis zu dem Punkt, an dem das Ziel so hoch wird, dass MitarbeiterInnen aufgeben und nicht mehr versuchen dieses zu erreichen. Dabei haben Studien das individuelle Verhalten (Webb und Schulz 2010; Webb et al. 2013), Gruppenverhalten (Fisher et al. 2003), aber auch Unternehmen, die CSR Ziele verfolgen (Ioannou et al. 2016), untersucht. Während manche Unternehmen bewusst auf den Einsatz von „Stretch Goals“, die fast unmöglich erreichbar sind, setzen (Kerr und Landauer 2004; Sitkin et al. 2011), zeigen Studien, dass die Ziele in Unternehmen typischerweise auf „herausfordernd aber erreichbar“-Niveaus gesetzt werden. Dabei erreichen die MitarbeiterInnen in 60–90 % der Fälle auch tatsächlich die gesetzten Ziele (Anderson et al. 2010; Bol et al. 2010; Casas-Arce et al. 2019; Merchant und Manzoni 1989). Unternehmen geben sich oft mit bewusst niedrig angesetzten Zielvorgaben zufrieden, um sicherzustellen, dass die Koordination zwischen den Abteilungen gewährleistet ist, Planungsunsicherheiten abgefedert werden können sowie MitarbeiterInnen zusätzliche Ressourcen zur Verfügung stehen, die diese im Sinne der Gesamtunternehmung verwenden können (Brüggen et al. 2018; Davila und Wouters 2005; Merchant und Manzoni 1989).
Um die Zielwerte festzulegen, stehen den Unternehmen unterschiedliche Informationsquellen zur Verfügung, wie zum Beispiel die Beteiligung der MitarbeiterInnen selbst, historische Leistungs-Informationen sowie theoretische Berechnungen (Dekker et al. 2012; Murphy 2001). Welche Information tatsächlich berücksichtigt wird und wie stark sie gewichtet wird, liegt oft im Ermessen des/der Vorgesetzten (Anderson et al. 2010; Bol et al. 2010).
Das Einbeziehen der MitarbeiterInnen bei der Zielfestlegung hat viel Aufmerksamkeit in der Management Control Forschung erhalten (z. B. Brown et al. 2009; Shields und Shields 1998). Während es meistens die MitarbeiterInnen sind, die bessere Informationen zur Verfügung haben und daher die Planung für das Unternehmen verbessern könnten, laufen Unternehmen Gefahr, dass MitarbeiterInnen die Informationen opportunistisch bereitstellen. Zum Beispiel können sie Erwartungen zu ihrem eigenen Vorteil beschönigen und somit sicherstellen, dass sie mehr Ressourcen bekommen und Ziele leichter erreichbar werden. Studien haben untersucht, wie sich unterschiedliche Anreizverträge, Informationsasymmetrien, Druck auf finanziellen Erfolg, oder auch Risikopräferenzen auf die Ehrlichkeit der Informationsbereitstellung auswirken (Arnold 2015; Brüggen et al. 2020; Chow et al. 1991; Dunk 1993; Evans et al. 2001; Fisher et al. 2002; Hannan et al. 2010; Newman 2014; Waller 1988; Webb 2002; Young 1985).
Ein weiterer Aspekt, der viel Aufmerksamkeit bekommen hat, ist die Verwendung historischer Ergebnisdaten bei der Zielsetzung. Während historische Daten gute Informationen für die erwartete Leistung liefern können, und daher auch bei der Zielsetzung berücksichtigt werden sollten, ergibt sich dadurch für MitarbeiterInnen ein dynamisches Anreizproblem (Indjejikian und Nanda 1999; Murphy 2001; Weitzman 1980). Gute Leistung und Zielübererreichung führt typischerweise zu höheren Zielen in der darauffolgenden Periode. Wenn Ziele jedoch nicht erfüllt werden, wird das darauffolgende Ziel nicht im selben Ausmaß angepasst. Es findet also häufig ein asymmetrisches Target Ratcheting statt (Holthausen et al. 1995a; Leone und Rock 2002). Als Reaktion auf solch ein Verhalten des Unternehmens stellen MitarbeiterInnen sicher, dass sie ihre Ziele erfüllen, jedoch nicht über das Ziel hinausschießen. Sobald MitarbeiterInnen also das Ziel erreicht haben, halten sie bewusst Leistungspotenzial zurück, was negative Konsequenzen für das Unternehmen haben kann (Anderson et al. 2010; Bouwens und Kroos 2011; Leone und Rock 2002). Studien von Aranda et al. (2014), Indjejikian et al. (2014), Casas-Arce et al. (2018) und Bol und Lill (2015) zeigen, unter welchen Bedingungen diese Effekte stärker und schwächer zu erwarten sind.
2.1.4 Leistungsbeurteilung
Am Ende einer Beurteilungsperiode muss die Leistung der MitarbeiterInnen bewertet werden. Wesentliche von der Management Control Forschung untersuchte Aspekte sind dabei, ob die Leistungsbeurteilung objektiv oder subjektive erfolgt, und ob sie absolut oder relativ stattfindet.
Während ein wünschenswertes Kriterium der Kennzahlen ist, dass diese objektiv verifizierbar sind, erfolgt die Leistungsbeurteilung in Unternehmen oft subjektiv. Das gilt sowohl auf Top Management Team-Ebene (Bushman et al. 1996; Höppe und Moers 2011), als auch für MitarbeiterInnen auf unteren Ebenen (Bol 2011; Gibbs et al. 2004; Grabner 2014). Im Laufe des Jahres kommen neue Informationen zu Tage, die die Leistung der MitarbeiterInnen in neuem Licht erscheinen lassen. Wenn dies berücksichtigt wird, hilft das den MitarbeiterInnen, indem externe Einflussfaktoren besser berücksichtigt werden und somit ihr Risiko reduziert wird. Unternehmen profitieren im Gegenzug dadurch, dass die Anreizwirkung für die MitarbeiterInnen erhöht wird und sichergestellt werden kann, dass MitarbeiterInnen auch in unvorhersehbaren Situationen zum Wohle des Unternehmens agieren (Baker et al. 1994; Gibbs et al. 2004; Höppe und Moers 2011). Subjektivität kann in den Leistungsbewertungsprozess in verschiedener Weise einfließen: (1) durch die subjektive Beurteilung der Leistung anhand eines gewissen Kriteriums (z. B. gute/r oder schlechte/r Teamplayer/in); (2) die Möglichkeit die objektiv gemessene Zielerreichung durch subjektive Informationen anzupassen (Option zur Bonuszahlung auch bei Nicht-Erreichung der objektiven Zielwerte); oder (3) die subjektive Gewichtung einzelner Kennzahlen am Ende der Beurteilungsperiode (Gibbs et al. 2004). Welcher dieser subjektiven Mechanismen angewandt wird, hängt von den jeweiligen Steuerungsproblemen des Unternehmens ab (Höppe und Moers 2011).
