2019 | OriginalPaper | Buchkapitel
Empirische Sozialforschung und soziologische Theorie
verfasst von : Jo Reichertz
Erschienen in: Handbuch Methoden der empirischen Sozialforschung
Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden
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Der (Wieder-)Aufstieg der europäischen Wissenschaft im 17./18. Jahrhundert verdankt sich ganz wesentlich dem Abstieg der christlichen Religion. Galt die Wissenschaft der Religion zu Beginn der christlichen Zeitrechnung nicht wirklich als ernstzunehmende Konkurrenz, so wandelte sich dieses Verhältnis in der Aufklärung grundlegend: Die Kultur- und auch die Naturwissenschaft lösten mit Einsetzen der Aufklärung die Religion(en) in Bezug auf die Bereitstellung von Weltdeutungen und Theorien Schritt für Schritt ab, und dies gleich in zweifachem Sinne: Einerseits „erledigten“ sie die Religion, indem sie den Glauben an einen Gott und dessen Botschaft als vermeidbaren Irrtum bzw. als selbstgewollte oder böswillige Täuschung entlarvten, andererseits beerbten sie die Religion. Dem Wissenschaftler oblag demnach die Pflicht, das Wahre, das Vernünftige zu suchen und von ihm in Theorien zu künden – wissenschaftliche Theorien sind mithin Ausdruck einer innerweltlichen Religion, welche die Welt ohne das Wirken Gottes erklärt, und der Wissenschaftler dient als Priester dieser Vernunft der Diesseitigkeit.