Obwohl die Leistungsbeurteilung durch Subjektivität verbessert werden soll, steht Subjektivität auch oft im Zentrum der Kritik. Da eine subjektive Bewertung per Definition nicht durch Dritte verifiziert werden kann, müssen MitarbeiterInnen darauf vertrauen, dass Vorgesetzte die Beurteilung adäquat durchführen. Auf MitarbeiterInnenseite entstehen dadurch oft Gefühle von Unsicherheit und Ungerechtigkeit (Ittner et al. 2003; Voußem et al. 2016). Im Gegenzug zeigen Studien, die das Ratingverhalten von Vorgesetzten untersuchen, dass Vorgesetzte ihren MitarbeiterInnen eher zu hohe Bewertungen geben und dass die Varianz in den Bewertungen zu niedrig ist (Bol 2011; Bol et al. 2016; Moers 2005). In der Forschung spricht man dabei von Leniency und Centrality Bias. Während Vorgesetzte dadurch vermeiden, ihren MitarbeiterInnen negatives Feedback zu geben, geht allerdings auch die Anreizwirkung der Bewertung verloren. Dies reduziert die Mitarbeitermotivation und erschwert die Talentidentifizierung im Unternehmen (Berger et al. 2013a; Moers 2005; Prendergast 1999). Um diese Biases zu vermeiden und die Bewertung der unmittelbar Vorgesetzten aufeinander abzustimmen, installieren Unternehmen verstärkt sogenannte Calibration Committees und geben Vorgesetzten Anreize, die Bewertung möglichst gewissenhaft zu machen (Demeré et al. 2019; Grabner et al. 2020).
Eine weitere Unterscheidung bei der Leistungsbeurteilung ist, ob diese – aus Sicht des einzelnen Mitarbeiters/der einzelnen Mitarbeiterin – absolut oder relativ durchgeführt wird (Merchant und Van der Stede 2017; Prendergast 1999). Bei der absoluten Leistungsbeurteilung werden MitarbeiterInnen unabhängig voneinander evaluiert. Bei der relativen Bewertung wird die Leistung einzelner MitarbeiterInnen in Relation zu einer Peer Group gesetzt und die MitarbeiterInnen werden relativ zueinander gerankt. Ein Vorteil aus der relativen Beurteilung ist, dass Vorgesetzte gezwungen werden zwischen den MitarbeiterInnen zu unterscheiden und somit die Anreizwirkung verstärkt wird (Berger et al. 2013a). Außerdem werden externe Einflüsse, die alle MitarbeiterInnen im gleichen Ausmaß betreffen, durch den relativen Charakter herausgefiltert. Dadurch vermindert sich das Risiko für die MitarbeiterInnen (Gong et al. 2011; Holmstrom 1982). Daher findet die relative Bewertung in vielen Unternehmen nicht nur auf Mitarbeiterebene – wo die jährliche Leistungsbeurteilung, Beförderungsentscheidungen, Ideen-Wettbewerbe, Mitarbeiter/in des Monats-Entscheidungen oft relativ erfolgen (Campbell 2008; Casas-Arce und Martínez-Jerez 2009; Tate 2012) – sondern auch auf Top-Management-Ebene statt, wo ManagerInnen gegenüber Peers in anderen Unternehmen verglichen werden (Bizjak et al. 2020; Gong et al. 2011). Die genaue Ausgestaltung der relativen Bewertung unterscheidet sich jedoch stark in einzelnen Situationen (z. B. Anzahl der GewinnerInnen, Belohnung, Pool der AnwärterInnen, Zeithorizont) (z. B. Berger et al. 2013b, 2018; Choi et al. 2016; Kelly und Presslee 2017). Interessanterweise zeigen Studien, dass schon alleine die Bereitstellung relativer Leistungsinformation das Verhalten und Einstellungen der MitarbeiterInnen beeinflussen kann (Tafkov 2013; Mahlendorf et al. 2014). Die Effekte werden jedoch mit expliziten Anreizen (z. B. monetäre Anreize, öffentliche Belohnung) noch weiter verstärkt (Tafkov 2013; Hannan et al. 2013a).
2.1.5 Art der Belohnung
Der letzte Schritt bei der Implementierung von Results Controls besteht darin, die Belohnungsart festzulegen. Dabei gilt es zu beachten, dass die Belohnung attraktiv für die MitarbeiterInnen sein soll. Nur so kann sichergestellt werden, dass MitarbeiterInnen auch versuchen die benötigte Leistung zu erzielen, um die Belohnung zu erhalten (Merchant und Van der Stede 2017; Vroom 1964). Der Großteil der Management Control Forschung untersucht dabei monetäre Belohnungsformen, wie Bonuszahlungen, Lohnsteigerungen oder Unternehmensanteile in Form von Aktien oder Optionen. Des Weiteren wird untersucht, wie Beförderungen als Anreize für gute Leistung verwendet werden können und unter welchen Bedingungen dies zum gewünschten Ziel führt (Campbell 2008; Grabner und Moers 2013b). Studien untersuchen außerdem, wie sich sogenannte Non-Cash-Rewards, wie Restaurantgutscheine, Urlaubsreisen, oder Bonuspunkte-Systeme, auf die MitarbeiterInnenmotivation auswirken (Kelly et al. 2017; Presslee et al. 2013). Weichere Aspekte, wie Anerkennung, Lob, und Prestige haben bisher noch eher wenig Eingang in die Management Control Literatur gefunden (Lourenço 2016; Young et al. 2016).
2.2 Action Controls
Bei Action Controls werden das Verhalten und die Handlungen der MitarbeiterInnen direkt gesteuert (Merchant und Van der Stede 2017). Dies erfolgt zum Beispiel durch direktes Monitoring und periodische Überprüfung der Handlungen durch Vorgesetze und andere Instanzen (Mystery Shoppers, Checklisten, Protokolle), durch den Einsatz physischer (z. B. Zugangsschlösser) und administrativer Einschränkungen (z. B. max. Bestelllevel für MitarbeiterInnen, Vier-Augen-Prinzip), oder formales Abzeichnen angedachter Handlungen. Action Controls stellen somit die direkteste Form von Steuerung dar und werden folglich auch vermehrt dort verwendet, wo der potenzielle Schaden nicht konformer Handlungen sehr groß ist (z. B. ÄrztInnen und Krankenhäuser, PilotInnen, Energie-Grundversorgung, Banken, Casino). Die Voraussetzung für gut funktionierende Action Controls ist jedoch, dass die nötigen Handlungen vorab klar definierbar sind und deren Befolgung gut überprüft werden kann. Nur so kann sichergestellt werden, dass MitarbeiterInnen Handlungen setzen, die auch tatsächlich zum Unternehmenserfolg beitragen (Malmi und Brown 2008; Merchant und Van der Stede 2017). In dem dynamischen Umfeld, das heutzutage die Unternehmenswelt bestimmt, ist dies meist nicht gegeben.
Im Vergleich zu Results Controls gibt es im Management Control-Bereich relativ wenig Forschung zu Action Controls. Das hat zum einen den Grund, dass viele der Action Controls in verwandten Subdisziplinen, wie zum Beispiel Corporate Governance, Auditing, und Internal Controls behandelt werden. Zum anderen sind viele der Controls kontextspezifisch und lassen nur beschränkte Rückschlüsse auf das Verhalten in anderen Situationen bzw. auf andere Aufgabengebieten zu. Insofern bedarf es eines genügend großen allgemeinen Interesses an diesen Kontexten, um diese Forschungsfelder voranzutreiben, wie dies beispielsweise in den Bereich Auditing oder Krankenhäusern der Fall ist. Zu guter Letzt führen gewisse Action Controls mechanisch zu den gewünschten Resultaten (z. B. Schlösser und Zugangscodes). Dies limitiert die Möglichkeiten und den Bedarf die Verhaltensweise der MitarbeiterInnen in Bezug auf diese Steuerungsmechanismen zu analysieren.
Ein Aspekt, der Aufmerksamkeit in der Management Control Forschung bekommen hat, ist die Monitoring-Intensität durch Vorgesetze. Zum Beispiel untersuchen Widener et al. (2008) das Zusammenspiel zwischen der Monitoring-Intensität und der Gewährung von Gestaltungsspielräumen für MitarbeiterInnen. Campbell et al. (2011) zeigen in einem Casino Kontext wie sich die MonitoringIntensität auf die Verwendung der Gestaltungsspielräume durch MitarbeiterInnen sowie das daraus resultierende Lernen für ihre Arbeit auswirkt. In einem aktuellen Arbeitspapier untersuchen Arnold und Posch (2019) in Krankenhäusern wie Gestaltungsspielräume und gleichzeitige Rechenschaftspflichten ausgestaltet werden und wie sich deren Zusammenspiel auf die Arbeitsmotivation und MitarbeiterInnenbindung auswirken.
2.3 Cultural Controls
Bei Cultural Controls soll die Unternehmenskultur, mit all ihren Werten und Normen, sicherstellen, dass die MitarbeiterInnen im Sinne des Unternehmens arbeiten (Flamholtz et al. 1985; Malmi und Brown 2008). Zentrales Element dabei ist, dass die MitarbeiterInnen gegenseitig die Einhaltung dieser Unternehmenskultur kontrollieren und sozialen Druck aufbauen, um sicherzustellen, dass keine Abweichungen stattfinden. Unternehmen haben dabei unterschiedliche Hebel, um die Unternehmenskultur und deren Einhaltung zu steuern, wie zum Beispiel Code of Conducts, Gruppenbelohnungen, MitarbeiterInnenrotation, Transparenz-Initiativen, oder „Tone from the top“ (Merchant und Van der Stede 2017).
Zum Beispiel zeigen Ergebnisse der Forschung, dass die Kommunikation von Werten, unabhängig von den expliziten Anreizen, das Verhalten der MitarbeiterInnen beeinflusst (Cardinaels und Yin 2015; Kachelmeier et al. 2016). Der Gruppendruck kann dabei sicherstellen, dass die Effekte der Werte noch verstärkt werden (Brüggen und Moers 2007; Hannan et al. 2013b; Rankin 2004). Die Stärke der Teamidentifikation bzw. wie sehr das Team voneinander abhängt, beeinflusst die Effektivität der Cultural Controls dabei wesentlich (Sedatole et al. 2016; Towry 2003). Außerdem beeinflusst das Verhalten der Vorgesetzten und der Unternehmensführung, wie sich die sozialen Werte innerhalb des Unternehmens entwickeln und zu Tage kommen (Christ et al. 2012; Tayler und Bloomfield 2011; Zhang 2008). Chen und Sandino (2012) zeigen, dass es in einer Handelskette, die ihren MitarbeiterInnen höhere Gehälter als die Konkurrenz als Signal der Wertschätzung bezahlt, zu weniger Ladendiebstahl durch MitarbeiterInnenkollusion kommt, da eine andere soziale Norm vertreten wird. Zusammengefasst zeigen diese Studien, dass die Werte und Normen innerhalb der Unternehmen starken Einfluss auf das Verhalten der MitarbeiterInnen haben und Unternehmen die Werte und Normen aktiv beeinflussen können.
Eine weitere Möglichkeit der Cultural Controls sind Gruppenbelohnungen, die Anreize zur gegenseitigen Überwachung der Arbeitsleistung setzen sollen (mutual monitoring). Studien befassen sich vor allem damit, wie sich Gruppenbelohnungen und unterschiedliche Gruppenanreizverträge auf die Zusammenarbeit und Leistung innerhalb eines Teams auswirken können (Chen et al. 2012; Fisher et al. 2003; Guymon et al. 2008; Haesebrouck et al. 2018; Kelly 2010). Zum Beispiel zeigt Román (2009) wie sich die Implementierung von Gruppenbelohnung in einem Produktionssetting auf die Produktivität und Qualität sowie die MitarbeiterInnenfluktuation auswirkt. Während diese Form von Gruppenbelohnungen zumeist auf Teamlevel stattfindet, stellen auch unternehmensweite Gewinnbeteiligungen und Employee Stock Option-Programme im Prinzip eine Form von Cultural Controls dar (Core und Guay 2001; Kroumova und Sesil 2006). Zu deren Auswirkungen auf das MitarbeiterInnenverhalten gibt es bisher allerdings erst wenige empirische Untersuchungen (Hales et al. 2015; Boster et al. 2018).
2.4 Personnel Controls
Personnel Controls basieren auf der Selbststeuerung bzw. Eigenmotivation durch den/die individuelle/n Mitarbeiter/in selbst. Durch Personnel Controls soll sichergestellt werden, dass MitarbeiterInnen wissen, wie sie zum Unternehmenserfolg beitragen können und über die nötigen Eigenschaften und Ressourcen verfügen, um den erwünschten Beitrag leisten zu können. Dadurch soll die intrinsische Motivation der MitarbeiterInnen erhalten und forciert werden. Unternehmen können die Voraussetzungen dafür gegebenenfalls durch die MitarbeiterInnenauswahl sowie Beförderungsentscheidungen, Personalentwicklung, und Arbeitsplatzgestaltung schaffen.
Studien zeigen, dass die Sozialisierung und Ausbildung in einem Beruf Steuerungsprobleme vermindern und so zu positiver Leistung führen können (Abernethy und Brownell 1997; Bol et al. 2018). Campbell (2012) zeigt, dass BewerberInnen, die von bestehenden MitarbeiterInnenn empfohlen werden, vorab schon besser über die Arbeit in Unternehmen Bescheid wissen, und damit später ihre Aufgaben im Unternehmen dann auch besser wahrnehmen. Des Weiteren nutzen Unternehmen Beförderungen vor allem dafür, um MitarbeiterInnen an für sie geeigneten Stellen einzusetzen (Grabner und Moers 2013b). Abernethy et al. (2015) finden einen Zusammenhang zwischen dem Rekrutierungsprozess und den formellen Steuerungsmechanismen. Aus diesen Studien lässt sich ableiten, dass Unternehmen MitarbeiterInnentraining und Personalentwicklung sowie den Rekrutierungsprozess und Beförderungsentscheidungen bewusst als Steuerungsmechanismus nutzen.
Daneben fanden Studien zum Thema Selbstselektion heraus, dass sich MitarbeiterInnen bewusst für oder gegen eine Anstellung entscheiden, die (nicht) ihren Fähigkeiten und Präferenzen entspricht (Hales et al. 2015; Kachelmeier und Williamson 2010; Waller und Chow 1985). Zum Beispiel zeigen Banker et al. (2000) und Lazear (2000), wie die Einführung variabler Entlohnung dazu führt, dass MitarbeiterInnen mit hoher Produktivität beim Unternehmen bleiben bzw. von diesem angezogen werden, während MitarbeiterInnen mit niedriger Produktivität das Unternehmen verlassen. Chen et al. (2020) zeigen, wie niedrige Gehälter in Unternehmen mit sozialer Mission, MitarbeiterInnen anziehen, die die Unternehmenswerte teilen und auch für weniger Geld hohe Leistung erbringen. In beiden Fällen zeigt sich, dass Selbstselektion der MitarbeiterInnen stattfindet, die zu Leistungssteigerungen führen kann. Diese positiven Effekte können jedoch nicht immer unmittelbar nachgewiesen werden, da es einige Zeit bedarf, bis MitarbeiterInnen herausfinden, ob sie zum Unternehmen passen oder nicht (Banker et al. 2000).
3 Der Kontingenzansatz des Management Control System Designs
In den letzten fünf Jahrzehnten und bis heute ist die sogenannte Kontingenztheorie einer der vorherrschenden Ansätze zur Untersuchung des Designs von Management Control Systemen, und beschäftigt sich insbesondere mit der Frage, wie der Unternehmenskontext die Gestaltung und den Einsatz von Steuerungsmechanismen beeinflusst (z. B. Chapman 1997; Chenhall 2003, 2007; Chenhall und Chapman 2006; Dent 1990; Fisher 1995, 1998; Gerdin und Greve 2004; Luft und Shields 2003). Der Kontingenzansatz basiert auf der Prämisse, dass es keine universal geeigneten Steuerungsmechanismen gibt, die in allen Unternehmen unter allen Umständen gleich effektiv wirken. Vielmehr gilt, dass die Ausprägungen eines geeigneten Steuerungssystems vom spezifischen Kontext des Unternehmens abhängig sind (Donaldson 2001; Otley 1980). Im Zentrum steht also die Frage, wie Management Control Systeme am besten konzipiert und implementiert werden, um in den Unternehmenskontext zu „passen“. Interessanterweise hat kaum eine andere Forschungsrichtung in der Management Control Forschung so viele Kontroversen hervorgerufen. Diese kritische Debatte führte zu erheblichen konzeptuellen und methodischen Verbesserungen, z. B. in Bezug auf die Anwendung statistischer Techniken, die Messung von Variablen und die gleichzeitige Berücksichtigung mehrerer Steuerungsmechanismen (z. B. Bisbe et al. 2007; Burkert et al. 2014; Chapman, 1997; Chenhall 2003; Gerdin und Greve, 2004, 2008; Grabner und Moers 2013a; Hartmann und Moers 1999; Masschelein und Moers und 2020).
Die wichtigsten Kontingenzfaktoren lassen sich grob in vier Kategorien einteilen: Umwelt, Technologie, Strategie sowie eine übergreifenden Kategorie Sonstige, die anders nicht kategorisierbare, jedoch wichtige Einflussfaktoren zusammenfasst (z. B. Chenhall 2003). Als zentrales Attribut, das vielen Kontingenzfaktoren über alle Kategorien hinweg zugrunde liegt, wird oft Unsicherheit genannt (Bedford 2020). Die Unsicherheit geht dabei allerdings aus verschiedenen Quellen hervor (z. B. Umwelt, Technologie, Unternehmenslebenszyklus), und hat somit auch unterschiedliche Implikationen für das Design von Management Control Systemen.
Kontingenzfaktoren in der Kategorie Umwelt beziehen sich vor allem auf die Charakteristika des Marktumfeldes und umfassen zum Beispiel die Wettbewerbsintensität, Unvorhersehbarkeit des Marktes sowie Marktdynamik (Braumann et al. 2020; Chen et al. 2015; Grabner et al. 2018; Höppe und Moers 2011; Vrettos 2013). In der Kategorie Technologie werden vor allem Merkmale der zu verrichtenden Arbeitsprozesse auf MitarbeiterInnen- und Bereichsebene zusammengefasst. Beispiele dafür sind Abhängigkeiten zwischen individuellen Aufgaben oder Unternehmensbereichen, die Beobachtbarkeit von Inputs, die Messbarkeit von Outputs, die Komplexität und Vielseitigkeit von Aufgaben sowie die Anforderung an MitarbeiterInnenkreativität bei der Outputgenerierung (z. B. Abernethy und Brownell 1997; Bushman et al. 1995; Grabner und Speckbacher 2016). In der Kategorie Strategie geht es um die Art der Wertschöpfung bzw. die Schaffung von Wettbewerbsvorteilen, zum Beispiel, ob Organisationen eine Kostenführer- oder Differenzierungsstrategie verfolgen oder welche Art von Innovationsstrategie verfolgt wird (z. B. Chenhall und Langfield-Smith 1998; Chenhall et al. 2011; Ittner et al. 1997). In der Kategorie Sonstige fallen nicht anders kategorisierbare Faktoren, wie die EigentümerInnen- und Führungsstruktur (z. B. Speckbacher und Wentges 2012), Unternehmensgröße und Alter (z. B. Davila 2005) sowie Landeskultur (z. B. Chow et al. 1999; Malmi et al. 2020).
Im Folgenden zeigen wir exemplarisch und ohne den Anspruch auf Vollständigkeit, was die Kontingenzforschung in Bezug auf vier weit verbreitete Steuerungsmechanismen und deren Komponenten untersucht hat.
3.1 Beispiel 1: Auswahl der Kennzahlen
Zu den am häufigsten untersuchten Themen in der Management Control Forschung gehört die Auswahl der Kennzahlen, anhand derer die Leistung von Unternehmen bzw. ihren MitarbeiterInnen festgestellt wird. Insbesondere stellt sich die Frage, unter welchen Umständen Unternehmen von den traditionellen Finanzkennzahlen abweichen und mehr auf nicht-finanzielle Kennzahlen setzen. Die Forschung zeigt, dass nicht-finanzielle Kennzahlen tendenziell in komplexeren Unternehmenskontexten vorwiegend eingesetzt werden – in solchen mit stärkeren Abhängigkeiten der Unternehmensbereiche, komplexeren Technologien (z. B. automatisierte und JIT-basierte Produktionsumgebungen), nicht-routinemäßigen Aufgaben sowie Differenzierungsstrategien, bei denen Flexibilität, Qualität und Nachhaltigkeit im Vordergrund stehen (Fullerton und McWatters 2002; Ittner und Larcker 1997; Perego und Hartmann 2009; Spekle und Verbeeten 2014; van Veen-Dirks 2010).
3.2 Beispiel 2: Partizipative Zielsetzung
Anstatt die Ziele den MitarbeiterInnen in Form von „Top Down“ vorzugeben, werden die MitarbeiterInnen bei der Bestimmung ihrer Ziele oft miteinbezogen. Wie bereits in Abschn. 2 beschrieben, ist dies jedoch ein zweischneidiges Schwert: Auf der einen Seite sind es oft die MitarbeiterInnen auf den unteren Ebenen, die über bessere Informationen verfügen als ihre Vorgesetzten, was zu realistischeren Zielen führen kann. Gleichzeitig aber schafft diese Informationsasymmetrie Möglichkeiten für MitarbeiterInnen, unwahre oder unvollständige Informationen in die Zielsetzungsgespräche einzubringen, um ihren eigenen Nutzen zu maximieren (zu leicht erreichbare Ziele bzw. Bindung von unnötigen Ressourcen). Daher müssen Unternehmen den Nutzen der Informationsgewinnung mit den potenziellen Kosten des opportunistischen Verhaltens der MitarbeiterInnen abwägen. Forschungsergebnisse zeigen, dass der Nutzen eines partizipativen Zielsetzungsprozesses in Bereichen mit der höchsten Informationsasymmetrie am größten ist (Shields und Shields 1998). Studien zeigen, dass vor allem Unternehmen, die hoher Marktunsicherheit (z. B. Ezzamel 1990; O’Connor et al. 2011) sowie komplexen Technologien (z. B. Brownell und Merchant 1990; Macintosh und Daft 1987) ausgesetzt sind, öfter dazu tendieren, ihre MitarbeiterInnen in den Zielsetzungsprozess miteinzubeziehen.
3.3 Beispiel 3: Subjektive Leistungsbewertung
Ob Unternehmen Subjektivität in der Leistungsbeurteilung der MitarbeiterInnen zulassen, hängt, wie in Abschn. 2 aufgezeigt, vom Nutzen (z. B. bessere Informationen, weniger Störfaktoren) und den potenziellen Kosten (z. B. verzerrte Leistungsbeurteilung) für das Unternehmen ab. Die Kontingenzforschung zeigt, dass der Kosten-Nutzen-Vergleich, vom Unternehmenskontext abhängt. Der Nutzen von subjektiven Bewertungen scheint dann am höchsten, wenn, bedingt durch hohe Unsicherheit (basierend auf der Beschaffenheit der Arbeitsprozesse oder des Marktumfeldes), die Leistung über objektive (Finanz-)Kennzahlen nur ungenau gemessen werden kann. Anders gesagt, Marktumfeld und Arbeitsprozesse, die durch Ungewissheit, Komplexität und Ambiguität gekennzeichnet sind, erfordern einen stärkeren Gebrauch von Subjektivität, um unvorhersehbare und unkontrollierbare Ereignisse, die während des Evaluationszeitraums passieren, in der Leistungsbeurteilung zu berücksichtigen. Demensprechend zeigen die Ergebnisse empirischer Studien, dass eine stärkere Einbeziehung von Subjektivität in die Leistungsbeurteilung bzw. Anreizgestaltung mit einem unsichereren und wettbewerbsintensiveren Marktumfeld (Gibbs et al. 2004; Höppe und Moers 2011), komplexen und interdependenten Arbeitsprozessen im allgemeinen (Gibbs et al. 2004; Ouchi und Maguire 1975) und kreativer Arbeit im besonderen (z. B. Grabner und Speckbacher 2016) sowie auf Innovation basierenden Prospektor-, und Differenzierungsstrategien (Bushman et al. 1996; Govindarajan und Gupta 1985; Gupta 1987; Peck 1994) assoziiert ist.
3.4 Beispiel 4: Action und Personnel/Cultural controls
Grundvoraussetzungen zur Nutzung von Action Controls ist ein klares Verständnis darüber, welche Handlungen nötig sind, und dass die Einhaltung derselben auch gut überwacht werden kann (Merchant und Van der Stede 2017). Daher scheinen vor allem jene Unternehmen zunehmend auf Action Controls zu setzen, deren Arbeitsprozesse eine direkte Überwachung aufgrund mangelnder Komplexität möglich machen (routinemäßige und einfache Aufgaben) bzw. die Standardisierung von Prozessen den gewünschten Mehrwert bringt (Bedford 2020). Umgekehrt ist der Nutzen von Personnel und Cultural Controls in Unternehmen mit komplexem und dynamischem Umfeld und solchen, deren Arbeitsprozesse nicht-routinemäßig und interdependent sind, am größten. In diesen Situationen besteht ein größerer Bedarf an MitarbeiterInnen, die in der Lage sind, sich an ein sich veränderndes Umfeld anzupassen und Probleme unter Bedingungen der Unsicherheit und Ambiguität zu lösen (Abernethy et al. 2015; Peck 1994; Snell und Dean 1992). Dementsprechend zeigen Studien in der Kontingenzforschung, dass besonders jene Unternehmen in ihre Recruiting-Prozesse investieren, die einen Schwerpunkt auf organisationales Lernen (Abernethy et al. 2015) und die Entwicklung des Humankapitals (Widener 2004) legen bzw. in denen MitarbeiterInnenkreativität besonders wichtig für die Wertschöpfung ist (Grabner und Speckbacher 2016).
4 Management Control Systems: Das Zusammenspiel mehrerer Steuerungsmechanismen
Traditionell hat die Management Control Literatur einen reduktionistischen Ansatz verfolgt, wo einzelne Steuerungsmechanismen, wie zum Beispiel Budgets, Leistungsbeurteilungen oder Anreize „in Isolation“ untersucht wurden. Auch die Kontingenzliteratur verfolgte lang diesen reduktionistischen Ansatz, wo der Einsatz und die Effektivität einzelner Steuerungsmechanismen abhängig von Kontextfaktoren, jedoch unabhängig von anderen Steuerungsmechanismen, untersucht wurden. Diese Unabhängigkeitsannahme wurde jedoch heftig kritisiert (Chenhall 2003; Grabner und Moers 2013a). Angesichts der Komplexität von Unternehmen scheint es naheliegend, dass einzelne Steuerungsmechanismen nicht unabhängig voneinander wirken, sondern sogenannte Interdependenzen bestehen. Interdependenz bedeutet, dass der Nutzen eines Steuerungsmechanismus von der Anwendung eines anderen Steuerungsmechanismus abhängt und umgekehrt (Milgrom und Roberts 1995). Eine Vernachlässigung dieser Interdependenzen hat sowohl aus theoretischer als auch empirischer Sicht Konsequenzen. Als Antwort darauf hat sich der Systemansatz der Kontingenztheorie entwickelt und die Management Control Forschung hat begonnen, Kombinationen von Steuerungsmechanismen zu untersuchen, die ein Management Control System bilden (Grabner und Moers 2013a).
Wichtig in diesem Zusammenhang ist das Verständnis darüber, was ein Management Control System ausmacht. In der Literatur hat sich die von Grabner und Moers (2013a) vorgeschlagene und an die ökonomische Komplementaritätstheorie (Milgrom und Roberts 1995) angelehnte Definition durchgesetzt: Steuerungsmechanismen bilden ein Management Control System, wenn diese simultan von einem Entscheidungsträger (oder einem Team von koordinierten Entscheidungsträgern) zur Behandlung eines spezifischen Steuerungsproblems eingesetzt werden, d. h., wenn deren Implementierung und Wirksamkeit voneinander abhängig ist und somit Interdependenzen bestehen. Interdependenz kann in zwei Formen auftreten: Komplementarität und Substitution. Steuerungsmechanismen sind Komplemente, wenn der Nutzen eines Steuerungsmechanismus durch den Einsatz eines anderen Steuerungsmechanismus jeweils zunimmt, und Substitute, wenn der Nutzen durch den Einsatz des jeweiligen anderen Mechanismus verringert wird. Wichtig ist, dass sich Interdependenz immer auf ein spezifisches Steuerungsproblem bezieht. Zwei Steuerungsmechanismen können Komplemente in Bezug auf ein Steuerungsproblem sein, aber unabhängig voneinander auf ein anderes Steuerungsproblem wirken. Im Folgenden zeigen wir exemplarisch an zwei fundamentalen Steuerungsproblemen, wie diese durch das Zusammenspiel mehrerer Steuerungsmechanismen adressiert werden können.
4.1 Beispiel 1: Delegation von Entscheidungsrechten
Noch lange bevor die Management Control Literatur sich explizit der Interdependenz von Steuerungsmechanismen gewidmet hatte, wurde das Zusammenspiel der Delegation von Entscheidungsrechten und der Nutzung von Results Controls als Lösungsansatz für das Prinzipal-Agenten-Problem bekannt (Jensen und Meckling 1976; Holmstrom 1979). Um von den Informationsvorteilen ihrer MitarbeiterInnen Nutzen tragen zu können, delegieren ManagerInnen Entscheidungsrechte. Allerdings werden MitarbeiterInnen diese Entscheidungsrechte nur dann im Sinne des Unternehmens einsetzen, wenn daraus auch ein persönlicher Nutzen entsteht. Hier kommen Results Controls ins Spiel, die die individuellen Ziele und Anreize der MitarbeiterInnen auf die Unternehmensziele ausrichten. Das bedeutet, der Nutzen von Entscheidungsdelegation steigt, wenn auch entsprechende Results Controls eingesetzt werden und umgekehrt (Jensen und Meckling 1976; Holmstrom 1979).
Einige empirische Studien befassen sich mit dieser Komplementarität. So zeigt Moers (2006), dass die Delegationsentscheidung auch von der Qualität der verfügbaren Kennzahlen abhängt, die die Grundlage für die Stärke der Anreizwirkung bilden. Ortega (2009) zeigt, dass bereichs- und unternehmensweite Anreize eingesetzt werden, um Entscheidungen zu dezentralisieren und das spezifische Wissen der MitarbeiterInnen zu nutzen, während der Einsatz von Akkordlohn von Überlegungen zur Leistungsmessung bestimmt wird und typischerweise nicht mit mehr Entscheidungsspielraum verbunden ist. Indjejikian und Matĕjka (2012) zeigen, dass sich Unternehmen bei der Bestimmung der Boni für ManagerInnen weniger auf finanzielle Kennzahlen (und mehr auf nicht-finanzielle Leistungsindikatoren oder subjektive Bewertungen) verlassen, wenn jene ManagerInnen einen größeren Einfluss auf die Gestaltung der internen Rechnungslegungssysteme haben. All diese Studien zeigen, dass die Delegationsentscheidung nicht unabhängig vom Design der Results Controls getroffen werden, sondern Interdependenzen zwischen der Delegationsentscheidung und der Ausgestaltung der Results Controls bestehen.
4.2 Beispiel 2: Management von Kreativität
Ein weiteres Steuerungsproblem, das vor allem in den letzten Jahren an Aufmerksamkeit gewonnen hat, ist die Steuerung von Kreativarbeit (Grabner und Speckbacher 2018; Speckbacher 2017). Im Gegensatz zur herkömmlichen Leistungserstellung, bei der typischerweise die Maximierung von Effizienz und Effektivität im Fokus ist, steht beim Management der Kreativarbeit oft die Förderung der Ideengenerierung und die Umsetzung der Ideen im Mittelpunkt. Dabei zeichnet sich die Kreativarbeit durch einen hohen Grad an Komplexität und Ungewissheit aus. Für ManagerInnen ist es schwierig, während des Kreativprozesses zu erkennen, ob die Richtung stimmt oder ob steuernd eingegriffen werden sollte. Der Erfolg hängt daher wesentlich davon ab, ob sich die MitarbeiterInnen für eine Aufgabe begeistern können bzw. sie im Sinne des Unternehmens agieren wollen und können. Dies führt zu einem besonderen Bedarf an Koordination und Steuerung (Grabner und Speckbacher 2016; 2018), der meist nur mit einer Kombination von Steuerungsmechanismen adäquat adressiert werden kann.
Im Kreativkontext beschäftigen sich die meisten Studien zum Zusammenspiel von Steuerungsmechanismen mit der Frage, wie sich einzelne Aspekte der Results Controls gegenseitig beeinflussen, und unter welchen Umständen Results Controls auch für Kreativarbeit geeignet sind. So zeigt Grabner (2014), dass Kreativunternehmen nur dann dazu tendieren, leistungsbezogene Anreize zu setzen, wenn neben der Kreativleistung in Leistungsbeurteilungen auch übergeordnete Dimensionen, wie Teamgeist und Loyalität zum Unternehmen und die Identifikation mit den vorgegebenen Zielen explizit einfließen. Brüggen et al. (2018) zeigen in einer Situation, in der MitarbeiterInnen für Routine- und Kreativaufgaben zuständig sind, dass die Kreativleistung am höchsten ist, wenn MitarbeiterInnen sowohl auf der Input-Seite als auch auf der Output-Seite Zielvorgaben bekommen. Klein und Speckbacher (2020) werfen die Frage auf, ob kreative Teams anhand von kundenorientierten Accounting-Kennzahlen evaluiert werden sollten und zeigen, dass dies vom Führungsstil des/der jeweiligen Teamleiters/Teamleiterin abhängt. Diese Studien kommen einheitlich zu der Conclusio, dass es zur Steuerung von Kreativarbeit einer Kombination von Steuerungsmechanismen bedarf.
5 Neue Trends in der Management Control Forschung
In unserem Beitrag haben wir bisher immer wieder auf Aspekte und Bereiche hingewiesen, die unserer Ansicht nach noch wenig Aufmerksamkeit in der Management Control Forschung erhalten haben bzw. in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen werden. Abschließend wollen wir noch auf zwei weitere große Veränderungen hinweisen, die die Management Control Forschung in Zukunft nachhaltig verändern und prägen werden. Das sind (1) die immer weiter voranschreitende Veränderung der Unternehmenswelt hin zu einer Wissensgesellschaft sowie (2) der Einsatz von künstlicher Intelligenz und Big Data.
5.1 Veränderung hin zu einer Wissensgesellschaft
Im heutigen Unternehmensumfeld stellen zentrale Trends, wie die digitale Transformation, die zunehmende Bedeutung immaterieller Vermögenswerte und neue Geschäftsmodelle die Relevanz traditioneller Steuerungsmechanismen auf die Probe (Melnyk et al. 2014). Eine wichtige Konsequenz dieser Trends ist das Wachstum des Dienstleistungs- und Servicesektors. Statistiken zeigen, dass zwischen 2008 und 2018 ca. 65 % der Wertschöpfung innerhalb der Europäischen Union im Dienstleistungs- und Servicesektor stattgefunden haben3. Ähnliche Zahlen finden sich in vielen weiteren Ländern – mit steigender Tendenz. Betrachtet man die Management Control Forschung zeigt sich jedoch, dass ein großer Teil der aktuellen Forschung in und für Industrieunternehmen stattgefunden hat. Unternehmen im Dienstleistungs- und Servicesektor stehen jedoch häufig vor anderen Herausforderungen als Industrieunternehmen. Vor allem in wissensintensiven Bereichen wie Kommunikations- und IT-Services, Consulting, Banking, Auditing, Tourismus, Kreativindustrien sowie Forschung und Entwicklung gibt es oft keine festgelegten Handlungsalternativen, wie MitarbeiterInnen gute Leistung erzielen können. Gleichzeitig sind diese Bereiche auch von großer Dynamik geprägt, die den Nutzen etablierter Kennzahlen reduziert bzw. es erschwert, gut messbare Kennzahlen für die MitarbeiterInnensteuerung zu identifizieren. Daher sind diese Betriebe oft auf andere Steuerungsmechanismen, insbesondere Personnel und Cultural Controls angewiesen (Abernethy und Brownell 1997; Merchant und Van der Stede 2017; Ouchi 1980). Verglichen mit anderen Steuerungsmechanismen ist die Forschung bezüglich dieser Mechanismen jedoch noch nicht stark ausgeprägt und lässt noch viel Platz für zukünftige Studien. Hier ist nicht alleine die isolierte Wirkung der einzelnen Mechanismen interessant, sondern auch das Zusammenwirkung von Personnel und Cultural Controls mit anderen Steuerungsmechanismen in Dienstleistungs- und Servicebetrieben (z. B. Campbell 2008; Grabner und Moers 2013b; Klein und Speckbacher 2020). Außerdem kann sich die Forschung damit auseinandersetzen, wie sich bestehende Formen der Results Controls anpassen lassen, um in diesen Branchen eingesetzt werden zu können (z. B. Grabner 2014).
Durch den steigenden Grad der Digitalisierung ändern sich auch die relevanten Geschäftsmodelle. Hier ist ein starker Trend vom typischen (und in der Forschung hauptsächlich untersuchten) Pipeline Business hin zum Platform Business zu erkennen, das sich in vielen Aspekten maßgeblich vom traditionellen Geschäftsmodell unterscheidet (Van Alstyne et al. 2016; Seiter und Autenrieth 2019). Während diese Geschäftsmodelle ihr enormes Potenzial zur Wertschöpfung bereits unter Beweis gestellt haben (2019 waren sieben der zehn wertvollsten Unternehmen weltweit Platform Businesses), werden sie bisher nur von einer begrenzten Anzahl von Unternehmen erfolgreich umgesetzt. Wie solche Plattformen effizient gesteuert werden können, zum Beispiel in Bezug auf das rasante Wachstum, das zu einem Durchbruch erforderlich ist, wird die Management Control Forschung der Zukunft mit Sicherheit beschäftigen.
5.2 Einsatz von künstlicher Intelligenz und Big Data
Während künstliche Intelligenz und Big Data in aller Munde sind (Bhimani und Willcocks 2014; Finlay 2014; Davenport und Ronanki 2018), hält sich die Management Control Literatur mit diesen Themen bisher noch zurück. Das ist insofern überraschend, als bei Management Control – und insbesondere bei Results Controls – die Generierung, Sammlung, und Aufbereitung von Information zur verbesserten Entscheidungsfindung und Entscheidungssteuerung im Zentrum steht (Zimmerman 2017). Daher bieten künstliche Intelligenz und Big Data viele neue Möglichkeiten, gleichzeitig aber auch Herausforderungen für die Unternehmenssteuerung.
Zum Beispiel können durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz viele Handlungen in Unternehmen automatisiert werden, die bisher von MitarbeiterInnen durchgeführt wurden (Davenport und Ronanki 2018). Ein wichtiger Trend hier ist Robotic Process Automation (RPA), ein Ansatz zur Prozessoptimierung durch den Einsatz von Softwarerobotern, die manuelle Tätigkeiten erlernen sowie deren Ausübung kontinuierlich verbessern. Durch den kontinuierlichen technologischen Fortschritt können mittlerweile sogar relativ komplexe Aufgaben mittels RPA-basierter Systeme gelöst werden. Das kann Fehlverhalten der MitarbeiterInnen reduzieren und Kapazitäten freimachen, sich auf die wesentlichen Aufgaben, die den „Faktor Mensch“ benötigen, zu fokussieren. Gleichzeitig müssen MitarbeiterInnen jedoch auf den Einsatz dieser Technologien vorbereitet werden bzw. den Umgang damit erlernen. Das Steuerungssystem nimmt dabei eine zentrale Rolle ein, zum Beispiel bei MitarbeiterInnenselektion, Ausgestaltung der Trainingsprogramme, und Job (Re-)design.
Ein weiteres Beispiel stellt der Einsatz von künstlicher Intelligenz und Big Data im Zuge der Auswahl der Kennzahlen sowie der Planung und Zielsetzung dar. Viele Unternehmen verwenden nicht-finanzielle Kennzahlen, wie Kundenzufriedenheit, zur Unternehmenssteuerung. Anstatt auf Befragungen angewiesen zu sein, bieten sich mithilfe von künstlicher Intelligenz jedoch neue Wege, Kennzahlen wie Kundenzufriedenheit und andere nicht-finanzielle Kennzahlen zeitnah zu generieren und zu nutzen (beispielsweise durch die gezielte Analyse granularer KundInnendaten). Neben der Generierung von besseren Daten zum Zwecke der Leistungsüberwachung können diese auch verwendet werden, um MitarbeiterInnen zeitnah Feedback auf ihre eigene Leistung zu geben. Neue Trends sind beispielsweise Performance Management Systeme, die in Echtzeit funktionieren, sozialen Austausch ermöglichen, und neue Elemente, wie Gamification, einbringen. Anekdoten aus der Praxis zeigen, dass innovative App-basierte Tools verwendet werden, um die eigene Performanceentwicklung in Echtzeit verfolgen zu können oder Feedback durch Vorgesetzte und Peers interaktiv zu gestalten. Während bei der jüngeren, techno-affinen Generation eine große Akzeptanz solcher Tools erwartet werden kann, gilt es noch zu erforschen, welche Auswirkungen diese Art von Feedback auf verschiedene Aspekte der MitarbeiterInnenperformance haben kann.
Auch bei der Planung und Koordination innerhalb der Unternehmen bieten künstliche Intelligenz und Big Data neue Möglichkeiten. Unternehmen haben eine immer größer werdende Menge an Daten aus sowohl unternehmensinternen (z. B. historische Verkaufszahlen) als auch aus externen Quellen (z. B. Wetterdaten oder die Ölpreisentwicklung) zur Verfügung, um die Planwerte für neue Ziele und Budgets festzulegen. Mithilfe der neuen Technologien (Schlagwort Predictive Analytics) lassen sich diese besser in die bestehende Planung einfügen und somit genauere Planungsergebnisse erzielen. Doch auch hier gilt, dass der Einsatz der Technologien neuer Fähigkeiten der MitarbeiterInnen bedarf und sich neue Möglichkeiten für Fehlverhalten ergeben. Auch werden diese Entwicklungen von vielen MitarbeiterInnen als Bedrohung ihres Arbeitsplatzes wahrgenommen, was die allgemeine Tendenz zum Widerstand gegen Veränderungen noch verstärkt. Zudem zeigen einzelne Erfahrungsberichte, dass die Implementierung solcher Methoden oft daran scheitert, dass sich Top-ManagerInnen ungern auf Planungsergebnisse verlassen, die auf (für sie) schwer nachzuvollziehenden Algorithmen basieren. Als Management Control ForscherInnen liegt es an uns, zu untersuchen, wie Unternehmen von diesen neuen Möglichkeiten bestmöglich Gebrauch machen und die negativen Effekte möglichst geringhalten können.
6 Fazit
In diesem Beitrag haben wir unsere Sichtweise der bestehenden Management Control-Literatur für die breite betriebswirtschaftliche Forschungscommunity zusammengefasst. Dabei haben wir gezeigt, wie sich die Management Control-Literatur von der isolierten Betrachtung einzelner Steuerungsmechanismen über den Kontingenzansatz zur Analyse von Interdependenzen einzelner Steuerungsmechanismen entwickelt hat. Die Grenzen zwischen diesen Literaturströmungen sind zumeist fließend, und unser Beitrag zeigt, dass die Strömungen nicht unabhängig voneinander voranschreiten können, sondern auf die jeweils anderen Einsichten angewiesen sind. Die Einteilung in diese drei Strömungen hat sich als nützliche Kategorisierung zur Besprechung der bestehenden Management Control-Forschung erwiesen. Auch in Zukunft erwarten wir essenzielle Forschungsbeiträge in allen drei Strömungen.
Im Zuge der Zusammenfassung der bestehenden Literatur haben wir bereits auf bestehende Trends und Forschungslücken hingewiesen. Außerdem haben wir zwei große allgemeine Entwicklungen identifiziert, die die Management Control Forschung in Zukunft stark prägen werden. Die Herausforderungen und zukünftigen Forschungsmöglichkeiten, die wir im Zuge dieses Artikels beschrieben haben, betreffen oft nicht nur die Management Control Forschung alleine, sondern die breitere betriebswirtschaftliche Forschung. Wir hoffen, mit unserem Beitrag zu einem besseren interdisziplinären Verständnis beitragen zu können. Denn nur durch ein verstärkt interdisziplinäres Verständnis können wir als betriebswirtschaftliche Forschungscommunity sicherstellen, Antworten auf die zentralen Fragestellungen der Unternehmen zu liefern und somit einen Beitrag für die betriebliche Praxis zu leisten.
Danksagung
Wie bedanken uns bei Alfred Wagenhofer (Editor), zwei anonymen Gutachtern, sowie Otto Janschek und Gerhard Speckbacher für die hilfreichen Kommentare und Anregungen.
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Controlling als akademische Fachrichtung ist wesentlich weiter gefasst als Management Control und umfasst neben Management Control auch Koordination, Planung, Cost Accounting, Strategie und zum Teil sogar ganz allgemeine Management-Fragestellungen (Schäffer 2013; Wagenhofer 2006).
Neben dem von Merchant und Van der Stede (2017) vorgeschlagenen Object-of-Control Framework gibt es noch weitere Frameworks zur Einteilung der Steuerungsmechanismen. Beispielsweise erhält das von Simons entwickelte Levers-of-Control Framework große Aufmerksamkeit in der empirischen Management Control Forschung. Eine Besonderheit des LOC Frameworks ist die Annahme, dass Performance Management Systeme unterschiedlichen Zwecken dienen und dementsprechend zwei verschiedene Arten der Nutzung unterschieden werden: die diagnostische Nutzung (die zur Umsetzung der beabsichtigten Strategien eingesetzt wird und eine planbare Zielerreichung gewährleisten soll) und die interaktive Nutzung (die dazu dient, die Suche nach „Opportunities“ und das Lernen zu stimulieren sowie das Entstehen neuer Strategien zu unterstützen) (Bisbe und Otley 2004; Simons 1995). Für einen Überblick dieser Forschung verweisen wir auf Martyn et al. (2016).